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durch eigene Kraft sollte er das Böse in sich besiegen und den Kampf ums Dasein ansnehmen, und am 5. Oktober d. I. erwartete er den heimkehrcnden Büßer in seiner Einsiedelei dort oben im Gebirge. Acht Jahre lang war der arme junge Graf in der Welt umhergeirrt, und nirgends hatte er eine bleibende Stätte gefunden, obwohl es zuweilen den Anschein gehabt, als wäre das Schicksal müde geworden und wolle ihm endlich die schwercrkämpfte Ruhe, ein sorgenloses Glück schenken. Dann trieb es ihn wieder vorwärts, fried- und freudlos, bis er endlich nach Palästina gelangte, wo es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel und sein Geschick entschieden war. Hier erst, als Laien bruder der Mission, begann seine eigentliche Buße, und es gehört eine andere Feder dazu als die meine, um die Opferfreudigkeit des jungen Mannes in ihrem ganzen Umfang schildern zu können. Was mir darüber berichtet worden, will ich Ihnen, mein Bruder, in Kürze mit- theilen, obwohl es zuweilen an das Wunder streift. Wie er zu seiner Erholung die Blumen im Garten zu Gethsemane begoß, so eilte er freudigen Gemüthes zu den Armen und Elenden, um sie zn trösten, zu Pflegen und zu heilen, da der junge Mann sich bei seinem jahre langen Umherschweifen in der Welt einen Schatz von Sprachkenntnissen angeeignet und nun auch bald das Arabische soweit zu eigen sich ge macht hatte, um mit den Eingeborenen sich verständigen zu können. Er war Arzt, Handwerker und Kriegsmann, wie es die Noth des Augenblicks just erheischte, mit einem Wort ein ganzer Mann." „Und jetzt ein pomadisirter Höfling," murmelte der Majoratsherr, „wie reimt sich das?" Der Pfarrer schüttelte leise den Kopf und las weiter: „Vor etwa einem Jahr ritt er hinab gen Jericho. Er durfte es wagen, unbewaffnet und allein zwischen die wilden Beduinen-Horden zu gehen, da man ihn als Arzt und Tröster liebte und verehrte. Wie zu Christi Zeiten findet man dort noch heute jene Aussätzigen, ebenso elend und verkommen wie vor 2000 Jahren. Auch ich habe diesen einsamen Weg jetzt gemacht, durch die schweigsame Wüste, wo des Heilands Fuß einst gewandelt, vorüber an jener Höhle, in welcher David sich verborgen gehalten." Der Pfarrer las weiter: „Im glühenden Sonnenbrand wanderte ich über die jähen Berg abhänge des Kidronthales, dicht an schwindelnden Abhängen vorüber, wo ein einziger Fehltritt des Rosses den sichern Tod herbeiführt. Auf den 600 bis 800 Fuß hohen Felsspitzen des zerklüfteten Kidronthales erhebt sich das Mar-Sabakloster, im fünften Jahrhundert erbaut, des sen Mauern und Zinnen wie eine Festung emporrageu und dessen stille Zellen in früheren Zeiten mit dem Blute ihrer Bewohner gar häufig gefärbt waren, da das Kloster den Beduinen stets ein Dorn im Auge gewesen. Hier herrscht eine eiserne Klausur, welche keine Blume, kei nen Grashalm für das Auge duldet, und nach Sonnen-Untergang keinem Wesen die Pforte mehr öffnet, während an einer Seite des Felsens sich noch zahllose Höhlen befinden, welche Eremiten zum le benslänglichen Aufenthalt gedient und noch heute hin und wieder be nutzt werden sollen. — Hier, vor diesem einsamen Kloster hielt Graf Albrecht auf feinem Ritt nach Jericho, als ein Hilferuf an sein Ohr schlug, und er im nächsten Augenblick mehrere Beduinen daherreiten sah, welche zwei Gefangene mit sich führten. Die Unglücklichen waren Christen, die kein anderes Verbrechen begangen, als dem Scheikh und seinen Begleitern nicht ausgewichen zu sein; dafür sollten sie den Tod erleiden. Graf Albrecht sprengte ohne Besinnen mit einem kühnen Halt der Horde entgegen und der Scheikh Abdallah erkannte in ihm Ven Mann, welcher sein Weib und seinen Vater vom Fieber geheilt hatte. Selbstverständlich ließ er ihm auf seine Bitte die beiden Ge fangenen übergeben, cs war sein Dank für die Heilung seiner Lie ben, und Albrecht Dürrenstein sah jetzt erst zu seiner Freude, daß er seinen liebsten Freund und Wandergefährten, einen gewissen Rosenkranz, gerettet habe. Die beiden Männer, von denen der zweite ein Baron Egbert Dürrenstein, also ein Verwandter des Grafen war, lagen be wußtlos und schwer verwundet am Boden. Mit Hilfe der Beduinen wurden sie nach dem Kloster hinaufge schafft, wo sie bereitwillige Aufnahme fanden noch in der letzten Mi nute vor Sonnenuntergang, denn als die Pforte sich hinter ihnen schloß, war der letzte Sonnenstrahl verglüht, die Nacht urplötzlich herabgesun ken, um bald auf's neue dem leuchtenden Mond zu weichen, dessen Licht unter diesem wunderbaren Himmel sich blendend weiß ergießt, dessen Strahlen stechend fast wie die Sonne unsers deutschen Klimas find; derselbe Mond, dieselben leuchtenden Sternbilder, welche einst des Erlösers Pfad erhellt. Noch einen Tag weilte Graf Albrecht in jenem Kloster und hatte die Freude, die beiden Verwundeten, welche w den Händen der Mönche gut aufgehoben waren, in's Leben zurück kehren zu sehen, wo er dann durch den erfreuten Rosenkranz nicht bloß den Namen seines Begleiters erfuhr, sondern auch zu seiner noch größeren Ueberraschung vernehmen mußte, daß Baron Egbert Dürren stein seit Jahr und Tag seiner Fährte folgte, um den Vetter zur Rück kehr in die Heimath zu bewegen und dadurch die letzten Tage des Oheims, welchen die Sehnsucht nach ihm verzehre, durch seine Gegen wart zu verschönern." „Braver Junge, der Egbert!" murmelte der Majoratsherr, als der Pfarrer eine Pause machte, „werde es ihm nicht vergessen." Der Pfarrer fuhr fort: (Forts, folgt.) Vermischte». ' Ein Gewitter mit Wolkenbruch im April ist gewiß eine seltene Naturerscheinung. Im Thalkcssel von Arolsen erfolgte sie am 2, April. Blitz und Donner lösten sich fortwährend ab, als wären wir in den Hundstagen, dabei goß es in Strömen vom Himmel herab. Merkwürdigerweise sind diese wolkenbruchartigen Niederschläge nur in einem Umkreise von einer Stunde niedergegangen. In Meugringhau- sen schug der Blitz in ein Haus, das in kurzer Zeit völlig nieder brannte. Fürst Georg Viktor nebst Erbprinz Friedrich erschienen alsbald auf der Brandstätte und betheiligte sich letzterer insofern an dem Lösch- und Rettungswerke, als der Prinz sich mit in die Reihe stellte und Wasser zutragen half. * Am Charfreitag Morgen fand in der großen Grusina zu Mos kau ein schreckliches Brandunglück statt, das 19 Menschenleben, größ- tcntheils junge Mädchen (Näherinnen) im Alter von 13 bis 20 Jahren, vernichtete. Das Feuer brach m dem zweistöckigen Holzhause Chotke- witsch Morgens gegen 2 Uhr aus und griff so rasch um sich, daß bald das ganze Haus m Flammen stand. In dem Ch.'schen Hause befand sich im oberen Stockwerk die Nasaroff'sche Weißnäherei und die die Wohnung des verabschiedeten Lieutenants Gleboff; von sämmtli- chen Bewohnern dieses Stockwerkes kam Niemand mit dem Leben da von. Es verbrannten die Besitzerin der Weißnäherei, Frau Nasoroff, 8 Nähmädchen, 4 Meisterrinnen und 1 Köchin, ferner die Beamten- wittwe Marie Krab, Lieutenant Gleboff und seine 3 Kinder. * Gut parirter Aprilscherz. Die „kleine Exellenz" Dr. Windthorst hat in mehreren Blättern folgende Bekanntmachang erlassen: „Zehn Mark, welche mir gestern auf telegraphische Anweisung aus Löhne in Westfalen eingezahlt sind und in Betreff deren ich später von demsel ben Absender nachstehendes Telegramm erhielt: „Verehrer Eurer Ex zellenz bitten Sie, auf das Wohl des Reichskanzlers zum Frühschop pen ein Glas Sekt zu trinken. Im Auftrage: Kuckuk" — habe ich dem Fond für den Neubau einer zweiten katholischen Kirche in Han nover überwiesen und bitte um Mehreres. Hannover, 1. April 1885. (gez.) Dr. Windthorst." * Von einm Krokodil verschlungen. Der von der Kongo assoziation angestellte Zimmermeister Martin, welcher mit der Auf stellung der Holzhäuser in Vivi (Westafrika) betraut war, hat am Kongo einen schrecklichen Tod gefunden. Als er auf dem Vordertheile eines Bootes arbeitete, fiel er in den Strom. Während man ihm ein Ret tungsseil zuwarf, stürzte sich ein im Schilfrohr verborgenes Krokodil auf ihn und verschlang ihn vor den Augen der entsetzten Genossen. * Ein seltsames Mißgeschick ist dem Turnverein „Fiesen" in Halle a. S. widerfahen. Am Sonntag legte derselbe unter entspre chender Feierlichkeit den Grundstein zu einer neuen Turnhalle; dabei wurde auch eine Kasette mit je einem Exemplar der zur Zeit koursi- renden Reichsmünzen, vom Pfennig an bis zum Zwanzigmarkstück, eingemauert. Am Montag früh nun fand man das Grundbehältniß erbrochen, die Kasette mit dem Geldc war verschwunden und die mit eingemauert gewesenen Zeitungen, Schriftstücke rc. schwammen in der nahen Saale umher. *Jn Augsburg haben sich die Oekonomen der Umgegend zu einem Verein zusammengethan und sich verpflichtet, nur unverfälschte reine Milch zum Verkauf zu bringen, auch ihr Vieh in Zukunft nicht mehr an die Fleischer zu verkaufen, sondern dasselbe im städtischen Viehhof selbst zu schlachten und das Pfund Ochenfleisch für 55, Kuh fleisch für 45 Pfg. das Pfund zu verkaufen. Die Fleischer lassen sich dafür 70, bezw. 60 Pfg. bezahlen. * Liebe, Geld und Rang. Wer aus Liebe heirathet, nimmt eine Frau, wer es um des Geldes willen thut, eine Herrin, wer we gen der gesellschaftlichen Stellung, eine Dame. Du wirst geliebt von deiner Frau, geachtet von deiner Herrin, geduldet von deiner Dame. Eine Frau hast du für dich, eine Herrin für dein Haus und deine Freunde, eine Dame für die Welt und die Gesellschaft. Deine Frau wird mit dir übereinstimmen, deine Herrin dich regieren, deine Dame dich beaufsichtigen. Deine Frau wird für deinen Haushalt sorgen, deine Herrin für dein Haus, deine Dame für den äußeren Glanz. Bist du krank, so wird deine Frau dich Pflegen, deine Herrin dich be suchen, deine Dame sich nach deiner Gesundheit erkundigen. Deine Frau wird deinen Kummer, deine Herrin dein Geld, deine Dame deine Schulden mit dir theilen. Stirbst du, so wird deine Frau weinen, deine Herrin bedauern, deine Dame Trauer anlegen. Was für eine willst du dir wählen? * In einer landwirthschaftlichen Schule wirft der Professer die Frage auf: „Wie kann man Hammelfleisch am besten lange Zeit frisch erhalten?" — „Man läßt den Hammel am Leben!" entgegnete ein intelligenter Schüler. Änction. Sonntag, den 18. April, soll am Armenhause in Wilsdruff einiges Hausgeräth meistbietend versteigert werden. Irodiscd. Auktion. Nächsten Donnerstag sollen vom Unterzeichneten im Holz schlage am Limbacher Chausseehaus gegen AO Haufen fichtene» Nteifig, zu Deckreisig passend, gegen Baarzahlung versteigert werden. Fiekman«. 15 Ctr. Saatgerste und 20 Ctr. Saathafer liegen zum Verkauf bei Wilk. ' in Wilsdruff. 2400 Mark Kirchengelder sind zum 1. October d. I. auf erste Hypothek auszuleihen und unter liegen bei regelmäßiger Zinsenzahlung keiner Kündigung. Näheres bei O. Burkhacdtswalde. Kirchrechnungsführer. 1200 Mark Kirchenqelder sind auf Hypothek auszuleihen. Näheres bei Blankenstein. Lruat Lippv, Kirchrechnungsführer. 6-7000 Mark werden zu 4 Procent als einzige sichere Hypothek auf ein Landgrund stück gefacht. Näheres zu erfragen in der Expedition dieses Blattes. Lehrlings Gesuch. Ein junger Mensch, welcher Lust hat die Weitz-, Butter und Bro-bäckerei gründlich zu erlernen, findet gutes Unter kommen Se-anstraße No. S6 Lehrlings - Gesuch. Einem jungen Menschen, welcher Lust hat die Glaferei zu er- lernen, kann unter günstigen Bedingungen außerhalb eine Stelle nach- gewiesen werden durch Schönstei«. Ein Knecht wird zum sofortigen Antritt gesucht bei H. Wiedemann. Ein Schulmädchen wird zur Aufwartung gesucht. Wo? ist zu erfahren in der Expedition dieses Blattes. Eine ältere, erfahrene Airthschafterin, welche schon selbstständig gewirthschaftet hat und sich nicht scheut mit Hand anzulegen, wird zum sofortigen Antritt gesucht. Näheres zu erfahren in Sora bei Wilsdruff, Gut No. 1. Entlaufen ist am Sonnabend ein gelbbrauner echter Dachshund mit weißer Kehle. Abzugeben gegen Futterkosten u. Belohnung Gut No. 11 in Lampersdorf.