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theidigers zu entkräften; er wußte mit großem Scharfsinn die unbeson nene Handlungsweise des Angeklagten aus seinem Leichtsinn, seiner Sorglosigkeit zu erklären und schloß seine Behauptung mit den Worten: „Paul Hildebrandt ist eben keine echte Verbrechernatur; er folgt stets der Erregung des Augenblicks und seinem Thun und Lassen fehlt die Berechnung. Solche Menschen begehen in der Leidenschaft irgend ein Verbrechen; aber sie sind dann wie verblendet und haben keine Ahnung, wie rasch sie ihr Schicksal ereilen wird." — Die Geschworenen sprachen auch wirklich über Paul Hildebrandt das „schuldig" aus, bewilligten aber in Anbetracht seiner Jugend und früheren Unbescholtenheit mildernde Umstände und der Gerichtshof er kannte deshalb nur auf lebenslängliche Zuchthausstrafe, während der Staatsanwalt feinen Antrag auf Todesstrafe gestellt hatte. Mit dem schmerzlichen Ausrufe: Ich bin unschuldig", sank der arme Bursche auf die Bank zurück und als er wieder in die Zelle geführt wurde, weinte er wie ein Kind. Im Publikum erregte der Urtheilsspruch nicht die mindeste Theilnahme; man war allgemein von der Schuld des Angeklagten überzeugt; nur Marie Großmann, die mit ihrem kecken Zuruf die Verhandlung gestört hatte, brach bei der Verkündigung des Urtheils in lautes Schluchzen aus und ihre Freundinnen brachten sie halb mit Gewalt aus dem Saal. Sie wollte von dem Geliebten Abschied nehmen, aber man duldete es nicht und in grenzenloser Verzweiflung mußte das Mädchen den Heimweg antreten. -t- * -sc Frau Walterberg hatte kaum das Trauerjahr abgewartet, da war sie schon ihres Wittwenstandes müde geworden und wieder mit einem Manne an den Altar getreten. Bei Eingehung der ersten Ehe hatte sie klüglich ihren Gatten zur Abfassung eines Testaments zn bewegen gewußt, das ihr den Besitz des ansehnlichen Gutes sicherte, während die beiden verheiratheten Töchter durch Baarsummen abgefunden wur den und so war Frau Walterberg nach dem Plötzlichen Tode ihres Mannes eine begehrenswerthe Partie geworden. Bald fanden sich zahlreiche Bewerber bei der noch immer leidlich hübschen Frau ein; aber sie wies Alle, selbst vermögende Leute zurück, und es erregte nicht wenig Verwunderung, daß sie einem Menschen den Vorzug gab, der nichts weiter besaß als feine breiten Schultern und, wie man boshaft behauptete, seinen grenzenlosen Durst. Fritz Hastbach hatte vielerlei getrieben; aber nirgends recht aus gehalten. Von seinem Vater war der begabte, aufgeweckte Knabe zum Schulmeister bestimmt worden. Fritz war auch wirklich ein Jahr im Seminar geblieben, dann war ihm die Disciplin doch zu streng und unerträglich erschienen, und er hatte sich in nächtlicher Weile aus dem Staube gemacht. Der Vater gab ihn jetzt zu einem Müller in die Lehre; er blieb auch dort nur kurze Zeit, und die Versuche, ihn noch ein anderes Handwerk lernen zu lasse», erwiesen sich ebenfalls völlig erfolglos. Da starb dec alte Hastbach und Fritz war jetzt auf sich selbst an gewiesen; er entlief auf der Stelle seinem letzten Lehrherrn, trieb sich lange Zeit müßig nmher, und als ihm doch die Noth das Messer an ! die Kehle setzte und er sich nach einem ordentlichen Erwerb umsehen mußte, wurde er Musikus: denn er hatte von Jugend auf eine große musikalische Begabung gezeigt und das Spielen auf mehreren Instru menten beinahe ohne Anleitung gelernt. Jetzt hatte schon Fritz die Dreißig erreicht; bei allen Dorffestlich- lichkeiten blies er mit kräftiger Lunge das Waldhorn; er hatte sogar gute Einnahmen, aber jein Verdienst ging immer wieder rasch durch feine Kehle und fo war er ein armer, ziemlich gering geschätzter Dorf musikant geblieben und diesem schon recht heruntergekommenen Menschen reichte jetzt Frau Walterberg ihre Hand, die unter weit tüchtigeren Leuten die Wahl gehabt hätte. Es hieß zwar, Fritz sei ihr Jugend geliebter und sie hätte ihn schon gern früher geheirathet, wenn sie beide nicht so arm gewesen wären; aber merkwürdig blieb es dennoch, daß die bereits sehr hochmüthig gewordene Frau sich jetzt mit einem solchen Menschen begnügte. Dennoch schien die Ehe der beiden Leute anfangs ganz glücklich zu sein: denn die Frau verstand es prächtig ihrem Mann unterm Pantoffel zn halten, Fritz durfte sich nicht mehr in den Schänken herumtreiben; er mußte hübsch zu Hause sitzen und er bewies feiner Frau einen merkwürdigen Gehorsam. Aus seinem Wesen ging her vor daß er sie noch immer leidenschaftlich liebe und deshalb besaß sie eine solche Gewalt über den leichtfertigen Patron. Großen Fleiß zeigte der junge Ehemann freilich nicht; er beküm merte sich wenig um den Betrieb des stattlichen Besitzes und schlen derte am liebsten mit der Cigarre im Munde umher, ohne derWirth- schaft die mindeste Beachtung zu schenken. Und daraus entwickelten sich die ersten dunklen Wölkchen ihres Ehehimmels. Seine Frau war bald nicht damit zufrieden, daß ihr Mann nur seine Wirthshausnei- gung aufgegeben, er sollte nun auch zu Hause sich als tüchtiger und umsichtiger Wirth zeigen, der seine Sache in Ordnung zu halten wußte und Fritz war über diese Zumuthnng empört. Er glaubte seiner Frau Opfer genug gebracht zu haben, wenn er die Schenke sorgfältig mied und zu Hause still sein Gläschen trank; jetzt forderte sie noch dazu, daß er sich wie der ärmste Bauer tüchtig plagen solle und dieses fand er unerhört. Die fonst so kluge Frau hatte mit dieser Zumuthung den Bogen zu hoch gespannt und nun trat das Entgegengesetzte ein. Dem leicht lebigen Manne, der von Jugend auf ernste Arbeit gescheut, waren diese ewigen Ermahnungen unerträglich, er hatte ja gehofft, durch die Verbindung mit der reichen Wittwe ein Schlaraffenleben führen zu können, und nun trieb sie ihn beständig an, sich wie ein Knecht abzu plagen. Da blieb ihm keine andere Rettung, als sich heimlich ins Wirthshaus zu schleichen, um nicht fortwährend die drängenden Bitten und zuletzt die Vorwürfe seiner Ehehälfte zu hören. Damit wurde die Kluft zwischen Fritz und seiner Frau in kurzer Zeit immer größer, Christiane war außer sich, als sie hinter die Schliche ihres Mannes kam und nun glaubte sie es mit Gewalt durchsetzen zu können, daß ihr Mann wenigstens zu Hause blieb; aber der hatte einmal wieder die Süßigkeit gekostet, die in den Wirthshausbesuchen für ihn lag und seine erwachte Leidenschaft ließ sich nicht mehr in Fesseln schlagen. Als Frau Hastbach ihren Jrrthum endlich erkannte, war es bereits zu spät. Vergeblich suchte sie einzulenken und ihrem Manne durch er neute Zärtlichkeit das Haus wieder lieb zu machen; ihre Bemühun gen blieben ohne Erfolg. Er hatte einmal wieder sich an das Herum schwärmen gewöhnt und war nicht mehr zur Ordnung zu bringen. Fast täglich schwankte er betrunken nach Hause und nun kam es zwischen den beiden Eheleuten zu den heftigsten Scenen. Die Frau war aber vorsichtig genug, bei solch lebhaften Auseinandersetzungen die Gegenwart dritter Personen zu vermeiden. Sie las immer erst ihrem betrunken heimkehrenden Manne den Text, wenn sie sich in ihrer Schlafstube befanden und wenn sie wußte, daß ihre Leute sich zur Ruhe begeben hatten. — Die zuweilen von dem Lärm ermlsi den Mägde hörten dann wohl lautes Geschrei; aber was sich Streitenden alles vorwerfen mochten, konnten sie nicht verstehen. Auch die sehr energischen Vorstellungen der Frau hatten bei Ü unverbesserlichen Trunkenbolde keinen Erfolg, der nur kurze Zeit in seinem ersten Liebesrausch auf seine unglückliche Leidenschaft > zichtet hatte, und nachdem dieser Rausch verflogen war, sich nM stärkler Kraft seiner alten Schwäche überließ. Bald gab es Christ auf, ihren Mann zn bessern, sie kümmerte sich nicht weiter W' und nun war Fritz mehr im Wirthshause als daheim. Anfangs er noch Mühe, von seiner Frau das nöthige Geld zu erpressen, M verzichtete sie auch auf diesen Wiederstand und sie gab ihm frein^ auch diejenigen Summe, die er von ihr forderte. Der ehemalige Musikant schien mit diesem Erfolge außerorde^ zufrieden. Nun konnte er ganz ungestört seiner Neigung leben im Wirthshause rief er gern triumphirend: „Seht, so muß M' Weiber erziehst!! Wer ein ganzer Kerl ist, der läßt sich von nicht aufspielen." f Als er eines Tages wieder mit guten Kameraden beim saß und nun einer derselben früher wie gewöhnlich aufbrechen rief Fritz sogleich höhnisch: . „Du fürchtest Dich noch vor Deinem Weibe. — Machs wie — Die meine darf nicht mucksen, wenn ich auch noch so spät Hause komm! —" „Das thut sie auch nicht", war die spöttische Antwort des - dern, „sie ist sehr froh, wenn Du noch länger bleibst." „Wie meinst Du das?" fragte Hastbach, der noch nicht getrunken hatte und deshalb seiner Sinne noch völlig mächtig „Ich meine, daß Deine Frau jetzt wieder einen jungen, Knecht hat und es deshalb nicht so übel nimmt, wenn Du ein V« länger im Wirthshause bleibst." 1 Die übrigen Zechbrüder lachten, als Fritz bei dieser Erkl^ ganz verblüfft drein schaute und einen Augenblick keines Wortes oh. tig war. In seinem Hirn stieg sogleich ein häßlicher Argwohn a . Sein guter Freund hatte Recht. — Wie sehr war ovsang^ Christiane seinen Wirthshausbesuchen entgegengetreten und jetzt M"-, sie zu Allem still. Sie ließ ihn ruhig seines Weges ziehen; ab- führte zu Hause ganz allein das Regiment und hatte auch den Knecht gemiethel, ohne ihn zu fragen. — Und jung und hübsch der Bursche! — Plötzlich tauchten Gedanken der Eifersucht in auf! er liebte noch immer seine Frau, wenn er es auch sitz' mehr so zeigen mochte und mit finsterem Hinbrüten hörte er mü , Spottreden seiner Zechgenossen, die durch sein Schweigen erinn immer deutlicher mit der Sprache herausrückten. „Na, nimm Dirs nur nicht zu Herzen", wollte einer der >> > pane trösten: „Trink und kümmere Dich nicht weiter um Deine n er reichte ihm dabei lachend das Glas hin. . Fritz stieß das Glas mit zorniger Geberde bei Seite, daß Scherben ging und rief dann mit glühendem Gesicht: „Stille. noch ein Wort von meiner Frau spricht, dem Schlage ich dens"^, ein!" und wie ein rasender griff er nach der nächsten FlaM schwang sie drohend in der Luft. , »n „Ach braus' doch nicht gleich auf, wie gelöschter Kalk", ihn die Anderen zu beschwichtigen und wirklich gelang es >ft"^ mählig den Zorn Hastbachs etwas zu dämpfen, dennoch blieb er", nicht so lange wie gewöhnlich, .sondern ging weit eher, m» kurzen: „Gute Nacht" nach Hause. . -li Am andern Tage war Frau Hastbach nicht wenig rrstouw^ ihr Mann nicht, wie sonst, bis in den Mittag hineinschlief, schon in früher Morgenstunde sich erhob, und ihre Verwunderung als er nach eingenommenem Frühstück sich im Hofe zu thun und die Mägde nach diesem und jenen fragte. Der Knecht wak auf dem Felde mit Ackerarbeit beschäftigt, wie Fritz von den --'d erfuhr, und so wanderte er auch raschen Schrittes hinaus; " ' ,, sich den Burschen einmal näher ansehen, um den er sich visy' ' nicht gekümmert hatte. (Fortsetzungfvw^^ Vermischtes. Münster. Einen gehörigen Denkzettel hat das Schöfsi'.^ zu Hagen einem Passagier ertheilt, welcher die weiblichen seines Coupees durch unanständige Redensarten belästigt Halls- t Eisenbahnbetriebsamt zur Anzeige gebracht, wurde der Passage Wochen Gefängniß verurtheilt. § K * Ein entsetzliches Familiendrama hat sich in diesen TE der Ruine Geiersburg bei Mariaschcin abgespielt, sahen einige Bauern einen dürftig gekleideten Arbeiter mit 3 L im Alter von etwa 13, 11 und 7 Jahren der benannten schreiten. Wie spater konstatirt wurde, waren dies die KN". hfl' Mannes. Bei der Ruine angelangt, veranlaßte der Vater Kinder, ein Gebet zu sprechen. Hierauf zog er eine Flasche Flüssigkeit hervor, die er fast bis zur Hälfte leerte, dann v^'^hioN er auch die beiden älteren Knaben zum Trinken. Die Flaschs ' Gift. Die beiden Knaben verspürten alsbald die heftigsten jk und sahen noch, wie ihr Vater das kleine siebenjährige Brüde^ einem Baume trug, dann fielen sie in Bewußtlosigkeit. M " hF' älteren Knabe», bei denen das Gift nicht die tödtliche Wirknn^M nach einigen Stunden wieder erwachten, war bereits die Daft HF hereingebrochen. Die Knaben fanden bald ihren Vater todt > . k' und an einem Baume in einer Schnur ihr Brüderchen, grausigen Anblickes verloren die von heftigen Schmerzen g" Knaben die Geistesgegenwart nicht und befreiten ihr Brüderch'^M, war das Kind bereits todt. Die armen Knaben liefen nun " " ,sF . setzen nach Mariaschein auf das Polizeiamt, wo sie den Vorfall berichteten. Die Behörde begab sich sofort mit an Ort und Stelle, wo man die Leichen fand. Nach den Ang" Kinder heißt ihr Vater Polak und war früher Zuckersieder »> sF * Einen üblen Verlauf nahm eine kürzlich auf dem reußischen Revier Heinrichs ruhe abgehaltene Treibjagd».^ dem von den Treibern ein großer Theil des Reviers eingelst^l abgetrieben war, durchbrachen etwa 50 der geängsteten Treiberlinie. Nach Beendigung der Jagd fehlte ein Treiber. A § nun vorgenommenen Suche fand man ihn mit aufgeschlitztem § anderen schweren Beschädigungen in einem Gebüsch liegend aUb selbe war von einem Hirsch überrannt und mit dem Geweift verletzt worden. .^s * In dem Messingwerke Niederauerbach wurde ein tes Nest gefährlicher Geschöpfe aufgehoben. Gelegentlich raturarbeiten an einem Kanal fanden Arbeiter nicht wenig" .l Stück junge Kreuzottern, die sie mit Feuerzangen einfingen ü teten.