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WochmM für WW ThmM. Mn, Menlthn md die UmMNden. -—r. > Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstagS und Freitags. — Abonnementspreis > vierteljährlich 1 Ml., durch die Post bezogen 1 Ml. 25 Pf. — Einzelne s Nummem 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionspreiS 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. «7. Dienstag, Sen 21. August 1894. Bekanntmachung. Nachersichtliche Verordnung T der Königlichen Ministerien der Finanzen und des Innern zu Dresden vom 23. November 1893 wird zur Nachachtung hiermit bekannt gemacht. Meißen, den 13. August 1894. Königliche Amlshauptmannschaft. vsn Schroeter. G Verordnung, den Verkehr mit Fahrrädern auf den öffentlichen Wegen betreffend. Nachdem sich das Bedürfniß herausgestellt hat, die Bestimmungen über den Verkehr mit Fahrrädern auf den öffentlichen Wegen des Landes wenigstens in den Grund zügen ein heitlich zu gestalten, wird im Anschlusse an die Verordnung vom 9. Juli 1872, den Verkehr auf den öffentlichen Wegen betreffend (G.- u. V.-Bl. S. 347), Folgendes bestimmt: § 1. Jedes Fahrrad muß während der Benutzung auf den öffentlichen Wegen an der Lenkstange over kurz unterhalb derselben ein offenes oder mit unverschlossenem Deckel ver sehenes Schild tragen, welches mit in der Nähe leicht lesbarer Schrift den Namen, Stand und Wohnort, sowie die Wohnung derjenigen Person, welche das Fahrrad benutzt, angiebt. Jedes solche Fahrrad muß ferner mit einer vom Fahrer leicht zu bedienenden, helltönenden lvarnungsglocke versehen sein. Es hat weiter in der Zeit von einer halben Stunde nach Sonnenuntergang bis zu einer halben Stunde vor Sonnenaufgang während der Benutzung eine möglichst hoch anzu bringende, hell brennende Laterne zu tragen, welche so eingerichtet ist, daß sie ihr Licht durch ungefärbtes Glas nach vorn wirft. Auch muß an jedem solchen Fahrrad mindestens eine schnell und kräftig wirkende, leicht zu bedienende Bremse angebracht sein. § 2. Das Radfahren auf den ausschließlich für Fußverkehr bestimmten Wegen und auf den erhöhten Fußbahnen an Fahrwegen ist verboten. Die Benutzung der nicht erhöhten Bankets der Fahrwege zum Radfahren ist innerhalb bewohnter Ortschaften gleichfalls verboten, außerhalb solcher aber nur in soweit gestattet, als das Banket rechts zur Fahrtrichtung befindlich, von Häusern nicht begrenzt und auf mindestens 30 Meter Entfernung vor dem Radfahrer von Fußgängern frei ist. 8 3. Die Radfahrer haben sich aller Handlungen zu enthalten, welche den übrigen Verkehr belästigen oder Zug-, Reit- oder getriebene Thiere beunruhigen können. Sie haben daher insbesondere folgende Bestimmungen zu beachten: s) Das Fahren mit übermäßiger Geschwindigkeit, das Umlenken neben Zug-, Reit- oder getriebenen Thieren, das muthwillige Behindern schneller gehender Fuhrwerke oder Reiter an der Ueberholung des Radfahrers und dergleichen ist verboten. b) Vor stark abwärts führenden Strecken, deren Befahrung nicht mit völliger Sicherheit erfolgen kann, ist abzusteigen und auf solchen Strecken das Rad zu führen. So weit bei dem Bergabfahren das Rad benutzt wird, darf die Lenkstange nicht aus der Hand gelassen und auch nur mit mäßiger, ein schnelles und sicheres Halten zu lassender Geschwindigkeit gefahren werden. Die Bremsvorrichtung muß hierbei stets in Bereitschaft gehalten und, soweit nöthig, benutzt werden. Das Entfernen der Füße von den Pedalen ist bei einsitzigen Fahrrädern während des Fahrens in jedem Falle verboten. Bei mehrsitzigen Fahrrädern muß mindestens einer der Fahrenden die Füße auf den Pedalen haben. c) Zwei Radfahrer dürfen nur dann nebeneinander fahren, wenn solches ohne Belästigung des übrigen Verkehrs geschehen kann. Bei dem Ausweichen haben dieselben hintereinander zu fahren. Mehr als zwei Radfahrer dürfen einen Weg nicht nebeneinander benutzen. ä) Der Radfahrer hat, wenn er anderem Verkehr begegnet oder solchen überholt, wenn er ferner unübersichtlichen Wegstellen oder einem seitlich abgehenden Wege sich nähert, aus einer reichlich bemessenen Entfernung Glockenzeichen zu geben, um die Aufmerksamkeit des betheiligten Verkehrs dadurch rechtzeitig zu erregen; auch hat er damit so lange fortzufahren, als Veranlassung hierzu vorliegt. Herbei jst Me mäßige Gangart inne zu halten. s) Die Art des Ausweichens hat sich nach den für die Fuhrwerke bestehenden Vorschriften zu richten. k) Das Ausweichen hat immer so zeitig zu beginnen und ist in so flachem Bogen bis zur Wiederaufnahme der eigentlichen Fahrrichtung fortzusetzen, daß jede Ueberraschung des übrigen Verkehrs dabei vermieden wird. Werden Thiere auf der Straße unruhig, so hat der Radfahrer nach Bedarf und namentlich, wenn der Führer derselben solches verlangt, zu halten oder vom Fahrrad abzusteigen und das letztere vorbei zu führen oder vor dasselbe zu treten. 8 4. Die Radfahrer haben auf Verlangen der Wegeaufstchts- und Polizeiorgane jederzeit sofort zu halten und die etwa verlangte Auskunft zu ertheilen. 8 5. Den Radfahrern gegenüber sind die gleichen wegepolizeilichen Bestimmungen zu beobachten, wie gegenüber den Fuhrwerken. Muthwillige Belästigungen oder sonstige Ungebührlichkeiten gegenüber den Radfahrern sind verboten. 8 6. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Bestimmungen werden, in soweit nicht strafrechtliche Bestimmungen Anwendung finden, polizeilich mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen für jeden Fall bestraft. 8 7. Im Uebrigen gelten auch für Fahrradfahrer die vorstehend nicht besonders erwähnten Bestimmungen der eingangs gedachten Verordnung vom 9. Juli 1872 8 1, soweit diese Bestimmungen anwendbar und nicht in Vorstehendem geändert sind; nicht minder leiden bei Zuwiderhandlungen die Bestimmungen 8 3, Abs. 1 und 3 der Verordnung vom 9. Juli 1872 in Verbindung mit der Verordnung, die Competeuz in Wege- und Brückenpolizeistrafsachen betreffend, vom 26. September 1879 (G.- u. V.-Bl. S. 362), und bezüglich der Befug- niß der Polizeibehörden zu besonderen Anordnungen die 88 2 und 5 der Verordnung vom 9. Juli 1872 Anwendung. Dresden, den 23. November 1893. Die Ministerien der Finanzen und des Innern. gez v. gez: v. Rlvlr««!». Dienstag, den 28. dies., Mon., von Vormittags 10 Uhr ab gelangen an hiesiger Gerichtsstelle 2 Möbeltransportwagen, Hobel- und Rauhbänke, sowie verschiedene Tischlerhandwerkszeuge zur öffentlichen Versteigerung. Wilsdruff, am 20. August 1894. Sekretär Ger.-Vollz. Donnerstag, den 23. ds. Mts., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Stadtgemeinderathssitzung. Wilsdruff, am 20. August 1894. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Bürgermeister. Die Änarchisten-Verhafümgen in Berlin. Bislang galten immer die deutschen Anarchisten als harm lose Leute, als gutmüthige Theoretiker gegenüber den anarchi stischen Fanatikern der That in Frankreich, Italien, Belgien, Spanien u. s. w., welche mit Dolch und Dynamit ihre An schauungen zu vertreten pflegen. Aber diese Meinung hat durch die kürzlich in Berlin erfolgten Massenverhaftungen von Anar chisten und die hierbei gemachten Entdeckungen plötzlich einen argen Stoß erlitten, denn es kann kaum mehr einem Zweifel unterliegen, daß auch die deutschen Anarchisten entschlossen sind, nunmehr zur „Propaganda der That" überzugehen. Es scheint, daß die Berliner Polizei schon längere Zeit von dem bedenk lichen Treiben der inzwischen verhafteten anarchistischen Ver schwörer Wind bekommen hatte und daß die bekannte Schieß affaire Schewe lediglich den äußeren Anlaß zu dem polizeilichen Vorgehen gegen die anarchistischen „Genossen" bildete. Zu den vorgenommenen Verhaftungen seien nachstehende Meldungen wiedergegeben, welche trotz mancher W'derfprüche erkennen lassen, weich' wichtigen Fang die Polizei mit der Verhaftung einer größeren Anzahl Berliner Anarchisten offenbar gemacht hat: Bei dem verhafteten Schlosser Schewe wurden, wie der „Berliner Lokalanz." mittheilt, zwei gefüllte Bomben aufgefunden, ebenso eine große Anzahl anarchistischer Schriften und Schriftstücke von großem Werth. Die Bomben wurden unter Anwendung aller Vorsichtsmaßregeln nach dem Polizeipräsidium gebracht und dann nach dem Artilleriedepot zur Untersuchung abgeliefert. Schewe verweigert jede Auskunft über die Projektile, und ebensowenig konnte ermittelt werden, wo und durch wen diese angefertigt worden sind. Auch sollen bei einem Mechaniker Schriften ent deckt worden sein, die darauf hindeuten, daß die hiesigen Anar chisten mit den ausländischen in engster Verbindung stehen. In einem Gebäude in der Nähe des Viehhofes sollen die Anarchisten ihre Zusammenkünfte gehabt haben. Der „Berl. Börs.-Cour." berichtet dagegen, daß in der Wohnung Schewes zwei nicht ge füllte und auch nicht abgeschossen gewesene Granaten gefunden wurden, welche die Polizei mit Beschlag belegte, ebenso wie das Arsenal von Einbruchswerkzeugen, das man bei Schewe fand. Fest stehe, daß geheime Zusammenkünfte der hiesigen Anarchisten stattgefunden haben. Alle weiteren Nachrichten seien vorläufig mit Reserve aufzunehmen. Obwohl also noch Widersprüche hinsichtlich der Auffindung der angeblichen Bomben vorhanden sind, so unterliegt es doch mindestens keinem Zweifel, daß die Berliner Anarchisten irgend einen Coup geplant" hatten. Ob es sich hierbei nur um eine bloße Demonstration oder um ein gefährliches Vorhaben, um