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„Armes Kind! Ein besseres Loos gebührte deinem hochherzigen Sinn!" Was würde nun werden? Wie das Leben sich ge stalten? Würde eine fernere Begegnung möglich sein? Auch da wußte Rose einen Ausweg. Die unsäglichen Schmerz verratenden Augen zum Vater erhebend, flüsterte sie: „Las; mich fort, Vater, die Pate hat's schon immer gewünscht. Laß mich fort auf ein paar Wochen — heute noch — Vater — in dieser Stunde — ich müßte jetzt hier zu Grunde gehen. Der Herbst geht ins Land, die Fremden nehmen ab, gar wenige wollen jetzt noch den Turm besteigen — als eine andere komme ich wieder, ich verspreche es dir, du sollst nicht über mich zu klagen haben, Vater, nun laß mich fort " Er strich ihr sanft über das glänzende Haar, legte die goldigen Löckchen zurück und sah ihr voller Schmerz in die Augen." „Meine arme Rose, du wardst rauh geknickt!" Das Mädchen sprang auf. „Kein Mitleid, Vater, ich beschwöre dich, laß mich nicht weich werden, das taugt nicht! — Du bist einver standen? So will ich mich rüsten zur Reise iu die Stadt. Die Pate wird sich freuen, nicht wahr, sie hat doch oft um meinen Besuch gebeten und immer wollte ich nicht fort, war es mir doch, als müsse ich noch ganz Besonderes hier erleben. Hatte ich nicht recht? Du schaltst mich früher wohl, wenn ich träumte von der Zukunft — ich bin jetzt davon geheilt — die Zukunft — Gott mag's wissen, wie die sich gestalten wird — ohne ihn." Die beiden letzten Wörtchen setzte sie für sich, ihrem Herzen hinzu. Ihr Herz krampfte sich zusammen, daß sie jählings mit der Hand nach der Stelle fuhr, wo es so unruhevoll klopfte und der Atem versagte ihr. Doch sie war stark, die Tochter des Taubenfranz, stärker in ihrer Herzenseinfalt und in ihrem kindlich reinen Gemüt, wie manche vornehme Dame, welche neben ihrer Bildung die Pflege ihres eignen lieben Jchs auf das Panier ge schrieben. Noch war keine Stunde verflossen, als Rose thränen- losen Abschied nahm vom Vater, der segnend seine beiden Hände auf das Haupt seines Kindes legte und schluchzend ausrief: „Gott segne dich, mein Kind, und lasse dein Herz gesunden!" Dann riß das Mädchen sich los und eilte der Bahn station zu. Doch noch einmal ward ihre kaum erlangte Ruhe in Frage gestellt. Am Eingang der Stadt sah sie Paul mit gesenktem Haupte den Weg nach dem Turm einschlagen. Er sah nicht rechts, nicht links, sein Gesicht war blaß, eingefallen. Rose vermochte ihm nicht auszuweichen und doch wußte sie, daß sie nicht abermals die Kraft besitzen würde, dem Glück an seiner Seite zu entsagen. Was sollte sie thun? Da war er schon ganz nahe — sie zitterte und ver mochte sich kaum vorwärts zu bewegen, während ihre Augen begehrend, liebeglühend an ihm hingen — er schritt vorüber, ohne aufzuschauen. Sein Anblick war so bejammernswürdig, daß Rose hinter ihm auf den nächsten Feldstein fiel und beide Hände vor das Gesicht schlug. Was der eigne Schmerz nicht zuwege gebracht, das vermochte der Anblick des Grams, der in jeder Linie des nicht schönen, doch kraftvollen geliebten Antlitzes des jungen Mannes ausgeprägt war; Roses Augen füllten sich mit schweren Thränen. Sie schluchzte, daß ihr ganzer Körper erbebte. Als sie endlich ruhiger wurde und ermattet aufsah, war von Paul nichts mehr zu erblicken. Rose setzte ebenfalls ihren Weg fort und erreichte bald die Station, wo der Zug, den sie benutzen wollte, schon zur Abfahrt bereit stand. Sie löste in Hast die Fahi karte, drückte sich scheu, wie ein verirrtes Vögelchen in die hinterste Ecke des Wagens und war unzulänglich für alle Versuche der Mitreisenden, sie ins Gespräch zn ziehen. Während Rose blutenden Herzens sah, wie sich mit jeder Minute die Entfernung zwischen ihr und dem Ge liehen vergrößerte, während sie in ihrem Herzen wieder und wieder sich die Frage vorlegend: Hast du recht ge handelt? und ihr das Geräusch der Achsen zu ihrem größten Leid zuzurufen schien: Thust Unrecht — UM Unrecht, — während sie die Zähne tief in die Unterlippe vergrub, um nicht laut aufzuschreien, stand derjenige, um deswillen sie alle Stimmen in ihrem Innern zum Schweigen gebracht, vor dem alten Taubenfranz, an dessen Gesicht er sah, daß er alles wußte. (Fortsetzung folgt.) Lin H«,hnenkan»j>f, wie ihn unsre Illustration in dieser Nummer zeigt, hat, da er zwei wütende Vertreter des Hahnengeschlechts kämpfend vorführt, viel natürlichere Motive als die Hahnenkämpfe, die seit dem Altertum grausamerweise bei den verschiedensten Nationen üblich sind. Die Hahnenkämpfe stammen von den Griechen her, welche die Hähne, um sie feuriger zu machen, mit Knoblauch fütterten und ihre Füße mit Sporen versahen. Das Mittelalter pflegte diesen widerlichen Sport meist in den Niederlanden und in Italien, vorzüglich aber in England, wo sich die Hahnengefechte noch bis heutzutage erhalten haben. Die Hähne auf unsrem Bilde entwickeln übrigens eine so natürliche Wut, als ob sie durch die künstlichen Anreizungen der sportmäßigen Hahnenkämpfe in Rage gebracht wären. Der Künstler unsres Bildes „Hahneukampf", R. Friese in Berlin, gehört zu den begabtesten Vertretern der Tier malerei und hat sicherlich eine große Zukunft. Die Naturwahrheit seiner Tiergestalten, die Kraft und Belebt heit des Ausdrucks, die ihm zn Gebote stehen, sprechen für unsre Behauptung. Humoristisches. Au gewissenhaft. Gerichts-Präsident: Sie müssen ihre Aus sagen beschwören, also erzählen Sie uns nur das, was Sie selbst gesehen haben und nicht, was Sie blos vom Hörensagen wissen. Wann sind Sie geboren? — Zeuge: Hoher Gerichtshof, das weiß ich auch nur vom Hörensagen. Die junge Kaussran. Junge Frau: Minna, mein Mann hat mir gesagt, er möchte mal gerne Aal zu Mittag essen. — Köchin: Gut, Madama; wie viel soll ich kaufen? — Junge Frau: Na, ich denke, drei bis vier Meter werden genügen! Der bescheidene Liebhaber. Dame szum Mädchen): Haben Sie auch einen Schatz? — Mädchen: Ja, gnädige Frau! — Dame: Was ist er denn? — Mädchen: O, gnädige Frau, er ißt nur, was übrig bleibt. Meim Markier. „Der Arzt meint, es wär' gut für mich, wenn ich mir 'mal etwas Blut abzapsen ließe!" — „Schön, soll ich Sie rasieren oder schröpfen?" Malsch verstanden. „Weißt Du schon, Lieschen, daß wir jetzt Halbtrauer haben?" — „So! Wer ist denn bei Euch halbtot?" Schwer zn machen. Arzt: „Die Geschwulst hinten an Ihrem Hals ist nicht gerade gefährlich . . aber Sie dürfen Sie nicht aus dem Auge verlieren." Mrauenlogili. Dame (zu ihrer Freundin): „Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie fleißig mein Mann ist, der gönnt sich nicht einmal im Sommer sreie Tage! Wenn ich bedenke, wie viel wir dadurch ersparen, so kann ich nicht widerstehn, mir ein neues Kleid zu kaufen!" Hin angenehmer Hast. „Kellner, bringen Sie mir eine Limonade, die Zitrone und den Zucker hab' ich schon bei mir." DrnLsehkcrlensek. Gestern raste das Oberhaupt unserer Stadt zum Genuß der Sommersrösche an die Schweizer Seeen. Nachdruck aus dem Inhalte dieses Blattes verboten. Gesetz vom 11. April 1870. Redaktion, Druck und Berlag^oon B. Angerstein, Wernigerode.