Volltext Seite (XML)
„Nein, gnädige Frau, und wohl aus guten Gründen nicht, der Herr Graf soll sie, außer Baronesse Wanda, nicht beson ders lieben. Dies hindert aber nicht, daß die Frau Baronin nach ihm das Gut Ebersdorf bekommt, wie ich hier erfahren habe." Helene schickte ihre beredte Zofe mit einem Auftrage fort, denn ohne Zweifel hätte ihr diese noch weitere Familienver- hältnisse mitgetheilt, welche sie während ihres kurzen Aufent halts auf Greifenberg zu erfahren gewußt, um bequem, wie sie jeden Morgen that, sich ihren Kaffee zu bereiten. Hierbei dachte sie über das eben Gehörte nach und stellte sich zugleich ihr Alleinsein mit der Freiherrin und ihrer ältesten Tochter vor, die offenbar absichtlich sie kränkten und reizten. Dann wandten ihre Gedanken sich ihrem Gatten zu, und eine leb haftere Röthe überzog plötzlich ihr frisches, jugendliches Antlitz, als sie des Vorfalls am verflossenen Abend gedachte. Was war's denn schließlich auch? schloß sie ihr Selbst gespräch. Ich stolperte und er hielt mich, denn er konnte mich doch nicht zur Erde stürzen lassen! Hat er mich doch schon einmal bei einer ähnlichen Gelegenheit unterstützt — es war an unserem Hochzeitstage, als wir Zwei — uns gegenseitig ganz fremde Menschen — hierher fuhren! In diesem Augenblick vernahm sie einen ihr schon be kannten, festen, raschen Tritt auf der Treppe, und gleich darauf ward an ihr Vorzimmer geklopft. Die verrätherische Röthe ihrer Wangen nahm zu, dennoch aber rief sie mit sicherer Stimme: „Herein!" worauf auch der Baron sofort eintrat, aber an der Thür einige Sekunden zögerte, um des Anblicks zu genießen, der sich ihm darbot. Am zierlich geordneten Frühstückstisch in ihrem Wohn zimmer, auf dem die silberne Theemaschine behaglich summte und kochte, stand im Hellen Morgcnkleide, ein Spitzcnhäubchen auf dem reichen blonden Haar, seine Frau, ein so liebliches Bild einer jungen Hausfrau, wie er noch nie eins gesehen. „Guten Morgen, gnädige Frau!" begann er, den Blick aus sie richtend, der ihm eine leichte Befangenheit ihrerseits verrieth, indeß auch ihr nicht entging, daß sein Auge ihr mit einem ihr neuen Ausdruck entgegcnstrahlte. „Guten Morgen, Herr Baron!" sagte sie schnell gefaßt. „Ich habe soeben von Emma vernommen, daß das Befinden des Grafen Eberstorff sich verschlimmert hat." „So ist's, gnädige Frau, und ich kam, um Ihnen an- zuzeigen, daß ich mit dem Zuge, der um Mittag durch W. fährt, zu ihm nach Karlsbad reisen muß." „Man befürchtet doch keine Gefahr für den Grafen?" fragte die junge Frau besorgt. „Ich glaube nicht, doch wünscht mein Onkel, mich zu sehen, und vor allen Dingen, meine Begleitung auf der Rück reise zu haben. Nach meiner Berechnung werde ich etwa acht bis zehn Tage abwesend sein, und während dieser Zeit, gnä dige Frau ..." „Wird sich hier kaum etwas ereignen, das Ihre Gegen wart unumgänglich erforderlich machte!" erwiederte Helene, welche meinte, seine Gedanken errathen zu können. „Wir können das nicht voraus sehen, denn wer hätte gestern Abend gedacht, daß ich schon heute reisen müsse! Aker ich habe sie beim Frühstück gestört und mich diesen Morgen vergeblich nach Ihnen im Garten umgesehen." „Ich hatte die Zeit verschlafen," entgegnete die junge Freiherrin lächelnd, „sonst wäre ich unbedingt hinabgegangen." Auf dem Corrisor ertheilte die alte Baronin jetzt m t lauter Stimme einige Befehle und ging dann schnell die Treppe hinunter, zugleich verkündete das Rasseln der Räder, daß der Wagen vorfuhr. Der Baron reichte jetzt seiner Gattin die Hand, in die sie die ihre legte, und sagte: „Ich bedaure aufrichtig, Sie ver lassen zu müssen, gnädige Frau, doch wissen Sie selbst, daß ich diese Reise Niemanden übertragen kann. Leben Sie wäh rend der Dauer derselben wohl! — Von Karlsbad aus werde ich Ihnen meine Ankunft und den Tag unserer Rückreise anzeigen!" „Es würde mich freuen, wenn Sie mir mitthcilen könn ten, daß der Herr Graf sich besser befindet!" „Wir wollen es hoffen. Und nun noch einmal, gnädige Frau, leben Sie wohl!" „Leben Sie wohl, Herr Baron!" Befangen und erröthend wandte Helene sich ab, denn abermals blickten die sonst so ruhigen Augen ihres Mannes ihr mit einem Ausdruck entgegen, der sie bis ins innerste Herz traf und im Begriff zu sprechen, verließ er sie dennoch schnell und ging dann mit langsamen Schritten zu den Seinen hinab. Die junge Frau trat ans offene Fenster und blickte träu merisch in die Morgenlandschaft hinaus, die sich jenseits des Gutshofes auSdchnte, auf dem gleich darauf der Jagdwagen dahin rollte, in dem ihr Gatte nach W. fuhr. Auf halbem Wege wandte er sich nach dem Herrenhause um und zog, da seine Mutter und Schwestern auf der Treppe standen, noch mals grüßend den Hut, dann lenkte der Wagen in die Pappel- aller ein und entschwand bald den Blicken der ihm Nach schauenden. Langsam ging Helene an den Frühstückstisch zurück, um das Mahl zu genießen, bei dem sie so unerwartet gestört wor den war. Kaum hatte sie es beendet, als abermals angeklopft wurde und gleich darauf Freiin Wanda erschien, welche, indem sie ihr einen Strauß schöner Blumen reichte, sagte: „Verzeihen Sie, wenn ich störe, gnädige Frau, ich glaubte aber nicht, Sie noch beim Kaffee zu treffen!" „Ich habe mich diesen Morgen verspätet — Sie aber, Baronesse, sind heute gewiß schon frühzeitig geweckt worden?" „Ja, durch den Boten aus der Stadt, der uns Onkel EberStorff's Briefe brachte. Wir ängstigen uns seinetwegen sehr und wünschen nur, daß Arnold bald bei ihm wäre." „Sollten Sie wirklich Grund zu ernstlicher Befürchtung haben?" (Fortsetzung folgt.) Theater. Das historische Schauspiel „Der Glockenguß zu Breslau" oder „Des Meisters letztes Werk", gelangte am vergangenen Donnerstag das erste und am Sonntage das zweite Mal zur Aufführung. An beiden Abenden war das Haus sehr gut besetzt. Mit Freuden können wir berichten, daß alle Dar steller sich durch die Fülle des Hauses anfpornen ließen, ihren Platz vortrefflich auszufüllen. Die abwechslungsreiche Deko ration der Bühne machte auf den Beschauer einen guten Ein druck, so namentlich die Glockengießerei mit dem Schmelzofen, sowie das düstere Gefängniß, in welchem der an Händen und Füßen gefesselte Glockengießermeister Konstantin Helm, darge stellt von Herrn de Lorme, ob seines verübten Mordes an seinem Junggesellen Max sein Schicksal erwartet. Den Vor rang verdient unbedingt in diesem Spiel Herr de Lorme. In meisterhafter Weise löste derselbe seine schwierige Aufgabe und besitzt Herr Direktor Uhle in demselben einen vorzüglichen Vertreter der Charakterrollen. Gleiche Anerkennung gebührt Fräulein Koppenhöfer. Durch -ihre vorzügliche Darstellung der „Therese" und die bewiesenen Gefühle der erst glücklichen und dann so schwer geprüften Braut des Junggesellen Max und Tochter des Glockengießers Helm erwarb sie sich die Be geisterung des Publikums, herzergreifend war namentlich die Scene, als die Armesünderglocke ihrem Vater zum Tode läutete und sie sich, um mit ihren Lieben vereint zu sein, in die guß- fertige Masse des Kessels stürzte. Ferner können Herr Schulz als Altgeselle, Frau de Lorme als Junggeselle, Herr Eng mann als Criminalrath, welche ihre Rollen vom Anfang bis zum Ende in jeder Beziehung gut spielten, nicht unerwähnt bleiben. Besondere Beachtung und Anerkennung verdient jedoch noch Herr Direktor Uhle durch die gute Darstellung des hinter listigen Gerichtsschreibcrs. Eine vortheilhafte Mimik hilft ihm oft über die schwierigsten Stellen fort. Wir können wohl gestehen, daß die Gesellschaft durch die Aufführung des „Glocken gusses zu Breslau" einen guten Erfolg zu verzeichnen hat. Für die nächsten Tage hat Herr Direktor Uhle einige recht gediegene Stücke in sein Repertoir ausgenommen und kiese sind das Lustspiel „Die berühmte Frau" und das uns schon von früher bereits bekannte Stück „Hasemann's Töchter"; das erste wird jetzt in der Residenz Dresden mit gutem Er folg gegeben und als eines der besten Lustspiele bezeichnet. Noch besonders wollen wir das Publikum auf die nächsten Freitag stattfindende Vorstellung aufmerksam machen. Es ge langt das Volksstück „Die Kornblumen des Kaisers" zur Auf führung. Wie uns die Direktion mittheilt, wird Alles auf geboten werden, um diesen Abend zu einem der genußreichsten zu machen. 12 junge Damen und einige Herren aus hiesiger Stadt werden in demselben Mitwirken. Das ganze Stück und dis Musik ist durchweg patriotisch und wird dem Publikum unsern unvergeßlichen Heldenkaiser Wilhelm in's Gedächtniß und vor Augen führen. Wir wollen wünschen, daß die Be mühungen der Direktion von Erfolg gekrönt werden, um so mehr, da dieselbe stets bemüht ist, uns Gutes zu bieten.N.L. 6. Hsnnöbsrg's „Nouopolseiäs" ist äs.8 Boots! blur äirslrt. Wochenmarkt zu Wilsdruff, am 21. November. Eine Kanne Butter kostete 2 Mk. 30 Pf. bis 2 Mk. 40. Ferkel wurden eingebracht 140 Stück und verkauft: starke Waare, 7 bis 8 Wochen alt, das Paar 24 Mk. — Pf. bis 30 Mk. — Pf. Schwächere Waare das Paar 15 Mk. — Pf. bis 21 Mk. — Pf. Meißen, 22. November. 1 Ferkel 6 Mk. — Pf. bis 12 Mk. — Pf. Eingebracht 133 Stück. 1 Kilogramm Butter 2 Mk. 20 Pf. bis 2 Mk. 32 Pf. Dresden, 20. November. (Getreidepreise.) An der Börseper 1000 Kilogramm: Weizen, weiß, 190—195 Mk., Weizen braun 182—192 Mk., Korn 178-185 Mk., Gerste 150, bis 165 Mk., Hafer 140—155 Mk. — Auf dem Markte: Hafer pro Hectoliter 7 Mk. — Pf. bis 8 Mk. 50Pf. Kar toffeln pro Hectoliter 4 Mk. 50 Pf. bis 5 Mk. — Pf. Butter 1 Kilogramm 2 Mk. 20 Pf. bis 2 Mk. 80 Pf. Heu pro C-ntner 3 Mk. 20 Pf. bis 3 Mk. 80 Pf. Stroh pro Schock 30 bis 32 Mk.— Pf. Kol- uncl ^6188-^6106 k Ilasods von »Q. Vorrügliok«, rviuv 1?isokv?siiis, äirset von 6su 1sistui»g»ttkig»t«v ^Vsingutsdssitrsrvbsrogord. LsIIsrsi gratis, vaok Xus^itrts vsrseQäs frauoo gsg»» Schlachtpferde werden jederzeit gekauft und, wie bekannt, mit höchsten Preisen bezahlt in der Roßschlächterei von Osvslä Llvosed, (früher Geschäftsführer bei Roßschlichter Hartmann), Motfchappel. Schiachtpfcrdt ""LL" TS"" Deuben.