Volltext Seite (XML)
Racheakt vorliege oder eine schmutzige Konkurrenz thätig sei, welche mit der Breittretung dieser Rache den Credit seines Hauses untergra ben wolle. Er bedürfe Deines Rathes zur Bekämpfung dieser Ge rüchte." Duprat lächelte selbstgefällig. „Und hatte der Kommerzienrath selbst unterschrieben?" „Nein, ein „Pro" und darunter: Leuchtmann." Duprat rieb sich vergnügt die feinen Hände. „Und dieser Brief hat dem Schreiber seine Stellung gekostet." „Wieso? Wer ist Leuchtmann?" Duprat erzählte das Vorgefallene. „Und warum verdrängst Du alle besseren Elemente aus der Nähe dieses Mannes?" fragte der Baron. „Bessere Elemente," spottete Duprat. „Der rothe Mathies war wohl auch ein besseres Element? Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre er schon längst aus dem Hause gewesen und der Mord gar nicht vorgekommen. Aber Etwold zögerte und zögerte, und nun hat er den Braten. Mag er sich satt dran riechen. Leuchtmann war aber meinen Plänen hinderlich. Er wollte sich nicht fügen, also mußte er gehen." „Deine Pläne, die sind es ja wohl, von denen wir jetzt sprechen wollen. Ich möchte sie in der That gern kennen lernen." „Und das sollst Du, mein guter Freund," entgegnete Duprat, „wenigstens so weit sie unser gemeinsames Interesse berühren." „Hast Du noch ein besonderes Interesse daran, Deinen Chef unseren Plänen dienlich zu machen?" In Duprats kalten Augen blitzte es auf, eine hektische Röthe be deckte auf einen Moment seine sonst so bleichen Wangen. „Ja, ich habe noch ein besonderes Interesse daran, diesen Mann ganz in meine Gewalt zu bekommen," zischte er. „Aber frage mich danach weiter nicht. Es thut mir weh, und ich vermöchte Dir jetzt doch keine Auskunft zu geben." „Kreuzen sich unsere gemeinsamen und Deine besonderen Interessen irgendwie?" „Nein, sie decken sich vollständig, und indem Du mir dienst, dienst Du Dir selber." „Ich bin beruhigt. Wahre Dein Geheimniß wie Du willst. Ich werde Dich darum nicht bedrängen." „Das wäre auch zwecklos," entgegnete Duprat kalt und entschlossen. „Ich lasse mir nicht entreißen, was ich nicht freiwillig hergeben will." Der Baron machte ein Gesicht, als wenn er sagen wollte, daß das noch darauf ankäme; aber er entgegnete kurz: „Zur Sache also." „Du weißt, warum ich Dich nach M. schickte?" „Das bedarf keiner Rekapitulation." „Dennoch haben Deine Bemühungen, den jungen Etwold zu ver mehrtem Spiele und neuen Extravaganzen zu reizen, den erwünschten Erfolg nicht gehabt." „Erlaube gütigst. Ich habe ihm circa dreitausend Mark im Spiel abgenommen. Uebrigens sah ich wenig von ihm. Als ich ankam, war er gar nicht da, und es konnte mir auch Niemand sagen, wo er hin sei. Erst am nächstfolgenden Abend fand ich ihn zu Haus; doch leugnete er überhaupt fort gewesen zu sein. Er schien nicht aufgelegt, im Gegentheil, er befand sich so zu sagen in einer recht reuemüthigen Stimmung. Erst am nächsten Abend konnte ich ihn wieder zum Spiel bewegen. Er war aber auch da so verstimmt, daß ich ihm nicht mehr abzunehmen wagte, um ihn nicht weiter zu reizen. Am nächsten Tage ließ er sich vor mir verleugnen. Und so sand ich es für gerathener, abzureisen." „Mit einem Wort," ergänzte Duprat verstimmt, „es geht wieder Alles zurück, was auf einen so guten Weg geleitet war. Ler Bursche will nicht weiter. Ich sehe ihn noch eines Tags wieder hier." „Auch das Beste für ihn und für uns. Hier war ihm doch von allen Seiten beizukommen, und wenn ihn Karten und Würfel nicht lockten, so thaten es schöne Frauenaugen. Warum hast Du ihn nur fortgeschickt?" „Warum? Um meinem Einfluß bei seinem Vater weiter Bahn zu brechen; und Du weißt doch, daß ich da als Vertreter unserer ge- samen Interessen handle. Dies ist durch mein Jntriguenspiel auch ge lungen; der Kommerzienrath wendet sich von seinem Sohne ab und mir zu, der ihm zuerst die Augen über seinen mißrathenen Sohn ge öffnet. Hier, wo sich jeden Augenblick Gelegenheit zu einer Verstän digung bot und wo auch im guten Sinne auf Eduard ein gewirkt werden konnte, durfte er nicht bleiben. Er ist auch in M. noch zu nahe. Er muß übers Weltmeer, je weiter, desto besser; aber dazu ist der Alte nicht zu bewegen. Er hat Angst, sein Sohn könnte drüben zu Schaden kommen; gerade das, was ich hoffe und Wünsche." „Ein frommer Wunsch," spottete der Baron, der Deiner Dank barkeit alle Ehre macht." „Dankbarkeit!" rief Duprat verächtlich. „Sprich mir von Rach sucht, und Du hast das Motiv meines Handelns errathen." „Rachsucht? Wieso? Was hat Dir Eduard je anderes gethan als Gutes?" „Lassen wir das," wehrte Duprat seinen Freund kurz ab. „Ich sagte schon einmal daß dies mein Geheimniß bleiben müsse, und ich lasse mich auch zu keinem Geständniß reizen. Ich kann nur wieder holen — Eduard mutz noch weiter fort. Und da das meiner Ueber- redung beim Alten nicht gelingt, mußt Du Deinen Einfluß bei dem Sohn geltend machen, um ihn zu Etwas zu bewegen, daß sein Ver bleiben in der Heimath eben unmöglich macht." „Und das wäre?" „Ein Verbrechen." „Zu dem ich Eduard verleiten soll? Ich danke, mein Freund. Ich mag für Dich nicht die Kastanien aus dem Feuer holen, daß Du den Genuß davon hast und ich mir die Finger verbrenne. Dazu bin ich nicht dumm genug." „Ich wußte, daß Du mir das antworten würdest," entgegnete Duprat gelassen. „Aber ich werde Dir den Beweis erbringen, daß Du erst recht dumm handelst, wenn Du meinen Plänen entgegenwirkst." „Ich will Deinen Beweis nicht," rief der Baron aufspringend. „Ich weiß Alles, was Du mir sagen könntest. Die Sache liegt ganz einfach so: wenn ich ein Verbrechen begehe, dann habe ich das be ruhigende Bewußtsein, daß ein Geständniß nur von mir erlangt wer den kann; und natürlich wache ich dann über meine Zunge wie über jede meiner Handlungen. Wenn ich aber einen andern dazu verleite, so laufe ich jede Stunde Gefahr, durch feine Unbesonnenheit, seine Reue und was dergleichen mehr, verrathen zu werden; und Du weißt doch, daß der geistige Urheber eines Verbrechens schwerer bestraft wird, als der Verbrecher selbst." „Mit einem Wort, wir haben Furcht," spöttelte Duprat. „Nicht wo es mich allein betrifft!" entgegnete der Baron fest. „Ich bebe vor keinem Verbrechen zurück, wo es mein Interesse zu för dern gilt. Aber mein Schicksal in die Hand eines Schwächeren legen — nein." Duprat lachte kalt und höhnisch. „Mich hieltest Du also nicht für einen solchen," sagte er, „alr Du Dich mir als Falschmünzer entdecktest und mich bewogst, meine Stellung zum heimlichen Bertauscher Deiner Fabrikate mit echten Hun« dertmarkschcineu zu benutzen — wie?" „Nein. Ich erkannte in Dir sofort die verwände Natur, welche mit derselben kalten Berechnung nach gleich hohen Zielen strebt, mil einem Wort einen Menschen, der nach der Berechtigung des Mittels nichts fragte, sobald es den Zweck fördert. Ich glaube sogar, daß Du noch sicherer im Wahren von Geheimnissen bist als ich, denn Du bist verschlossener, und Dein kalter Egoismus gestattet kein Aufflam- men der Gefühle, wie es bei mir nur zu oft noch eintritt. Ich bin leidenschaftlich, sinnlich und kann mich nicht immer beherrschen; D» bist ohne jedes Gefühl und lauter Berechnung. Da ergänzen wir uns sehr glücklich; auch darin, daß ich infolge meiner höheren gesellschaft lichen Stellung uns Kreise eröffne, in denen ein Umsatz der falschen Noten viel leichter und Entdeckung weniger zu fürchten ist. Du mußt bei der Vernichtung der echten mit den falschen Banknoten viel vorsichtiger sein, denn wenn Ihr bei Eurem großen Betriebe die Nummern der vereinnahmten und verausgabten Hundertmarkscheine auch nicht notirt, so können dies doch kleinere Häuser, an welche Ihr Zahlungen mit solchen Scheinen leistet; und wenn erst einmal mehrere dieserhalb reklamieren, kann Etwold die Sache bedenklich Vorkommen und er einen gewandten Polizeispion mit dem Weiteren beauftragen." „Ganz recht," stimmte Duprat bei. „Du gestehst also zu, daß ich mehr Gefahr laufe als Du, zumal ich Dich nach unserem Abkommen niemals verrathen dürfte, selbst wenn man mir den Strick um den Hals legte. Bekennen darf ich nicht." „Niemals," ries der Baron mit einem Anflug von Furcht. „Ich auch nicht. Der Tod in dieser oder jener Gestalt löst unsere Bundes genossenschaft auf, sonst nichts. So ist cs verabredet." „So ist cs verabredet," wiederholte Duprat mit einem Blick aus seinen Freund, der diesen um sich selbst hätte besorgt machen können, wenn er nicht gerade zum Fenster getreten wäre. „Also zugestanden," fuhr er dann rascher fort, „ich laufe mehr Gefahr — gehangen zu werden, und Du um fo weniger, weil Du den Umsatz zumeist am Spieltisch bewirkst und zumal beim Spiele mil Leuten, welche mit Hundertmarkscheinen nur fo werfen und zu erregt sind, um an eine Prüfung derselben auf ihre Echtheit zu denken; so wärest Du doch nun Deinerseits verpflichtet, auch etwas mehr zu ris- kiren, um das wieder auszugleichen. Denn mit demselben Rechte könnte ich sagen, warum soll ich denn für Dich die Kastanien aus dem Feuer holen und mir die Finger verbrennen, während Du den Genuß daran hast?" „Ist doch Dein Ernst nicht," lachte der Baron, indem er einen bezeichnenden Blick umher warf. „Du lebst dafür wie ein Fürst." „Ja, aber nur in den wenigen Freistunden, welche meine tägliche Arbeitslast mir läßt." (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * Ucber drei Opfer des Schnapsteufels berichtet der „Aach. Anz.": Am Sonnabend Vormittag wurden zwei hiesige Kaufleute von vier Eckenstehern angesprochen, etwas zum Besten zu geben. Die ganze Gesellschaft begab sich hierauf in eine Wirthschaft der Alexanderstraße, und die Vier fingen dort an, den Fusel, sogenannten „Aachener Wach holder", aus Zweizehniel-Litergläsern, in denen sonst Bier verzapft wird, zu trinken. Gegen Mittag kamen noch zwei Bummler und spra chen den herumgehenden Gläsern stark zu. Ein und eine halbe Stunde später wurde einer von den beiden zuletzt Gekommenen bereits todt in der Hinzengasse aufgefunden, der andere sollte kurze Zeit darauf ius Spital geschafft werden, starb jedoch schon auf dem Wege dahin. Von den vier Eckenstehern erlag einer am Sonntag Vormittag der Alkoholvergiftung in seiner Wohnung, einem elenden Dachstübchen, daS als gesammte Ausstattung nur ein Bund Stroh und eine Decke aus wies. Alle drei Leichen wurden nach dem Leichenhause geschafft und dort obduzirt. Die Behörde hat die Sache in die Hand genommen. * Das große Heidelberger Faß, im vorigen Jahrhundert eine der Hauptzierden des kurfürstlichen Hofes zu Heidelberg, wird demnächst zur Bereicherung eines anderen fürstlichen Haushaltes bei tragen. Wie man nämlich aus Heidelberg schreibt, wird die dortige Studentenschaft dem erbgroßherzoglichen Paare als Hochzeitsgeschenk eine Nachbildung des großen Fasses in Gestalt einer silbernen Bowle verehren. Der Rauminhalt der Bowle beträgt allerdings nur den 27,000. Theil ihres „großen" Vorbildes, dürfte aber doch mit unge fähr 9 Flaschen — das große Faß enthält, d. h. wenn es gefüllt ist, 236 Fuder Wein — 236,000 Trinkflafchen — manch' wackerem Ze cher zu schaffen machen. * Dankbarkeit. Während des deutsch-französischen Krieges wa ren ein Feldwebel und fein Bursche in die Lage gekommen, in Nancy zwei alten Eheleuten, bei denen sie einquartirt waren, gegen zwei g-- waltthätige Spitzbuben Beistand zu leisten. Kurz nach diesem Ereig- niß wurde der Bursche, der damals von den alten Leuten reich be schenkt worden war, im Gefecht getödtet. Der Feldwebel kehrte nach dem Kriege gesund nach Frankfurt, seiner Vaterstadt, heim. In den ersten Jahren nach dem Kriege erhielt er alljährlich zu Weihnach ten eine Werthsendung, bestehend in 1500 Frcs., später traf dieselbe Sendung immer wieder ein, aber aus Paris. Vorige Woche gelangte an den ehemaligen Feldwebel, welcher jetzt vcrhcirathct und Vater mehrerer Kinder ist, ein amtliches Schreiben aus Paris, worin ihm mitgetheilt wurde, daß er von dem allen Herrn, dem er seiner Zeit während des Krieges das Leben gerettet, im Testamente mit 20,000 Frcs. bedacht worden sei, weiter wurde in dem Schreiben um die Adresse des ehemäligen Burschen des Feldwebels gebeten, da derselbe 10,000 Frcs. laut Testament erhalten solle. Der Empfänger dieser Nachricht meldete zurück, daß sein damaliger Bursche kurz nach Ver lassen von Nanci getödtet worden sei, worauf sofort ein Schreiben eintraf, in welchem mitgetheilt wurde, daß in dem Testamente die Be merkung stehe, daß, wenn einer der beiden Deutschen gestorben sei, der andere beide Legate erhalten solle. Das Erbtheil muß jedoch auf Wunsch des Erblichenen, dessen Gattin schon mehrere Jahre vorher gestorben war, in Paris persönlich, unter Vorzeigung von Legitimati onspapieren abgeholt werden. Der betreffende Erbe hat sich deshalb nach Paris verfügt. Aus einem Bierbrauer-Prozeß in Kaiserslautern erfährt man, wie in der Brauerei des Herrn v. Gienanth Bockbier hergestellt wird. Man nahm einfach gewöhnliches Bier, setzte Couleur hinzu und der Bock war fertig und kostete so und so viel Pfennige mehr. Der Staatsanwalt war mit dieser Braumethode nicht einverstanden und beantragte 500 Mark Geldstrafe für den Eigenthümer und 3 Wochen Gefängniß für den Braumeister.