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„Ach, man bereut schon die Uebereiluttg, sein stolzes Brittenherz weg geworfen zu haben!" lachte Marianne schelmisch. „Spötterin!" lächelte James, sie rasch umschlingend und einen Kuß auf die schwellenden Lippen pressend. „Verzeih', Geliebte!" bat er dann als sie erzürnt sich abwandte, „jenes böse Wort verdiente eine exemplarische Strafe, doch gebe ich Dir das Recht, mich in gleicher Weise zu bestrafen, ja, das Maß nach Belieben zn verdoppeln." So lachten und tändelten sie glückselig weiter, während auf einem anderen Wege des Schönbrunner Parkes zwei Männer eine erschütternde Kunde lasen. Es waren die Heideck's, Vater und Sohn, die gemeinschaftlich jene hannoversche Zeitung, welche Herr Rosemeier mitgebracht, überflogen. In einer besonderen Rubrik fanden sie die grausige Mittheilung von der ge heimnißvollen Ermordung eines englischen Sonderlings, der sich James Longfield genannt. Die Geschichte war so ausführlich wie möglich behandelt und der junge Heideck wunderte sich nach dem ersten Schrecken, daß die Wiener Zeitungen nichts darüber gebracht. „Ich hab' in diesen nur das Wichtigste gelesen," meinte der Vater kopfschüttelnd, „und Freund Bruckner sucht sich alleweil nur das Lustige heraus, — liest überhaupt nur die Witzblätter. Werden's schon gebracht haben, Charley, so etwas lassen die Blätter sich nicht entgehen. Aber was nun? Ich halte dafür, daß James es noch heute erfahren und sofort seinen Vater benachrichtigen muß. Der Alte war unser nächster Verwandter als der leibliche Bruder Deiner seligen Mutter; Dein Onkel Charley und Du sind die rechtmäßigen Erben seiner Hinterlassenschaft." — „Er wird schon dafür gesorgt haben, daß wir von seinem Reichthum nichts erhalten," fiel Charley achselzuckend ein. „Ja, wenn er auf natürlichem Wege gestorben wäre," fuhr der Vater eifrig fort, „so aber wird er an kein Testament gedacht haben. Doch gleichviel, wir müssen als nächste Verwandte die Sache in die Hand nehmen; vielleicht kommt Onkel Charley selbst herüber, — es wäre mir eine rechte Herzensfreude, den alten braven Jungen vor meinem Ende noch einmal zu sehen." „Das möchte ich Dir selber wünschen, Vater! — Doch komm nun, damit die Anderen uns nicht davonlausen. Vor Allem bitt' ich, unseren James vor der Rückkehr nichts mitzutheilen, es hieße ihm den, aller Wahr scheinlichkeit nach schönsten Tag seines Lebens unnöthig vergällen." Der Vater sah überrascht auf. „Er ging mit Mariannen — Du willst doch nicht etwa andeuten, als ob James —" „Sie liebt, — allerdings, Vater," fiel Charley ruhig ein, „und wenn mich nicht Alles trügt, auch Gegenliebe findet." „Alle Wetter, Junge! — Das sagst Du so gleichgültig?" fuhr der alte Heideck auf ihn ein. „Weißt Du nicht, daß damit der schönste Plan meines Lebens zertrümmert wird?" „Das klingt komisch, — vergieb, lieber Vater! —Man sollte meinen, daß Du die Marianne freien wolltest." „Ach, Unsinn! — Du weißt ganz gut, daß der Bruckner und ich Euch Beide schon, als Verlobte betrachtet haben. O, wie mich das schmerzt! Wer hätte das von diesem James gedacht?" „Beruhige Dich, Vater!" bat Charley, seinen Arm ergreifend und ihn mit sich fortziehend. „Marianne und ich hätten Euch doch einen Quer strich durch diesen schönen Plan gezogen, weil wir uns eben nur wie Ge schwister, wie zwei gute Kameraden lieb haben. Ich hätte sie schließlich wohl geheirathet, sie mich aber nimmer, — das laß Dich beruhigen, — Sieh', bort kommt der fremde Herr mit dem alten Bruckner, wie wunder sam, daß der just hier in Schönbrunn einen Ring verlieren und so mit uns bekannt werden muß, weil wir sonst vielleicht niemals von der schreck lichen Geschichte, die uns so nahe angeht, etwas vernommen hätten." „Ja, das scheint mir halt mehr als Zufall zu sein," meinte der Vater trüb und nachdenklich. „Es wird schon Gott so gefügt haben, — auch das mit der Marianne und dem James," setzte er m it einem tiefen Seufzer hinzu. „Wer weiß, wozu es gut ist, liebster Vater!" tröstete Charley, den beiden ihnen entgegenkommenden Herren freundlich zunickend. „Haben's mein Mariandel nicht gesehen?" rief Bruckner, sich nach allen Seiten umblickend. „Ich denk', Sie sein's zusammen 'blieben? — Was sein das für Exzessen, Charley, das Madel mit dem Engländer gehen zu lassen, — so rupito, capito zu handeln, — no, dös bitt' i mir aus, Herr von Heideck!" Wenn der alte Bruckner den Freund so zeremoniell behandelte, war er wirklich aufgebracht. „Ach, seid nit so rabiat, Herr von Bruckner!" beruhigte ihn der alte Heideck mit einem melancholifchen Lächeln. „Eure Marianne weiß schon ganz allein, was sich schickt, und was meinen Neffen anbetrifft, so bitt' ich mir auch eine andere Meinung über ihn aus, alter Freund!" „No, i laß es ja schon beruhen," nickte der Maler, dessen Zorn leicht verraucht war. „Da kommen die Ausreißer," setzte er, das schöne Paar mißtrauisch betrachtend, hinzu, „schauen aus, als ob sie —" „Im siebenten Himmel sich befänden," fiel Charley ruhig ein. Der Maler wandte sich zornig um. „Du extra nummerirter Schlanke! Du!" knurrte er ihn an. Waßt was? jetzt laß Dir hamgeigen, hast 'm schönen Applaus verdient. — O, über so anen Menschen!" Der kleine Herr von Rosemeier lachte sehr vergnügt und Charley lachte mit. James und Marianne aber schauten den brummigen Vater so glück selig an, daß diesem die unbequeme Maske bald entfiel und das alte lustige gutmüthige Gesicht wieder zum Vorschein kam. So ging es endlich heimwärts, und Alle meinten oder bildeten sich's ein, sehr vergnügt gewesen zu sein. „Auf morgen also, Herr v. Rosemeier," sagte der Maler, als der Fremde sich in Wien von ihnen verabschiedete, um nach seinem Hotel sich zu begeben. „Da sollen Sie schon Alles schauen, weil's so weit her seid, kommt's Halter nach meinem Haus, wir gehen eben aus, wissens in den Prater! Werden's Halter auch schon deutsch lerne, wenn's «Weil bei uns g'wesen seid, wiffen's!" Charley und Marianne mußten ein Lächeln unterdrücken, der Vater plauschte zuweilen gar zu naiv. Herr von Rosemeier aber dankte verbind- lichst und winkte dann einen Fiaker herbei, um sich heimfahren zu lassen. Als der alte Heideck mit den beiden jungen Männern allein in seiner Wohnung sich befand, zog er die Zeitung hervor, um seinem Neffen die schauerliche Geschichte von der Ermordung des alten Longfield mitzutheilen. James erstarrte bei der fürchterlichen Lektüre, sein Gesicht wurde todtenbleich und das Entsetzen schnürte ihm buchstäblich die Kehle zu. „Mein Gott," stammelte er endlich, „das ist furchtbar! Was wird mein armer Vater dabei leiden, — und welche verruchte Hand mag dies vollbracht haben?" „Jedenfalls eine geübte Mörderfaust," erwiderte Charley. „Mich wundert ein solches Ende im Grunde durchaus nicht, und ich begreife ebenso wenig, wie es Dich so überaus erschüttern kann, lieber James! — Es ist doch Thatsache, daß der Onkel von dem sagenhaften Geheimniß eines un ermeßlichen Reichthums umgeben, wie ein Bettler gelebt und sich menschen feindlich von der Welt ganz abgeschlossen hat. Kann es da noch Wunder nehmen, daß sich die Blicke der Verbrecher auf ihn richteten und ihn end lich ihrer Geldgier opferten?" . O-. „Freilich, freilich," murmelte James, „aber es ist doch so grauenhaft, seinen Namen in einer solchen Mordgeschichte herumgezerrt zu sehen und — das Schrecklichste — es meinem Vater mittheilen zn müssen." „Willst Du das inst überlassen, mein Junge?" fragte der alte Ha- deck theilnehmend. „Ach, Du mußt ihm doch Alles mittheilen, Onkel," seufzte James „weil sonst meine Mutter einen zn großen Schrecken bekommen und sich um mich ängstigen wird." „Ich halte ein Telegramm für das Beste und Einfachste," sprach Charley, einmal, weil Eile noth thut und zum Anderen, weil wir darin nicht ausführlich, also nicht die Ermordung, sondern nur den Tod deS alten Longfield zu berichten brauchen, in welchem Falle auch Deine Mutter nicht um Dich ängstigen wird. Die Eltern wissen doch, daß Du Dich hier befindest?" (Fortsetzung folgt.) für d Erschc Ur Wahl in der sammst »er der !divie »iS Te rechnen W zu in der Wohl 1868 gültig Port Leit g Niß de^ Uusschr birund A, 4 hiesiger Vermischtes. Breslau, 5. Oktober. In Zabrze erfolgte heute Nacht auf der Guidogrube ein Durchbruch schwimmender Gebirge. Zwanzig Leute sind verschüttet. Bis jetzt ist ein Schwerverunglückter herausgezogen worden. Es giebt in Berlin eine weit zerzweigte Fleischnahrung, von welcher der Berliner mit lustigem Augenzwinkern einfach als „Hottehüh" spricht Hottehüh ist der Ausdruck, mit welchem unsere Kinder das Pferd bezeich nen. Du lieber Himmel, wie viel Pferde in Berlin täglich verspeist wer den, vermag kein Mensch zu sagen. Man sagt, daß vielleicht 12—15,00b ausgediente Rosse alljährlich in den riesigen Magen der Weltstadt ver schwinden und zwar nach den Küchenzetteln unter den klangvollsten Speise- waaren. Als eine große Restauration ihre Zahlungen einstellte, hatte der Roßschlächter die größte Rechnung unter den noch nicht bezahlten. Und man hatte dort vortrefflich gespeist. Jemand erzählt: In der Pferdebahn saß neben mir ein alter Mann aus der Umgegend, der einen Sack von wilder Kaninchen nach der Stadt brachte. „Wenn sie gut gebraten sinst schmecken die Dinger nicht schlecht," sagte ich zu dem Alten und zeigte auf seine langohrige Beute. Er lächelte verschmitzt und schwieg. Als rr aber im Mittelpunkte der Stadt abstieg, wandte er sich zu mir und fasste mit schlauer Vertraulichkeit: „Wissen Sie, lieber Herr, am besten schmecke sie als Huhn im Fricassse, ihr Fleisch ist so weiß und zart, da meck kein Teufel die Verwechselung!" Als ich dieses Küchengeheimniß eine? Tages dem Koch in unserem Club unterbreitete, bestätigte er es mit sanftes Kopfnicken und meinte, alte Kaninchen seien sogar viel schmackhafter ast junge Katzen. — * In Waldenburg wurde im vergangenen Jahr ein Bürger vck seinem Nachbar bei der Polizeiverwaldung angezeigt, weil ein dem Erstes gehöriger Hahn durch sein Krähen die Nachtruhe des Letzteren M Um weiteren Streit zu vermeiden, wurde der Hahn abgeschafft. 3" diesem Jahr trat ein anderer an die Stelle, der es ebenso machte, sein Vorgänger; er krähte auch. Nun wendete sich der Nachbar an ei^ höhere Instanz, in folge dessen dem Besitzer des Störenfriedes feitest'' der Polizeiverwaltung aufgegeben wurde, bei Vermeidung der SttE den Hahn zu beseitigen oder dafür zu sorgen, daß die Nachtruhe Andew durch das Krähen nicht gestört werde. Der Hahn aber blieb und kiE weiter. Die Folge war eine abermalige Beschwerde, worauf der W"' thümer des Hahnes in eine Polizeistrafe von 5 Mark genommen wm^ wogegen derselbe jedoch Widerspruch erhob. Nun kam die Sache vor Schöffengericht. Zunächst konnte nicht nachgewiesen werden, daß betreffende Hahn derjenige gewesen sei, der die Nachtruhe des Nachts gestört habe; ferner wurde durch Zeugen bewiesen, daß der Stall, in tst der angebliche Ruhestörer die Nächte zubrachte, vorschriftsmäßig verw^ war, und weiter wurde in Betracht gezogen, daß das Krähen „>n^ Natur des Hahnes" liege. Der Vertheidiger des Angeklagten bellst^ u. A., er wisse bis jetzt nur von zwei Menschen, welche das K>M des Hahnes nicht leiden konnten, das sei Napoleon I. und der KM' Der Angeklagte wurde sreigesprochen. § - - Der «Kalk im Thomasmehl soll verbrennend wirte« In No. 80 des Wilsdruffer Wocbenblattes war in einem VeE über den Ausfall der Rübenernte in Sachsen und Schlesien am Sa"' der Wirkung des Thomasmehls gedacht und die Behauptung ausgesprE. daß der hohe Kalkgehalt des Thomasmehles eine verbrennende ausgeübt habe. Diese Ansicht ist vollkommen falsch und dies leicht z« weisen. Bei einer starken Thomasmehldüngung von 5 Ctr. pro Acker stst man dem Acker 2—2V2 Ctr. Kalk zu. Bei einer mäßigen KalkdüE, von 15 Hectoliter aber 22—25 Ctr. Kalk! Wenn da der Kalk «'s, verbrennend sondern den Ertrag hebend wirkt, wie sollen das Ctr. thun? Nur gebe man das Thomasmehl nie direct zu Stallmist st, schwefelst Ammoniak, sondern erst dann, nachdem man die beiden eingeackert hat, da der Kalk das Ammoniak frei macht, so daß es to Luft entweicht. «r In vielen Fällen ist es sogar möglich, daß der KalkgehaU , Thomasschlacke schneller und besser als Düngemittel wirkt als die P" phorsäure, wenn der Boden sehr kalkbcdürfttg ist. Man lasse sich also durch derartige haltlose Behauptungen nicht blüffen. Limbach, den 7. Oktober 1887. Lins 1'n886 liouiNou ist beim Eintritte der kühleren Jahres das Lieblingsgetränk vieler Tausender. Zur Herstellung solcher mische st unter eine Tasse heißen Wassers einen Eßlöffel voll von Zi^, kouitton-Lxtimot und man erhält augenblicklich die vorzüglichste,^ schmeckendste und kräftigste Fleischbrühe. Ebenso vortrefflich eignes/ die UouiUnn-bixtraota iilaFgi, welche in drei Qualitäten als — „üne-8 stsrbsk" — „oonosntrs nax truttss" — im Handel stj als Würze für fade Suppen, Saucen und Gemüse und übertrefst" solche in Geschmack und Ausgiebigkeit jeden anderen Fliischextract^^ Kircheunuchrichten ans Wilsdruff. Mittwoch den 12. October Vorm. 9 Uhr WochenkommunidN^> Wochenmarkt zu Wilsdruff, am 7. Oktober. Eine Kanne Butter kostete 2 Mark 30 Pf. bis 2 Mark Ferkel wurden eingebracht 180 Stück und verlauft r> Paar 9 — Pf. bis 18 Mark — Pf. ^gehal 0^1-1 Hsins, ^VilsclruE geprüfter und verpflichteter Trichinenschauer, berechnet bis aus für 1 Schwein zu untersuchen 30 Pf., den Herren Fleischerne Accord 25 Pf.