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dem Palais Sr. Maj. des Kaisers ab. Eine vieltausendköpfige Menge hatte sich daselbst versammelt und wollte ihrem geliebten Landesherrn durch stürmische Zubelrufe und donnernde Hochs ihre Freude über die Niederlage der Fortschrittspartei bezeugen. Wohl eine Stunde lang währte die glän zende Ovation und immer und immer wieder strömten neue Schaaren dem Palais zu. Se. Majestät war der vorgerückten Nachtzeit wegen nicht mehr am Fenster erschienen. Auch vielfache Hochs auf unseren eisernen Kanzler erschollen und es dauerte lange, ehe sich die erregte Menge zerstreute. Die Reichstagswahlen in Berlin haben unter Betheiligung von 70 Prozent aller Wahlberechtigten stattgefunden. Von 314,595 einge schriebenen Wählern der Reichshauptstadt haben etwa 233,000 von ihrem Wahlrechte Gebrauch gemacht. Etwa drei Siebentel der abgegebenen Stim men sind aus Sozialdemokraten gefallen, nämlich rund 96,000, während auf die Cartelkandidaten 71,000, auf freisinnige Kandidaten 67,000 Stim men entfielen. Nur in zwei von den sechs Berliner Wahlkreisen haben die Wahlen im ersten Anlaufe ein definitives Ergebniß gehabt, und in diesen beiden Bezirken gehört der Sieg den Sozialdemokraten. Im sechsten Wahlkreise wurden 59,000 Stimmen abgegeben und hiervon entfielen über 30,000 auf den sozialdemokratischen Kandidaten Hasenclever. Der Cartelkandidat Holtz bekam 16,800, der freisinnige Kandidat Greiling 11,800 Stimmen. Noch glänzender war der Sieg der Sozialdemokraten im vierten Wahlkreise, wo Singer von 56,700 Stimmen über 33,000 bekam, während Prof. Hänel sich mit 10,500, der konservative Kandidat Evers mit 14,000 begnügen mußten. In den übrigen vier Berliner Wahlkreisen sind Stichwahlen nöthig. Im ersten Wahlkreise erhielt von 17,126 abgegebenen Stimmen der fortschrittliche Kandidat Klotz 7882, der freikonservative Kandidat Freiherr v. Zedlitz-Neukirch 7007, der So zialdemokrat Christensen 2176 Stimmen. Im zweiten Wahlkreise wurden 51,000 Stimmen abgegeben, von denen 19,375 auf den konservativen Kandidaten Rechtsanwalt Wolff, 16,570 auf Prof. Virchow, 14,725 auf den sozialdemokratischen Stadtverordneten Tutzauer entfielen. Im dritten Wahlkreise erhielt von 27,104 abgegebenen Stimmen Herr Munckel 10,417, der Sozialdemokrat Christensen 9088, der Cartelkandidat Miquel 7532. Hier kommt der Freisinnige mit dem Sozialdemokraten in die engere Wahl. Im fünften Wahlkreise endlich kam der freisinnige Bewer ber Baumbach mit 10,067 Stimmen der absoluten Mehrheit der 21,951 abgegebenen Stimmen sehr nahe; auf ihn folgt der konservative Kandidat Blume mit 6990 Stimmen, der Sozialdemokrat Grothe mit 4803. Im Ganzen hat die Zahl der reichstreuen Stimmen im Vergleiche zu der vor drei Jahren um 15,000, die der deutschfreisinnigen um 5000 zugenommen, die der Sozialdemokratie ist um 26,000 gewachsen. Straßburg, 22. Februar 2 Uhr Nachm. Die Protestler sind sämmtlich wiedergewählt worden; der septennatsfreundliche Zorn v. Bulach ist durchgefallen. Lübeck, 22. Februar. Gestern Abend nach der Wahl wurden 12 Sozialisten wegen Aufruhrs (§ 116) verhaftet. Der geistvollste Demokrat unserer Zeit, ehrlich, rücksichtslos, klar, tief und weit blickend, Fürsten und Völkern und vor Allem den ver derblichen Volksschmeichlern die Wahrheit sagend wie kein anderer, mit einem Wort der im vorigen Jahr in Zürich in der Schweiz gestorbene Johannes Scherr schließt seine letzte Sckrift: „Die Nihilisten" mit olgenden prophetischen Worten: „Wahrscheinlich ist, daß der Nihilismus ortfahren wird, die Mittel und Wege zu bereiten für einen europäischen Umsturz. Der wird kommen, Ihr mögt Eure Köpfe noch so tief in den Sandhaufen Eurer Gedankenlosigkeit, Sattheit und Leichtfertigkeit stecken, federnlose Strauße, die Ihr seid. Der Geist der Revolution, d. h. die wahnwitzige Vorstellung, mittelst Vernichtung alles Bestehenden ihr Loos verbessern zu können, ist in den Massen wie noch nie, seit es eine menschliche Gesellschaft giebt, und täglich, stündlich nimmt ein wilder Zerstörungstrieb an Ausdehnung, Vertiefung und Stärke zu. Sein Tag wird kommen, so gewiß vordem die Tage der Völkerwanderung, der Reformation und der Revolution gekommen sind. Wer soll denn das Drohende abwenden und beschwören? Das Königthum? Die Aristokratie? Die sogenannte Bourgeoisie? Die katholische Kirche? Die protestantische Kirche? Die Wissenschaft? Der Staatssozialismus? Keiner! Also gäbe es keinen der herannahenden Sintfluth entgegen zu stellenden Damm mehr? Doch, einen giebt es vorerst noch. Was für einen? Die deutsche Armee! Alles andere in Europa ist fragwürdig, unzuverlässig und halt los. So lange das Gefüge, die Manneszucht und der Gehorsam des deutschen Heeres Stand halten, wird das Verderben auszuhalten sein. Nur so lange? Nach menschlicher Voraussicht ja, gerade nur so lange. Wir treiben dem Kommunismus zu." Vaterländisches. — Dresden. Die Eröffnung des außerordentlichen Landtages, welcher in den ersten Tagen des März stattfindet, erfolgt durch den Kriegs minister v. Fabrice. — In Meißen findet Sonnabend, den 26. d. M., Roß- und Viehmarkt statt. — Am 1. März findet in Eisenberg-Moritzburg Roß- und Viehmarkt statt. — Leipzig. Nach einer Bekanntmachung des Leipziger Rathes be ginnt die diesjährige Ostermesse am 25. April und endigt am 18. Mai. Der Großhandel kann in der bisher üblichen Weise bereits in der zum Auspacken bestimmt-n Vorwoche, mithin vom 18. April ab betrieben werden. — Eines der wüstesten Bilder gemeinen Parteihasses gab am letzten Sonntag die in Hartha bei Waldheim von der konservativen und na tionalliberalen Partei einberufene allgemeine Wählerversammlung, in wel cher Herr Kommerzienrath Niethammer sprechen sollte. Außer einer großen Anzahl regierungsfreundlicher Wähler aus Döbeln, Leisnig, Geringswalde, Waldheim und Umgebung war eine noch größere Anzahl Mitglieder der gegnerischen Parteien aus Hartha allem Anscheine nach in der Absicht er schienen, die Versammlung zu sprengen. Und dies gelang ihnen leider in außerordentlich beklagenswerther Weise. In ernster und würdiger Weise begann Kommerzienrath Niethammer seinen Vortrag. Als er jedoch in seiner Ausführung nach wenigen Minuten der Reichstagsauflösung gedachte und die deutschfreisinnige Partei dahin kennzeichnete, daß sie allzeit princi- piell der Regierung opponire, sowie über die Sozialdemokraten dahin aus sprach, sie wollen überhaupt nichts von Kaiser und Reich wissen, erhob sich unter Führung der bekannten Leiter der Parteien ein solch' wüster Tumult, ein solch' gemeines Schreien und Stampfen, daß Redner un möglich sortfahren konnte. Umsonst war es, daß man die Herren daran erinnerte, sie würden Gelegenheit haben, sich auszusprechen. Von Minute zu Minute wuchs der Lärm, aus welchem man nur zuweilen eine krei schende Stimme hervorhörte, sie wolle sich nicht mit „geistigem Kothe" bewerfen lassen. Solchem wüsten Treiben gegenüber waren die Befferge- sinnten machtlos, und die Versammlung mußte geschloffen werden. Vermischtes * Dasjenige Misstonsfeld, welches die schwersten Opfer erfordert, ist die Sklavenküste in Westafrika, wo, nicht weit von dem deutschen Togogebiet, die von Bremen ausgesandten Missionare der Norddeutschen Missionsgesellschaft arbeiten. Von 1847 bis 1886 wurden 110 Personen ausgesandt, von denen nahezu die Hälfte, 54 (36 Männer und 18 Frauen) in treuer Berufsarbeit dem gefährlichen Klima erlegen sind. Vierzig andre konnten nur dadurch, daß sie noch zu rechter Zeit in die Heimath zurück berufen wurden, dem drohenden Tode entrisfen werden. Aber auch von ihnen haben manche eine zerbrochene Gesundheit davongetragen. Noch stehen 16 auf dem gefährlichen Poften. Man ist keinen Tag sicher, daß von dort eine neue Todesbotschast eintrifft. Es fehlt aber nicht an muthigen jungen Leuten (meistentheils aus dem Schwabenlande und im Seminar zu Basel ausgebildet), die bereit sind, in die Lücken einzutreten. Es ist dieser Mission wohl der Vorwurf gemacht worden, daß sie Menschenleben aufs Spiel setze. Aber auch andre Berufszweige erfordern viel Opfer an Menschenleben, wie z. B. die Seefahrt, in Bezug auf welche die alte Hansa- stadt Bremen einst das Motto wählte: noososo ost; vivoro non ost." das man verdeutschen könnte: „Mögen Schiffer sterben, die Schifffahrt darf nicht ruhn." Uebrigens ist auch auf dem genannten Ge biete eine Abnahme der Sterblichkeit zu konstatieren. Mit fortschreitender Kultur ist überhaupt eine Verbesserung des gefährlichen Tropenklimas wahr zunehmen. Auch auf der Sklavenküste haben die deutschen Missionare ein gutes Stück Kulturarbeit geleistet, abgesehen von den christlichen Gemein den, die sie aus der rohen und verkommenen Heidenbevölkerung gesammelt haben. Die junge Mutter. Ihr schlummernd Kind im Arme habend, Eine junge Mutter saß allein; Ihr Haupt umspann der FrühlingSabend Mit einem goldnen Heil'genschein. Sie neigt es sinnend zu dem Kleinen, Nicht ahnend, daß ein Lauscher da! Ich zögerte, ihr zu erscheinen, Und blieb ihr ungesehen nah. Doch was sie still sich selbst vertraute, Und was aus ihrem Lächeln sprach, Und was in ihrer Thräne thaute, Ich suhl es lies im Herzen nach. Das feuchte Äug' emporgehoben, Schien sie zu fragen, wie verklärt: Du, guter Gott, im Himmel droben, Bin ich so heil'gen Glückes Werth? Das Kind, das sie mit Schmerz geboren, Mit sel'ger Freude küßte sie's Und hauchte leise: Unverholen Ist noch der Erde Paradies! Mir war's als zöge durch mein Leben Mit einem Mal ein lichter Strahl, Als sei mir alle Schuld vergeben Und mir erlassen alle Qual. Mir war's als müßt' ich niederknien Anbetend vor dem Mutterglück, Und gläubig dacht' ich an Marien, Die uns den Himmel gab zurück. Julius Hammer. Theater. Auf das am Montag den 28. d. M. stattfindende Benefiz für Frl. Herrlich machen wir ein hochgeehrtes Publikum ganz besondersauf merksam. Zur Aufführung kommt das ausgezeichnete Charaktergemälde „Muttersegen", welches Zug- und Kaffenstück aller bedeutenden Bühnen ist. — Die Wahl dieses Stückes ist eine vorzügliche und sagen wir dem Frl. Herrlich Dank, daß sie uns dieses ausgezeichnete Stück hier vorführt, umsomehr, da wie wir hören, keine Mühe gescheut ist, um dasselbe gut in Scene gehen zn lassen. Es dürfte somit dein Geschmack des Publikums in jeder Weise entsprochen fern, da gerade in diesem Stück die ernsten wie heiteren Scenen und auch die prachtvolle Musik einen genußreichen Abend bieten. Es wird gewiß Niemand versäumen, an diesem Abend das Theater zu besuchen und glauben wir mit Gewißheit ein volles HauS versprechen zu können. Das Iernmchtniß eines Wahnsinnigen. „Sire!" rief ein Mann, gekleidet in dem einfachen Wamse eines Handwerkers, zu Richelieu, dem großen Minister Frankreichs, „Sire, ich habe etwas erfunden, das die Nation reich und mächtig machen wird, welche dasselbe advptirt. Sire, wollen mir doch eine Audienz gewähren!" Da Richelieu indessen schlechter Laune und der Handwerker nicht nachließ zu rufen, befahl der Minister, man solle den Narr ins Gefäng- niß werfen. Aber selbst in dem Gefängniß schwieg der Mann nicht und zog die Aufmerksamkeit eines britischen Edelmannes auf sich, der die Idee äs Luusg's aufnahm und ihn zur Entdeckung der Dampfkraft veranlaßte. Alle große Erfindungen versucht man anfangs lächerlich zu machen. Wenn aber die Zahl der Zeugen immer mehr anschwellt, die That- sachen unumstößlichen Beweis liefern, so muß schließlich der stärkste Zwei fel und das Vorurtheil weichen. So bezeugt Frau Angerstein von Warn stein in Westfalen und schreibt: „Mit Freudenthränen ergreife ich die Feder, um Ihnen mitzutheilen, daß meine Krankheit gehoben. Wie ein rettender Engel in der größten Angst und Noth meines Herzens brachten Ihre wundersamen Heilmittel Hilfe. Ich hatte seit zwei Monaten keine Stunde ununterbrochen geschlafen und die Unruhe verzehrte mich fast. Mein Leib war noch einnial so dick wie er jetzt ist, und konnte ich mich kaum noch legen und bewegen. Mein Urin war schon lange mit viel Gries, Backsteinstaub und Eiweiß gefüllt, schwer von dunkelrother Farbe, ging nur tropfenweise und brannte wie Feuer. Eine Woche hatte ich Durchfall, die andere war ich hartleibig. Mein herzloser Arzt hatte mich im Stich gelassen und bekümmerte sich nicht mehr um mich, der Schlaf kommt allmählig wieder und fühle ich mich gesund wie ein Fisch. Ich vertraute fest auf Gottes Hilfe und auf Ihr Heilmittel. Viele solcher wie oben angeführtes Attest sind in unserem Besitz und beweisen zur Evidenz die wunderbare Heilkraft von Warners Safe Cure über alle Krankheiten der Nieren, Leber und Urin-Organe. Preis 4 Mk. die Flasche. Diese Heilmittel sind in den meisten Apotheken zu haben. Wenn Ihr Apotheker unsere Medizin nicht hält und auf Ihr Ersuchen nicht bestellen will, benachrichtige man uns und wir werden alsdann dafür sorgen, daß Sie damit versehen werden. H. H. Warner L Co., 10 Schäfergasse, Frankfurt a. M. /(Lzetruvü.) — Hotiere kaed sed ul /kür - Ingenieure mnl/ /Werkmeister. Voruuterriokt frei «