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Wenblatt sm Wlsdmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDicnstags und Freitags. — Abonnemcutspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Ml'. 25 Ps. — Einzelne Nummern 10 Pf. MllsbiM Thalandt, Kojskli, Mmich; «kd die Nmsegesdes. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. AmtshaupLmannschaft Meißen^ für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. LorstrentamL zu Tharandt. No. 68. Dienstag, den 2«. August 18W. Bekanntmachung. Das 8. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1890 enthält: No. 44. Verordnung, die Enteignung von Grundeigenthum für Erweiterung der Eisenbahnstationsanlagcn in Erlau betr., vom 5. Juli 1890; No. 45. Bekanntmachung, die Eröffnung des Betriebes auf den normalspurigen Secundäreisenbahnen Freiberg-Halsbrücke und Berthelsdorf-Großhartmannsdorf mit Zweiglinie Brand- Langenau betr., vom 12. Juli 1890; No. 46. Verordnung zur weiteren Ausführung des Gesetzes vom 20. Mai 1867, das Befugniß zur Aufnahme von Protokollen und zu Beglaubigungen bei Justiz- und Verwaltungs behörden betr., vom 14. Juli 1890; No. 47. Verordnung, die Enteignung von Grundeigenthum für Erweiterung der Bahnhofsanlagen in Riesa betr., vom 22. Juli 1890; No. 48. Verordnung, die Abhaltung von Sühneversuchsn mit Studirenden der Königlich Sächs. Technischen Hochschule betr., vom 28. Juli 1890; No. 49. Verordnung, die Enteignung von Grundeigenthum für Erweiterung der Haltestelle Bornitz betr., vom 31. Juli 1890; No. 50. Verordnung, einige Abänderungen der Beitragsklassification der der freiwilligen Abth-ilung der Landes-Brandversicherungsanstalt angehörenden Betriebs objecte betr., vom 8. August 1890. Gedachtes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt zur Einsichtnahme auf hiesiger Rathsexpedition aus. Wilsdruff, am 20. August 1890. Der Stadt rath. Licker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Naturgemäß beschäftigte die russische Kaiserreise di« gesammte deutsche, wie ausländische Presse und man ver hehlt sich an keiner Stelle, daß das achttägige zwanglose Bei sammensein der beiden mächtigen Herrscher ein auch in politischer Beziehung bedeutsames ist, wenngleich voraussichtlich feste Verein barungen nicht getroffen werden dürften. Diejenigen Prcß- stimmen, welche die Kaiser-Zusammenkunft zu Narwa bisher als ein politisch völlig glcichgiltigeö Ereigniß hinzustellen ver sucht hatten, hüllen sich insbesondere angesichts der sehr be- zeicknenden Thatsache, daß Reichskanzler v. Caprivi mit dem lu'sischen Leiter des Auswärtigen eine fast kinstündige Unter redung gehabt hat, nachdem vorher Herr v. Giers längere Zeit mit dem Zaren konfcrirt hatte, zumeist in Schweigen. Mit aufrichtiger Genugthuung ist cs zu begrüßen, daß auch die russische, die national-russische Presse endlich zu der Ueberzeugung gelangt ist, daß von deutscher Seite dem europäischen Frieden keine Gefahr droht, daß das Deutsche Reich keinen anderen Ehrgeiz und kein anderes Streben kennt, als die Sicherung des in hartem Kampfe Gewonnenen. Hätten unsere Nachbarn im Osten unserer Politik von vornherein ohne Vorurtheil gegenübcrgkstanden, so würde die Erkenntniß, die sie als eine Errungenschaft neuesten Datums bezeichnen, bei ihnen seit Jahrzehnten schon sich befestigt haben, und es würde dann auch bei unseren Nachbarn im Westen gar manche Illusion rechtzeitig geschwunden und manche Hoffnung auf eine Nück- wärtsrevidirung vollzogener Thatsachen und bestehender Ver träge alsbald als haltlos erkannt worden sein. Mag aber die Wahrheit auch spät zur Geltung gelangen — immerhin besser spät als gar nicht. Es würde jedenfalls viel, sehr viel gewonnen sein, wenn die Reise unseres Kaisers nach Rußland dazu beitrüge, gewissen chauvinistischen Hoffnungen jenseits der Vogesen ein Ende zu bereiten. Wie die „Kreuzzsttung" ver sichert, steht der deutsch-türkische Handelsvertrag endlich vor seinem cndgiltigcn Abschluß. Zehn Jahre ist über ihn verhandelt worden und eS klang wie ein Märchen aus alter Zeit, wenn man einmal wieder an ihn erinnert wurde. Jetzt aber ist noch der Versicherung des genannten Blattes das vom Sultan ratisizirte Schriftstück in Berlin angekommen, und so wird ja hoffentlich weiter kein unerwartetes Hindcr- niß der Perfektion dieses Vertragswertes mehr in den Weg treten. Der,, Post" berichtet man aus Peterhcf: Sonnabend Nach- mittcg bet der Abfahrt der Majestäten vom Manöverfelde nach Weymarn bestieg Se. Mas. Kaiser Alexander, um seinem hohen Gast den rechten Wagenplatz einzuräumen, zuerst den Wagen, bet welcher Gelegenheit die sehr unruhig gewordenen Pf-rde bäumten und Miene machten, mit dem leichten Gefährt durchzugehcn, Se. Maj. Kaiser Wilhelm sprang dem Kutscher zu Hülfe, welcher die Gewalt über die Pferde verloren hatte, ergriff die Zügel, hielt die Pferde, bis Kaiser Alexander ein- gtstikgen war und schwang sich dann selbst in den Wagen. — Kaiser Wilhelm ist Sonnabend Abend von Peterhof an Bord der „Hohenzollern" nach Memel in See gegangen. Vor der Abreise fand ein Diner und nach demselben eine prächtige Illumination des Parkes und d.r Wasserkünste statt. Die Majestäten erschienen um 9 Uhr Abends auf dem Balkon des Schlosses, um das herrliche Schauspiel in Augenschein zu nehmen. Nachdem sich der Kaiser und Prinz Heinrich in der herzlichsten Weise von den Mitgliedern der kaiserlichen Familie verabschiedet hatten, schritten dieselben mit Kaiser Alexander auf die Landungsstelle zu, wo die Offiziere des Wyborg'schen Regiments aufgestellt waren. Der Kaiser reichte jedem Ein zelnen dir Hand und verabschiedete sich von dem Gefolge des Kaisers Alexander. Hierauf nahm der Kaiser herzlich Abschied von Kaiser Alexander und umarmte und küßte denselben wieder holt. Der Kaiser begab sich sodann an Bord der „Hobcn- zollern", während Kaiser Alexander ihm die herzlichsten Ab schiedsgrüße zuwinkte und bon vo^a^, rovoir zurief. Allem Anscheine nach wird der Schwerpunkt der parlamentarischen Arbeit im nächsten Winter und vielleicht auf länger hinaus nicht, wie viele Jahre hindurch, im Reichstag, sondern im preußischen Landtag liegen. Man darf erwarten, daß die Negierung in der Thronrede zur Er öffnung der Session mit einem Reformprozramm vor den Landtag treten wird, welches in der Wirkung, die es hervor bringen muß, etwa der Kaiserlichen Botschaft bei der Eröffnung des Reichstages am 17. November 1881 an die Seite gestellt werden kann. Der großen Bedeutung der Aufgaben entsprechend wird aber auch darauf Bedacht zu nehmen sein, daß dem Landtag ein möglichst weiter Spielraum für seine Thätigkeit gegeben wird. Die Möglichkeit, alle die jetzt bereits ange kündigten Reformvorlagen in einer Session zu erledigen, er scheint uns einfach ausgeschlossen. Aber im Interesse eines wirklich fruchtbringenden Vorgehens wäre doch dringend zu wünschen, daß wenigstens eine derselben zum vollständigen Abschlusse gebracht würde. Dazu bietet sich aber bei dem be stehenden Zweikammersystem und bei der vielleicht eintretendcn Nothwcndigkeit eines wiederholten Hin- und Hergehens der betreffenden Vorlage zwischen den beiden Häusern wenig Aus sicht, wenn der Landtag erst Mitte Januar eröffnet und dann auf unabsehbare Zeit neben dem Reichstage zur Arbeit ge zwungen wird. Würde dagegen der Landtag bereits im No vember und zwar möglichst früh einberufen, so würden die ersten Lesungen der Reformentwürfe vorgenommcn und die Vorlagen an die Kommissionen verwiesen werden können, ehe noch der Reichstag seine Arbeiten wieder ausnehmen würde. Die offizielle Vertagung des Reichstages dauert bis zum 18. November, der Präsident hat aber die Vollmacht, die erste Sitzung auch für einen späteren Termin anzusetzcn. Die be deutsamen allgemeinen Debatten über das ganze Reformpro gramm würden sich also im November ohne jede Störung durch den Reichstag abspielen können. Alsdann könnten, während der Reichstag die EtatSberathungen vornähme, im Abgeordncten- hawe die Kommissionen sofort energisch an die Arbeit gehen. Der Umstand, daß der Staatshaushaltsetat uicht rechtzeitig eingebracht werden könnte, würde der Eröffnung des Landtages im November nicht entgegenstehen; er wird dann eben später vorgelegt. Die Reformentwürfe selbst dürften im November zweifellos zur Einbringung reif sein. Die sozialdemokratische Gewerkschaftsbeweg ung liegt stark darnieder, die Gewerkschaftsversammlungen sind äußerst schwach besucht, von allen Rednern wird konstatirt, daß in diesem Jahre an einen Streik absolut nicht zu denken wäre; bei den Zimmerern und Maurern sind zahlreiche über flüssige Kräfte am Markte, die Bauthätigkeit ist gering. Als Velebungsmittel für die Gewerkschaftsbewegung sind große all gemeine Gewerksschafts feste geplant. Ein solches soll bereits Sonntag, den 24. August, in Bremen stattgefunden haben. Von München soll von Vollmar kommen, um die Festrede zu halten. Die Genossen von Hamburg werden sich wohl auch zahlreich eingestellt haben. Die anderen großen Jndustrie- centren sollen demnächst ebenSfalls große Gewcrkschaftsfeste veranstalten. Der nächste Sonntag, 31. August, der uns den Todestag Lassalle's bringt, soll ebenfalls feierlich begangen werden; in Berlin werden große Waldfeste stattfinden, alle Gewerkschaften werden Ausflüge unternehmen. Die sozial demokratische Parteileitung hofft wohl, daß durch solche gemein same Festlichkeiten die widerstreitenden Geister zusammengebracht und versöhnt werden; darum liegt ein gewisses System der sozialdemokratischen Führer darin, gerade augenblicklich, wo die Gegensätze scharf aufeinander Platzen, Festlichkeiten aller mög lichen Art zu arrangiren. — Die vormaligen Redakteure der sozialdemokratischen „Volksstimme" veröffentlichen einen scharfen Angriff gegen den Reichstagsabgeordneten Auer, welchem sie den Vorwurf machen, im „Berliner Volksblatt" einen in der Schweiz lebenden Parteigenossen, der sich große Verdienste um die sozialistische Bewegung erworben, indirekt wegen Majestäts beleidigung denunzirt zu haben. Wien, 21. August. Nach verläßlicher Schätzung wird das Sängerfest einen Usberschuß an Einnahmen von etwa 54,000 Mark ergeben, wobei etwaige Spenden aus dem rück zahlbaren Theil des Garanticfonds nicht mit gerechnet sind, welche mit 18,000 bis 36,000 Mk. veranschlagt werden. MonS, (Belgien) 21. August 1890. 5000 Gruben arbeiter stellten ihre Thätigkeit ein, als ein neues Reglement, betreffend die Verantwortlichkeit bei der Arbeit, veröffentlicht wurde. Der Ausstand gewinnt immer weitere Ausdehnung und schon streiken fast 8000 Arbeiter. Vom 22. d. M. wird weiter berichtet: Der Ausstand in den Kohlenwerken gewinnt eins immer größere Ausdehnung und dürfte bald ein allge meiner werden. Vaterländisches. Wilsdruff. In dem benachbarten Herzogswalde hat sich am vorigen Freitag Nachmittag ein Stubenmädchen, welches bei einer dasigen Herrschaft schon mehrere Jahre in Diensten stand, erschossen. Dem Mädchen wird von ihrer Herrschaft das beste Zcugniß ausgestellt. Das Motiv der That soll unglückliche Liebe sein. -- Zur Erntezeit. Die mühevollen Erntearbciten neigen sich dem Ende zu und mit frohem dankerfülltem Herzen kann der Landmann jetzt den goldenen Segen überschauen, den er in seine Scheuern geborgen hat. Der Stadtbewohner macht sich nur selten Vorstellung, welche tiefe innerliche Bedeutung die Erntedankfeste, die jetzt aller Orten gefeiert werden, für den Landmann haben. In einer alten Schrift über die Ernte heißt es: Die Ernte ist die wichtigste Zeit im landwirthschaft- lichen Leben; denn alle Mühe, alle Anstrengung des Land mannes ist einzig auf sie gerichtet und kann nur durch sie be zahlt werden. Aber sie ist auch eine schöne, eine feierliche Zeit. Schw-rlich ist eines Menschen Gemüth so verhärtet, daß es nicht bei der Ernte zu frommen Gefühlen, zur Dankbarkeit gegen den Geber alles Guten angeregt würde; daß es sich innig freute, wenn cs nun endlich gelingt, den reichen Erntesegm glücklich zu bergen. Alles auf dem Lande ist froh und jubelt laut, wenn der Tag der Ernte naht. Nie steht man fröh lichere Menschen, nie auch, wie eine alte Bemerkung sehr richtig sogt, bessere. Es ist, als wenn in dieser Zeit Neid, Geiz und Bosheit aus den meisten Herzen verschwänden; nie theilt selbst der engherzigste Landwirth lieber mit, nie ist er freundlicher und dienstfertiger, als wenn er erntet. Und giebt eS wohl einen schöneren Anblick als ein volles, der Sense entgegen- winkendcs Aehrenfcld, als eine Schaar lustiger Schnitter im Begriff, es niederzustrecken? Man sollte überall den ersten Ernteiag wie den letzten feierlich begehen, mit Musik auf den Acker ziehen, fröhliche Lieder anstimmen und den Tag in lauter Freude zubringen. Wilsdruff. (Eingesandt). Unter sehr zahlreicher Be teiligung der hiesigen Bürgerschaft (gegen 250 Personen) spielte unser Stadtmusikchor vergangenen Donnerstag unter Leitung seines bewährten Herrn Musikdirektors Jahn im Garten des