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Erscheint I wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich I Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne j Nummem 10 Pf. ThmM Men, Menlehn md die Umgegenden. Imlsblull ! Inserate werden Mentags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionspreiS 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Rgl. Amtshauptmannschast Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. «S. Dienstag, den 14. August 1894. Bekanntmachung. Sonnabend, den 18. August -ss. Js. Vormittags 1V Uhr findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, den 10. August 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. von Schroeter. Freitag, den 17. August 1894, von 19 Uhr Vormittags an, gelangen im Hause der Wittwe Weber in Wilsdruff, Roflngasse No. 82, die zum Nachlasse der verehel. gewesenen Knepper gehörigen Haus- und Wirthschaftsgeräthe, darunter ein fast neuer Handwagen, Bettstellen und ein Sopha, ferner Betten, Wäsche und Kleidundsstücke zur Versteigerung. Wilsdruff, am 10. August 1894. Königliches Amtsgericht. I. V. Kommissionsrath. Freitag, den 17. dies. Mon., 2 Uhr Nachmittags gelangen in dem Dorfe Groitzsch 1 Tisch und 1 Reisekorb zur Versteigerung. Bieterversammlung im dastgen Gasthof. Wilsdruff, den 10. August 1894. Sekr. »U8«IL, Ger.-Vollz. Zur Sonntagsruhe. Während auf der einen Seite die Regierung immerwährend auf der Suche nach neuen Steuern ist, die dem Mittel- und Arbeiterstande neue schwere Lasten aufzubürden geeignet sind, werden auf der anderen Seite durch eine, unseren ganzen Volks gewohnheiten nichts weniger als entsprechende Gesetzgebung die produktiven Stände in ihrem Erwerb und Geschäft gestört. Die Klagen über die unzweckmäßigen Bestimmungen des Ge sches über die Sonntagsruhe werden immer lauter und dringender. So geht jetzt aus Südwestdeutschland ein Noth schrei durch die Blätter, in dem es u. A. heißt: „Die neuen Vorschriften über die Sonntagsruhe erregen in den Kreisen des kleinen Handwerks einen immer wachsenden Widerspruch. Sie werden an vielen Orten auch noch mit einer durch das Gesetz nicht beabsichtigten Unsicherheit gehandhabt, welche die Härte des Gesetzes ins Unhaltbare steigert. Man gehe einmal in kleinere Städte, in denen eine große Zahl von Handwerkern auf die Kundschaft aus dem umliegenden Lande angewiesen ist, die nur Sonntags in die Stadt kommt. Jetzt können diese Kunden ihre Einkäufe in der Stadt nicht mehr genügend aus führen, die Folge ist, daß sie den Hausirern in die Hände fallen, deren Gewerbe ganz üppig ins Kraut schießt, während der kleine städtische Gewerbestand immer mehr in s.iner Le bensfähigkeit bedroht wird. Ganz besonders übel duan sind auch die Gewerbetreibenden in solchen Städten, wie Bade- und Ausflugsorten, die stark auf den Verkehr mit durchreisenden Sonntagsgästen angewiesen sind. Man sagt, die verschärfte Sonntagsruhe sei im Interesse der Arbeiter und Bediensteten geboten. Die große Masse der Fabrikarbeiter hat auch früher am Sonntag nicht gearbeitet und wo die Arbeit aus unver meidlichen Gründen des Betriebes nothwendig ist, geschieht sie auch heute noch. Auch in den großen Geschäften war Svnn- tagsarbeit früher nicht Brauch. Wer bleibt also noch übrig, der in diesen Landstädten, wie in den Bade- und Reiseorten der Schonung bedurfte? Der kleine Gewerbetreibende hat in der Regel überhaupt keine Angestellten, das bischen Arbeit, bas er leider heute nur noch findet, kann er allein und mit seinen Familienangehörigen besorgen. Ein solcher Mann wird nun polizeilich gezwungen, auf eine nützliche Erwerbsthatigkeit am Sonntag zu verzichten. Natürlich bringt er nicht den ganzen Tag in der Kirche oder wenigstens in der Familie zu, sondern auch im Wirthöhaus, und dort ganz besonders. Die Folge der gesetzlichen Neuerung ist also vielfach nur der Ruin zahl reicher ehrlicher Gewerbe, die Beförderung der Interessen des Großbetriebs und Großkapitals, denen die Sache gleichgültig ist, die Begünstigung des unreellen, ausbeuterischen Hausir- handels und die Verstärkung der Verführung zu Geldaus gaben. Einen größeren Mißgriff hat unsere gewerbepolitische Gesetzgebung wohl noch nie begangen. Es wäre Zeit, dieses harte Gesetz baldigst einer gründlichen Abänderung zu unter ziehen." Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm wird von seinem gegenwärtigen Besuch in England voraussichtlich am nächsten Freitag wieder im Neuen Palais bei Potsdam eintreffen. Am folgenden Tage findet dann vor Se. Majestät die Herbstparade des Gardecorps auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin statt. Die Nachricht, daß Deutschland und Frankreich zur Wahrung der Interessen der deutschen und französischen Staats gläubiger Griechenland s gemeinsam vorgehen wollen, bestätigt sich gutem Vernehmen nach. Nur ist noch nicht bekannt, worin diese gemeinsame Action bestehen soll, vermuthlich in einer gemeinsamen Protestnote Deutschlands und Frankreichs gegen das Gebühren der griechischen Regierung in der schwebenden Schuldzinsfrage. Ob England aufgefordert werden wird, sich diesem Schritt der beiden Mächte in Athen anzuschließen, das muß noch dahingestellt bleiben. Wahrscheinlich will man in London versuchen, unter der Hand Zugeständnisse des Athener Cabinets speziell an die englischen Staatsgläubiger Griechen lands herauszuschlagen, was ja John Bull nicht unähnlich sähe. Alle politischen Parteien und die verbündeten Regierungen mit ihnen sind — so muß wenigstens aus der Haltung der Presse und der Wortführer aller Richtungen geschlossen werden — in dem Wunsche einig, die Sozialdemokratie, deren „wissenschaftliche" Lehren eine Gefahr für das Vaterland bilden, zu bekämpfen und ihren Agitationen den Boden abzugraben. Es ist sonderbar, daß dieser gemeinsame Wunsch, der sich mit dem der gesammten Bevölkerung, soweit sie nicht durch die So zialdemokratie irre geführt ist, deckt, kein gemeinsames Vorgehen in dieser Frage zu zeitigen vermag. Wir sehen von der Er örterung der Thatsache ab, daß eine rein agitatorische Partei, wie die Sozialdemokratie, die noch dazu mit den Waffen der Heuchelei und Lüge kämpft und die je nach dem Gebiete, auf dem sie propagandistisch thätig ist, mit ihrer Taktik und selbst mit ihren Grundsätzen wechselt, nicht durch bloße Anwendung geistiger Waffen zu bekämpfen ist. Die Freisinnigen selbst, die sich mit der Hoffnung geschmeichelt hatten, die Sozialde mokraten durch die Gewalt ihrer „Geisteswaffen" zu über winden, haben an ihrem eigenen Leibe erfahren müssen, daß der bekämpfte Feind lrotz ihrer „vernichtenden" Vorstöße auf ihre Kosten wuchs und gevieh. Sie werden mit dem neuen Rezept, das sie nun anwenden wollen und das in der Dar reichung eines oder einiger Tropfen sozialpolitischen Oeles be steht, dieselbe Erfahrung machen müssen. Man biete dem Arbeiter, was man nur mer möge, die sozialdemokratischen Agitatoren werden nicht müßig bleiben; sie werden ihren Gläubigen die Ueberzeugung beibringen, daß das Dargebotene nichts sei, daß die Proletarier alles haben müßten. Es ist richtig, daß die sozialpolitische Gesetzgebung, die vermehrte Fürsorge für die Arbeiter eine Nolhwendigkeit, ja eine Gewissenspflicht war und und noch ist. Sie hätte aber außer ihrem wohlthätigen Ein flüsse auf das materielle Wohlgehen der Arbeiter auch be ruhigend und versöhnend gewirkt und wirken müssen, wenn der ungeheuren Agitation gegen diese Wirkung ein Damm ent gegengesetzt worden wäre. Die Lasten der Arbeiterversicherung drücken heute ganz besonders auf den Mittelstand, und je weniger Anerkennung den unleugbaren Wohlthaten dieser Ge setze in den Arbeiterkreisen zutheil wird, desto schwerer werden die dafür aufgewendeten Opfer empfunden. Will mau also i den Opfermuth der Bevölkerung zu gunsten der Arbeiter er halten, will man andererseits eine versöhnende Wirkung der so zialpolitischen Gesetzgebung herbeiführen, so muß man sich dazu entschließen, die demagogische Verkleinerung dieser immensen Wohlthaten energisch zu verhindern. Die Sozialdemokratie strebt die Vernichtung alles Bestehenden an, das wird doch wohl niemand mehr leugnen wollen. Die Agitation nach dieser Richtung hin ist also staatsgefährlich und verbrecherisch; sie muß darum gesetzlich bekämpft werden; da die sozialdemo kratische Agitation aber ihre Nahrung aus der angeblich mangel haften Fürsorge des Gegenwartsstaates für die „Proletarier" schöpft, so ist auch die oben erwähnte Demagogie gesetzlich zu verhindern. Wir verstehen es ja recht gut, wenn Organe der bürgerlichen Demokratie sich gegen ein gesetzliches Vorgehen in diesem Sinne sperren, leben diese doch in der steten Angst, daß auch ihre Propaganda, ihre Agitatoren, ihre Blätter, die oft in bedenklicher Weise mit der sozialdemokratischen Demagogie Schritt halten, von solchen gesetzlichen Maßregeln getroffen werden könnten. Derartige Bedenken aber dürfen einem ge setzlichen Vorgehen zur Herbeiführung des inneren Friedens nicht hinderlich sein. Es ist dabei durchaus gleichgültig, ob hier au ein Sondergesetz oder eine Abänderung der bestehenden Gesetze gedacht wird. Ein „Ausnahmegesetz" würde überhaupt daraus nicht werden; denn es handelt sich nicht darum, eine einzelne Partei oder gar eine einzelne Volksklasse zu treffeu, sondern vielmehr darum, gemeingefährliche Agitatoren in ihrer Person unschädlich zu machen. So lange die Arbeiterbewegung bei uns politisch und zwar in revolutionärem Sinne auf stachelnd auSgebeutet wird, solange die Arbeiterorganisationen das Rekrutirungsgebiet der Sozialrevolutionäre bilden, so lange wird auch nicht daran gedacht werden können, das sonst den Arbeitern wohl zu gönnende Koalitionsrecht noch mehr zu er weitern. Die Abschüttelung der sozialdemokratischen Agitatoren liegt also in jeder Hinsicht auch im Interesse der Arbeiterschaft. Ein gesetzliches Vorgehen gegen die sozialdemokratischen Agitatoren wäre also weder „gehässiger" Natur, noch könne cs als „Aus nahmemaßregel" bezeichnet werden. Wie der Staat die Pflicht hat, die Sicherheit und das Eigenthum des Einzelnen zu schützen, so hat er auch die Pflicht, den Bestand und die Ruhe des Gemeinwesens selbst und insonderheit der Monarchie zu sichern. Gegenwärtig hat man im Volke die Empfindung nicht, daß die Machtmittel des Staates der letzterwähnten Aufgabe genügen. Ungestraft darf auf Revolution, auf Untergrabung der Mo narchie, auf Loslösung vom christlichen Glauben hingearbeitet werden. Dieser Zustand wird in der Bevölkerung als ein enormer und die Kon>ervirung dieses Zustandes als eine un verantwortliche Schwäche betrachtet. Die sozialdemokratische Partei in Holland hat sich nun mehr zur Steuerverweigerung entschlossen. Auf Befehl der Justizbehörden sind denn auch bereits zwangsweise mehrere Versteigerungen vorgenommen worden. Da das Ergebniß der Verkäufe infolge der sozialistischen Agitationen sehr gering aus gefallen war, sieht sich die Behörde genöthigt, von weiteren Ver steigerungen abzusehen. Die Steuerverweigerung ist von den holländischen Sozialistenführern schon wiederholt angeregt worden und in verschiedenen Städten, nicht blos in Amsterdam, auch bereits zur Ausführung gelangt. Bei den Versteigerungen finden sich die Sozialisten frühzeitig in großen Massen ein. Sobald der Gerichtsvollzieher erscheint, schließen sie um ihn einen engen Kreis, während andere Genossen die Kauflustigen, die sich etwa einfinden sollten, durch Drohungen und, wenn dies nichts hilft, durch Püffe, Tritte und Hiebe einschüchtern.