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WchMIt für Wilsdruff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis ' vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mb 25 Pf. — Einzelne i Nummern 10 Pf. TtsUlNdt, Nossen, Siebenlehn Md die KlNMildkll. Imtsblutt Inserate werden Montags und Donnerstag« bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene CorpuSzeile. für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Beiger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst No. 33. Dienstag, de« 3. Juli 1894. Bekanntmachung, -ie Anmeldung zum einjährig-freiwilligen Militärdienste betreffend. Bei der unterzeichneten Königlichen Prüfungskommission werden in Gemäßheit der Bestimmung in § 91 der Wehrordnung am 22. November 1888 im Laufe des Monats Sep tember dieses Jahres die diesjährigen Herbstprüfungen über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst abgehalten werden. Junge Leute, welche das 17. Lebensjahr vollendet haben und im Bezirke der unterzeichneten Königlichen Prüfungskommission nach 25 und 26 der Wehrordnung gestellungs pflichtig sind, haben ihr Gesuch um Zulassung zu der bevorstehenden Prüfung au die unterzeichnete Stelle spätesten» bis zum l. August dss. Ihs. schriftlich gelangen zu lassen. Nach diesem Termine eingehende Zulassungsgesuche können nach § 91 der Wehrordnung Berücksichtigung nicht mehr finden. Dem mit genauer Wohnungsangabe zu versehenden Gesuche um Zulassung zur Prüfung sind beizufügen: ein Geburtszeugniß, b., eine Erklärung des Vaters oder Vormundes über die Bereitwilligkeit, Leu Freiwilligen während einer einjährigen activen Dienstzeit zu bekleiden, auszurüsten, sowie die Assten für Wohnung und Unterhalt zu übernehmen, Die Fähigkeit hierzu ist obrigkeitlich zu bescheinigen; und c., ein Unbescholtenhcitszeugmß, welches für Zöglinge von höheren Schulen: Gymnasien, Realgymnasien, Oberrealschulen, Progymnasien, Realschulen, Realprogymnasien, höheren Bürgerschulen und den übrigen militärberechtigten Lehranstalten durch den Direktor der Lehranstalt, für alle übrigen jungen Leute durch die Polizeiobrigkeit oder ihre vorgesetzte Dienstbehörde auszustellen ist. , Sämmtliche Papiere sind im Originale einzureichen. In dem Zulassungsgesuche ist gleichzeitig mit anzugeben, in welchen zwei von den fremden Sprachen: der lateinischen, griechischen französischen und englischen, der sich Meldende geprüft zu werden wünscht. Auch hat derselbe einen selbstgeschriebenen Lebenslauf beizufügen. An die zur Prüfung zuzulassenden Bewerber wird rechtzeitige schriftliche Vorladung ergehen. Im Uebrigen wird bezüglich des Umfangs der Prüfung und der an die Prüflinge zu stellenden Ansprüche auf den Inhalt der der Wehrordnung als Anlage 2 zu 8 21 heige- fügten j)rüfungssr-nnng zum einjährig-freiwilligen Dienste hingewiesen. Dresden, am I. Juli 1894. Aönigliche Prüfungskommission für Einjährig-Freiwillige. Dr. Ganthe, Seyfert, Oberregierungsrath. Oberstlieutnant. Mit der einstweiligen Besorgung der Geschäfte des aus dem Bezirke verzogenen Herrn Friedensrichters Horst in Rothschönberg ist am heutigen Tage der König!. Friedens richter, Herr Rittergutsbesitzer von S^önberg-Pötting auf Alttanneberg, betraut worden. Königliches Amtsgericht Wilsdruff, am 26. Juni 1894. Mr. «Aniixlolll. Wilsdruff, am 2. Juli 1894. Donnerstag, den 5. ds. Mts., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Stadtgemeinderathssitzung. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Bürgermeister. . Nächsten Donnerstag, den 5. nnN Freitag, den 6. dieses Monats, soll in hiesiger Stadt eine Rattenvergiftung durch Phosphorpillen und dergleichen Latwerge vorgenomineu werden, was hiermit den hiesigen Einwohnern und insbesondere denjenigen Grundstücksbesitzern, welche Hausschlcußen haben, zur Vorsichtnahme bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 2. Juli 1894. Der Bürgermeister. Ficker. PriWent Lalimir Perier und die politische Lage Frankreichs. Am Mittwoch Nachmittag hat die französische National-^ Versammlung, gebildet von den Mitgliedern des Senats und, der Deputirtenkammer, im Congreßsaale zu Versailles gleich im! ersten Wahlgange den früheren Minister und Führer der ge- i mäßigten Republikaner Casimir Perier mit 451 von 853 Stimmen zum Präsident der französischen Republick gewählt. Bedenkt uian, daß trotz des Mene Tekel, welches die blutige Hinweg raffung des Präsidenten Carnot durch anarchistische Mörderhand allen unbesonnenen französchen Politikern vor die Augen malte, die Mehrheit der Stimmen, welche Casimir Perier auf den Präsidentenstuhl hob, nur klein war, so muß inan die Wege der Vorsehung preisen, daß cs gerade die Parteien des Umsturzes waren, «elcye indirekt die französischen Volksvertreter mahnten, ihre Pflicht gegenüber dem Vaterlande unter Zurückstellung aller persönlichen Interessen zu thun. Da es in Frankreich zur ge- mcingefShrlichen Unsitte geworden ist, Ehrgeiz, Eitelkeit, Begün stigung, Stellenjägerei und schlimmere Dinge bei politischen Bestrebungen eine treibende Rolle spielen zu lassen, da ferner aus diesem Grunde keine Partei der anderen die Führung der Negierung gönnt, und außerdem der Radikalismus und Sozialis mus bereits starke Mächte im politischen Leben Frankreichs sind, sich auch keiner Autorität fügen, so wäre es wohl leicht zu Un ruhen, ja vielleicht zur Revolution in Frankreich gekommen, wenn die neue Präsidentenwahl ohne den moralischen Druck des fluchwürdigen Attentats Ende November unter der Neben buhlerschaft blinder wüthender Parteien hätte stattfinden müssen. Hat doch die große Prügelei, welche zwischen den Deputaten, der Demokratengruppe und den sozialistischen Deputirten bei einer Wahlversammlung in Paris am Dienstag stattfand, be wiesen, zu welchen Mitteln die Erzradikalen greifen, um ihre Gegner zu überzeugen. Aber Dank der Entrüstung und dem ungeheueren moralischen Eindrücke, welchen die urplötzlich gekom mene schändliche Ermordung des ehrenwerthen Präsidenten Car not in ganz Frankreich hervorgerufen, ist die Lust zur Demon stration und Revolution in den unruhigen Elementen gedämpft worden und eine sehr besonnene Präsidentenwahl hat stattge funden. Casimir Perier ist der rechte Mann an Frankreichs Spitze, er ist ein edler und ehrlicher Republikaner, ein erfahrener, ! energischer Staatsmann, ein Feind alles Maßlosen, ein Gegner ides Umsturzes im Innern und ein Bekämpfer des Chauvinis mus nach außen. Außerdem entstammt Perier einer hoch an gesehenen Familie und ist selbst sehr begütert, kann also nicht so leicht verdächtig werden, sich und seine Anhänger im Amte bereichern zu wollen. Schon Pericrs Vater war Minister der dritten Republik unter Thiers. 1847 geboren, ist Casimir Perier, der neue Präsident, noch verhältnißmäßig jung. Er er hielt aber eine sorgfältige Erziehung und bereitete sich durch eifrige Studien für die staatsmännische Laufbahn vor. Den deutsch-französischen Krieg hat er als Offizier der Mobilgarde mitgemacht. 1876 wurde er als Deputirter gewählt und trat dem republikanischen Centrum bei. Er wurde Viceprästdent der Kammer, nach Floquet Rücktritt sogar Kammerpräsident. Da zwischen war er auch Staatssekretär und vom 2. Dezember 1893 bis zum 22. Mai 1894 Ministerpräsident. Als Führer einer gemäßigt republikanischen Regierung werden Perier wohl manche Gegner entstehen, aber in seiner Eigenschaft als Präsident der Republik steht er über den Parteien, und feine Hauptaufgabe ist es nur, die Ordnung aufrecht zu erhalten, den Frieden zu hüten, und die Minister und Kammer nach der Verfassung richtig funktioniren zu lassen. Ohne politische Bedeutung ist auch das eingereichte Entlassungsgesuch des Ministeriums Deguy, denn dieses Gesuch muß bei einem Präsidentenwechsel festge stellt werden. Tagesgeschichte. Zur Stunde befindet sich Kaiser Wilhelm, begleitet von seiner erlauchten Gemahlin, wiederum auf der gewohnten alljährlichen Reise nach Norwegen, in dessen wildromantischen großartigen Naturschönheiten der deutsche Herrscher immer am liebsten Erholung von den schweren und verantwortung-reichen Pflichten seines hohen Berufs zu suchen pflegt. Soweit bekannt, gedenkt der Monarch bis in die letzten Tage des Juli auf nor wegischem Boden zu weilen, doch lauten die Angaben darüber, ob er dann noch einen kurzen Aufenthalt in England nimmt oder aus Norwegen direkt heimkehrt, noch widerspruchsvoll. Die Kaiserin wird ihren hohen Gemahl nur bis Malmö begleiten und sich von dort aus auf dem Aviso „Grille" nach Swine münde begeben. Der Kreis der dem nächsten Reichstage vorzuleg enden Gesetzentwürfe ist natürlich jetzt noch nicht mit Sicherheit festzustellen, jedoch dürfte man schwerlich in der An nahme fehlgehen, daß zuvörderst die in der letzten Tagung un erledigt gebliebenen Vorlagen in der nächsten Session wieder er scheinen werden. Hierzu gehören in erster Reihe die Finanzent würfe. In irgend einer Gestalt werden sie wiederkehren müssen, weil mit den bisher bewilligten Mitteln eine Deckung der noth wendigen Ausgaben nicht möglich ist. Die Entwürfe werden selbstverständlich eingehenden Berathungen unterzogen werden und da diese, wie schon aus dem Verlaufe der vorigen Session er sichtlich war, geraume Zeit in Anspruch nehmen werden, so kann man auch mit ziemlicher Sicherheit voraussetzen, daß für die nächste Tagung ein sonst nicht allzu reichliches gesetzgeberische- Pensum gewählt werden wird. Außer den Finanzentwürfen sind in der letzten Tagung noch der Entwurf über die Bekämpf ung gemeingefährlicher Krankheiten und die Zolltarifnovelle un erledigt geblieben. Was den ersteren betrifft, so würde derselbe, falls er in der nächsten Tagung wiederkehren sollte, zuui dritten Male an den Reichstag kommen. Er war in der Session 1892,93 zum erstem Male vorgelegt und hat damals die erste Lesung im Plenum passirt. Inzwischen ist er nur insoweit um gestaltet, daß der Paragraph daraus entfernt wurde, welcher die öffentliche Bekanntmachung des Ausbruchs einer gemeingefähr lichen Krankheit durch die Ortspolizei vorschrieb. Die Zolltarif novelle dürfte demnächst wohl noch einige Abänderungen oder Er gänzungen erfahren. Beispielsweise ist uian allgemein der Uebe»