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„Du weißt, sie ist eine Frau von großer Welt- und Lebenserfahrung, und ich lege auf ihr Urtheil einigen Werth," bemerkte seine Gattin. „Zugegeben auch, daß die Frau Gräfin mit ihren Herzensprüfungen im Recht ist — was beweist das? — Müsfen es immer grundböse Menschen sein, die einen Mord begehen? Die Annahme ist ganz falsch. Neid, Hab sucht, irgend ein unlauteres Motiv, haben schon den gutmüthigsten Menschen zum Mörder gemacht. Sobald sich diese seelenguten Leute vor Entdeckung sicher wähnen, dann treibt auch sie, so gut wie alle Uebrigen, ein finsterer Dämon vorwärts." „Und Du hältst wirklich das junge Mädchen für so klug und ver schlagen?" fragte die Gerichtsräthin. „Gewiß," entgegnete ihr Gemahl mit großer Zuversicht. „Dann begreif' ich aber nicht, daß sie das Kind zu vergiften suchte als noch Jemand im Alkoven anwesend war," bemerkte Frau v. Z., und noch ehe ihr Gemahl etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: „Mag auch die Magd geschlafen haben, ein Mädchen, das so klug und verschmitzt ist, wird ihr Verbrechen nicht dann begehen, wenn sie keinen Augenblick vor Ertappung sicher ist." Der Gerichtsrath stutzte; die Bemerkung seiner Frau war zu treffend, als daß sie nicht seine vorgefaßte Meinung hätte erschüttern sollen. Er blickte längere Zeit nachdenklich vor sich hin und schwieg. „Siehst Du, da fällt Dein künstlich aufgerichtetes Gebäude zusammen," begann seine Gemahlin von Neuem, „und ist denn wirklich die Vergiftung des Kindes so sicher?" „Darüber waltet kein Zweifel, die Aerzte haben eine Vergiftung durch Bilsenkraut festgestellt, denn schon das Hemdchen des Kindes und die Bett decke hat noch Spuren des Giftes gezeigt, da die Giftmischerin in der Hast einige Tropfen vergossen hat; aber Du hast Recht — der von Dir ange gebene Umstand macht mich doch bedenklich: sollte sie wirklich —" „Unschuldig sein," ergänzte Frau v. Z., „gewiß ist sie es und ich freue mich, daß Du so rasch Dein Vorurtheil fallen lässest." „Sie würde eine andere Stunde gewählt haben," fagte der Gerichts rath, mehr für sich, als zu seiner Gemahlin gewandt, „sie hatte ja nicht nöthig, sich zu übereilen und fand später gewiß eine bessere Gelegenheit aber kann sie nicht eben deshalb diesen Augenblick benutzt haben, um schlimmsten Falls das Verbrechen auf die Freundin zu schieben?" fuhr der Rath grübelnd fort, und seine klugen Augen ruhten wie fragend auf seiner Gemahlin. Diese machte eine abwehrende Bewegung. „Hat dies Bertha schon versucht?" fragte sie rasch. „Nein, doch es kann noch kommen, und ich will hoffen, daß sie bald mit ihrem Verdacht herausrückt, dann wäre auch dies Bedenken beseitigt." „Und weshalb könnte die Anoere nicht wirklich die Mörderin sein?" fragte die Gerichtsräthin plötzlich. Der Gerichtsrath lachte laut auf: „Nein, Ihr Frauen habt wunder liche Einfälle," sagte er noch immer lachend, „da mag man immer von Frauen-Emancipation schwatzen, vielen Lebensstellungen sind die Frauen doch nicht gewachsen; was würde aus der Justiz werden, wenn die Frauen Recht sprechen dürften!" „Nicht so Schlimmes, als Du denkst," entgegnete seine Gemahlin lächelnd, die von der gutmüthigen Heiterkeit des Rathes mit fortgeriffen wurde, „und ich wiederhole doch, warum kann nicht auch die Magd das Kind vergiftet haben?" „Frauenart," wollte der Gerichtsrath entgegnen, besann sich aber und sagte freundlich: „Wenn Du dies Mädchen gesehen hättest, würdest Du nicht solche kühne Vermuthungen aufstellen. Was könnte die Magd zu dieser That veranlaßt haben? Sie ist der Familie des Scholzen treu ergeben, und die Hinwegschaffung des Kindes brachte ihr nicht den mindesten Vortheil. Wo wir aber keine Motive zu einem Morde entdecken können, da ist es auch unmöglich, den Mörder zu suchen." „Und was sollte die arme Bertha zur That veranlaßt haben ?" fragte Frau v. Z. „Da kannst Du noch fragen?" entgegnete ihr Gemahl ganz erstaunt. „Wenn sie als Frau in die Schölzerei kam, war ihr das Kmd im Wege. — Außerdem war die Kleine die Erbin ihrer verstorbenen Mutter, von welcher der größte Theil des Vermögens herrührte. — Sie zog vor, es so rasch wie möglich zu beseitigen, und war klug genug, ihr Verbrechen noch vor der Verheirathung mit dem Scholzen zu begehen." „So haben Dich alle meine Einwürfe nicht bekehrt," rief die Gerichts räthin mit fast schmerzlichem Lächeln. „Sie machen Deinem Scharfsinn alle Ehre," entgegnete der Rath mit großer Artigkeit. „Aber wir Männer der Themis niüssen uns nun einmal an unsere Akten halten und dürfen uns selbst von der geistreichsten Frau nicht irre machen lassen." Der Gerichtsrath küßte dabei seiner Gattin zärtlich die Hand. „Du hättest Dir diese Schmeichelei ersparen können, wenn Du meinen Bedenken eine größere Beachtung schenken wolltest," klagte seine Frau. „Sei überzeugt, daß Deine Worte nicht ganz in die Dornen gefallen sind," bemerkte der Rath, und wirklich suchte er bei einer späteren Ver nehmung der Angeklagten seine vorgefaßte Meinung zu überwinden und das arme Mädchen vorurtheilssreier zu beurtheilen. Das Benehmen der Angeklagten erschien ihm heut einfacher und natürlicher. Sie mußte sich endlich in ihre traurige Lage gefunden und eine größere Ruhe erworben haben. Alle ihre Aussagen stimmten mit ihren ersten Angaben vollständig überein, — selbst die verfänglichsten Querfragen brachten sie nicht in Ver wirrung und zu einer sich widersprechenden Auslassung. Auch die Frage des Gerichtsrathes, „ob sie wirklich nur aus dem Grunde in den Alkoven getreten sei, um Helene Schwarz eine Tasse Kaffee zu bringen?" beantwortete sie mit „ja", und als ihr der Rath vorhielt, daß der Scholz ausgesagt, „sie habe das Kind sehen wollen," zeigte sie nicht die mindeste Verlegenheit, sondern sagte ruhig: „Das ist mir damals nicht eingefallen." „Es ist dies aber sehr eigenthümlich," bemerkte der Gerichtsrath ernst. — „Üebrigens sind nur zwei Personen im Alkoven gewesen, und eine da von muß die Giftmischerin sein. Ich glaube, das muß auch Ihnen ein leuchten." Die Angeklagte nickte nur mit dem Kopfe und starrte traurig vor sich hin. „Da Sie nun die That so hartnäckig ableugnen," fuhr der Gerichts rath fort, „bleibt Ihnen nichts Anderes übrig, als zu behaupten, daß Helene Schwarz die Mörderin sei." Das junge Mädchen blickte auf und überrascht in das ernste Antlitz des Gerichtsrathes; es fühlte die Richtigkeit dieser Bemerkung und wagte dnch nicht, ihr beizustimmen. „Nein, das glaube ich nicht," sagte die Angeklagte nach einer Weile. „Die Lene ist gutmüthig, warum sollte sie das Kind vergiftet haben?" Diese Antwort hatte der Gerichtsrath nicht erwartet; so war seine Annahme doch nicht stichhaltig, und sein Blick ruhte mit größerer Theil- nahme auf dem jungen Mädchen, das durch dies Wort unleugbar eine edlere Gesinnung bekundete. Bertha gewahrte diesen Blick, sie glaubte da rin nur ein gewisses Mitleid mit ihrer traurigen Lage zu finden, sie fühlte, daß sie sich damit selbst jeden Ausgang abgeschnitten hatte, und brach in Thränen aus. „O, ich bin unendlich unglücklich!" schluchzte sie hervor. „Was hab' ich denn gethan, daß mich der liebe Gott so hart und grausam prüft? Ich kann Nichts gestehen, denn ich bin unschuldig! Mögen Sie mich immerhin verurtheilen und so lange quälen und martern, bis ich mich in Alles füge," setzte sie in ihrer alten, übertreibenden Weise hinzu, „einst kommt der Tag, der meine Unschuld an das Licht bringen wird!" Und doch machten heute diese überschwänglichen Worte auf den Ge richtsrath nicht jenen unangenehmen Eindruck, den er bei ihrer ersten Ver nehmung gehabt hatte; er entgegnete freundlich: „Wir leben nicht mehr in den Zeiten des Mittelalters — in unsern Tagen kommen Justizmorde nicht mehr vor." (Forts, folgt.) Kirchemmchrichten aus Wilsdruff. Morgen Mittwoch, den 2. März, früh 9 Uhr Beichte und heiliges Abendmahl. Pension in Meißen. Eltern, welche gesonnen sind ihre Söhne zum Besuch einer höheren oder der landwirthschaftlichen Schule in Meißen zu geben, finden gute und preiswerthe Pension in einer Familie Meißens. Nähere Auskunft ertheilt Herr Baumeister »Hoyer in Wilsdruff. Ein starker Läufer ist zu verkaufen bei Franz Gierifch in Lampersdorf. Für Böttcher! 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