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WWMMiM WrM, W«, Äedciilthii md die NMgMi. ArnLsbtcrLt kür die Kgl. UmtsbaupimtimMcttt zu ^Leisten. das Lat. UmtsqerM und den Sladlralh zu Wilsdruff.' Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich I Mark. Einzelne Nummern iO Pfg.— Inserate werden Montag- und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 104. Freitag, den 30. Dezember 1887. Im Monat Januar 1888 ist die hiesige Sparkassenexpedition jeden Wochentag außer Mittwoch geöffnet. Wilsdruff, am 26. Dezember 1887. Der Stadtrath. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung. Nachdem die Königliche Altersrentenbank-Verwaltung den Lotterie - Collecteur Herrn Heinrich Gustav «Kohl zu «Neffel-orf eine Agentur der Königlichen Altersrentenbank übertragen hat, bestehen nunmehr in dem Bezirke des Amtsgerichts Wilsdruff folgende Altersrentenbank- Agenturens in «KeffelSdorf: Lotterie-Collection Lncl» OrisLsv kLolil und in Wilsdruff: - - Die Agenturen sind zur unentgeltlichen Abgabe der in ihren Händen befindlichen Drucksachen und Formulare der Königlichen Altersrenten bank ermächtigt?, werden auch über die Einrichtung der Bank sowie Annahme von Anmeldungen und Einlagen zum Zwecke der Erwerbung von Zeit- und Altersrenten stets bereitwillig Auskunft ertheilen. Dresden, am 20. Dezember 1887. Königliche Altersrentenbank - Verwaltung. Mcußel.Stadler. Dagcögeschichte. Der Kaiser hat den Staatssekretär im Auswärtigen Amte, Grafen Herbert von Bismarck, zum Wirklichen Geheimen Rath mit dem Prä dikate Exzellenz ernannt. Diese Auszeichnung gilt als ein neuer sicherer Beweis dafür, datz die Leistungen des Grafen Herbert von Bismarck im diplomatischen Dienste die vollste Anerkennung des Kaisers fanden. Das Sozialistengesetz ist nun an den Reichstag gelangt und wird spätestens Mittwoch erscheinen. Der Inhalt überraschte nicht, es bestätigt sich einfach, was seit längerer Zeit bekanut war, daß eine Verlängerung auf 5 Jahre und der Verlust der Reichsangehörigkeit den Kernpunkt der Vorlage bilden. Das Schicksal des Entwurfes läßt sich mit ziemlicher Sicherheit voraussehen. Eine Verlängerung, muthmaßlich aber nur auf drei Jahre, dürfte keinen Schwierigkeiten begegnen; dagegen scheint, nach ganz untrügerischen Anzeichen, alles Uebrige aussichtslos. Das Centrum und die gesammte Linke stimmen geschlossen gegen den Verlust der Reichs angehörigkeit und mit verschwindenden Ausnahmen auch gegen eine Ver längerung auf 5 Jahre. Der deutsche Kronprinz richtete an die Kaiserin Elisabeth von Oester reich eine Depesche, in welcher er die anläßlich des Weihnachtsfestes ihm ausgesprochenen Sympathien herzlichst erwiedert und mit großer Zuver sicht die Hoffnung auf Genesung ausspricht, da nach Aussage der Aerzte zu Besorgnissen irgend welcher Art keinerlei Anlaß mehr vorhanden sei.— Am 1. Weihnachtsfeiertag waren in San Remo bei dem Kronprinzen zwei Christbäume aufgestellt. Der Kronprinz vertheilte eigenhändig Geschenke. Der italienische Botschafter in Berlin, Graf Launay, überbrachte einen kostbaren Silberaufsatz und Geschmeide als Geschenke des italienischen Königspaares. Zur Tafel waren auch der Hofstaat und die Aerzte ge laden. Am Vormittage hatte der Kronprinz, begleitet von sämmtlichen Familienmitgliedern, zum ersten Male dem Gottesdienste in der deutschen Kirche beigewöhnt, welche zwei Tage vorher beständig geheizt worden war. Eine in Berlin zur Unterzeichnung aufgelegte Neujahrsbeglückwünsch ungsadresse an den Kronprinzen zählte bis Montag Abend ca. 150,000 Unterschriften aus allen Kreisen der Bevölkerung. Eine Prozession für den deutschen Kronprinzen mit mehr als 5000 Theilnehmern hat sich von Aachen am Mittwoch nach dem Wallfahrtsorte Moresnet begeben. In der Prozession wurden zwei Riesenopferkerzen von je acht weißgekleideten Mädchen getragen. Die Kerzen wogen dem Alter des Kronprinzen entsprechend je 56 Pfd. Ueber die Weltlage schreiben die „Times": „Man darf hoffen, daß die Mission des Generals v. Schweinitz für Petersburg friedliche Ergeb nisse haben wird. Aber ob der General mehr bewirken kann, als Fürst Bismarck bei dem kürzlichen Besuch des Zaren in Berlin bewirkt hat, ist außerordentlich zweifelhaft. Rußland sollte aber wohl bedenken, daß ein Krieg, wie er vor einer Woche befürchtet wurde, etwas weit Ernsteres für Rußland ist, als irgend einer, in den es seit 1815 verwickelt war. Sein nationales Dasein würde von dem Resultat dieses Krieges abhängen, und man kann kaum denken, daß selbst panslawistische Generale, wie Gurko und Kuropatkin, im Herzen glauben, daß sie gegen die verbündete öster reichisch-deutsche Armee aufkommen können. Das Zaudern ist deshalb nur natürlich. Die Stärke des mitteleuropäischen Bundes und die Ungewißheit, ob er lange Bestand haben wird, sind Dinge, welche Jeder bedenken muß, wenn er die Aussichten auf Krieg oder Frieden abwägt, wozu noch der persönliche Charakter des Zaren, der Kaiser von Deutschland und Oester- ' reich und des großen Reichskanzlers kommt. Der greise Kaiser Wilhelm wünscht gewiß keinen Krieg, und Fürst Bismarck hat sich Jahre lang be müht, den Ausbruch eines Krieges zu verhindern. Auch vom Zaren be hauptet Niemand, daß er militärischen Ehrgeiz besitzt, obgleich er als Au- tokrat natürlich seinen Willen durchzusetzen wünscht. Was die Stellung! Englands zu dieser großen Frage betrifft, so hat die britische Regierung soweit man weiß, ohne einen formellen oder schriftlichen Vertrag abzuschließen ihren Anschluß an die Friedensliga bedeutet, so daß Italien und Oester reich auf die Hülfe Englands zur See unter gewissen Umständen rechnen können. Zu diesen Eventualitäten würde wahrscheinlich auch der Fall ge hören, daß eine Macht versuchen würde, die Küsten Italiens anzugreifen, oder, allgemein gesprochen, den sti>,tu8 <^uo des Mittelmecres zu ändern. Wir halten dieses unter den bestehenden Verhältnissen für richtig und weise und zugleich ist es auch fast alles, was wir, wenn wir vorsichtig sein wollen, thun können. Die Zeit für thätige Einmischung Englands in die militärischen Angelegenheiten des Kontinents ist vorbei. Sie endigte, als große Armeen die Regel wurden und wir niit unserem kleinen ange worbenen Söldnerheere die einzige Ausnahme zur allgemeinen Dienstpflicht wurden. In der Marine stehen wir noch immer an der Spitze. Es ge ziemt uns, diese Stellung aufrecht zu erhalten, indem wir einerseits unsere eigene Flotte entwickeln und andererseits uns mit dem einzigen Lande, auf welches wir rechnen können, für den Seekrieg verbinden, nämlich mit Italien." Der Wiener „Pol. Corresp." schreibt man aus Paris: Es sind hier beglaubigte Nachrichten aus St. Petersburg eingelaufen, die den festen Entschluß des Kaisers Alexander ankündigen, dem Kriege auszuweichen. Der Herrscher des nordischen Reiches wird hierbei durch wirthschaftliche, militärische und politische Erwägungen beeinflußt. Die russischen Finanzen befinden sich in einem nichts weniger als günstigen Zustande: dabei ist die Mobilmachung schwerfällig und gehen die Festungen in Polen nicht über Mittelmäßigkeit hinaus. Auch soll man me außer Acht lassen, daß Rußland ohne Verbündete dasteht. Was nun die eventuelle Haltung Eng lands betrifft, so hat cs wohl den Anschein, daß zwischen Italien und England Pourparleurs stattgefunden haben; doch wird versichert, daß weder eine Navalkonvention, noch überhaupt ein bindendes Uebereinkommen ver einbart wurde. Die Wahrheit über dies Verhältniß kann übrigens nicht lange verborgen bleiben, da im englischen Unterhause gleich bei dessen Zu sammentritt eine Interpellation gestellt werden wird. Der „Figaro" sagt in einein anscheinend inspirirten Artikel: Seit einigen Tagen werde wieder viel von den Beziehungen Frankreichs zu Deutschland gesprochen, und man sei versucht, zu glauben, daß die fieberhafte Aufregung, die seit einiger Leit in Europa herrsche, sich auch aus Frankreich ausdehnen könne. Zum Heile des Landes sei es jedoch er sprießlich, wenn Frankreich vor dieser Krankheit bewahrt bliebe. Nach Er kundigungen an maßgebender Stelle seien Frankreichs Beziehungen zu Deutschland augenblicklich normal zu nennen; die französische Diplomatie habe es bisher verstanden, zu gewissen brennenden Fragen Stellung zu gewinnen; in Berlin befleißige man sich einer ähnlichen Behutsamkeit gegen über dem französischen Botschafter. Die Nachricht, Fürst Ferdinand wolle zurücktreten, wird allge mein dementirt. Der „Gaulois" erfährt aus Wien von diplomatischer Seite, die Demission des Kvburgers könnte, falls die Thronfrage in Bul garien nicht vorher geregelt sei, die Sachlage nur verschlimmern, denn die Demission könnte gleichzeitig die Wiederkehr der Kombination des Batten bergers oder die Revolution und diese eine Intervention Rußlands und letztere wieder die Rivalitätsintervention Oesterreichs in Serbien herbeiführen. Unter den Vorschlägen, mit denen die französischen Blätter in den letzten Tagen bezüglich Bulgariens hervortraten, befand sich auch wieder der der Entsendung eines russischen Generals nach Bulgarien, der jedoch als Mandatar der Vertragsmächte aufzutreten und die Regierung zu über nehmen hätte. Vielleicht hat man es bei diesem Vorschläge mit einer Va riante des öfter aufgetauchten Projektes der Entsendung einer internationalen Kommission zu thun, ein Projekt, das nicht unpraktisch erschiene, wenn