Volltext Seite (XML)
und zwar bezüglich der gerichtlichen Verhandlungen und Urtheile, sowie bezüglich der Verhandlungen und Beurkundungen der Gerichtsvollzieher mit dem 1. Januar 1888, bezüglich der Verhandlungen und Beurkundungen der Notare mit dem 1. Januar 1889 außer Wirksamkeit treten. Kiel, 6. Juli. Gestern Mittag ist es endlich gelungen, das am 1. Februar 1851 im Kieler Hafen gesunkene unterseeische Boot des Sub- marineingenieurs Wilhelm Bauer vermittelst des schwimmenden Krahns der kaiserlichen Werft zu heben. Was somit seit 36 Jahren wiederholt vergeblich versucht worden, ist nunmehr endlich geglückt. Das Boot lag etwa 7 na tief und ist, trotzdem es in so langer Zeit auf dem Meeres gründe lag, noch verhältnißmäßig gut erhalten. Nachmittags 3^ Uhr besichtigte Se. k. Hoh. Prinz Heinrich in Begleitung einer Anzahl Offi ziere das interessante Wrack. Das Boot ist in einer Helling der kaiser lichen Werft untergebracht und soll zunächst einer gründlichen Reinigung namentlich der inneren Theile, unterzogen werden. Die Länge desselben beträgt annähernd 25 Fuß. Am Bord eines deutschen Postdampfers befindet man sich — das Schiff mag in den fernsten Zonen schwimmen — aus deutschem Ge biet. Diese Thatsache ist kürzlich gelegentlich einer Beschwerde über Porto- Nachzahlung erneut festzustellen gewesen: Ein am Bord eines Reichspost dampfers während der Fahrt auf hoher See durch den Schiffsbrieflasten eingelieferter Brief, der nach den Welt-Postvereinssätzcn mit deutschen Postfreimarken ausreichend frankirt war, wurde bei der weiteren Beför derung als unfrankirt vom Auslande eingegangen behandelt und mit Porto belegt. Der Empfänger legte dagegen Beschwerde ein und hatte damit den besten Erfolg; er erhielt das gezahlte Porto zurück, und die Begrün dung enhielt die oben erwähnte Thatsache! Triest. In Kathania sind vorgestern 60 Cholerafälle vorgekommen und davon 20 tödtlich verlaufen. Die große Vertretung des bulgarischen Volkes hat den Prinzen Ferdinand von Koburg fast einstimmig zum Fürsten ihres Landes erwählt. Wenn es auf den ersten Blick auch aussieht, als ob die lang wierige Angelegenheit damit ihrem Ende entgegengeführt werde, so ist dem i» Wirklichkeit leider nicht so. Die Pforte muß den Fürsten zunächst durch einen Firman bestätigen und ihn sodann gemäß den Bestimmungen des Berliner Vertrages den Großmächten zur Genehmigung mittheilen. Wenn Rußland nunmehr den neuen Fürsten genehmigte, so würde es der Welt eine große Ueberraschung bereiten, denn erstens ist Prinz Ferdinand mit der englischen Königsfamilie nahe verwandt, und zweitens würde in dessen nunmehriger Anerkennung eine Souveränetät der Sobranje und eine Selbständigkeit des bulgarischen Volkes enthalten sein, welche mit Rußlands bisheriger Haltung in Widerspruch stände. Ohne Zweifel wird die französische Republik, welche mit der despotischen Großmacht im Osten neuerdings sich verbrüdert, sich beeilen, Rußland zu Gefallen den neuen Fürsten abzulehnen. Und Deutschland, welches in der ganzen Frage von jeher die größte Rücksicht auf die russischen Wünsche genommen, hat bis her noch nicht merken lassen, daß es einen Wechsel zu vollziehen gedenke. Die drei anderen Großmächte werden aber schwerlich auf eigene Hand den Prinzen bestätigen. Man fragt sich vergeblich, was damit gewonnen wer den kann, daß das bulgarische Volk seine Krone vergiebt, ohne daß der Erwählte sie sich auf's Haupt setzen kann. Das Ansehen derselben wird sicherlich nicht dadurch gewinnen. Ob Prinz Ferdinand nun in Wien verbleiben und die neue Würde zwar annehmen, sie aber als eine ima ginäre betrachten wird, oder ob er dem russischen Widerspruch sich gehor sam fügen oder aber ob er ihm zu trotzen suchen und sich nach Bulgarien begeben wird, Alles das haben wir erst abzuwarten. Die nächste Zeit wird uns darüber aufklären. Die populäre Strömung in Bulgarien will nach wie vor nichts als den Fürsten Alexander und die Erwählung des Koburgers soll in den weiten Kreisen als ein Fehlgriff angesehen werden. Tirnowa, 8. Juli. Die Antwort des Prinzen Ferdinand von Koburg an den Präsidenten der Sobranje auf die Nachricht von seiner Wahl zum Fürsten ist nunmehr eingetroffen. In derselben heißt es, er (der Prinz) sei stolz und dankbar für das Votum der großen National versammlung, welche ihn zum Fürsten von Bulgaren gewählt habe. Er hoffe sich des Vertrauens der edlen Nation würdig zu zeigen und sei be reit, sobald die Wahl durch die hohe Pforte gebilligt und durch die übrigen Mächte anerkannt sei, sich nach Bulgarien zu begeben, um dem Glück und der Wohlfahrt des Landes sein Leben zu widmen. Sofia, 8. Juli. Auf die Nachricht, daß der Prinz Ferdinand von Koburg die Wahl zum Fürsten angenommen habe, sandte die Stadt dem Fürsten telegraphisch ihre Glückwünsche, die Straßen wurden geschmückt und viele Privathäuser beflaggt; für den Abend sind Vorbereitungen zu einer Illumination getroffen; ebenso wurden in Tirnowa die Häuser be flaggt. Wie aus verschiedenen Orten in der Provinz gemeldet wird, wurde die Nachricht von der Wahl des Prinzen Ferdinand dort mit großem Ent husiasmus ausgenommen. Paris, 6. Juli. In der Sitzung des Senats kündigte der Präsi dent an, daß er den von der Deputirtenkammer heute angenommenen An trag auf Erhöhung des Alkoholzolles auf 70 Fres, erhalten habe. Der Antrag wurde dem Finanzausschuß überwiesen. Dieser erstattete bald da rauf Bericht und der Senat nahm dann den Antrag gleich an. Morgen früh wird das Amtsblatt bereits das Dekret zur Verkündigung dieses Ge setzes bringen. Die Furcht vor einer angeblichen Ueberschwemmung mit deutschem Alkohol muß Kennern der einschlägigen Verhältnisse ziemlich seltsam erscheinen. Schon eine einfache Vergleichung der Marktpreise in Berlin und hier zeigt, ein wie schlechtes Geschäft der Export nach hier wäre. Auch gesteht eine Note des „Temps" ein, daß nach Ausweis der Zollbehörden kein Tropfen deutschen Alkohols seit dem 1. Juli nach Frank reich eingeführt sei. Paris, 8. Juli. General Boulanger ist heute Abend 8 Uhr nach Clermond-Ferrand abgereist. Vor dem Hotel du Louvre, von welchem sich Boulanger um 7 '/2 Uhr zu Wagen nach dem Bahnhofe begab, hatte sich eine größere Menschenmenge angesammelt, welche ihn mit Hochrufen empfing und mit Zurufen bis zum Bahnhofe begleitete. Auf dem Bahn hofe hatten sich die Deputirten Laissant und Laguerre zur Begrüßung Boulanger's eingefunden. Von der Polizei wurde der Kundgebung kein Hinderniß bereitet. Die Menge, welche sich auf dem Bahnhofe eingefunden hatte, verhinderte wahrend zweier Stunden die Abfahrt des Zuges. Boy- langer verließ schließlich seinen Wagen und bestieg eine Lokomotive, welch« allein abfuhr. Der Zug nach Clermont fuhr dann ab und nahm Bou langer auf der Station Villeneuve auf. Vaterländisches. — In den Kreisen der Hausfrauen herrscht einige Aufregung über die Preissteigerung für Spiritus. Jndesfen wird es gut sein, in Zukunft bei dem Einkauf einen Unterschied zu machen, denn derjenige Spiritus, welcher Heizungs- und Beleuchtungs-, sowie anderen gewerblichen Zwecken dient, ist ausdrücklich von der Steuer befreit. Bisher pflegten die Spirituskleinhändler jedoch zu diesen Zwecken den gewöhnlichen, ver steuerten Spiritus zu verkaufen, weil die Steuerdifferenz zu gering war, um die Ausscheidung gewisser steuerfreier Beträge zu lohnen. In Zukunft einen ä vm ei: Nag' Nähe t kommen Sturm dieselbe Lande waren „Bohen Riesa z «als vc in größ und wa Wasser nach un nig Mr Ichaar z Gütern lodend < Hinsicht lach mi hat mit zum ne Äaumeis 235,00c iülterun Mengen der M oergrftu Morgei tz aufg «tauch hiesij Ähnlicher Aitwurz Nicht re Mug dl ""d zün konnten Besitzer ä Neuerbau auf durde. lä Min Rlempnc dom St den Gericht Misch' dagegen wird es Sache der Geschäfte sein, überall denaturirten, von^ Steuer befreiten Spiritus bereit zu halten, und Sache der HausstM und Gewerbetreibenden, sich zu anderen als Trinkzwecken nur diesen»' naturirten und billigen Spiritus verabfolgen zu lassen. In Zukunft rB die Preisdifferenz so groß sein, daß es unverantwortliche Verschwende wäre, Trinkspiritus zu verwenden, wo denaturirter Spiritus ausreB Hoffentlich werden daher auch demnächst die Branntweinkleinhändler öfse">- lich anzeigen, ob und zu welchen Preisen sie denaturirten Spiritus ;" Brenn- und gewerblichen Zwecken feil halten. Im Uebrigen ist die Preis steigerung des Spiritus selbstredend unvermeidlich, und wenn dieselbe sch"" jetzt eingetreten ist, so liegt das in der Spekulation der Großhändler an den Börsenplätzen. — Leipzig, 8. Juli. Zu der Urtheilsverkündigung hatte sich "" zahlreiches Publikum eingefunden und harrte gespannt der Entscheids des höchsten Gerichtshofes. Genau um 12 Uhr betrat der Gerichts^! den Saal uud der Präsident Drenkmann verkündete das Urtheil. D" Angeklagten Klein und Grebert sind des Landesverraths schuldig erat^ und deshalb Ersterer zu 6 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust Letzterer zu 5 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurtheK worden; der Angeklagte Erhardt dagegen war freizusprochen. — Während der Verkündung des Urtheils und der über eine Stunde in Anspruch nehmenden Begründung bewahrte Klein seine stets zur Schau getragene Ruhe und Gelassenheit, wenn auch allmählig ein kummervoller Zug seinem Gesichte sich ausprägtc; Grebert dagegen verlor gänzlich seine Fassung er jammerte wiederholt laut auf, hielt stets sein Gesicht mit dem Taschen- tuche bedeckt und weinte. Als er nachher ins Gefängniß zurückgefüh" wurde, war er vollständig gebrochen. Erhardt war natürlich mit seiner Freisprechung sehr zufrieden, konnte aber nicht umhin, nach Schluß der Sitzung den Berichterstattern gegenüber hervorzuheben, daß er über 3 Mo nate „unschuldig" in Haft gesessen habe. — Sehr bemcrkenswerth ist die Erklärung, die der Elsässer Klein unmittelbar nach seinerVerurtheilung vor dem Gerichtshof abgab! „Die über mich verhängte Strafe ist ungerechtfertigt. Ich war franzö sischer Soldat und bin Franzose." Präsident: „Angeklagter, Sie sind Deutscher!" Klein: „Jawohl, Mußdeutscher! Von Geburt und Gesinn ung bin ich aber Franzose und was ich gethan habe, habe ich aus Lieb! zu meinem früheren Vaterland begangen. Als solcher bin ich wohl ei" französischer Spion, aber kein deutscher Landesverräther. Für Deutschland hätte ich derartige Dinge nicht für Millionen gemacht, ich bin mithin kein Vaterlandsverräther, ich habe blos den Fehler gemacht, daß ich mich habe erwischen lassen. Ich bitte nochmals, mich nicht als deutschen Landesver räther zu bestrafen; einen französischen Spion können Sie aber zu einer so hohen Strafe nicht verurtheilen." — Annaberg. Ein schwerer Unglücks fall ereignete sich am Nach mittag des 6. Juli in der Lösermühle in Königswalde. Mit dein Auflegen eines Treibriemens wurde dem 19 Jahre alten Mühlburschen Tobisch, Sohn eines wohlhabenden Pferdehändlers aus Reischdorf (Böhmens die untere Hälfte eines Armes völlig abgerissen. Der junge Mann besaß noch die Kaltblütigkeit, die auf der Diele liegende Hand aufzuheben und damit in den unteren Raum des Hauses zu gehen. Hier erst sank " ohnmächtig zusammen. Er wurde in das hiesige Krankenhaus gebracht woselbst ihm Abends der Arm bis auf einen Stumpf in Handbreite ab genommen wurde. — Große Aufregung herrscht in der Gegend von Treuen. Ai" vorletzten Sonntag ist in Schönau ein der Tollwuth verdächtiger Hund ausgebrochen und hat dort einen Mann gebissen, der schwer erkrankt ist: Der Hund nahm seinen Weg nach Falkenstein und der Neuen Welt bst Treuen, wo er den Gastwirth gebissen hat. Nun rannte der Hund nach Thoßsell und biß dort mehrere Hunde; in Falkenstein, dem nächsten Orte seiner Anwesenheit, wurde er erschossen. — Zwei Knechte, welche bei dem Brande des Richterschen Gutes i" Berntitz von den Flammen beschädigt wurden, sind ihren Verletzung!" erlegen. Sie retteten sich durch einen Sprung aus dem Fenster in dn" Augenblicke, als das brennende Strohdach niederstürzte, geriethen unter die Schöbe und löschet» ihre Kleider, indem sie in den Teich spränge"' Die plötzliche Abkühlung wirkte wohl am gefährlichsten. — Ein Raubanfall, der in seiner Ausführung an die schauerlichste" der im Volksmunde kolportirten Räubergeschichten erinnert und in unsere«" Sachsen zu den unerhörtesten Vorfällen gehört, wurde in der Nacht st' gestern in Langburkersdorf b. Neustadt verübt. In der dortigen Re stauration von August Pietzschmann hatten die beiden Brüder Knecht ihrem Schwager, mit dem sie zusammen in Stolpen ein Grünwaarenge- schäft betreiben, bis in die späte Nacht hinein geknippen. Zuletzt wäre" sie die einzigen Gäste, auch hatte Pietzschmann die Kellnerin bereits schlafe" geschickt. Einige Zeit darauf wurde das Dienstmädchen dadurch gewe^ daß in der ersten Etage von den Dreien die Thüren mit Gewalt aufge brochen wurden. Das Mädchen rief erst zum Fenster hinaus um Hilst: sprang dann aber in seiner Angst aus dem ersten Stock herab und lief in die nebenan befindliche Restauration von Balzer, wo noch Licht braun" und im Gastzimmer drei Gäste, die Gutsbesitzer Hilme, Eisold undGün?" anwesend waren. Auf ihre Nachricht hin, daß sie zu Haus von Räuber" überfallen worden seien, eilte Hilme schnell nach Hause, um eine Fli"" zu holen, und alle drei Mann drangen dann auf die Räuber ein. Hil"" kam nicht zum Schuß, seine Flinte wurde ihm vielmehr entrissen und selbst von den Räubern auf den Kopf geschlagen, so daß er scbwerverwund" darniederliegt. Dem Güntzel wurde durch einen Revolverschuß der H" durchlöchert. Den Wirth Pictzschmann aber fand man mit zerschmettertes" Schädel todt in der Hausflur liegen. Von den Räubern sind ungeM 10 Revolverschüsse abgegeben worden, auch haben dieselben Messer """ Beile bei sich gehabt, wodurch erwiesen erscheint, daß es sich um ei""" planmäßig ausgeführten räuberischenUeberfall gehandelt hat. Verjünge"" der Brüder Knecht wurde während des Kampfes festgenommen, währe"" die beiden anderen Räuber gestern Vormittag in Neustadt verhaftet wurde"' Bisher haben dieselben ein Geständniß nicht abgelegt. Von den Räubek" ist einer bereits an das Landgericht Bautzen eingeliefert worden. Der er mordete Pietzschmann, ein in den 60er Jahren siebender Junggeselle, p" noch sehr rüstig. Er war vermögend und allgemein beliebt. . — Von den verschiedenartigen Episoden, welche sich während de« Feuerwehrfestes in Pirna abspielten, sei folgende drollig begonnene, da"" aber traurig ausklingende erwähnt. Am Sonnabend traf ein bieder" Feuerwehrmann aus dem Gebirge mit ein, welcher in seiner Rechten eist"" — Vogelbauer, in welchem ein gelber Matz piepte, mit aller Dorf"" trug. Auf Befragen seiner Kameraden, was er denn mit dem Dstö wollte, erkärte der thierfreundliche Feuerwehrmann, daß er sein KanaE Hähnchen nur um deswillen mitgebracht habe, damit ihn zu Hause " Katze nicht fressen solle. Als er vom Kommers in fideler Stimmung'' sein Massenquartier zurückkam war seine erste Sorge der Piepmatz; beschreibt aber sein Entsetzen, als er sieht, daß derselbe zerrupft und tst am Boden liegt! Die lüsterne Katze seines Quartierwirthes hatte " während seiner Abwesenheit an seinen Liebling gemacht. - — Meißen, 6. Juli. Das Dampfschiff „Bohemia" hat gerP" i» ^z>mv ich ^Ngen! Kne, K Er MvIMt «i» MN, der sich MN - Alen s, tz., Mu ^.Ut- N-n T"d All, L