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Erstes Blatt für die Kgl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Kgl. Amtsgericht und den StadkaH zu Wilsdruff. Nr. S2 1887 Freitag, den 18. November Mk. Mk. Fick-r. 5 3 2 6 3 1 6 4 2 Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementprcis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Mit angstvoller Spannung sieht das Volk jetzt Tag für Tag den Nachrichten über das Befinden des deutschen Kronprinzen entgegen. Es liegt in der Natur der Verhältnisse, daß die aus privater Quelle stam menden Informationen unsicher und schwankend, und daß die amtlichen Mittheilungen über den Zustand des hohen Pattenten knapp und spärlich sind, Angesichts der Verantwortlichkeit, deren sich amtliche Stellen besonders bewußt sein müssen. Sehr wohl ist zu begreifen, daß die patriotischen Herzen diese stetig zwischen Furcht und Hoffen schwankende Lage tief be klagen und als eine weitere Pein der so wie so schon traurigen Situation erachten. Aber diese Pein scheint unvermeidlich. „Möge sich doch", so mahnt die „Post" sehr zutreffend, „jeder als Glied einer Familie denken, die nun eben den Kummer, der ihre Häupter trifft, in Geduld mitzutragen und, wo immer möglich, der Pflicht der Schonung des Leidenden vor dem natürlichen Drang, die ganze Gefahr zu erkennen, oder über die sich bietenden freundlichen Aussichten unterrichtet zu sein, das Hauptgewicht beizumessen hat. Mit beglaubigten Nachrichten werden wir und können wir, ob sie nun gut oder trübe lauten, nicht zurückhalten, Gerüchten, Annahmen und subjektiven Auffassungen vermögen wir indeß nur mit Auswahl Raum zu geben, wobei wir uns allerdings der Erkenntniß nicht entziehen können, daß gerade manchmal die Unterdrückung einer Auffassung Seitens eines ernsten gewissenhaften Blattes derselben, wenn sie anderweit verbreitet wird, einen interessanten Beigeschmack und damit eine größere Leichtigkeit für den ferneren Umlauf gewährt. Unseren eigenen patriotischen Schmerz über die Lage der Dinge ausdrücklich zu äußern, haben wir nicht nöthig. Solche Versicherung hat aber auch das Volk ausdrücklich abzugeben nicht nöthig. Die Anhänglichkeit der Preußen an sein Herrscherhaus, die Verehrung und Liebe des deutschen Volkes zu dem ritterlichen Sohn seines greisen Helden kaisers sind über allen Zweifel erhaben. Aber nicht durch den Mund gilt es, diese Gefühle zu bekennen, sondern durch die That möge man sie be kräftigen , unter den gegenwärtigen Umständen aber möglichst durch eine schonende und mindestens die Regung zndringlicher Neugierde unterdrückende Haltung." Ueber die Zeitungsberichterstatter und den Telegraphenver kehr in San Remo berichtet der „Osservatore Cattolico": „Es befinden sich in San Remo seit mehreren Taben über 30 Berichterstatter großer ausländischer Zeitungen, um über den Verlauf dieser für die Weltgeschichte so einschneidenden Krankheit aus erster Hand unterrichtet zu sein. DaS Gros der Reporter liefert die englische Presse. Das Telegraphenpersonal in San Remo mußte verdoppelt werden, um die zahllosen Telegramme be fördern zu können. Unter Anderem findet ein regelmäßiger chiffrirter Brief wechsel des englischen Konsuls mit dem Kabinet von St. James statt. Dieje Depeschen sind für die Königin Viktoria bestimmt, der sie sofort nach dem Einlaufen unterbreitet werden müssen. Sie passiren, u« keine Zeit Bekanntmachung, die Durchschnittspreise siir Fonrageartitel betreffend. Für die Monate Juli, Muguft und September dieses Jahres sind in dem Hauptmarktorte Meißen für den Lieferungsverband der Königlichen Amtshauptmannschaft Meiß.'n folgende Durchschnittspreise für Fourageartikel mit einem Aufschlag von fünf vom Hundert festgesetzt worden: - 72,7 - - 50 Kilo Heu, - 99,5 - - 50 - Stroh, Monat September: Mk. 91 Pf. für 50 Kilo Hafer, Bekanntmachung. Die in den 2 und 3 des Straßenpolizeiregulativs für hiesige Stadt enthaltenen Bestimmungen, daß zur Winterszeit jeder Hausbesitzer 1., seiner Hausfront entlang den Schnee zu beseitigen und bei eintretender Glätte Sand und Asche zu streum, sowie 2., bei eintretendem Thauwetter binnen 24 Stunden vom Beginn desselben an, den vor seinem Hause befindlichen Vorplatz, sowie das an dasselbe angrenzende Gassengerinne von Schnee und Eis zu reinigen und letzteres von der Gasse hinwegzuschaffen hat, werden andurch mit dem Bemerken in Erinnerung gebracht, daß Uebertretungen oder Vernachlässigungen der gedachten Vorschriften nach § 5 des ob- gedachten Regulativs in Verbindung mit § 366 Punkt 10 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Hast bis zu 14 Tagen geahndet werben. Wilsdruff, am 17. November 1887. DagcSgefchichte. Berlin, 13. Nov. Je größer die Sorge desdeutschen Volkes um das Vöohl seines geliebten Kronprinzen wird, um so theilnahmsreicher drängt Ind schaart sich das Volk in der Mittagsstunde um das Palais seines greisen Monarchen, um ihm zu zeigen, wie eines jeden Deutschen Herz mit seinem Herscherhause fühlt und denkt. Schon um 12 Uhr war es heute schwarz Unter kn Linden von der Menschenmenge, die den ganzen Platz füllte, geduldig »uf das Herannahcn der Wachtparade harrend. Als dieselbe am Palais Vorbeimarschirke, erschien Se. Maj. der Kaiser am zweiten Fenster des Valais, mit begeistertem Hochruf begrüßt; huldvollst lächelnd und milder Hand die aus dem Herzen des Volkes kommende Ovation entgegennehmend, vs schien, als überraschte die großartige Ansammlung auch den Kaiser, st blieb länger als sonst am Fenster; der Blick war überaus ernst, ohne iedoch den schönen milden Zug zu verdrängen. Als der Jubel kein Ende »ehmen wollte, das Publikum die Polizei wegdrängte und bis dicht vor ^»s Fenster des Arbeitszimmers wogte, da hob der Kaiser seine Linke und Zerdrückte eine Thräne im Auge. — Welche Gefühle mögen sein Herz in lenem weihevollen Augenblicke durchströmt haben. — Als er sich allmählich iUrückzog, stimmte die bis dicht unter das Fenster herandrängende, nach Zielen Tausenden zählende Menge in edler Begeisterung die Nationalhymne ssst, die entblößten Hauptes abgesungen wurde: Währenddeß fuhr Frau Prinzessin Wilhelm vor dem Palais vor; zur selben Zeit war auch der Erbprinz von Meiningen, der heute Morgen aus Wien hierein- Ktroffen war, erschienen. Nachdem Se. Maj. die hohen Herrschaften be- Mßt, trat er zum zweiten Male an das Fenster. Da wollte der Jubel An Ende nehmen und gerührt von diesen Beweisen edler Königstreue rief Ae. Maj. der Kaiser, nach hinten blickend, die Prinzessin Wilhelm eben es ans Fenster; dieselbe trat hinter den Kaiser, etwas seitwärts an das Mster und war ebenfalls sichtlich erfreut über die dem greisen Monarchen Argebrachten Ovationen. Noch lange wogten die Menschenmassen vor dem Calais hin und her, und selbst der plötzlich eintrctende heftige Regenschauer ^mochte sie nicht zu verscheuchen. Se. Maj. der Kaiser sah sehr wohl frisch aus. Der Kaiser von Rußland will, wie nun feststeht, am 18. d., heute, und zwar Vormittags, auf dem Centralbahnhof Friedrichsstraße ^treffen. Er wird daselbst, falls die Aerzte es gestatten können, vom i ^yer, wenn nicht, vom Prinzen Wilhelm und Prinzen Albrecht em- ^ngen werden. , Die Vorbereitungen für den Besuch des russischen Kaiserpaares giftigen Se. Maj. den Kaiser und König auf das Lebhafteste. Die Michkeiten, welche zu Ehren der russischen Majestäten stattfindcn sollen, stehen in einem großen Galadiner im Runden Saale des königl. Palais in einer Galavorstellung im königl. Opernhause. Monat Juli: 24,7 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3,2 - - 50 - Heu, 37,3 - - 50 - Stroh, Monat Anguft: 8 Pf. für 50 Kilo Hafer, 77 - - 50 - Heu, 36,2 - 50 - Stroh. Solches wird mit dem Bemerken bekannt gemacht daß die mittels der -Bekanntmachungen vom 13. und 27. September dieses Jahres (Nr. 74 und 78 dieses Blattes) veröffentlichten Durchschnittspreise für die Monate Juli und August dieses Jahres außer Kraft gesetzt worden sind. Meißen, am 12. November 1887. Königliche Amtshauptmannschaft. V. «Kirchbach. WM MUE Wmdl, W», Zikdcckp M die WWÜco.