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Wochenblatt A WW Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags , und Freitags. — Abonncmentspreis vierteljährlich I Ml., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne / Nummem 10 Pf. Tharandt, Men. Siebenlkhn nad die UmMÄe«. Imtsbtalt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Kgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 28. Freitag, den 6. April 18S4. Erlaß an die Schulvorstände, die schulpflichtigen blinden Kinder betreffend. Die Schulvorstände des hiesigen Verwaltungsbezirkes werden veranlaßt, soweit dies noch nicht geschehen, das zurückstehende Verzeichniß über die zu Ostern dss. I«. schulpflichtig gewordenen blinden Ainder, resp. Fehlschein, längstens binnen vierzehn Tagen zu Vermeidung von 5 Mk. Ordnungsstrafe anher einzureichen. Meißen, am 30. März 1894. Königliche Bezirks-Schul-Juspektion. v. Kil'vkbsvk. Vangeinann. — Erlaß, die Einreichung der Katholikenverzeichniffe betreffend. Die Ortsbehörden des hiesigen Verwaltungsbezirkes werden veranlaßt — soweit dies noch nicht geschehen — das Verzeichniß über die in ihren Orten wohnhaften katholischen Glaubensgenossen nach dem vorgeschriebenen Schema, bezw. einen Fehlschein längstens bis zum 20. April dss. Js. bestimmt anher einzureichen. Meißen, am 30. März 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Kirchbach. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen Robert Ferdinand Starke auf Folium 32 des Grundbuchs für Burkhardtswalde vormals Rothschönberger Antheils eingetragene Recht zum Abbau des etwa vorhandenen Kalksteins an den Parzellen No. 45a, 129/130 und 142»/1425 des dasigen Flurbuchs nebst den auf den Parzellen No. 39 und 32» errichteten Gebäuden, bestehend aus Wohngebäude, Kalkbrennöfen, Hochesse, Wächter- und Pferdestallgebäude No. 35»—A des Brandkatasters für dasigen Ort geschätzt auf ca. 9000 M. soll im hiesigen Amts gerichte zwangsweise versteigert werden und es ist der 18. April 184" Bormittags 10 Uhr, als Versteige.anasterniin, sowie Ser 3«. April 1894, Bormittags 1« Uhr, als Termin zu Verkündung -er vertheilungsplans anberaumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Wilsdruff, den 17. Februar 1894. Königliches Amtsgericht. Vr. vuuxlvS. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Matcrialwaarenhändlers Gustav Adolf Spiller in Wilsdruff wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermin- hierdurch aufgehoben. Wilsdruff, den 3. April 1894. Königliches Amtsgericht. Vr OsuxloL. Dienstag, den 10. dies. Mon., Nachmittags 2 Uhr gelangen in dem Dorfe folgende Gegenstände als: 1 Handwagengestelle, 1 Bohrknarre, 1 Sopha, 1 Regulator, 1 Kleiderschrank und andere Gegenstände zur öffentlichen Ver ¬ steigerung. Bieterversammlung im dasigen Gasthofe. Wilsdruff, am 4. April 1894. Sekr. Busch, Ger.-Vollz. Tagesgeschichte. Aus parlamentarischen Kreisen wird der „Nat.-lib. Korr." geschrieben: In den letzten Wochen hat sich das Gerücht ver breitet, der Rest der Reichstagssession werde ein unerwartet rasches Ende finden. Angesichts der Thatsache, daß dieser letzte Abschnitt der Session für die Erledigung der Reichs finanzreform, d. h. derjenigen Aufgabe bestimmt war, welche die Thronrede vom 6. November v. I. mit allem Nachdruck in den Vordergrund stellte, hat es allerdings überraschen müssen, daß dies Gerücht aus allerlei Andeutungen in osfiziösen Blättern seine Nahrung sog. In der Thronrede hieß es es inbezug auf den Plan einer anderweiten Ordnung des Reichsfinanzwesens: „Die bisherigen Erfahrungen haben bewiesen, daß ohne Schädigung des Reichs und der Einzelstaaten eine Auseinandersetzung zwischen denselben nicht länger hinausgeschoben werden kann." Nach jenem Gerüchte aber müßte man annehmen, daß die verbündeten Regierungen selbst jetzt die Initiative zu einer solchen Hinaus schiebung ergreifen würden. In der Sache selbst kann dafür ein Grund nicht gefunden werden, ebenso wenig in der parla mentarischen Geschäftslage. Angenommen selbst den Fall, daß die Entwürfe über die Tabaksteuer und die anderweite Ordnung des Finanzwesens in der Kommission und im Plenum durch alle Stadien hindurch einer gründlichen Einzelberathung unter zogen würden, ließe sich der Abschluß der Session bis Mitte Juni recht wohl erreichen, ein Termin, der in der Geschichte des Reichstags kein durchschlagender Einwand ist; wollte man ihm entscheidendes Gewicht beilegen, so müßte man den Parla mentarismus im deutschen Reiche überhaupt aufgeben. Weil somit nach dieser Seite hin ein Grund für die angebliche Ver schiebungsabsicht nicht gefunden werden kann, so ist es nicht zu verwundern, daß die Gegner der Finanzreform in dem Gerüchle den Rückzug der verbündeten Regierungen vor der Opposition erblicken, daß sie sogar einen ausdrücklichen Verzicht der Regierungen auf ihre über die Erhöhung der Börsensteuer binauögehenden Pläne erwarten. In dieser Erwartung werden sie sich nun allerdings getäuscht sehen, die verbündeten Regierungen denken nicht an einen solchen Verzicht, vielmehr wird in ihren Kreisen auf das bestimmteste erklärt, daß selbst eine ausdrück liche Ablehnung der Tabakfabrikatsteuer und des Finanzreform planes die Wiedereinbringung derselben in der kommenden Session nicht verhindern würde. Jndcß, daß sind Fragen der Zukunft; einstweilen handelt es sich darum, was in den nächsten Wochen geschehen soll, und hier kann man sich bisauf weiteres nur an die wiederholt abgegebene feierliche Erklärung halten, daß die verbündeten Regierungen auf der Durchberathung ihrer auf die Finanzreform bezüglichen Vorlagen bestehen. Nach der Ansicht der Opposition ist das gleichbedeutend mit der radikalen Ablehnung alles dessen, was über die Erhöhung der dem Plenum vorliegenden Börsen- und Lotteriesteuer hinausgeht und wenn man die Haltung der Centrumspresse betrachtet, so sollte man das auch annehmen. Da indeß das Centrum oder wenigstens der Herrn Lieber folgende Flügel desselben gerade in letzterer Zeit wiederholt in demonstrativer Weise den Reichskanzler unter stützt hat, der Reichsfinanzreformplan aber in erster Linie durch den Reichskanzler vertreten wird, so wird man doch noch abzuwarten haben, ob das ganze Centrum die radikale Oppo sition seiner Presse mitmachen wird. Der „Standard" äußert sich über die Rede, welche der Reichskanzler letzthin in Danzig hielt, u. a. folgendermaßen: „Die Andeutungen des Grafen Caprivi haben manche Leute wieder auf die Idee gebracht, daß die Großmächte des Kontinents demnächst eine Abrüstung ihrer Heere in großem Maßstabe be absichtigten. Es würde uns sehr freuen, wenn diese Erwartung ernstlich begründet wäre. Man sollte sich aber erst einmal die Frage vorlegen, von welcher Seite denn ein solcher Vorschlag kommen dürfte. Etwa von Frankreich? Kein französisches Ministerium würde mit einer solchen Politik auch nur einen Tag bestehen. Von Rußland? Der Zar kann allerdings nach Belieben schalten und walten und könnte morgen ohne Gefahr abrüsten, oder eine allgemeine Abrüstung Vorschlägen. Er würde damit aber die Traditionen, Beweggründe und Präten- stonen, welche die Dynastie Romanoff seit über 200 Jahren gehegt und gepflegt hat, mit einem Schlag opfern. Glaubt irgend jemand, der Zar werde aller Welt verkünden und be weisen, daß ihm der gegenwärtige Besitz Rußlands genüge? Italien wäre vielleicht geneigt zu einer Abrüstung, die allgemeine Durchführung würde aber dermaßen zu seinen Gunsten aus fallen, daß Frankreich aus diesem Grunde allein den Vorschlag lächerlich und im höchsten Grade naiv finden müßte. Soll denn der Vorschlag von Deutschland ausgehen? Deutschland könnte sich nur dazu verstehen, wenn eS der allseitigen Annahme sicher wäre. Ein solches Zeichen von militärischer Schwäche und finanziellem Druck würde aber ohne Zweifel eine abschlägige Antwort von Seiten Frankreichs und Rußlands zur Folge haben. Oesterreich befindet sich genau in derselben Lage wie Deutschland. Wir können daher nicht begreifen, wie diese an und für sich ja sehr wünschenswerthe Abrüstung zu Stande gebracht werden kann. Die einzig mögliche Abrüstung ist die Abrüstung, welche nach einem Kriege stattfindet, wenn eine Seite so schwer geschlagen ist, daß der Sieger auf einige Zeit der Ruhe pflegen kann. Trotz alledem hat Europa seit vielen Jahren Frieden genoffen und, dank der bestehenden Gruppirung der Mächte, liegt, kein Grund vor, warum der Friede nicht noch Jahre lang erhalten bleiben soll. Jedenfalls können wir sicher sein, daß die Kaiserzusammenkunft in Abbazia wohl dazu an- gethan ist, diese Dauer zu fördern. Die beim Abschlusse des deutsch-russischen Handelsvertrags betheiligt gewesenen hohen deutschen Beamten sind soeben vom Czaren durch Ordensverleihungen aus gedachtem Anlaß ausge zeichnet worden. Es erhielten Reichskanzler Graf Caprivi die Brillanten zum Andreasorden, Staatssekretär v. Marschall den Alexander-Newsky-Orden und Gesandter v. Thielemann den Weißen Adlerorden. Zweifellos wohnt diesen Ordensauszeich nungen eine gewisse politische Bedeutung inne, der Vorgang bekräftigt die infolge des Handelsvertrages eingetretenc günstigere Wendung in dem politischen Verhältnisse des Deutschen Reiches zu Rußland. Die Urtheile gegen die bei dem Spielerprozeß in Hannover betheiligten Offiziere sind nunmehr erfolgt. Wie die „Krz.-Ztg." hört, sind 15 Offiziere infolge dessen verabschiedet worden. Die Arbeitermassen in allen Kulturländern befinden sich zur Zeit in einem lebhaften Fluß. Eine ganze Anzahl inter nationaler Gewerkschaftskongresse steht bevor, andere werden vorbereitet. Da ist zunächst der internationale Bergarbeiter-