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WiM, Wn, Likde«!ehii «iid die UWegkidar AmtsbtcrtL A die Kgl. Kmtshauptmannschaft zu Weiten, das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wlsdmß. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Rr. 39. Dienstag, den 17. Mai 188?. Dagssgeschichts. Der Reichskanzler wird dem Vernehmen nach sich kurz nach Pfingsten nach Varzin begeben. Im Juli will Fürst Bismarck zum Kur gebrauch nach Kissingen gehen. Daß die einer Kommission von 28 Mitgliedern überwiesene Brannt weinsteuervorlage — wenn auch mit einigen Abänderungen — zur Annahme gelangen wird, ist bereits mitgetheilt worden. Die Gewißheit dieser Annahme erscheint um so zweifelloser, als hervorragende Mitglieder des deutschen Reichstags, wie man vernimmt, vor Einbringung des Gesetzes gehört worden sind und diese sich auch mit den Grundzügen des letzteren einverstanden erklärt hätten. Berlin, 14. Mai. Der Beginn der Pfingstferien des Reichstags ist für den 25. Mai, der Wiederzusammentritt des Reichstags für den 8. Juni in Aussicht genommen. Von industrieller Seite wird den „Berl. Pol. Nachr." geschrieben: „Ob die Pariser Wagner'sche Musik hören wollen oder nicht, kann uns Deutschen ziemlich gleichgültig sein, bedenklich bleibt indessen, daß der Mob von Paris es fertig gebracht hat, auch bei dieser, an und für sich politisch nicht ins Gewicht fallenden Angelegenheit der Regierung gegenüber seinen Willen durchzusetzen. Dieselbe französische Regierung ladet für 1889 alle Länder der Erde zur Beschickung der Pariser Industrieausstellung ein. Wenn diese Regierung nicht im Stande ist, die Aufführung einer deutschen Oper vor Beschimpfungen zu sichern, welchen Schutz will sie dann den deutschen Erzeugnissen versprechen, welche Garantie will sie leisten, daß die Jury, welche eine ausgezeichnete deutsche Leistung etwa zu prä- müren wagte, nicht persönlich bedroht, daß die deutschen Ausstellungsob jekte nicht verunstaltet oder gar zerstört, daß die deutschen Aussteller nicht beschimpft werden? Nach dieser letzten Glanzleistung des Pariser Pöbels wird der französischen Regierung vielleicht selbst darüber ein Verständniß aufgehen, warum die deutsche Industrie mit seltener Einmüthigkeit eine Betheiligung an der Pariser Ausstellung abgelehnt hat, ohne zuvor die voraussichtlich gleichlautende Entscheidung der deutschen Regierung abzu warten." Zahlreichen El saß-Lothringern hat der Frankfurter Friede es ermöglicht, in recht angenehmer Weise um die Militärpflicht herum zu kommen. Sie wanderten mit 17 Jahren aus den Reichslanden aus nach Frankreich, wo man die „entrissenen Brüder" freudig willkommen hieß. Sie ließen sich erst mit dem 28. oder 30. Jahr naturalisiren und dienten somit weder hüben noch drüben. Als Deutschland diese praktischen Patri oten aus deutschem Gebiete nicht duldete, erhob Frankreich laute Klage über solche Behandlung seiner Schmerzenskinder. Neuerdings scheint man aber auch drüben anderer Meinung geworden zu sein, denn eine Zeitungsnotiz besagt: Die Gendarmerie von Toul läßt gleich der von Belfort alle in Toul ansässigen Fremden, die in ihrem Geburtsland keine Militärdienste gethan Haben, eine Erklärung unterzeichnen, durch welche sie sich verpflichten, sich allen Anforderungen des Militärdienstes in Frankreich zu unterziehen. Wenn nur diese Undankbarkeit Frankreichs die lieben Brüder nicht uns wieder in die Arme treibt. In Eugen Richters „Freis. Ztg." fand sich vor einigen Tagen fol gende Auslassung: „Menagerietöne hervorzubringen, gehört neuerlich zum Sport der rechten Seite des Reichstags. Eine Virtuosität darin, die Stimme eines hungrigen und ermüdeten Raubthieres vor der Fütterung durch un- artikulirte Töne zum Ausdruck zu bringen, bekundete in der Freitagssitzung des Reichstags ein konservativer Herr in solchem Grade, daß ihm lauter, allseitiger, heiterer Beisall darob von der ganzen Cartcllbrüderschaft gezollt wurde." Dazu bemerkt die „Krz. Ztg.": Die Art und Weise der Rede gewohnheiten des Abgeordneten Richter ist zu bekannt, als daß man über bas Autorrecht der obigen Stylblüthe sich den Kopf zerbrechen brauchte, lieber derartige Liebenswürdigkeiten setzt sich jeder anständige Mensch mit dem Trost hinweg, daß von der „Freis. Ztg." etwas Anderes nicht zu erwarten ist. Eine Stufe niedriger stellt sich freilich die „Germania", das j Blatt der katholischen Demokratie. Daß die „Germ." daher die obigen Sätze der „Freis. Ztg." an hervorragender Stelle zum Ausdruck bringt, kann nicht Wunder nehmen. Aber sie fühlte das dringende Bedürfniß, auch noch etwas von dem Ihrigen hinzuzulügcn: „Nicht „neuerlich" hat sich diese Unsitte bei den Conservativen eingebürgert, sondern sie ist schon äl teren Datums. Jüngere Abgeordnete unter den Conservativen, welche noch den Corpsstudenten (!) nicht abgestreift haben, geniren sich weder im Reichs tage noch im Abgeordnetenhause, gelegentlich laut zu gähnen oder sonstige unartikulirte Töne auszustoßen und überhaupt Spektakel zu machen. Da diese Mitglieder der Conservativen sonst nichts leisten, so suchen sie sich eben auf dem Gebiet der — „Erziehung" Hervorzuthun. Dem Bundesrathe ist nunmehr auch der Gesetzentwurf betr. die Besteuerung des Zuckers zugegangen. Demnach wird wohl auch der Reichstag vor Pfingsten mit dem Entwurf Bekanntschaft machen. Von der badischen Regierung verlautet, daß sie sich gegen eine weitere Erhöhung der Kornzölle ausgesprochen habe. In Baden sei nur ein sehr geringer Theil des Grund und Bodens (2 pCt.) im Groß besitz, der größte Theil dagegen von 10—50 Morgen im Besitz von klei nen und mittleren Landwirthen, die nur selten Getreide verkaufen und meist selber kaufen müßten, daher keine Hülfe durch höhere Zölle erhalten würden. Aehnlich sei es im Königreich "Sachsen und in Thüringen. Aus der Mitte des Centralverbandes deutscher Industriellen wird angekündigi, daß zahlreiche industrielle Vereinigungen, insbesondere die Ver einigung der Textilindustrie, Petitionen an die verbündeten Regierungen vorbereiten, in welchen gegen die Beschlüsse der Arbeiterschutzkommission Protest eingelegt werden soll. Dem Direktorium des Centralverbandes ist der Auftrag ertheilt worden, zu der bereits erwähnten Denkschrift einen Nachtrag auszuarbeiten, in welchem dargelegt werden soll, wie nachtheilig diese Beschlüsse auf die Industrie insbesondere auf die Erwerbsverhältnisse der Arbeiter selbst einwirken würden. Es seien allein bei den oberschle sischen Hütten- und Bergwerken nahezu 12,000 weibliche Arbeiter beschäf tigt und zwar größtentheils in Aufbereitungsanftalten und bei solchen Arbeiten, welche einen größeren Aufwand von Körperkräften nicht in An spruch nehmen. Sollte ein Verbot der Beschäftigung weiblicher Arbeiter in derartigen Anstalten, wie es die Kommissionsbeschlüsse beabsichtigen, in Wirklichkeit durchgeführt werden, so würde nicht nur die oberschlesische Industrie eine bedeutende Einbuße erleiden, sondern es würden auch die nahezu 12,000 Arbeiterinnen brodlos werden. Aus Baden. Die Reichstagwahlen haben bei uns verschiedene gerichtliche Nachspiele gehabt, welche für die Betheiligten nicht gut ausge fallen sind. So wurde der Redakteur des demokratischen Blattes in Karls ruhe wegen Beleidigung des dortigen Oberamtmanns zu drei Wochen Gefängniß verurtheilt; ein sozialdemokratischer Reichstagskandidat mußte einen Wahlaufruf mit einer größeren Geldstrafe büßen; ein anderer So zialist, welcher in einer Wahlrede gemeint hatte, Graf Moltke sei jetzt zu alt für sein Amt, hat ebenfalls im Gefängniß Gelegenheit, über Moltke zu anderer Ansicht zu gelangen. Kürzlich wurde in Staufen auch ein römisch-katholischer Vikar verurtheilt, weil er in einer Wahlversammlung im Wirthshause behauptet hatte, der Papst sei ein altes Weib, der als Italiener sich nicht in die deutschen Angelegenheiten zu mischen habe, also auch nicht für das Septennat stimmen könne. Das Gericht griff den Fall auf und diktirte dem wahleifrigen Heißsporn 20 M. Strafe und die Kosten. Derselbe hatte sich mit seiner Behauptung dahin auszureden ge sucht, daß er mit dem alten Weib — die liberale Wirthin gemeint habe. Auch die kirchliche Behörde schritt ein, gab ihrem Sohn eine aämonitiL ounoniou und versetzte ihn aus eine andere Stelle. Außerordentlich lebendig gings in Wien zu. Im Abgeordneten haus« provocirten die Czechen die Deutschen, und es gab darüber großen Lärm. Im Herrenhause wurde nach langen Debatten der Tadelsantrag des Abgeordneten von Schmerling gegen den Sprachenerlaß des Ministers Prazak abgelehnt. Dabei hatte sich auch der deutsche Professor Maaßen in Wien in sehr undeutscher Weise hervorgethan, und die Folge davon war, daß ihm in der Universität Tag für Tag von den deutschen Stu denten Entrüstungsdemonstrationen dargebracht wurden. Der Kultusmi nister von Gautsch hat die Anwendung strenger Strafen angeordnet, und fo wird der Tanz wohl noch ein arges Nachspiel haben. In Pesth haben die czechischen Studenten einen deutschen Commers zu stören versucht, und alle Fenster des Commerssaales zertrümmert. In der Umgebung von Pesth und Brünn fanden umfangreiche Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung statt, bei denen es Todte nnd Verwundete gab. Wieder ein Sieg des französischen Patriotismus ist heute zu verzeich nen, ein Sieg, der ein Franzosenhcrz mit um so größerem Stolz erfüllen wird, weil der Kampf einer angesehenen Berliner Firma gegolten hat. Diese, bekannt durch ihre Militär-Putzeffekten, hatte bisher in Paris ihre Artikel in der Weise in den Handel gebracht, daß sie ihrem Vertreter zwar gestattete, die Firma und Berlin auf den Büchsen wegzulasfen, die Schutzmarke jedoch, bestehend in der Abbildung eines deutschen Helms, beizubehalten, um dadurch die deutsche Herkunft des Präparates anzudeuten. Die deutsche Firma hatte jedoch die Rechnung ohne die Patriotenliga ge macht. In deren Blatt erschien gegen das deutsche Handlungshaus und seinen Vertreter ein Schmähartikel, der im Interesse französischer Konkur renten in zahllosen Exemplaren bei allen Kaufleuten und Behörden, die zu den Kunden der deutschen Firma gehörten, umhergetragen wurde. Die Folge war natürlich, daß der französische Vertreter einen solchen Schaden erlitt, daß er die Verbindung mit dem deutschen Haus aufgeben mußte. Da sind wir Deutsche doch ganz andere Leute; wir kaufen selbst deutsche Erzeugnisse um so lieber, wenn wir sie via Paris mit französischer Marke und Firma erhaltm! Herr Schnäbele ist von der französischen Regierung, was voraus zusehen war, noch nicht zu den Todten geworfen worden. Man hat die sen Ehrenmann zum Spezialcommissar in Laon ernannt. Es ist also durchaus nicht unmöglich, daß wir mit ihm noch ein oder das andere Mal zu thun bekommen werden. Man darf gespannt darauf sein, was man in Berlin zu dieser Ernennung sagen wird. Wochenmarkt zu Wilsdruff, am 13. Mai. Eine Kanne Butter kostete 2 Mark 20 Pf. bis 2 Mark 30 Pf. Ferkel wurden eingebracht 150 Stück und verkauft ü Paar 21 Mark ' — Pf. bis 30 Mark — Pf. Meißen, 14. Mai/ 1 Ferkel 10Mk. —Vs. bis 16 Mk. —Pf. Eiugebracht 266 Stück. 1 Läufer 30 Mk. - Pf. bis — Mk. — Pf. Butter 1 Kilogramm 2 Mark 10 Pf. bis 2 Mark 30 Pf. Dresden, 13. Mai. (Getreidepreise.) An der Börse: pro 1000 Kilogramm: Weizen, weiß 179—185 M., Weizen, braun 175—183 Mk., Korn 130—133 Mk., Gerste 130—140 Mk. Hafer 115-120 M. — Auf dem Markte: Hafer pro Hektoliter 5Mk. 80 Pf. bis 6 Mk. 80 Pf. Kartoffeln 3 Mk.60Pf. — bis 4 Mk. 20 Pf. Butteri Kilo- gramm 2 Mk. 20 Pf. bis 2 Mk. 60 Pf. Heu pro Centner 3 Mk. — Pf. bis 3 Mk. 60 Pf. Stroh pro Schock 30—32 Mk.