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Die kluge Kate verneinte dies, — sie meinte mit Recht, daß man! dem gutmüthigen und etwas schwachen Mr. Baxwell, der nicht einmal im ! Stande sei, eine Familie Shor sich vom Halse zu schaffen, kein so überaus wichtiges Geheimniß aufbürden dürfe, da er sich jeden Augenblick verrathcn und die schöne Wienerin als James Verlobte nennen und begrüßen könne. „Gut," nickte Frau Rositta, „dann lassen wir ihn aus dem Spiele; imUebrigen aber weiß ich, daß ich auf Mr. Baxwell wie auf einen Bruder bauen kann." Mittlerweile hatte John Watson wie auf glühenden Kohlen gesessen; — er fühlte sich in irgend einer Weise schuldbewußt, obwohl er nicht zu fassen vermochte, inwiefern Mrs. Longfield mit jenem Mr. North in irgend welcher Beziehung stehen konnte. Er hätte sich gern hinausgedrückt, wenn nicht dieser Neffe aus Wien sich vor ihn hingepflanzt und ihm den Aus gang verdeckt hätte. Die beiden Herren plauderten von Wien, von der seligen Mrs. Heideck und waren gerade bei oem tobten James Longfield angekommen, als Frau Rositta zurückkehrte. Sie nahm schweigend wieder Platz, nachdem sie einen verständnißvollen Blick mit Charley gewechselt hatte, und begann ohne Umschweife und mit einer merkwürdigen Ruhe: „Ich habe Ihnen etwas recht Schreckliches mit- zutheilcn, Mr. Baxwell! — Sie wissen, daß mein Schwager James Long- ficld todt ist." „Versteht sich, — hat der alte Harpax seine Niederträchtigkeit richtig bis übers Grab hinaus fortgesetzt?" fiel Baxwell hastig ein. „Das würde mich weder überraschen noch betrüben," seufzte Rositta. „Nein, es giebt etwas Schlimmeres, vor dem selbst der Edelste und Beste nicht sicher ist auf Erden; der alte Longfield ist ermordet und mein Sohn dieses scheußlichen Verbrechens verdächtigt, nun ins Gefängniß geworfen worden." Frau Rositta hatte mit übermenschlicher Ruhe diese furchtbaren Worte gesprochen und saß nun stumm wie ein Marmorbild vor dem entsetzten Baxwell, der wie hülfesuchend den Blick auf Charley richtete. „Es ist so, wie Mrs. Longfield sagte," sprach der junge Mann düster. „Wer hat's gewagt, Hand an ihn zu legen?" fuhr der Waffenschmied jetzt wild empor. „Wer kann eine solche ungeheuerliche Anklage aus der Luft greifen?" Charley zuckte die Achseln. „Man wird Verdachtsgründe gesammelt, ihn nicht ohne jeglichen Beweis verhaftet haben," erwiderte er. „Eine Kette zufälliger Umstände bilden einen Ring, dem man nicht alle Beweiskraft absprechen kann. Was seine Freunde anbetrifft, so wird kein Einziger auch nur sekundenlang an ein solches Verbrechen glauben. Das Gericht aber sucht nur den Schuldigen und wird ihn als solchen verurtheilen, wenn der wirkliche Thäter nicht gefunden wird." „O, das ist fürchterlich!" rief Baxwell, sich durch das graue Haar fahrend. „Wo hat man ihn denn festgenommen, den armen Jungen?" „In Wien, von dort ist er nach X., dem Thatorte des Verbrechens, gebracht worden." „Und wo ist sein Vater?" „Onkel Charley und mein Vater sind in seiner Nähe, um ihm den Rechtsbeistand zu sichern." „Hat man denn gar keine Anhaltspunkte, um den Schuldigen zu finden?" fragte Baxwell, vor Aufregung zitternd, weiter. „Allerdings haben wir einen Anhaltspunkt," nahm Frau Rositta wieder ruhig das Wort, „mein Sohn hat einen Doppelgänger, der fick hier in London jetzt aufhält; — ein Judas, welcher ihm den Bart weggeschnitten und ihn dann zu einem Besuch des alten Onkels in X. beredet hat. Ein Mensch, welcher früher ebenfalls einen Bart trug und sich denselben nun auch hat wegrasiren lassen, um sich unkenntlich zu machen. Aus welchem Grunde er solches gethan, ist mir nicht recht klar, das aber weiß ich be stimmt, daß er der Mörder und Räuber ist und daß ich nicht rasten noch ruhen werde, bis ich ihn gefunden." Mr. Baxwell war todtenbleich geworden, und sein Athem ging schwer. ! „Einen solchen Menschen habe ich hier gesehen," brachte er mühsam hervor. „Ganz recht," nickte Frau Rositta, „und Ihr, John Watson," wandte sie sich mit derselben Marmorkälte an diesen, „besinnt Euch, — ich frage im Namen Eurer seligen Betsie, — ja, im Namen des allwissenden Gottes: habt Ihr einen solchen Menschen, welcher meinem Sohne ähnlich sieht und die Hand des Gesetzes zu fürchten hat, nicht gesehen? Kennt Ihr einen solchen nicht? — Antwortet mir, John Watson!" j Dieser saß wie gelähmt auf seinem Stuhl und vermochte kein Wort hervorzubringen. Die niederschmetternde Mittheilung von dem entsetzlichen Raubmord, für den ein Unschuldiger, ja, eine ganze hochgeachtete Familie, der er großen Dank schuldete, büßen sollte, war wie ein vernichtendes Sturzbad über ihn dahingebraust und hatte ihn momentan sprachlos gemacht. „Antwortet!" tönte auf's Neue die gebieterische Stimme der unglück lichen Mutter an sein Ohr. „O, Missis!" stammelte er, „wenn ich solches hätte ahnen können." „Keine Ausflüchte, John Watson!" unterbrach ihn Frau Rositta kalt. , „Ich will glauben, daß Ihr keine Ahnung von einem solchen Verbrechen hattet, als Ihr mit jeneni unheimlichen Menschen in Verkehr tratet, ob wohl Eure arme Betsie mit dem Seherblick der Sterbenden seinen wahren Charakter erkannte. Macht jetzt gut, was noch gut zu machen ist, — sagt ehrlich und aufrichtig, welche Dienste er von Euch verlangte, damit wir Licht erhalten, um seine dunklen Wege zu finden." Watson kämpfte einen schweren Kampf — es war plötzlich erschreckend hell in ihm geworden und der Gedanke, Genosse eines Mörders zu sein, durchrieselte ihn mit Eiskälte. Er dachte an die Werthpapiere, welche er für Mr. North verkaufen sollte, an Mr. Rosemeier und den kleinen Schweizer, — an den Detektiv Hunt und an seine eigene Betheiligung bei all' den unheimlichen Dingen, besonders an seine Warnung, welche des Mörders Rettung veranlaßt und mußte mit Schaudern erkennen, daß eS nur eines kleinen Schrittes bedurfte, um von dem Abgrund verschlungen zu werden. Konnte er sich jetzt noch retten, indem er den Verbrecher ans Messer lieferte? — Es war ein schrecklicher Augenblick für John Watson, da er sich zu Mr. North außerordentlich hingezogen fühlte, der ihn stets wie einen Freund behandelt und mit Geld versorgt hatte. Trotzig hob er den Kopf und schaute Frau Rositta keck ins bleiche Antlitz. Doch mußte er vor dem Blick der angstvollen Mutter, deren an klagender Ausdruck ihm bis ins innerste Herz drang, vernichtet das Auge senken. War er so verworfen, so tief gesunken schon, um hohnvoll ihr den Stahl in die Brust stoßen, den braven Sohn unter Henkershand sterben zu lassen und den ruchlosen Mörder schützen zu können? Betsie's sterbendes Antlitz stieg vor dem Elenden auf und entschied den letzten Kampf und Zweifel in seiner Brust. „Ich weiß über Mr. North nicht viel zu sagen, Missis!" sagte er mit gedrückter Stimme. „Ich traf ihn im „Goldenen Pfau", wo er mir eine Besorgung übertrug und gut bezahlte, denn ein Knicker war er nicht. Dann aber sollte ich ein hohes werthpapier für ihn verkaufen —" „Ah!" machte Charley erregt. „Er that wohl ängstlich und geheim damit?" „Nun ja, ich merkte gleich, daß die Geschichte nicht ganz in der Ord nung sein müsse, weil ich beileibe nicht nach der Bank, sondern zu dem berüchtigten Mr. Law geschickt wurde. Doch selbst diesem Spitzbuben mochte die Sache zu gefährlich erscheinen; er bestellte mich auf den folgen den Tag wieder zu sich, worüber Mr. North ganz lästerlich erbost war, da ihm, wie er mir sagte, das Londoner Pflaster zu heiß werde und er sobald wie möglich abreisen wolle. Am selben Abend traf ich ihn wie gewöhnlich im Wirthshaus zum „Goldenen Pfau", wo sich ein kleiner schweizer Gentlemen zu uns gesellte, der klüger war als Mr. North und ihn gründlich überlistete. Ich weiß jetzt, daß dieser Schweizer kein An derer als Mr. Rosemeier gewesen ist, bei welchem ich den Dienst als Fremdenführer übernommen hatte, derselbe, Mr. Longfield, der hier in Ihrem Laden einen Stoßdegen kaufte." „Rosemeier!" rief Charlei, „welcher Dir die Geschichte des Briefes mittheilte, Tante!" „Ein deutscher Detectiv ist's", fuhr Watson mit einem kurzen ver ächtlichen Auflachen fort, „ein wahrer Schauspieler, was die Verstellungs kunst anbelangt. Wie hat der Mensch mich getäuscht mit seiner Freund lichkeit und Dummheit, es ist haarsträubend! Aber nun ist mir ja Alles klar, — die ganze Partie galt nur den Mr. North von wegen der Mord geschichte. — Ja, wenn ich das hätte ahnen können!" „Hat Mr. Rosemeier den Hallunken gefaßt?" fragte Charley unge duldig. „Beinahe, versetzte Watson kleinlaut. „Er wollte dem Mr. North Papiere abkaufen, hatte sich in ein anderes Hotel eiuquartiert, der Schlau kopf, bis sein Mann in der letzten Minute den Braten roch und sich aus dem Staube machte." „Unerhört!" rief Baxwell, sich heftig mit der breiten Faust auf's Knie schlagend. „Der Schuft entkam also?" Watson nickte mechanisch. „Weshalb hatte der deutsche Dummkopf keine Polizei bei der Hand?" fuhr Baxwell zornig fort. „Mr. Hunt kam mit seinen Leuten um wenige Minuten zu spät." „Zu spät!" klagte Mrs. Longfield. „Welch' ein Meer von Thränen und Jammer liegt oft in diesem Wort. — O, John Watson, was würde ich Euch geben, wenn . Ihr mir sagen oder auskundschaften könntet, wo jerer Mensch, der sich North nennt, geblieben isi." John erhob sich mit einer energischen Bewegung. „Ich bring's her aus, Missis!" sprach er enschlossen. „Wenn's einem Menschen möglich ist, kann es mir gelingen, ihn dingfest zu machen", fuhr Watson fort, „obschon er geschmeidig wie ein Aal und unbarmherzig wie eine Giftschlange ist. Nur um Eines bitte ich die Herrschaften — die Polizei aus dem Spiel zu lassen. Missis Long field und Mr. Baxwell müssen ebenfalls sich ganz ruhig verhalten —" „Aber ich könnte dabei von Nutzen sein, wie?" fragte Charley hastig. „Vollständige Unthätigkeit ertrage ich nicht." „Gut, Sie sind fremd in London, Sir?" „Ganz recht, sehe London zum ersten Male." „Well, Sir, dann nehmen Sie mich als Führer, ich zeige Ihnen vorerst die Gegend, welche Sie kennen lernen müssen. Mr. North wird freilich jetzt etwas mißtrauisch gegen meine Fremden sein, doch dürfen Sie sich nicht verrathen, Sir! — Sollten wir ihn treffen, dann werde ich ihn mit den Namen Mr. Knight anreden, wollen Sie sich das merken, Sir?" „Ich will's nicht vergessen, Freund Watson!" nickte Charley. „Die große Frage ist nur jetzt, ob unser Vogel noch in London weilt." „Er ist noch hier," sprach Watson bestimmt, „ich weiß nur nicht, welchen geheimen Schlupfwinkel er sich erwählt hat. Werde es aber be stimmt erfahren. — „Hm, Sir," setzte er fragend hinzu, „werden Sie hier bei Mrs. Longfield wohnen?" „Nein, ich gehe in einen Gasthof, den ich allerdings noch nicht kenne." „Taylor's Hotel, denke ich," schlug Baxwell vor, — „ist hier in der Nähe." „Dort logirt Mr. Rosemeier," fiel Watson unruhig ein. „Ich habe den Gentlemen noch nicht wieder gesehen und spüre überhaupt keine Lust, ihm zu begegnen." „Dann werde ich jedenfalls in Taylor's Hotel gehen," entschied Charley, „da mir viel daran liegt, Mr. Rosemeier wiederzusehen " (Fortsetzung folgt.) Areao's !<§I. 8äesi8., s<ZI. ?s-8U88. u. ^318. Oesterr. kof-OIweotllciL-flllNikÄNtkn: L» < r». irr». 23 LoL - Diploms, silberne nnä broncens Lleäaillen. Keells LnsummenstelluiiA <l«r kobprvänot«. 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