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2. Anlage zu Ao. Vaterländisches. Wilsdruff. „Wer Liebe säet, wird Liebe ernten", da von konnten die Bewohner unserer Stadt am Mittwoch, als am Tage des silbernen Amtsjubiläums unseres allseitig boch geschätzten und verehrten Herrn Pastor Ficker, sich voll und ganz überzeugen. Schon am frühen Morgen wurde der verehrte Jubilar durch Gesang und Musik erfreut; im Laufe des Vor mittags erschienen im Jubelhause Deputationen der Herren Geist lichen der Umgegend, des hiesigen Kirchenvorstandes, des Lehrer kollegiums rc., um die herzlichsten Glückwünsche und sinnige und werthvvlle Geschenke darzubringen; auch der Herr Ephorus Sup. Dr. Kohlschütter aus Meißen war zur Beglückwünschung des Jubilars erschienen. Mittags I Uhr vereinigte ein Festmahl im Hotel Adler die Glieder des Kirchenvorstandes, des Lehrer kollegiums, des Stadtgemeindecathes, den Herrn Postverwalter Jaeckel, Herrn Straßenmeister Franze, die Herren Pastoren em. Müller und Seifert von hier und mehrere Herren Geistliche der Umgegend und einige Bürger der Stadt mit dem verehrten Herrn Jubilar, wobei derselbe, nachdem Herr Sup. Dr. Kohlschütter in geistreichen Worten Sr. Mas. des Königs Albert gedacht, von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kirchenvorstandes Herrn Amtsgerichtörath Dr. Gangloff in wohlverdienter Weise gefeiert wurde, worauf der Herr Jubilar in tiefbewegten Worten seinen Dank aussprach. Zwei hübsche Tafellieder trugen auch das ihre zur Erhöhung der Feier bei. Wohl kaum zu erwähnen nöthig ist, daß während des Festmahls noch außerordentlich viele herzliche Glückwünsche herüber und hinüber gingen bis endlich auch diese schönen Stunden verflossen waren, welche nicht nur dem Jubi lar Herrn Pastor Ficker, sondern gewiß auch allen Theilnehmern in angenehmer Erinnerung bleiben werden. — Einen recht günstigen Abschluß fand die am Mittwoch Abend im kleinen Saale des „Hotels zum goldnen Löwen" anberaumte Versammlung zur Gründung eines Elektri zitätswerkes (Consortium) in Wilsdruff. Herr Kaufmann Fritzsche eröffnete abends 8 Uhr die Versammlung mit einigen herzlichen Worten und erklärte den Grund, weshalb er diese Versammlung zusammengerufen, damit, daß er geglaubt, Herr Civil-Jngenieur Oskar Beyer wäre der Besitzer des in Wils druff zu erbauenden Elektrizitätswerkes und würde es doch wünschenswerth sein, wenn der durch Abgabe von Strom ein gehende Verdienst in Wilsdruff bliebe, daß heißt ein oder mehrere Wilsdruffer Bürger den Bau des Werkes übernehmen würden. Im Weiteren theilte Herr Fritzsche nun mit, daß er sich in dieser Hinsicht geirrt und in Erfahrung gebracht habe, daß Herr Civil-Jngenieur Beyer nur der Erbauer und Leiter des Werkes sei, Herr Fabrikant Fischer dagegen der alleinige Besitzer wäre und man sich freuen müsse, daß diese Sache auf diese Weise ihre Erledigung gefunden. Es wurde dagegen, sogar in der Versammlung anerkannt, daß es durch hie von Herrn Beyer sehr günstig gestellten Bedingungen Herrn Fischer möglich sei, ein derartig großes Werk erbauen zu können. Auf Grund des in voriger Nummer d. Bl. (Aufruf an den Lokal patriotismus w.) angegebenen Verdienstes von ca. 3000 Mk., erklärte Herr Beyer, daß ein derartiger Verdienst unmöglich sei und nur bei rationellem Betrieb eventuell ein Verdienst von ca. 1050 Mk. pro Jahr entstehen könnte. Wir freuen uns, daß durch diese Versammlung über die Angelegenheit ein klares Bild erlangt wurde und glauben mittheilen zu können, daß nunmehr wohl jedes Mißverständniß, welches den Bau des Elektrizitätswerkes verhindern könnte, beseitigt ist und hoffen, daß Herr Ingenieur Beyer im Verein mit Herrn Fischer ein Werk schaffen werden, welches unserer Stadt zum Segen gereichen und gleichzeitig ein Stolz derselben sein möge. Die Vorarbeiten zur Legung der elektrischen Leitungen sind, wie wir uns überzeugt, bereits im „Hotel zum Adler" und der „Alten Post" im vollen Gange und glaubt man diese Gebäude noch vor Weihnachten mit elektrischem Licht versehen zu können. Wir aber rufen dem Unternehmen ein fröhliches Glückauf zu. — Die Personalbewegung in den sächsischen Landes strafanstalten gestaltete sich im 3. Vierteljahre d. I. wie folgt: In das Zuchthaus Waldheim wurden eingeliefert 155 Personen, entlassen 172. In den fünf Gefängnißstrafanstalten Zwickau, Hoheneck, Voigtsberg, Sachsenburg, Grünhein belief sich die Zahl der Einlieferungen auf 702, und die Entlassungen auf 725. In den drei Korrektionsanstalten Hohnstein, Sachsenburg und Waldheim wurden eingeliefert 146 und entlassen 273. An wesend waren am Schluffe des Vierteljahres in Waldheim 1967, in den fünf Gefängnißstrafanstalten 2201 und in den drei Kor rektionsanstalten 596 Gefangene. Sämmtliche Anstalten beher bergten am 30. September 4737 Sträflinge, gegen 4 929 am Beginn des Vierteljahres. — Dresden, 15. November. Se. Majestät der König ist unter mäßigen Fiebererscheinungen an einem Bronchialkatarrh erkrankt und deshalb genöthigt, das Bett zu hüten. — Wir machen darauf aufmerksam, daß die Hundert- Marknoten der Chemnitzer Stadtbank seit den 31. Mai 1891 aufgehört haben Zahlungsmittel zu sein und nur noch bis Ende d. I. als einfache Schuldscheine Giltigkeit haben. Die bis dahin nicht zur Einlösung gekommenen Noten sind als dann völlig werthlos. r — Eine große Freude wurde einem alten bravem, nahe zu 80jährigen Arbeiter in Grimma zu theil, dessen Anspruch auf die Altersrente früher abgelehnt, jetzt aber in dem amtlich erfolgten Wiederaufnahmeverfahren anerkannt worden ist und der nun circa 400 M. Altersrente nachbezahlt, fortan aber 11 M. 50 Pf. monatlich erhält. — Riesa, 12. November, Mit dem 15. Dezember für Wilsdruff etc. tritt für unsere Stadt eine neue Bekanntmachung, den Verkauf von Brod und anderen Backwaaren betreffend, in Kraft. Die Hauptpunkte derselben sind: 1 Brod darf nur nach dem Ge wicht verkauft werden. Die zum Verkauf gelangenden Brode müssen ein Gewicht von '^Kilogramm, 1 Kilogramm ec. haben, so daß das Gewichi des Stückes je durch ^Kilogramm theil bar ist. 2. Das Gewicht eines jeden Brodes ist, in '/? Kilo grammen ausgedrückt, durch eingedrückte Punkte auf demselben anzugeben. 3. Einen Gewichtsrückgang infolge Eintrocknens braucht sich der Käufer nicht gefallen zu lassen, er kann viel mehr verlangen, daß das Brod das durch die Punkte angezeigte Gewicht hat, auch wenn es schon mehrere Tage alt ist, und daß der Bäcker, bez. Verkäufer beim Anfertigen, des Brodes hierauf Rücksicht nimmt. 4. Minderwerthig hergestelltc oder gewordene Brode werden vom Verkaufe nicht völlig ausgeschlossen, wenn sie in einer äußerlich leicht erkennbaren Weise als solche gekennzeichnet und ihr Verkauf zu einem dem wirklichen Ge wicht entsprechenden Preise erfolgt. — In Soppen bei Meißen brannten am Dienstag früh zwei große Strohfeimen nieder. Wahrscheinlich liegt Brandstiftung vor. — Zöblitz, 12. November. Gestern ereignete sich hier ein höchst betrübendes Unglück. Einem noch nicht siebenjährigen Knaben waren seine beiden kleinen Brüderchen allein zur Aus sicht überlassen worden. Während diese spielend auf dem Sopha saßen, nahm der ältere Knabe das Gewehr seines Vaters, lud dasselb mit einer Jagdpatrone, zielte auf das einjährige Brüderchen und schoß ihm die Ladung durch den Unterleib, so daß der Tod sofort eintrat. Der kleine Mörder, welcher sich kaum über sein Beginnen klar gewesen sein kann, entfloh, nach dem er das todte Kind in die Wiege gelegt hatte. — In Altlöbau und Oelsa herrscht die Scharlach- und Masernepidemie unter den Schulkindern derartig, daß bereits der Unterricht in einer Klasse geschlossen werden mußte. Die Ausdehnung der Epidemie ist auf das leichtsinnige, vor zeitige Außerachtlassen der ärztlichen Vorschriften seitens einzelner Eltern zurückzuführen. — In der Nacht zum Sonntag ist auf Freiberger „Reiche Zeche" der im 41. Lebensjahre stehende Doppelhäuer Meutzner in den gegen 100 Meter tiefen Schacht gestürzt und auf der Stelle todt geblieben. Der Verunglückte ist Vater von 3 Kindern. — Zwickau. Ein Bild tiefster menschlicher Verworfen heit entrollte die am 10. d. M. gegen Graveur Freund und Steinmetz Schwär von hier abgehaltenen Schwurgerichtssitzung. Freund verdächtigte die Sittenreinheit einer hiesigen achtbaren Restaurateursehefrau und wurde wegen Verleumdung zu fün Monaten Gefängniß verurtheilt. Um dieser Strafe zu entgehen