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Zweites Blatt. WWUMWU WM, Wi, ZiMch «O die W-Mki. AtntsbkcrH 'für die Kgl. UmtsbauvimamMaft M Meißen, das Kql KmisgeriM «nd dm Ziadkatb W MkdE Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 1Ü2, Freitag, den DageSgeschichte. Der Reichstag ist in die Weihnachtsfcrien gegangen und wird erst Mitte Januar wieder zu neuer Thätigkeit zusammentreten. Was er in dem hinter uns liegenden Theil der diesmaligen Periode erledigt hat, ist nicht allzuviel gewesen, seine Hauptarbeit hat in der Durchberathung der Getreidc- zoll-Vorlage bestanden. Auch dieses wichtige Gesetz hat im großen Ganzen zu leidenschaftlicken Erörterungen und Vorgängen nicht geführt, die Gründe für und wider sind diesmal tatsächlich noch in „parlamentarischer Form" vorgebracht worden. Hoffen wir, daß das Gesetz unserer Landwirthschaft wirklich von Nutzen sein wird und daß durch dasselbe die anderen Schichten des Volkes nicht geschädigt werden. Im Uebrigen hat es sich fast nur um erste Lesungen von Entwürfen gehandelt, von denen natürlich die Wehrvor lage die wichtigste gewesen ist. Der würdige Verlauf der ersten Lesung der Wehrvorlage am Freitag im Reichstag ist kaum durch einen Miß- klang gestört worden, denn auch die gegnerische Rede Bebels hat sich in bemerkenswerth vorsichtigen Grenzen gehalten. Der sozialdemokratische Führer erklärte zwar, daß er und seine Partei die Vorlage ablehnen würden, weil man zuvor für die Erleichterung der Volkslasten sorgen müsse, aber die Nothwendigkeit einer Vertheidigung bis zum äußersten im Kriegsfall hat er ebenso anerkannt wie die Wahrscheinlichkeit, daß wir uns eines Tages nach Osten und Westen hin werden wehren müssen. Wir verweilen bei der Bebel'schen Rede um deswillen, weil hinter diesem Mann eine Wähler schaar steht, die ziffernmäßig mit den ersten Rang einnimmt. In einer Frage, in welcher an die Opferwilligkeit der Nation appellirt wird, kommt es auf diesen Maßstab weit mehr an, als darauf, ob die Fraktion selbst zehn oder zwanzig Köpfe im Reichstag zählt. Wie Waffenklirren ging es am Freitag durch den Reichstag. Alle Reden waren kurz, knapp, bestimmt und volltönend. Wenn man eine Unterscheidung machen wollte, so könnte dieselbe nur in der größeren oder geringeren Betonung der wirthschaftlichen Lasten gefunden werden; in der Hauptsache, nämlich in der Unvermeidlich keit der Bewilligung der Mittel zur Wahrung von Ehre und Unabhängig keit des Vaterlandes, waren alle Redner und alle Parteien, ausgenommen die sozialdemokratische, einig. Der Eindruck einer stolzen Nationalkundgebung, den die Verhandlung gemacht hat, kann weder im Volk, noch außerhalb unserer Grenzen ein verlorener sein. Ob nun Herr v. Bennigsen betheuern mochte: „Unsere Hände sind rein!" oder ob Dr. Windthorst das Ausland gewarnt hat, vor der falschen Spekulation auf Zwietracht in Deutschland, oder ob Herr Richter ausrief, daß es in der Stunde der Noth keine Par teiunterschiede gäbe, jedes dieser Worte war dem Reichstag aus der Seele gesprochen und entfesselte lang hinrollende Rufe des Beifalls. Die tief einschneidende Vorlage sorgt ja dafür, daß dem Aufschwung die Ernüchterung folgt, und die Kommission wird noch tüchtige Arbeit thun müssen, um eine Reihe von Härien zu mildern. Die Haltung des Kriegsministers in der Debatte läßt hoffen, daß die Heeresverwaltung in dieser Beziehung alles Entgegenkommen beweisen wird, was sie um so eher kann, als eine impo sante Mehrheit für die Grundgedanken des Gesetzes feststeht. Eine ange nehme Ucberraschung bereitete der Welfe Langwerth v. Simmern dem Haus, indem er mit ungewöhnlicher Wärme sich der Vorlage annahm. Herr von Bennigsen trat auf den Redner zu, als derselbe die Tribüne verlassen hatte, und schüttelte ihm die Hand. Das sachliche Schwergewicht der Debatte lag, wie auch von den Gegnern anerkannt worden ist, in den mit gewollter Nüchternheit vorgetragenen Einwendungen Richters, welche das Haus mit Aufmerksamkeit anhörte, und mit deren Inhalt der Rahmen der bevorstehen den Kommissionsverhandlungen gleichsam umschrieben ist. Ein kräftiges und entschiedenes Wort gegen die fortgesetzte Beun ruhigung des deutschen Volkes durch Schürung von Kriegsgerüchten findet sich in der „Schles. Ztg." „Wir sind der Meinung," schreibt das Blatt, „daß die ungeheuren Verluste an Nationalvermögen, welche durch das Schüren und Nähren von Kriegsbefürchtungen herbeigcführt werden, Deutschlands Widerstandskraft nicht stärken, sondern schwächen. Ganz ab gesehen davon, daß sie die Steuerkraft und den Kredit des Landes schwer schädigen, ist doch wohl zu beachten, daß die moralische und Physische Kraft der zur Fahne gerufenen Männer darunter leiden muß, wenn in Folge Mangels an Arbeit und Verdienst schon lange, bevor sie Weib und Kind verlassen, Armuth und Elend bei ihnen eingezogen sind. Bis die entschei dende Stunde schlägt, lasse man unser Volk ruhig bei seiner Arbeit. Der Teufel, den man mit Druckerschwärze an die Wand malt, hat zur Stunde schon des Unheils genug angerichtet. Eine große Zahl von Frühjahrsbe stellungen ist rückgängig gemacht oder herabgemindcrt worden, und in Folge dessen feiern viele Tausende von Händen. Dieselben Gründe, die unsern hochherzigen Kronprinzen veranlaß haben, öffentlich den Wunsch auszu sprechen, daß um seines Leidens willen von den im Winter üblichen fest lichen Veranstaltungen, an denen doch die Existenz zahlloser Gewerbtreiben- der, Arbeiter und Arbeiterinnen haftet, nicht Abstand genommen werde, daß man vielmehr von Gott das Beste erhoffen und sich nicht vorzeitig in Trauer versenken möge, dieselben Gründe lassen es dringend rathsam er scheinen, das Vertrauen in die Erhaltung des Friedens so lange lebendig zu erhalten, als dies ohne Verletzung der Wahrheit irgend zulässig ist." Wie erst jetzt bekannt wird, hat jüngst auch in Berlin eine mili tärische Berathung anläßlich des alarmirenden Artikels des „Russischen Invaliden" stattgefunden. Derselben wohnten außer dem Kaiser Prinz Wilhelm, Graf Moltke, der Kricgsminister Brons art von Schellendorf, 2A Dezember 1887. Generalquartiermeister Graf Waldersee und General v. Albedyll, der Ches der Militärkanzlei des Kaisers, bei. Es soll sich hauptsächlich darum ge handelt haben, die vielfach unwahren Behauptungen, die vom „Invaliden" über die gegenseitigen Verhältnisse Deutschlands, Oesterreichs und Rußlands aufgestellt worden waren, zu widerlegen, und darf man jedenfalls einer be züglichen Kundgebung der Berliner Regierungspresse entgegensehen. Auf zehn Jahre Zuchthaus und zehn Jahre Ehrenrechtsverlust lautet das am Montag ergangene reichsgerichtliche Urtheil im Landesverrathspro- zesse Cabannes und diese schwere Strafe erscheint durch die schwere Schuld des Angeklagten und nun Verurtheilten vollkommen gerechtfertigt. Die dem Urtheile des Reichsgerichts beigefügten Entscheidungsgründe fassen nochmals die dem Cabannes zur Last gelegten Vergehen zusammen und wird hierbei hervorgehoben, wie die von Cabannes an Frankreich verrathenen Verwal tungsberichte aus den Reichslanden ein getreues Spiegelbild der gejammten dortigen Verhältnisse bildeten und für die französische Regierung in einem etwaigen Kriegsfälle mit Deutsch land von höchstem Werthe waren. Ca bannes habe zweifellos gewußt, daß das Wohl des deutschen Reiches die Geheimhaltung der Berichte erfordere, eben deshalb habe er die Berichter stattung nach Paris geheimnißvoll betrieben und sich die Unterlagen durch Bestechung verschafft. Bei der Strafabmessung sei berücksichtigt worden, daß der Angeklagte seinen dem Kaiser geleisteten Treueid gröblich verletzt, den Clausinger verführt und einen bisher unbescholtenen Beamten, den Botenmeister Brückner, ins Unglück gestürzt habe. Die Schließung der Moskauer Universität ist nur der Anfang von Maßregeln gewesen, denen eine ganze Reihe anderer höherer Bildungsan stalten in Rußland seitens der Regierung ebenfalls ausgesetzt worden ist. Es haben darum auch in Petersburg, Odessa, Kiew, Charkow und Kasan Unruhen Studirender stattgesunden und werden die betreffenden Anstalten sämmtlich von Kosaken bewacht. Seit Kurzem sollen in Rußland gegen 20 000 Studenten gemaßregelt worden sein. Dieser Tage haben auch in Petersburg militärische Berathungen stattgefunden. Einem Marschallsrathe am 18. Dezember präsidirte der Zar. Von allen Seiten geht es jetzt aus den Koburger los! In Wien und London bringen die Regierungsblätter heftige Artikel gegen ihn und führen aus, daß ein Krach über lang oder kurz bevorsteht. Die „Köln. Ztg." drückt sich in einem ersichtlich inspizirten Artikel am schärfsten aus. Sie bemerkt, Fürst Ferdinand, der durch Jntriguen zum Thron gekommen sei, werde nur von Stambulow gehalten. Er habe der bulgarischen Unab hängigkettspartei durch seinen Hochmuth und seine Eitelkeit nur geschadet, zudem eine grenzenlose Doppelzüngigkeit bewiesen. Aber allem sei die Krone aufgesetzt worden durch das Bestreben, Deutschland und Rußland in einen Krieg zu Hetzen. „Das koburgische Unternehmen wird daher seinem na türlichen Schicksal schwerlich entgehen, sondern sich als das erweisen, was es wirklich ist, nämlich als ein großartiger politischer Humbug, verbunden mit einer ganz leichtfertigen Gefährdung des europäischen Friedens." Das Stündchen des Koburgers scheint nun doch schlagen zu sollen. Der französische Ministerpräsident Carnot beauftragte den Bot schafter Herbette in Berlin, der deutschen Reichsregierung eine ausdrückliche Versicherung zu geben, daß der neue Präsident aus allen Kräften an der Erhaltung guter Beziehungen zu Deutschland arbeiten werde. Der „Figaro" bringt die Aeußerung eines französischen Diplomaten, welcher sagte, Frank reich werde sich hüten, Rußland sofort in einem Kriege beizuspringen, sondern vor Allem seine eigenen Interessen wahrnehmen. — Die radikale Pariser Presse wärmt die Angelegenheit des deutschen Jägers Kauffmann auf, „weil dieser noch nicht bestraft sei". Die „France" verlangt stramme Repressalien, wenn daraus auch ein neuer Konflikt entstehen sollte. Vaterländische». Wilsdruff. Der stets hülfbereite hiesige Frauenverein hat auch dieses Jahr wieder einer Anzahl Armen und Kranken dadurch eine Weihnachtsfreude bereitet, daß an dieselben 90 Mark —- ü 3 Mark zur Vertheilung gelangten. — Der hiesige Geflügelzüchterverein wird auch im Jahre 1888 und zwar in der Zeit vom 3. bis mit 5. Februar im Hotel zum goldnen Löwen allhier eine Geflügelausstellung veranstalten, worauf wir alle Ge flügelzüchter hiesiger Gegend aufmerksam machen. — Dresden. Die Petitions-Deputation der 1. Kammer bean tragt in einem von Bürgermeister Beutler-Freiberg verfaßten schriftlichen Bericht, die beim Landtag umVerkürzung der Fortbild u»gs-Sch u l- p flicht eingegangenen Petitionen der Regierung zur Kenntnißnahme zu überweisen. Die Deputation äußert hierbei den Wunsch, das Kultusmi nisterium möge in einer allgemeinen Anordnung an die Schulvorstände die Dispensation der fortbildüngsschulpflichtigen Knaben, welche das 17. Lebensjahr erreicht haben, zulaffen und den Schulvorständen in einer offiziellen Aeußerung wissen lassen, daß die Dispensations-Befugniß sich namentlich auf solche Knaben beziehe, welche die Fortbildungsschule 2 Jahre mit guter sittlicher Führung besucht und das Ziel derselben erreicht haben. — Wie der im Bureau des K. S. Landeskulturraths zusammenge stellte Saatenstands- und Erntebericht im Königreich Sachs en im Monat November 1887 mittheilt, hat sich infolge der günstigen November-Witter ung der Stand der jungen Saaten und des Rapses gebessert und gehen besonders die zeitigen Saaten kräftig bestockt in den Winter. Auch der