Volltext Seite (XML)
Vorhergeschehene zu einem Bilde, und es mag überaus lobend anerkannt sein, daß nur 2^ Min. vom Signal aus vergingen, und der Schlauch auf dem Dache des Steigerhauses Wasser gab. Freilich ließ der eine Schlauch zu wünschen übrig, wenn aber Herr Direktor Öser 300—400 Meter neuen Schlauch für Wilsdruff empfahl, so ist das wohl zu viel. Auch bei der letzten Inspektion am 12. Septbr. 1886 wurde der Fußdienst, welchen heute der Vicehauptmann Herr Schlossermeister Geißler ganz aus gezeichnet leitete, mit sehr gut censiert. Wenn Stützen- und Hakenleiter dienst nur mit gut censiert wurden, so wurde die Censur nur mit Rücksicht darauf gegeben, daß die hiesige freiwillige Feuerwehr sich noch nicht in allen Teilen dem Reglement für Sachsen angeschlossen hatte. Das Ge schehene machte aber den Führern der einzelnen Züge mit ihren Leuten alle Ehre und ein Anschluß an das Reglement wäre sicher im Interesse größt möglichster Einheit im Lande zu empfehlen. Besonders erfreuen mußte alle, welche Interesse für die Sache haben, daß Herr Branddirektor Öler nicht unterlassen konnte, die überaus gute Haltung und Ruhe aller Mannschaften rühmend anzuerkennen. „So fahren Sie fort, unserm Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr, Ihren Beruf zu erfüllen" mit diesen Worten schloß der Herr Inspekteur. Die Kritik schloß Herr Feuerwehr hauptmann Thum-Radeberg damit, daß er der freiwilligen Feuerwehr zu Wilsdruff sem Hoch brachte. Heute Nackmittag 4 Ubr hielt der conservative Verein im Amts bezirke W'lsdruff seine diesjährige Generalversammlung ab. Auf der Tages ordnung standen: Bericht über die Tbätigkeit des Vereins und des Aus schusses, Kassenbericht, Aufgaben des Vereins und als Vortrag: Die ver schiedenen Fraktionen im Reickstage und ihre Ziele. Durch B sckluß des Ausschusses ist Herr Rittergutsbesitzer Andrä auf Braunsdorf und Pachter aus Limbach zum Vorsitzenden des Vereins gewählt Worten. Seit dem 27. Mai 1888 batte der Verein keine Sitzung abgehalten. Diese Lauheit ist entschieden zu verwerfen und dafür ein früheres, lebendigeres Leben zu wünschen. Daher empfiehlt der Herr Vorsttz-nde, fest an den jährlichen Generalversammlungen zu halten und für patriotische Festtage als Kaisers und Königs Geburtstag Festfei rn zu veranstalt n und zwar so: feiert der ! westliche Teil von Wilsdruff in diesem Jabre Kaisers-, so der östliche Königs Geburtstag, feiert im darauffolgenden Jahre der östliche Kaisers-, i so der westliche Königs Geburtstag. Nach kurz r Debatte, an welcher sich j die Herren Horst-Rothsckönberg, Pastor !>r. Sckönberg-Weistropp, Pastor vr. Wahl - Grumback, v. Schönberg - Pöcking auf Tanneberg und Redakteur Berger-Wilsdruff beteiligten, wurde der Antrag zum einstimmigen Be schlusse erhoben. Die Herren Vertrauensmänner w-rden gebeten, recht eifrig sür Erweiterung der Mitgliederzabl nach Erscheinen eines Flugblattes ein zutreten. Nach Vorlesen und Prüfung des Kassenberichtes wird derselbe für richtig besunden und der Vorstand entlastet. Nach einer Pause von 5 Minuten erhält Herr Pastor l)r. Schönberg - Weistropp das Wort zu seinem Vortrage. Wer den hochverehrten, geistreichen, allezeit liebenswür digen Herrn und ganz bedeutenden Sprecher kennt, wird wohl zugeben und glauben, daß uns ein prächtiger Vortrag gehalten wurde. Hier nur Einiges: Unser Reichstag besteht aus 12 Parteien und 5, die keiner Partei ange- hören und sogenannte Wilde sind. Dis Dänen sind als Partei mit 1 Stimme vertreten. Die Polen sitzen in einer Stärke von 16 Mann im Reichstage und verlangen nationale Pflege ihrer polnische» Interessen. Die El süsser, welche zum größten Theile Protestler, sind eben gegen das Deutsch thum seit dem Kriege 1870/71. Auch die Welfen, in einer Stärke von 11 Mann, sind deutschfeindlich gesinnt. Sie vertreten nicht nationale Interessen. Gegen die Eingriffe der Juden suchen mit allem Eifer die Antisemiten einzutreten. Die Juden sind die Großkapitalisten und suchen mit ihrem Gelde mehr zu regieren als Kaiser und König. Wir sollten das jüdische Treiben auch im Geschäftsleben nicht unterstützen. Einer der bedeutendsten Antisemiten ist Hofprediger Stöcker in Berlin. Die stärkste Partei ist die des Centrums. Sie hat 106 Sitzplätze, das ist ziemlich der 3. Teil aller Stimmen. Sie treten für alles, alles ein, was dem Papste und ihrer Kirche Nutzen bringt, ob ihrem Kaiser, Könige und Vaterlande, danach fragen sie nicht. Unter ihnen sind besondere Hetzcaplane, z. B. vr. Fran; in Breslau. Der Einfluß der römischen Priester wurde durch ein Beispiel aus dem Jahre 1874 illustriret, wonach wohl der Satz richtig war: „Gendarmerie und Bajonnette können hier nichts thun, nur der Kampf mit geistigen Waffen kann zum Sieg führen". Seit der letzten Reichstagswahl hat die Sozialdemokratie auch 35 Sitzplätze erhalten. Was das Ziel dieser Fraktion ist, das ist ihnen selbst nicht klar. Einzelne Führer stellen die, andere jene Ziele auf. Daß aber von einer Vaterlands liebe, Kaiser- und Königstreue bei ihnen keine Rede ist, ist allbekannt. Der Deutschfreisinn sitzt mit einer Anzahl von 66 Stimmern im Reichstage. Auch über ihre Ziele zu reden ist schwer. Sie suchen unzu friedene Menschen zu machen mit dem, was vorhanden ist. Zwei Rich tungen sind eigentlich innerhalb der Partei: die des Abgeordneten Richter- Berlin, der oft allen Anstand hinten ansetzt, und die des feineren Ma ines, Professor Hähnel in Kiel. Unter den Freisinnigen finden wir die meisten BiSmarckfcinde. E ne weitere Partei sind die Natwnalliberalen. Sie sind nickt reichsgeiährlich, sondern wollen Deutschlands Bestes. Die letzte Partei ist die der Conservati ven. Dieselbe z rfällt m die Reichsvartei, früher 41 jetzt 20 Stimmen, und die Deutsckconservativen, früher 80 j tzt 67 Stimmen. Unter den Reicksconseroativen unterscheidet man solckk, die alle Besserung vom Staate erhoffen, Staatssozialisten (Kehl rt) und solche, die Besserung von der Kirche erhoffen. Der bedeut ncste Deutickconiervatwe I ist Professor Adolph Wagner in Berlin. D r überaus mbalteenh.-, mit interessanten kleinen Erzählungen gewürzte Vorirag fand lautesten Beifall und erhob sich auf Anregung des Herrn Vorsitzenden die aus etwa 100 Köpfen bestehende Versammlung von den Plätzen, um auck hierdurch dem hochgeschätzten Redner ihren herzlichsten Dank auszuiprecken. M t einem begeisterten Hoch auf Kaiser und König schloß der Herr Vorsitzende die Versammlung. — Mittwoch, den 28. Mai, Nachmittags 2 Uhr fand die Frühjahrs versammlung der Bauinnung zu Tharandt, welcher jetzt auch der Bezirk Dippoldiswalde beigegeben ist, im Deutschen Hause zu Tharandt statt. Als Obermeister hatte derselben in den letzten 3 Jahren Herr Zimmer- meistcr Partzsch-Wilsdruff vorgestanden, lehnte aber eine Wiederwahl wegen Kränklichkeit ab und wurde an seine Stelle Herr Baumeister Pohle-Löbtau einstimmig gewählt, als Schriftführer und Kassirer wurden dis Herren Baumeister Timmel-Potschappel und Müller-Tharandt einstimmig wieder- gewählt; sämmtlicke Herren nahmen die Wahl an. Zu dieser Frühjahrs- Versammlung, welche gewöhnlich Anfang Mai schon stattfindet, aber Um stände halber bis auf Ende Mai verschoben werden muhte, findet nun auch jedesmal die Aufnahme der Lehrlinge statt. Es waren diesmal nicht weniger als 115 junge Leute erschienen, welche sich dem Baufach widmen wollen, zwei Drittel Maurer- und em Drittel Zimmerlehrlinge. Herr Obermeister Pohle sprach zu denselben treffliche Worte in zu Herzen gehender Weise und wies darauf hin, daß jeder in sich den Keim trage, es zu etwas Tüchtigem bringen zu können, wenn er nur jederzeit die ihm vorgeschriebenen Wege richtig befolge und ehrlich und fleißig dazu beitrage, das Handwerk richtig zu erlernen, und daß sie mehr auf ihr eigenes „Ich" als auf die ihnen versprochenen goldenen Berge vertrauen sollten, wodurch sie es jeden falls weiter bringen und zufriedener leben würden, als wie mit den uner füllbaren Wünschen im Herzen, welche nur Unlust zur Arbeit und ewige Unzufriedenheit erzeugen. Mit einer feierlichen Stille und sichtbarem Ein druck wurde diese Ansprache entgegengenommen und wollen wir hoffe», daß dieselbe auck ihre guten Früchte tragen möge. Es mußten hierauf sämmt- liche junge Leute, über offener Lade, welche, nebenbei bemerkt, schon vor 250 Jahren der Bauinnung zu Tharandt diente, das Gelöbniß zur Er füllung ihrer Pflichten Lurch Handschlag ablegen. Nach Erledigung von noch verschiedenen geschäftlichen Angelegenheiten wurde die Versammlung geschlossen. — In der letzten Gesammtvorstandssitzung der Zucktgenosienschaft für das Meißner Schwein ber>eth man über die Beschickung der diesjährigen großen Zuchtthierausstellung der Deuts l en Landwirthschaftsgesellschaft, welche vom 5. Kis 11. dieses Monats in Straßburg im Elsaß statt findet, und beschloß, 10 Sauen mit Ferkeln, 3 junge Eber und 3 junge Sauen im Alter von 5 bis 10 Monaten, ferner 3 sichtbar tragende Sauen und einen sprungfähigen Eber, über 10 Monate alt, zusammen also 20 Zucktthiere aller Altersstufen und beiderlei Geschlechts, dahin zu senden. Zur Errichtung einer Eberaufzuchtstation beschloß man, dieselbe in Schletta in dem Gehöfte des Gutsbesitzers und derzeitigen Vorsitzenden Klopfer zu errickten, nachdem dieser zur Uebernahme derselben sich bereit erklärt batte und der lanbw. Kreisverein Dresden dazu bereits dreihundert Mark Bei hilfe gewährt hat. In die genannte Aufzuchtstation, welche unter Kontrole der Körkommission gestellt werden soll, wird jedes von gekörten Elternthieren abstammende Eberferkel, welches ein hervorragendes Zuchtthier zu werden versprickt, ausgenommen und bleibt in derselben so lange, bis es das sprung- fähige Alter erreicht hat, um dann entweder direkt an Genossen, welche sprungfäh-ge Eber zur Zuckt brauch-n, verkauft, oder auch um, wenn mehr vorbanden als iür dnZucktzwcke der Genossenschaft nothwendig, nach aus wärts an ander- Züchter abgegeben zu werden. — Der söchsticke Militär - Feuerversicherungsverein zäblt peg-nwärtig 36,000 Mitglieder mit einer Versicherungssumme von 140 Mill'vn>n Mark und hat m dem verflossenen Geschäftsjahre nicht weniger als 152 899 Mk. iür 173 Brandschäden zur Auszahlung gebracht. Hier von entfallen 100,630 Mk. für 102 Fälle in der Kgl. Kreisbauptmann- schaft Ziv ck m, ein Umstand, der auf die vielen, zum Theil durch Blitzstrahl verursachten Brände im Vogtlande zurückzuiühren ist. Der Beitritt zu den gedachten Vereinen kann nicht warm genug empfohlen werden. — Der diesjährige Pfingstverkehr auf den Dresdner Bahnhöfen ist ein ganz außerordentlicher gewesen. Unter den Bahnhöfen hatte der Böhmische die schwierigste Aufgabe zu lösen. Zur Zeit befahren denselben täglich 134 der Personenbeförderung dienende Züge, welche sich auf die Bodenbacher Linie mit 34, auf die Chemnitzer mit 32, auf die Elsterwerdaer mit 10, auf die Leipziger (Verbindungsbahn) mit 38 und auf die Schlesische mit 20 Zügen vertheilen. Von ^9 Ubr bis 11 Uhr 40 Min. Vorm, allein kommen 11 Scknellzüge zur Abfertigung. Zur Entlastung dieser Züge wurden in der Zeit vom 24. bis 27. Mai d. I. zusammen 188 Extrazüge beigistellt. so daß im Ganzen innerhalb dieser 4 Tage 724 Züge überhaupt aus- und eingelaufen sind. Am stärksten gestaltete sich der Verkehr am 25. Mai, erster Feiertag, mit 204 Zügen, von denen 65 der Bodenbacher, 62 der Chemnitzer, 13 der Elsterwerdaer Linie, 43 nach und vom Leipziger und 21 nach und vom Schlesischen Bahnhof gedient haben. In diese Züge waren 9405 zur Personenbeförderung bestimmte Wagen eingestellt, und 1161 Lokomotiven zu deren Fortbewegung erforder lich. 6587 Stück Reisegepäck gelangten zur Aufgabe resp. Abnahme (hier unter 371 Kinderwagen). Hi r wurden nahezu 90000 Fahrkarten in den Pfinosttagen gelöst gegen 86000 im Jahre 1889. Die Ansprüche an die Leistungsfähigkeit des Leipziger Bahnhofes waren ebenfalls erhöhte, denn hier mußte man zu 72 Extrazügen seine Hilfe nehmen, während deren im Vorjahre 59 b-nöthigt wurden. Auch der Fahrkartenumsatz bat ruge- nommen, da 10 157 einfache und 18 227 Rückfabrkarten — 46 611 Stück überhaupt oder 5648 Stück mehr mit einigem Mehrerlös verkauft wurden. Der Schlesische Bahnhof hat seit einigen Jahren, namentlich seit dem Ent stehen der Sommerfrischen in Klotzsche, Langebrück u. s. w., seine Bedeutung wachsen sehen, muß aber eben'alls bis zur völligen Umgestaltung der Neu städter Bahnhöfe mit auf das äußerste begrenzten Anlag m sich durckzuhelfen suchen. Die Gesammtfrequenz belief sich auf 112 338 Personen gegen 106 747 im Vorjahre, und man gab deshalb außer den fahrplanmäßigen Zügen auf der Dresden-Neustadt-Görlitz-r Linie und den Verbindungs bahnzügen noch 53 Extrazüge bei. Auf dem Friedrichstädter Bahnhof genügten 6 Sonderzüge. Der Rundreisevükehr hat sich zum Pfingstfest in seiner vollen Bedeutung gezeigt, die Bestellung von 828 Stück übertraf die vorjährige um 447 Stück. Di« Gesa nmte'nnahme aller 7 Verkaufs stellen betrug 162000 Mk., die vorjährige 151000 Mk. — Der diesjährige Wollmarkt in Dresden findet Montag den 16. Juni in den Räumen der vormaligen Reiterk»ferne, Wiesenthorstraße 8, statt. — Dresden, 29. Mai. So. Majestät d.r König wird Dienstag, den 3. Juni von Sibyllenort nach Berlin resp. Potsdam reisen, um bei dem erstgeborenen Kinde Se. König!. Hoheit des Prmzen Leopold von Preußen Paths zu steh n. — Die Pathen bei der Taufe der Tochter des Prinzm Friedrich Leopold in Potsdam werden außer dem Kaiserpaart die Könmm von England, die Königin von Sachsen und die Geschwister der Eltern des Täuflings sein. — Em schauerlicher Anblick bot sich unlängst dem Wirth eines Hauses in der Norewestvorftapt in Chemnitz, der in Gemeinschaft mit den anwohnenren Nachbarn und mit Hilse eines Scklosstrs die Wohnung einer alleinstehenden Frauensperson, die seit vier Tagen kein Lebenszeichen von sich gegeben, gewaltsam erbrack. Man fand die Bewohnerin, auf dem Fußboden liegend, todt und schon bedeutend in Verwesung übergegangen. Man vermutet, daß sie sich vergiftet. — Zur Charakteristik des gewerbmäßigen Streikhetzerthums werden aus Chemnitz interessante Angaben veröffentlicht. Bei den Lohn kämpf-n des letzten Jahres haben die einzelnen Mitglieder der sogen. Streik- Commissionen mitunter bis 20 Mark wöchentlich für ihre „Mühewaltung", die 'n der Regel sich auf das Einberufen von Volksversammlungen be schränkte, erhalten; Grund genug für sie, den Ausstand möglichst lange hinauszuschleppen und während dessen sich selbst auf Kosten der Streikenden ein angenehmes Leben zu verschaffen. Genauen Rechnungslegungen gehen diese geriebenen Praktiker grundsätzlich aus dem Wege. In Berlin haben derartige Abrechnungen bekanntlich wiederholt starke Unregelmäßigkeiten an das Licht gefördert. — In Mühltroff im Vogtl. sollte am vergangenen Sonnabend die Trauung eines mech. Webers, welcher sich mit einer Wittwe daselbst verheirathen wollte, erfolgen. Es wurde aber noch rechtzeitig bekannt, daß derselbe ein seit 8 Jahren von seiner Frau in Gera getrennt lebender Familienvater ist. Eine hclbe Stunde vor der zur Trauung festgesetzten Zeit wurde der Bräutigam deshalb nochmals zum Bürgermeister gerufen und dort verhaftet. Der Braut bez. den Zeugen wurde der Bescheid durch den Wachtmeister übermittelt, daß sie sich ihrer hochzeitlichen Gewänder wieder entledigen könnten.