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WM ftNKW MM, M«, AeM und die MgWdcL Amtsbcalt dir Lgl. Umtshaurtmannschaft zu Weitzen. das Kgl Amtsgericht und den Stadtratk zu Wilsdrutf. Elicheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Hr. 77. Dienstag, den 27. September 1887. DageSgeschichte. Der Reichskanzler Fürst Bismark beging ein sehr seltenes Jubi- ^um, sxin sünfundzwanzigjähriges Jubiläum als preußischer Minister- Kein hervorragender lebender Staatsmann hat ein solches Ereigniß in Mem Leben zu verzeichnen. Auch darin steht der Kanzler also einzig Es ist von Ueberfluß, die Ereignisse dieses Viert^ljahrhunderts noch mals aufzuführen, auf den Tafeln der größten von ihnen steht auch der ^me: Bismarck. Der Reichskanzler hat einmal dem Kaiser ein Ab- Uedsgesuch unterbreitet, auf welches als Antwort ein kurzes „Niemals!" "folgte. Fürst Bismarck hat also keine Aussicht, so lange er bei vollen Listen ist, in den Ruhestand zu treten, und mit Recht kann er von sich '»zm, wie er einmal gethan: „Im Dienste des Vaterlandes reibe ich mich auf!" Der Reichskanzler ist, ohne daß es recht bemerkt worden ist, in Greisenalter eingctreten, mehr denn 72 Jahre sind über seinem Haupt Ungezogen, und er merkt ihre Spuren wohl. Aber er steht doch immer ^ch fest und kernig da als erster Beamter des Deutschen Kaiserreiches, "nd wir wollen ihm wünschen, daß er seine vielgerühmte Thatkraft und Fergie nock recht lange behalten und anwenden möge zum Besten des ätschen Vaterlandes. Friedrichsruhe, 23. September. Se. k. Hoh. Prinz Wilhelm traf Me Nachmittag 5 Uhr auf der Rückreise von Kiel hier ein, um Namens Mas. des Kaisers dem Reichskanzler zum 25jährigen Ministcrjubiläum A gratuliren. Am Bahnhof war der Reichskanzler in Kürassiruniform, Fürstin, sowie Graf Herbert Bismarck erschienen. Der Prinz Wilhelm ifrang auS dem Wagen, eilte dem Reichskanzler entgegen und drückte ihm Hand. Die Prinzessin Wilhelm reiste weiter nach Berlin, wohin der Mz heute Nacht nachfolgt. Nach dem Diner unternahm Se. k. Hoh. Prinz Wilhelm mit dem Fürsten Bismarck, Sr. k. Hoh. Prinz Heinrich mit dem Grasen Herbert Bismarck eine Fahrt durch den Wald und Men 6V2 Uhr zurück. Prinz Heinrich verschob die Abreise auf Abends Mhr. Der Bahnhof und das Postgebäude sind glänzend illuminirt; im Me konzertirt die Hamburger Militärmusikkapelle bei prachtvollem Wetter, k Das Wiener „Fremdcnblatt" sagt anläßlich des Jubiläums des '""Wanzlers Fürsten Bismarck: „Die Oesterrcicher gratuliren unserm Freunde, dem Leiter der Politik des engverbundenen Deutschen Reiches, Mitbegründer der Allianz, welche den Frieden Europas wahrt." Der Mel rühmt sodann Bismarck's innere Thätigkeit und seine unerschöpfliche Arbeitskraft. Es wäre nicht leicht, einen Staatsmann zu nennen, der, so großer Machtfülle ausgestattet, seinen höchsten Ehrgeiz darin suchte, Ruhe der Nationen zu wahren. Die „Times" widmen dem 25jährigen Ministerjubiläum des Fürsten ^inarck einen sympathischen Leitartikel, in welchem sie sagen: Unsere Glück liche sind um so aufrichtiger, weil Niemand daran zweifeln kann, daß Stärke und die Einigkeit Deutschlands, welche die großen Errungen- Msten des Fürsten Bismarck sind, die sicherste und solideste Bürgschaft die Aufrechterhaltung des europäischen Friedens bilden und stets gebildet In dieser Hinsicht war die Dauer der ministeriellen Stellung des Mien Bismarck sicherlich von unermeßlichem Vortheil für Europa. Nichts der jüngsten Geschichte der europäischen Politik läßt sich mit der einzigen Mung vergleichen, welche der deutsche Reichskanzler einnimmt; am 25. Mrestage seines Eintritts in das Ministerium steht er stärker und fester als je vorher. Nur Fürst Bismarck konnte die deutsche Nation durch ^ Schwierigkeiten und Gefahren, welche ihren Pfad umlagerten, führen, dd die Schöpfung des Deutschen Reiches ist sicherlich die größte staats- ^nische Leistung unserer Zeit." »> Noch ein Urtheil englischer Zeitungen über die Kaisermanöver: Der Mchterstatter des „Standard" sagt am Schlüsse einer überaus günstigen Aprechung der Leistung des deutschen Heeres noch Folgendes: „Die 34 Millone, 30 Schwadronen und 2 Artillerie-Regimenter, welche am DienS- , S vor ihrem Kaiser vorbeidefilirten, sind nur ein kleiner Bruchtheil einer Öffneten Nation, welche noch in diesem Jahre ihre Kriegsstärke um ?0,00o Mann vermehrt hat, mit einer Armee, welche, obwohl begeistert ihre errungenen Erfolge, dennoch nie aufhört, sich für den Krieg noch vollkommener zu machen. Die deutsche Armee ist die einzige, ,'der man sagen kann, daß die Ausführung nicht hinter den Versprechungen dMbleibt; denn sie ist die einzige, welche ihre Kraft verheimlicht statt M derselben zu brüsten. , Die ersten Anzeichen der herannahenden parlamentarischen Win- i'^mpagne im Reiche machen sich jetzt stärker bemerkbar. Zunächst .im Bundesrathe vorige Woche die erste Plenarsitzung nach der Som- j^use stattgefunden und handelte es sich hierbei um die Ausführungs- ^Nnmungen zu dem am kommenden 1. Oktober in Kraft tretenden Mtwkinsteucrgesetz. Da inzwischen der Beitritt sämmtlicher süddeutscher zur Branntweinsteuergemeinschaft erfolgt ist, so finden nach dieser i-a "8 hin die Bundesrathsverhandlungen kein Hinderniß mehr vor, „Mn sinh zahlreiche Beschwerden aus Interessentenkreisen eingegangen Md der Bundesrath diese Beschwerden jedenfalls eingehend zu prüfen Außer dem Wiederbeginn größerer Thätigkeit in der genannten I,Mebenden Körperschaft deutet auch die in den Blättern entstandene Polemik über verschiedene innerpolitische Fragen darauf hin, daß ^"siier parlamentarischer Abschnitt herannaht. Den Löwenantheil von ^Polemik beansprucht die Erörterung über den Plan der Verlängerung ^gislaturperioden im Reiche und Preußen von 3 Jahren auf 5 Jahre. bereits fest, daß ein bezüglicher Antrag von konservativer Seite ^ginn der nächsten Reichstagssession eingebracht und von der national liberalen Partei unterstützt werden wird, seine Annahme erscheint demnach zweifellos, nur soll der Antrag sich noch nicht auf die gegenwärtige Legis laturperiode des Reichstages beziehen. Von Seiten der freisinnigen Presse und auch eines Theiles der Centrumsorgane bekämpft man den Vorschlag, den Turnus für die allgemeinen Wahlen auf 5 Jahre festzusetzen, sehr lebhaft und sucht denselben bei den Wählermassen dadurch zu diskreditiren, daß man die angeregte Verlängerung der Legislaturperioden als eine Schmäler ung der Volksrechte und als die Einleitung zu einer durch und durch „re aktionären" Politik hinstellt. In allen ruhig denkenden Kreisen der Wähler schaft wird man aber eine Verlängerung der Legislaturperioden und somit eine Hinausschiebung der Wahltermine nur dankbar begrüßen und über zeugt sein, daß es sich hierbei keineswegs um einen Angriff auf die Er rungenschaft des allgemeinen und gleichen Wahlrechts handelt. Daneben taucht ziemlich unvermittelt die Frage der Abschaffung des Sozialistengesetzes und dessen Ersetzung durch eine Revision der einschlägigen Bestimmungen des Vereins-, Preß- und Strafgesetzes wieder auf und man soll in national liberalen Kreisen einem solchen Versuche nicht abgeneigt sein. Der Wunsch, einen großen Theil der Staatsbürger nicht länger unter Ausnahmebestim mungen gestellt zu sehen, ist an sich ganz begreiflich und entspringt er einem natürlichen Gerechtigkeitsgefühle; ob man indessen in Regierungskreisen angesichts der fortbestehenden Gefahren sozialdemokratischer Ausschreitungen zu einer Aufhebung des Sozialistengesetzes bereit sein würde, ist noch sehr zweifelhaft. Was femer die Frage der Getreidezollerhöhung anbelangt, so verlautet über die Absichten der Regierung noch immer nichts Zuverlässiges und es ist darum noch keineswegs ausgemacht, daß dem Reichstage in seiner nächsten Session eine entsprechende Vorlage zugehen wird. Inwiefern schließlich die aufgetauchten Meldungen, wonach die Einberufung des Reichs parlamentes gegen den 22. November zu erwarten sei, ihre Bestätigung finden werden, bleibt noch abzuwarten; wenigstens findet sich in den offiziösen Blättern hierüber noch keine Aeußerung vor. Die „Grenzboten" bringen einen Aufsatz über „Stammverwandt schaft und Waffenbrüderschaft mit England", den man überschreiben könnte: Verlaßt Euch nicht aus England! Er weist geschichtlich nach, daß 1870 in England Volk und Regierung trotz erklärter Neutralität viel mehr Frankreich als Deutschland begünstigte. In den 60er Jahren that Eng land Alles, um zu verhüten, daß Schleswig-Holstein von Dänemark ge trennt und Kiel ein deutscher Kriegshafen wurde. Auf dem Wiener Kon greß 1814 und 15 nach dem Sturze Napoleon I. that England alles, daß Preußen für seine gewaltigen Anstrengungen sehr ungenügend ent schädigt und möglichst schwacher Staat bleibe, es stellte sich auf des Fran zosen Talleyrand Seite; die Rettung Wellingtons und seines Heeres durch Blücher bei Belle-Alliance war rasch vergessen. Die Waffenbrüderschaft Englands im 7jährigen Kriege war auch nicht viel Werth. Ueber die evangelsche Gemeinde Ramsau in Steiermark, welcher bei der Generalversammlung des Gustav-Adols-Vereins in Nürn berg das große Liebeswerk in Höhe von 17,189 Mk. zugesprochen wurde, machte der Referent, Hofprediger Dr. Rogge aus Potsdam, der genannten Versammlung folgende interessante Mittheilung. Ramsau, 1100 m über dem Spiegel der Ostsee, am südlichen Fuße des Dachsteins in einem 3 V2 Stunden langen Thale gelegen, ist eine Gemeinde von 1200 Seelen, unter denen sich der evangelische Glaube mitten durch die Drangsaale der Gegenreformation hindurch gerettet und seit Jahrhunderten bewährt hat. Und wenn sich die Gemeinde einst auch äußerst vor dem Gesetze als ka tholisch beweisen mußte, im Herzen blieb sie stets treu evangelisch. „Die Ramsauer sind Nachbarn am Dachstein: fest, stark und unerschütterlich". Niemals — und hierin steht die Ramsau wohl einzigartig in Oesterreich da — niemals wurde hier eine gemischte Ehe geschlossen. Nur ein einziger Hof ist katholisch; ja, es gab Jahre, in welchen der katholische Vikar, sein Meßner und seine Köchin die einzigen Katholischen der Ramsau waren. Nichtsdestoweniger ist hier eine stattliche katholische Kirche mit Thurm und Glocken und daneben ein schönes Pfarrhaus für Pfarrer und Meßner er richtet worden. Das evangelische Gotteshaus, ein sogenanntes Toleranz bethaus, ist ein armseliger Bau, viel zu eng und klein, äußerlich und inner lich eines Gotteshauses ganz unwürdig, ohne Thurm und Glocken. Ein Ramsauer aber antwortete auf die Bemerkung eines Fremden, daß das Gotteshaus mehr einem Stalle als einer Kirche ähnlich sei: „Mags halt einem Stalle ähnlick sein, wenn nur eine heilige Familie darin ist." Und dabei haben die Ramsauer oft einen weiten Weg zum Gottesdienste zurück zulegen, so daß sich ein 83jähriger Greis Nachts 1 Uhr aufmachte, um zur rechten Zeit am Kirchlein zu sein; ein anderer Greis brach auf seinen Krücken Nachts 3 Uhr auf, um einmal Abendmahl halten zu können. 122 Proz. der Einwohner beträgt die jährliche Communicantenzahl. Tanz und Wirthshausbesuch sind selten und finden niemals Sonnabends statt, an welchen Abenden sich vielmehr die Gemeindeglieder regelmäßig zur An dacht versammeln. Jetzt wird nun vom Staate der Neubau einer Schule gefordert. Wird der Bau nicht ausgesührt, ist die Schule zn schließen. Für dieselbe soll das Bethaus hergerichtet werden, weshalb sich der lang ersehnte Neubau einer Kirche dringend nöthig macht. 38,000 Fl. soll dieselbe kosten; 6000 Fl. hat die arme Gemeinde selbst aufgebracht. Ein armes Dienstmädchen, welches jährlich 17 Fl. Lohn hat, brachte 3 Fl. für die Glocken. Und jedes Gemeindeglied bis zu den Frauen und Kindern herab ist Mitglied des Gustav-Adolf-Vereins! Die Berliner HZeitung urtheilt über die französische Mobil machung: Die Rüstung ist glatt abgelaufen und die aufgedeckten Schäden kommen den Franzosen zu nutze, welche alle diese Dinge genau studiren