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Tharandt, No-srn, Sitbtnlthn and die AmMN-tN. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Nr. 31. Freitag, den 17. April 1885. Bekanntmachung, die Einreichung der KuthoLikenverzeichniffe betreffend. Unter Hinweis auf die Vorschrift in Z 14 flg. der Verordnung vom 4. April 1879, die Aufbringung des Bedarfs für die katholischen Kirchen und Schulen betreffend (Gesetz- und Verordnungsblatt vom Jahre 1879 Seite 165) werden die Herren Gemeindevorstände, sowie die Herren Bürgermeister zu Siebenlehn und Wilsdruff veranlaßt, Verzeichnisse über die in ihren Orten wohnhaften katholische« Glaubensgenosse», unter Benutzung des der obengedachten Verordnung unter H angefügten Schemas und mit genauer Angabe der Einkommensteuersätze, anzufertiqen und solche (bez. Vacatschein) bis zum 28. dieses Monats hier einzureichen. Meißen, am 8. April 1885. Königliche Amtsbauptmannschast. v. Bosse. TageSgefchichte. Der deutsche Reichstag und das preußische Abgeordneten haus nahmen am Dienstag gleichzeitig ihre Arbeiten wieder auf. Der Reichstag setzt die Berathung des Zollgesetzes fort. Die Besitzer der unterm 11. Juli 1874 ausgefertigten deutschen Reichskassenscheine werden daran erinnert, daß dieselben nur noch bis Ende Juni d. I. bei einer der Reichskasfen und der Kasse eines Bundesstaates in Zahlung angenommen oder bei der Reichshouptkasse gegen Haares Geld eingelöst werden. Vom 1. Juli d. I. ab ist nur noch die Preußische Koutrole der Staatspapiere in Berlin S. W. Oranienstraße 92 ermächtigt, solche Scheine anzunehmen oder auszu wechseln. Im „Berl. Tgbl." lesen wir: Durch Ueberweisung des Rittergutes Schönhausen in der Altmark ist Fürst Bismarck einer der größten Grundbesitzer Preußens geworden, denn zu diesem neu erworben.» Dominium kommen das Dominium Varzin in Hinterpommern, das aus sieben Rittergütern sich zusammensetzt, und Friedrichsruhe im Lauenburgischen, das den werthvollsten Theil des Gesammtbesitzes ausmacht. Auf den drei Territorien lastet nicht ein einziger Pfennig Schulden, denn Varzin ist aus der Dotation von 1867 erstanden und Voll ausgezahlt, Friedrichsruhe ist eine Staatsschenkung, und die Schul denfreiheit Schönhausens ist, wie bekannt, vor einigen Tagen bewirkt worden. Schönhausen wird dadurch besonders werthvoll, daß es seine sämmtlichen Produkte in wenigen Stunden dem Berliner Markte zu führen kann; es wirft also zweifellos nahezu soviel ab als Varzin, dessen Jahresertrag Ende der Sechzigerjahre auf 16,000 Thaler ge schätzt wurde. Seitdem hat sich indeß der hinterpommersche Besitz des Fürsten Bismarck durch Ankäufe erweitert und durch Errichtung einer rentablen Papierfabrik gehoben. Auch ist Varzin durch die Eisen bahnen werthvoller geworden. Die Einkünfte aus dem Friedrichsruher Besitz werden bei mäßiger Holzfällung auf 80,000 Thaler geschätzt, sie erreichen also das Doppelte der Rente aus Varzin und Schönhausen. Nach diesen Ungefährabschätzungen, die als niedrig gegriffen angesehen werden, erfreut sich nunmehr der Kanzler einer jährlichen Gesammt- rente von 360,000 Mark aus seinem Grund und Boden, und konnte er sich schon vor dem 1. April d. I. in einer seiner Reichstagsreden den reichen Leuten zuzählen, so darf er dies nach oec letzten Schenkung in erhöhtem Maße. Als Reichskanzler bezieht der Furst einen etats- mäßigen Gehalt von 54,000 Mark, der indeß um 9000 Mark sich erhöht, welche Summe ihm als sein „Altentheil", wie er im Abgeord netenhause sich ausdrückte, in Form einer Pension als lauenburgscher Minister zufällt. Die Pensionsquote erscheint im preußischen Etat seit der Einverleibung deS Herzogthums Lauenburg in den preußischen Staat. Die hier wiedergegebenen Aufrechnungen wurden von einem Ausschußmitgliedc des Bismarckspendekomitees gemacht, als die Frage zur Diskussion stand, ob Schönhausen zu kaufen wäre oder nicht. Die Sozialdemokraten spotten stets darüber, wenn andere Parteien einen Lebendigen oder Todten einmal feiern, sie selbst aber leisten inbezug auf Demonstrationen bei jeder Gelegenheit das Menschen- Möglichste. So haben sie am Sonntag Nachmittag in Weißensee bei Berlin einen ihrer Kameraden, den Maurer Albert Joseph, Kassirer des Arbeiterbezirks-Vereins der Schönhauser Vorstadt, begraben und dabei wieder große Kränze, rothe Schleifen und eine gewaltige Rede gabe entfaltet. Schließlich wurde auch noch die „Arbeitermarseillaise" und da- „Petroleumlied" gesungen, dessen Duft aber die Polizei hcr- bciführtc, worauf es mit der Demonstration ein schleuniges Ende nahm. DaS Landgericht zu Gera verurtheilte einen Schulknaben wegen Diebstahls, sowie wegen schwerer wörtlicher und thätlicher Beleidigung der Lehrer und deS Direktors der dortigen Bürgerschulen zu einer Gefängnißstrafe von 90 Tagen. Die Mutter des Knaben, die den selben durch beleidigende Aeußerungen über das Lehrerkollegium zu seinem ungebührlichen Verhalten den Lehrern gegenüber noch aufgereizt hatte und der Aufforderung eines der Lehrer, das Schullokal zu ver lassen, nicht nachgekommen war, wurde wegen Hausfriedensbruchs und wegen wörtlicher Beleidigung zu 16 Tagen Gesängniß, der Vater, der gleichfalls beleidigende Aeußerungen über das Lehrerkollegium in Gegenwart des Knaben gethan hatte, wegen Beleidigung zu 14 Tagen Gesängniß verurtheilt. Die Kosten des Verfahrens wurden den An geklagten gemeinsam auferlegt. Der Geschmack am Verbrennen in Gotha wächst immer mehr. Große und kleine Leute, berühmte und unberühmte Männer aus ganz Deutschland lassen sich mittelst Feuer bestatten, so in diesen Tagen der sehr bekannte Braunschweigische Bundesbevollmächtigte v. Liebe, der in Berlin am Schlag gestorben ist. Die Zahl der Feuerbestatteten schreitet stark auf 300 los. Würzburg, 10. April. Vor den Schranken des hiesigen Mi litärbezirksgerichts stand heute Joseph Charon, Unteroffizier des k. 8. Infanterieregiments in Metz, wegen militärischer Vergehen des Miß brauchs der Dienstgewalt, vorschriftswidriger Behandlung von Unter gebenen und militärischer Verbrechen des Mißbrauchs der Dienst gewalt durch Mißhandlung von Untergebenen. Nach der Anklage hat Unteroffizier Charon in seiner Eigenschaft als Korporalschaftsführer bei Ertheilung des Unterrichts sowohi, als auch bei den Exerzierübungen sich fast täglich zu ungesetzlichen Handlungen durch Mißhandeln und vorschriftswidrige Behandlung von Untergebenen Hinreißen lassen. Der Angeklagte wurde lediglich wegen militärischen Vergehens deS Miß brauchs der Dienstgewalt durch vorschriftswidrige Behandlung von Untergebenen zu 2 Monaten Gesängniß verurtheilt und hiervon 1 Monat Untersuchungshaft als verbüßt angerechnet. Ein Prager Gelehrter, Dr. Fellner, der bei einem Commers ein Hoch auf den Fürsten Bismarck ausbrachte, ist wegen dieser That—. man höre — landespolizeilich mit 14 Tagen Haft bestraft worden. Dieser Tage wunderte sich einer der Briefträger der Stadt Saar brücken nicht wenig, als er eine erhebliche Menge von dicken unfran- kirten Briefen, deren Umschlag mit einem Trauerrand umgeben war und den Poststempel „New-Jork" trug, zu bestellen hatte. Auch die Empfänger der Briefe wunderten sich, Derartiges aus Amerika zu be kommen, aber die Neugier, welche Todesanzeige ihnen gemacht würde, setzle sie über das Bedenken hinweg, die unfrankirte Sendung anzu nehmen. Und was enthielt der Trauerbrief? Ein Exemplar der be rüchtigten, fanatisch geschriebenen Most'schen „Freiheit". Man darf wohl annehme» daß diese seltsame Art der Einschmuggelung nicht auf genannte Stadt allein beschränkt geblieben ist. Himmel, wer das Geld hätte, was die ersten Depeschen über den Zusammenstoß in Afghanistan gekostet haben. Es war ein Blitz aus heiterm Himmel, der in die großen und kleinen Börsen Europas hineinschlug und Millionen russischer Papiere in den feuer festesten Geldschränken ansengte. Aus heiterem Himmel; denn die Börsenleute hatten fest auf das Wort vertraut, das an Kaiser Wil helms Geburtstag in Berlin zwischen einem russischen und einem eng lischen Prinzen fiel: Wir können nur Krieg führen, wenn Sie uns Russen Geld borgen und wir Ihnen Soldaten. Und nun doch, ohne daß ein Austausch von Geld und Soldaten stattgefunden hätte. Beide Theile wechseln nun Noten über Noten und vertrauen im Stillen auf den ehrlichen Makler und großen Friedensfürsten, der den Frieden vermitteln wird. Die Zeitungen sind übervoll von Depeschen, die zwischen London und Petersburg gewechselt werden, aber ein bischen Lieb' und ein bischen Falschheit ist alleweil dabei, ein bischen Angst, namentlich auf Seite Englands, und ein bischen Renommage: wir fürchten uns nicht! Ein in Peking publizirtes Dekret der chinesischen Regierung kün digt die Beendigung desKrieges zwischen Frankreich und China an. Die Form, in welcher dies geschieht, ist freilich eine für die fran zösische Regierung wenig verbindliche. Der Kaiser von China benach richtigt sein Volk, daß die Franzosen „demüthig" den Frieden erbeten und Se. Majestät ihrer Bitte in „gnädiger" Weise entsprochen hat. Die Bestimmungen für die Räumung Tonkins durch die chinesischen Truppen werden in dem Dekrete festgesetzt, und es wird hervorgehoben, daß die Franzosen zu derselben Zeit die Blockade Formosa's einstellen werden. Andererseits werden die Vizekönige und Gouverneure aufge fordert, die größte Wachsamkeit anzuwenden, „um vor der Abschließung des endgiltigen Vertrages jedem Akte des Betruges vorzubeugen". Freilich erscheint es seltsam, daß die chinesische Regierung, welche den Bruch des Vertrages von Tientsin durch ihre Generale ungeahndet ließ, sich berufen fühlt, selbst vor betrügerischen Verletzungen des jüngsten Vertrages zu warnen, gleichsam als ob der Ueberfall von Bac-Le von französischer Seite ausgegangen wäre. Die französische Regierung läßt es denn auch nicht an den erforderlichen Vorsichtsmaßregeln mangeln, ihr Expeditionskorps vor weiteren Ueberraschungen zu sichern. Die Klagen über die Einwanderung armer und mittelloser Leute in New-Jork werden immer lauter. In den letzten drei Jahren mutzten 45,000 Familien — 180,000 Köpfen von dem WvhlthätigleitS-