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MW« MÄrff UmM, Wi, SiedMii ml die NUWÄtl. Amts b Lcrtl für die Lgl. Umtsbauvtmannschaft zu Meißen, das Kgl- Amtsgericht und den Aadtratb zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Monta-- und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 2«. Dienstag, den 1. April 18SÖ7 Nachdem am 20. März d. Js. der König!. Friedensrichter für den Bezirk Blankenstein und Helbigsdorf, Herr Gutsbesitzer Becker in Blankenstein verstorben ist, ist bis auf Weiteres mit der interimistischen Leitung der friedensrichterltchen Geschäfte in den Ortschaften Blankenstein und Helbigsdorf der König!. Friedensrichter Herr Gutsbesitzer Lippert in Schmiedewalde mit Auftrag versehen worden, was hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Kömgl. Amtsgericht Wilsdruff, rs. M«, isso. vr. Gangloff. Aagesgefchichte. Berlin, 29. März. Die Internationale Arbeiterschutz-Conferenz hielt heute Nachmittag 2 Uhr ihre Schlußsitzung ab. Nach Verlesung des Schlußprotokolls und dessen Vollziehung durch die Vertreter der ein zelnen an der Conferenz betheiligten Staaten hielt der Vorsitzende, Mi nister Freiherr v. Berlepsch, in französischer Sprache eine Ansprache, in welcher er konstatirte, daß eine Grundlage gefunden worden sei, auf welche der Gedanke, den arbeitenden Klassen in den industriellen Staaten Europas einen erhöhten Schutz, eine größere Sicherung ihrer materiellen, physischen,' moralischen und intellektuellen Kräfte zu gewähren, fortleben und weiter aus gestaltet werden kann. Die gewonnenen Gesichtspunkte faßt Redner dahin zusammen, daß es für Dasjenige, was die Gesetzgebung oder die Sitte eines jeden Landes den arbeitenden Klassen gewähren sollen, nur e^ne Grenze giebt, nämlich die Sicherheit der Existenz und das Gedeihen der Industrie, von der auch das Gedeihen der arbeitenden Klassen ab hängig ist. Zum Schluß übermittelt der Minister den Delegirten den wärmsten Dank des Kaisers für die sachkundige, eingehende und erfolg reiche Arbeit der Conferenz. Der englische Vertreter Sir John Gorst sprach dann im Namen seiner Kollegen dem Kaiser den Dank dafür aus, daß derselbe die Konferenz in Berlin zusammengerufen habe. Dieselbe Verde hoffentlich nicht die letzte sein und wenn Millionen Kinder dem Elend entzogen und ebensoviel Frauen dem häuslichen Leben wiedergegeben sein würden, dann werde man sich mit Dankbarkeit der Initiative Sr. Majestät des Kaisers erinnern. Nachdem noch seitens der Delegirten dem Minister v. Berlepsch für die förderliche Leitung der Geschäfte gedankt worden, wurde die Konferenz im Namen des Kaisers geschlossen. — Die Beschlüsse der Conferenz über die Bergwerksarbeiten giebt das Berliner Tageblatt wie folgt wieder: Kinder unter 14 Jahren, in südlichen Ländern unter 12 Jahren, dürfen in Bergwerken nicht arbeiten. England stimmte dagegen. Frauen dürfen unter Tage überhaupt nicht arbeiten. In ge fährlichen Bergwerken ist die Zahl der Arbeitsstunden abzukürzen und von der Staatsaufsicht sind alle Vorsichtsmaßregeln zu treffen, die zur Sicher ung der Arbeiter, sowie zur Sicherung und Regelung der Kohlenförderung erforderlich sind. Streiks sind möglichst zu verhindern. Dies ist nur durch gutes Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern mög lich, sowie durch Einsetzung von Schiedsgerichten. Es muß den Arbeitern Gelegenheit geboten sein, alle Beschwerden unbehindert an kompetenter Stelle vorbringen zu können, und Staat und Gesellschaft müssen zusam- menwirken, um die Arbeiter gegen die Folgen von Krankheit, Verunglück ung und vorzeitiger Arbeitsunfähigkeit zu sichern. Die Beschlüsse der Kommission für Kinder- und Frauenarbeit gehen dahin: Kinder beiderlei Geschlechts unter 12 Jahren sollen von den Fabrikarbeiten ausgeschlossen und keine Ausnahme zulässig sein. Kinder unter 14 Jahren sollen von aller Sonntags- und Nachtarbeit ausgeschlossen sein, ebenso von gesund heitsschädlichen oder gefährlichen Arbeiten. Personen bis zu 16 Jahren dürfen an Sonntagen und des Nachts nicht arbeiten und täglich nicht länger als 10 Stunden beschäftigt werden mit einer Ruhepause von min destens anderthalb Stunden. Weitere Einschränkungen können bei beson deren Jndustrieen erzwungen werden. Frauen und Mädchen dürfen an Sonntagen und Nachts nicht und bei Tageslicht höchstens 11 Stunden mit mindestens anderthalb Stunden Ruhepause arbeiten. Keine Frau darf vor Ablauf von 4 Wochen nach ihrer Entbindung die Arbeit ausnehmen. — Eine Anzahl von Delegirten Deutschlands, Frankreichs, Englands und Belgiens bleiben hier noch zurück, um in einer Reihe engerer Sitzungen über Punkte zu berathen, die im Conferenzprogramm nicht enthalten waren. Der neue Reichstag wird allgemeiner Annahme zufolge gleich nach Ostern einberufen werden; über den genauen Zeitpunkt herrschen in dessen noch Meinungsverschiedenheiten. Der stattgehabte Briefwechsel Kaiser Wilhelms mit dem Papst über die Arbeiterschutzkonferenz zeigt wieder einmal recht deutlich, wie ernst unser Kaiser seine Friedensaufgabe nimmt. Soviel an ihm liegt, will'er Frieden halten mit aller Welt, will er Frieden allen seinen Unterthanen bringen, einerlei weß Glaubens und weß Standes sie sind. Er wendet sich deshalb auch an das geistliche Oberhaupt seiner katholischen Unterthanen, um dieses gleichsam zur gemeinsamen Arbeit des Friedens aufzufordern. Direkter Theilnehmer an der internationalen Konferenz konnte der Papst nicht sein, aus Rücksicht auf Italien, aber indirekt hat er dennoch an den friedlichen Berathungen theilgenommen, indem der Kaiser den Fürstbischof von Breslau, der vermöge seiner Stellung zugleich Vertrauter des Papstes ist, zum Delegirten zur Konferenz ernannte. Eine zartere Rücksichtnahme konnte der Papst, wie das „Frkf. Journ." bemerkt, in der That nicht wünschen und eine bessere Lösung der Schwierigkeit, welche durch das Verhältniß des Papstes zu Italien herbetgeführt ist, kann nicht gedacht werden. Bei der bekannten tiefreligiöscn Gesinnung des Kaisers war der Wunsch natürlich, das geistliche Oberhaupt der katholischen Kirche an dem internationalen Friedenswerke zu betheiligen, denn wenn man auch die Behauptung des Herrn Windhorst zurückweisen muß, daß hie katholische Kirche allein im Stande sei, die sozialdemokratische Fluth zurückzudämmen, so muß man doch anerkennen, daß echte Religiosität, habe sie eine Form, wie sie wolle, dazu beitragen kann, die wilde Begehr lichkeit der sozialdemokratischen Massen zu zügeln. Ohne Besonnenheit, ohne Mäßigung unserer Wünsche, ohne Resignation ist kein Friede aus Erden möglich, und so wird uns jene Religiösität, die diese Tugenden lehrt, stets eins gute Bundesgenossin sein in dem Kampfe gegen die so zialdemokratische Zügellosigkeit. Mit dem Vater ist auch der Sohn Graf Herbert Bismarck aus dem Dienste des Reiches wie des preußischen Staates geschieden. Das preußische Ministerium des Auswärtigen hat der neue Reichskanzler übernommen, zum Staatssekretär des auswärtigen Amtes im Reiche ist Freiherr v. Marschall berufen worden. Die Kanzlerkrisis ist damit zum Abschluß gelangt. Rom, 22. März. König Humbert und seine Räthe haben, wie der „Hamb. Corr." berichtet, bis zur Stunde, wo die Nachricht von dem Rücktritte des Fürsten Bismarck im Reichsanzeiger erschien und als bald hierher telegraphirt wurde, sich der Hoffnung hingegeben, Kaiser Wil helm würde das Entlassungsgesuch nicht annehmen, weil der Fürst schon früher zu wiederholten Malen die Geschäfte hatte niederlegen wollen und dennoch sich immer wieder entschloß, im Amte zu bleiben. Crispi hat sich über die Nachricht am meisten alteriert, findet aber Trost in dem Be wußtsein, daß Kaiser Wilhelm ein intimer Freund seines Monarchen ist, ihm selbst Beweise seiner Hochachtung gegeben, so daß jede Besorgniß, es könnten die Beziehungen zwischen beiten Höfen und Kabineien erkalten, ausge schlossen ist. Die halbamtlichen Blätter drücken gleichwohl ihre Befriedig ung darüber aus, daß Kaiser Wilhelm den kommandirenden General von Caprivi zum Ruchskanzler ernannt hat, rühmen dessen Talente und ver öffentlichen eingehende Artikel über die Verdienste, welche sich derselbe um Thron und Vaterland erworben hat. —Wie ein deutschfreundlicher Mon signore der Curie versichert, hat Papst Leo XIII. dem Gesandten l)r. von Schloezer seine tiefe Bctrübniß über das Ausscheiden des Reichs kanzlers aus seinem Amte zu erkennen gegeben und über die Gründe seines Entschlusses um Auskunft gebeten, welche ihm natürlich nicht habe gegeben werden können. Bekanntlich hat der Pontifex Maximus den Fürsten Bismarck, nachdem ihn derselbe ersucht hatte, das Schiedsrichteramt in dem mit Spanien wegen der Carol nen-Jn!eln ausgebrochenen Streit zu über nehmen, mit dem höchsten Orden, den er zu vergeben hat, mit dem Christus- Orden in Diamanten, dckor'rt, eine Auszeichnung, deren bisher nur re gierende Fürsten sich rühmen. Vaterländisches. — Wilsdruff. Am Mittwoch verunglückte ein Knecht vom Ritter gute Limbach zwischen Moborn und Grund lebensgefährlich. Während derselbe auf einem mit Sägespähnen beladenen Wagen saß, lockerte sich der vordere Vorsetzer und der Knecht rut chte mit den Sägespänen herunter und siel unter die Räder. Der Verunglückte wurde in's hiesige Bezirks krankenhaus gebracht, woselbst derselbe verstorben ist. — Das im Garten der hiesigen Buchdruckerei befindliche photographische Atelier ist mit dem 1. April in andere Hände übergegangen und es dürfte gewiß dem interessirenden Publikum lieb sein, zu hören, daß das Atelier für die Zukunft täglich geöffnet sein wird; nur wäre hier auch der Wunsch angebracht, daß das Atelier vom Publikum fernerhin mehr als bisher benutzt wird. Der Besitz ist in die Hände eines jungen, strebsamen Mannes übergegangen, der gewiß Alles aufbieten wird, den Wünschen des Publikums gerecht zu werden. (Siehe auch Inserat.) — Für die Nachbargemeinde Grumbach war der letzte Freitag ein großer Freuden- und Ehrentag; ging doch an diesem Tage ein langgehegter Wunsch der ganzen Kirchgemeinde in Erfüllung, nämlich die Anschaffung dreier neuer Kirchenglocken, was durch die Opferwilligkeit aller Ge- meindegliedxr möglich geworden war. Herrlich ging die Morgensonne auf und beleuchtete die prachtvolle Schmückung der Straße und Häuser, welche die neuen Glocken zu passiren hatten. Eine stattliche Reiterzahl, viele Fest jungfrauen, die Schuljugend mit den Herren Lehrern, Herr?. vr. Wahl und der Geistliche von Mohorn, sowie eine große Zahl festlich gekleideter Einwohner zogen den von Dresden aus der berühmten Bier!ing'schen Gießerei über Kesselsdorf auf 3 reich geschmückten Wagen kommenden Glocken entgegen, um dieselben am Weichbilde von Grumbach feierlich zu begrüßen. Auf dem freien Platze vor der Kirche aufgefahren, empfingen die Glocken durch Herrn ?. Or. Wahl in herzerhebenden Worten ihre Weihe, wobei der Festredner auch der alten Glocken gedachte, welche der Gemeinde seit 1503 in Freud und Leid gedient und sie zum Gotteshause gerufen hat. Gesänge des dortigen Gesangvereins, scwie allgemeine Gesänge trugen zur Erhebung oer Feier bei. Hierauf wurden die Glocken glücklich an ihren Bestimmungsort gebracht und schon eine Stunde darnach ertönten dieselben der Gemeinde zum ersten.Mal', gleichiam als Lobgesang, daß der Herr Seinen Segen zum Gelingen des Ganzen gegeben. Der Tag selbst aber wird der jetzt lebenden Generation von Grumbach ein unvergeßlicher bleiben. — Aus Anlaß des Osterfestes gelten die Rückfahrkarten im Lokal-