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WchM ßFMU Thmildi, Nchkil, Zickttch md die MWikii. ArnLsbtcrLL »ur die Kgl. Amlshauplmannschaft zu Weißen, das Kgl- Amtsgericht und den Stadkath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Ar. 28. Dienstag, den 12. April 1887. Bekanntmachung. die Sperrung der Niederwartha er Elbbrncke betreffend. Die zufolge Bekanntmachung vom 7. vorigen Monats beabsichtigte Sperrung der Niederwartha'er Elbbrücke wird nicht am 12. dieses Monats, sondern erst zu einem späteren, noch bekannt zu machenden Termine erfolgen. Meißen, am 6. April 1887. Königliche Amtshanptmannschaft. von «Kirchbach. B e kmm tmaclmug. Die Aufnobme der angemeldeten schulpflichtigen Kinder erfolgt Montag, den 18. April, nachm. 2 Uhr, im Schulsaale, während der Unterricht für diese Kinder erst am darauffolgenden Dienstag beginnt, weshalb weder Bücher, noch Geschenke bei der Aufnahme mitzubringen sind. Wilsdruff, am 9. April 1887. Der Direktor der städtischen Schulen. E Gerhardt. TageSgefchichte. Das Reich braucht mehr Geld. Darüber sind Reichsregierung und Reichstag einig, viel weniger darüber, welche Steuer die geeignetste und lohnendste sein würde. Beide sind zugleich menschenfreundlich genug, nach einer Steuer zu suchen, die nicht zu wehe thut und doch flutscht. Diesem Gedanken kommt die Presse zu Hülfe. Sie schlägt eine Reichs- erbschastssteuer vor. Ihre Gönner sagen, sie ist die sicherste, denn sterben muß einmal jeder Deutsche; sie ist aber auch die gerechteste, denn e n Nacklaß ist genauer zu schätzen und zu besteuern, als ein wechselndes jährliches Einkommen. Sie thut auch nicht zu weh und den Gefühlen keinen zu großen Zwang an; denn lachende Erben werden sie lieber von der Erbschaft sich abziehen lassen als in die eigene Tasche greifen, und aufrichtig Leidtragende werdens mit dem Mammon und dem Fiskus nicht zu genau nehmen. Sehr geringe Erbschaften kann man sehr gering be steuern oder ganz auslassen. In allen Fällen wird die RcichSerbschafts- steuer jährlich ihre 50 Millionen Mark tragen. Es giebt zwar jetzt schon 26 Erbschaftssteuern in Deutschland, in jedem Land oder Ländchen eine andere; künftig aber soll jeder Erblasser nur noch für das Reich leben und sterben. „Das Ehrgefühl der Arbeiter", beginnt ein Artikel der „Soz. Corr.", ist die Grundlage des sozialen Friedens. Die soziale Frage ist keine Magenfrage, sondern eine Bildung«- und Hcrzensfrage. Ein rechter Arbeiter läßt sick eher schlechten Lohn als schlechte Behandlung gefallen, er legt weniger Werth auf gutes Essen und bequemes Wohnen, als aus ein würdiges und angenehmes Verhältniß zu den Genossen seiner Arbeit. Sein Ehrgefühl und seine Menschenwürde sind Güter, die er in gleichem, ja sogar höherem Maße besitzen kann, als sein Arbeitgeber. Darum ist die Schonung des Ehrgefühls der Arbeiter und die Achtung vor ihren menschlichen und politischen und gesellschaftlichen Rechten auch eine der ersten Pflichten jedes Unternehmers. Technisches Geschick, Schonung und Versicherung der tobten Arbeitsgehülfen, der Maschinen und Werkzeuge, Gebäude und Stoffe rc., genügen heutzutage nicht mehr, man muß auch die lebenden Arbeitskräfte versickern und schonen und nicht nur ihre körper lichen Fähigkeiten, sondern auch Geist undHerz der Arbeiter dem Gesammt- wvhl dienstbar zu machen suchen. Das kann man aber nur, wenn man ihnen auch persönlich nahe tritt. Ein freundliches Wort, ein Gespräch über andere als rein geschästliche Angelegenheiten und thätiger Antheil am Wohle der einzelnen Familien ist ost viel wirksamer als hoher Lohn. Der Unternehmer muß aber nicht nur mit dem Munde, sondern auch mit dem Herzen freundlich werden und seine innere Gesinnung umwandeln. Der Arbeiter muß die Ueberzeugung gewinnen, daß sich sein Herr wirklich als Mitarbeiter seiner Untergebenen fühlt; dann wird die Arbeit Aller munter sortgehen und Jeder freudig an seinem Tagewerke sein. Ganz selbstver ständlich ist es, daß der Arbeitgeber auch in politischen Dingen das Recht und die persönliche Freiheit nicht antasten darf. Er mag ihnen bei Wahlen offen seine Meinung sagen und ihnen rathen; aber er darf sie nickr strafen wenn sein Rath nicht befolgt wird, so wenig wie ein jeweilig herrschendes Ministerium politische Gegner strafen und beeinträchtigen darf, weil sie ein ihnen übertragenes politisches Recht nach ihrer freien Ueberzeugung aus üben. Aus verschiedenen Theilen Deutschlands hört nian, daß die Ver hältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wegen Maßregelungen bei den ReichstagSwahlcn hier und da getrübt worden sind. Es können dadurch die besten Wohlfahrtseinrichtungen unwirksam gemacht werden. Man sollte sich dock hüten, die ohnehin schon gereizte Stimmung noch mehr zu verbittern und alle Leute, welche z. B. sozialdemokratisch gewählt haben, als Gegner der staatlichen und sozialen Ordnung anzusehen. Als die Meißner evangelische Konserenz vor einigen Jahren „über die Mit arbeit der Kirche an der sozialen Frage" berieth, berichtete ein Geistlicher, daß seine Gemeinde als sozialdemokratisches Nest verschrieen sei und daß bei der letzten Reichstagswahl " 7 aller Stimmen einen Sozialisten gewählt hätten; aber alle diese Wähler seien fleißige Kirchgänger und kämen auch zum Abendmuhle. Man möge daher das Vertrauen aus eine friedliche soziale Entwickelung nicht aufgebcn und vielmehr vertrauen, daß auch diese Sturm- und Drangperiode zu einer Klärung der Geister und Läuterung der Gemüther führen wird, sobald nur Gerechtigkeit und Wohlwollen der Menschen für einander zunehmen. Die Polizei beschlagnahmte in Hamburg ein Lager sozialdemokra- tischer Bücher und confiscirte 16 Centner. Sie verhaftete den Aufbewahrer derselben, den Sckwiegervater des ausgewiesenen Sozialisten Grünberg. Die vorgefundenen Schriften wiesen Verbindungen nach über ganz Deutsch land und veranlaßten Haussuchungen und Verhaftungen in Ilmenau, Ein siedeln, Eltville, Eupen, Stettin, Königsberg, Mannheim und'Pirmasenz. In Hamburg wurden acht Personen, darunter der Berichterstatter Stein- fatt von der Bürgerzeitung, verhaftet. In Zabern fand die Aushebung statt. Bei den Militärpflichtigen der Stadt Zabern war es seit etwa 10 Jahren Gebrauch, bei der Kreis direktion eine deutsche Fahne zu borgen. Dies geschah auch' jetzt7bei dem Umzug, der mit Musik gehalten wurde. Nachmittags nach der Aushebung zog ein Haufe in die Nähe des Bürgermeisteramts, zertrümmerte dort die Fahnenstange und zerriß die Fahne. Der Polizeikommissar, Gendarmen und Polizeidiener schritten sofort ein und von 25 bis 30 betheiligten Re- krnten wurden fünf verhaftet. Weitere Verhaftungen sind nicht ausgeschlossen. Die That war in einer Fabrik vorher anscheinend geplant worden. Ein Privattelegramm der „Post" meldet: Aus der Unterredung des bulgarischen Abgesandten Minister Stoiloff mit dem österreichischen Minister des Aeußcrn, Grafen Kalnoky, werden, wie ein Privattelegramm der „Post" aus Wien meldet, nachträglich noch solgende Aeußerungen des Letzteren mitgetheilt: Die Mächte, so erklärte Kalnoky, seien alle darüber einig, daß die Lösung der bulgarischen Frage noch nicht reif sei. Wollte Oesterreich dieselbe gewaltsam lösen, so würde dadurch ein Krieg provocirt und in einen solchen wird sich Oesterreich um Bulgariens Willen nicht stürzen. Kalnoky fügte hinzu, er könne den Bulgaren nur rathen, gedul dig zu warten, den Mächten die Regelung der Frage zu überlassen und sie durch eine weise und maßvolle Haltung zu unterstützen. Unter allen Umständen aber müßten die Bulgaren sich jeder Provokation, jeder Ver letzung des Berliner Vertrages enthalten. — Aus Sofia liegt die Meldung vor, Fürst Alexander von Battenberg persönlich habe die Agitation für seine Wiederwahl ernstlich widerrathen. Herr Most ist wieder frei; lange wird's aber wohl nicht dauern, da sitzt er von Neuem fest. Am Dienstag hat die Anarchistenpartei in New- Aork zur Feier von Most's Entlassung aus dem Gefängniß eine große Versammlung abgehalten und in dieser erklärte Most, er werde den Krieg gegen das Eigenthum wie vor seiner Einsperrung fortsetzen. Berlin, 9. April. Dem „Berliner Tageblatt" wird aus Peters burg auf indirectem Wege gemeldet, daß am Mittwoch Nachmittag ein neues Sprengbombenattentat auf das Zarenpaar ausgeführt werden sollte. Die Attentäter, ein Student und eine Frau, sind verhaftet. Vaterländisches. — Anläßlich des bevorstehenden Eintritts der aus der Schule ent lassenen jungen Leute in Arbeits- und Lehrverhältnisse erinnern wir daran, daß Arbeiter unter 21 Jahren und insbesondere auch Lehrlinge zur Füh rung eines Arbeitsbuches verpflichtet sind, und daß der Lehrherr sofort bei dem Antritt der Lehre und nicht, wie vielfach angenommen wird, erst nach beendeter Probezeit das Arbeitsbuch von dem Lehrling einzufordern hat. Die Ausstellung des Arbeitsbuches erfolgt durch die Polizeibehörde desjenigen Ortes, an welchem der Lehrling zuletzt seinen dauernden Auf enthalt gehabt hat. Es ist deshalb Lehrlingen, welche auswärts in die Lehre treten, zu rathen, zur Vermeidung von Weiterungen noch vor ihrem Lehrantritt die Ausstellung des ArbcitsbuckeS bei ihrer derzeitigen Wohn ortsbehörde zu beantragen. Vor der Ausstellung des Arbeitsbuchs ist die Einwilligung des Vaters oder Vonnundes nachzuweisen, auch Schulentlaß oder Konfirmationsschein beizubringen. — Kinderbillets. Noch immer kommt es vor, daß Erwachsene, welche gemeinschaftlich mit ein m Kmde unter 10 Jahren reisen, Billets der höheren Klasse lösen, während doch seit dem 1. Oktober v. I. für