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lich geworden ist, dieselben geschäftlich zu behandeln, oder auch nur den einzelnen Petenten eine Antwort zugehen zu lassen. Bisher ist übrigens eine Stiftung noch gar nicht existent geworden. Es steht selbst noch nichts über den Zweck derselben fest. Nur soviel scheint unzweifelhaft, daß die gesammelten Gelder nicht zu allgemeiner Mild- thätigkeit verwendet werden und einer Erleichterung der Armenlasten dienen sollen. Die zahlreichen Gesuchsteller, welche von dieser falschen Voraussetzung ausgehen, werden daher auch in Zukunft auf einen Be scheid nicht rechnen dürfen. Es ist Aussicht dafür vorhanden, daß im Jahre 1888 in Berlin eine große deutsche nationale Gewerbe- und Industrieaus stellung stattfindet. Die leitenden Persönlichkeiten der Ausstellung von 1879 faßten einen entsprechenden Beschluß und scheinen der Zu stimmung der maßgebenden Kreise sicher zu sein. Frankfurt, 10. April. Heute Nachmittag 5V« Uhr wurde vou einem Feldwebel mit gezogenem Säbel und zwei Unteroffizieren mit geladenen Gewehren und aufgepflanzten Bajonneten ein Sergeant des 105. (sächsischen) Regiments (welches in Straßburg i. L. liegt) auf die hiesige Hauptwache gebracht. Eine große Menschenmenge folgte dem ungewöhnlichen Transporte. Der Sergeant soll in der Garnison beim Fechten absichtlich einen Unteroffizier erstochen habe». Morgen geht der Transport weiter nach Sachsen. Nachrichten aus Salonichi zufolge ist das österreichisch-ungarische Barkschiff „Merkurius" mit 11,000 Kisten Petroleum, aus Newyork kommend, im Hafen von Salonichi in Brand gerathen und zu Grunde gegangen. Die neuesten Nachrichten aus Paris bestätigen, daß das neue französische Kabinet in die Lage kommen dürfte, dem Lande den fran zösisch-chinesischen Friedensschluß baldigst als Morgengabe darzubringen. Die Herbeiführung dieser Wendung wäre allerdings nicht das Verdienst des neuen, sondern des abgetretenen Kabinets, und die Voreiligkeit, mit welcher das letztere gestürzt worden, könnte wohl kaum drastischer illustrirt werden, als auf diese Weise. Bereits denkt man in Paris, wie von dort berichtet wird, in Deputirtenki eisen daran, Herrn Ferry eine Genugthuung zu geben. Obgleich die in Paris unterzeichneten Friedenspräliminarien zwischen Frankreich und China von der Regierung in Peking offiziell be stätigt worden sind, sieht sich die französische Heeresleitung doch ge- nöthigt, energische Maßregeln zur Pazifizlrung Tonkins zu treffen. Nach den neuesten Mittheilungen ist der Kommandant des 10. Armee korps, General de Courcy, von dem neuen Kriegsminister mit dem Oberbefehle über das Expeditionskorps in Tonkin beauftragt worden. Selbst wenn dieses Lanv zu den in dem Präliminarvertrage festgesetzten Fristen geräumt werden sollte, würde es den französischen Truppen doch obliegen, die „schwarzen Flaggen", welche in den zahlreichen Flüssen Tonkins ihr Unwesen treiben, zu verjagen. Wie seiner Zeit in Cochinchina während der ersten Jahre nach der Eroberung unab lässig fliegende Kolonnen das Land durchstreifen mußten, um die zahl reichen Piraten und Kolonnen zu bekämpfen, wird auch der Oberst - kommandirende in Tonkin energische Maßregeln treffen müssen. Außer dem kommt es darauf an, ohne Verzug Fortifikationen und befestigte Plätze zu errichten, sowie Streitkräfte aus den eingebvrnen Truppen zu organisiren. Wie wichtig alle diese Aufgaben erscheinen, erhellt daraus, daß ein kommandirender General, de Courcy, unverzüglich nach Tonkin abgehen soll. Derselbe wurde bereits nach der Rückbe rufung des Generals Millot nach Frankreich von dem damaligen Kriegs minister Campenon in Vorschlag gebracht. Die Wahl fiel jedoch seiner Zeit aus den General Briöre de l'Jsle, zu dessen Gunsten insbesondere der damalige Marinemlnister Peyron eintrat. Jedenfalls darf man sich daraus gefaßt machen, daß die militärischen Operationen in Tonkin auch nach der Ratifikation der Friedenspräliminarien fortdauern werden. Aus London und Petersburg wird übereinstimmend gemeldet, daß auf dem afghanisch-russischen Grenzgebiete zwischen den afgha nischen und russischen Vortruppen ein bedeutender Zusammenstoß stattgefunden hat, bei welchem, nach Petersburger Meldung, die Russen unter General Komaroff den Angriff machten, den Sieg davon trugen und die Afghanen in die Flucht trieben. Die Letzteren sollen dabei bedeutende Verluste an Mannschaften und Kriegsmaterial erlitten haben. Nach den der „Nat.-Ztg." aus Petersburg auf indirektem Wege zugehenden Nachrichten „hat der Zwischenfall bei Pendjeh in den leiten den Kreisen eine große Erregung hervorgerufen. Nicht nur der Minister des Aeußern, v. Giers, sondern Kaiser Alexander in eigener Person haben dem englischen Botschafter gegenüber die Hoffnung und den Wunsch ausgesprochen, daß das Vorkommniß die im Bezug befindlichen Verhandlungen nicht stören möge. Wie es heißt, hat General Komaroff Befehl erhalten, in seine Stellungen zurückzugehen. Nichtsdestoweniger verhehlt man sich in Petersburg die schwierige Lage nicht, in welche die englische Regierung gerathen ist, und sieht gerade in diesem Moment das bedrohlichste Moment der Situation, lieber den Zwischenfall selbst und die Berechtigung des Generals Komaroff so zu handeln, wie er gehandelt hat, behält man sich das Urtheil vor. Eine Desavouirung des Generals ist aus inneren und äußeren Gründen zunächst ausge schlossen, denn es bedarf einer Untersuchung, ob die Gründe, welche General Komaroff für sein Vorgehen anführt, stichhaltig sind oder nicht; eine Mißbilligung des siegreichen Generals ohne stichhaltigste Gründe würde die Armee auf das Tiefste verstimmen. Dagegen liegt es un gemein nahe, den GeneralKomaroff vor ein Kriegsgericht zu stellen, so wenig an einer Freisprechung desselben gezweifelt wird. Vaterländisches — Bei der Kgl. Altersrentenbank in Dresden (Altstadt, Land hausstraße 16, im Landhaus) sind im ersten Quartal des laufenden Jahres 1369 Einlagen im Gesammtbetrage von 336,443 M. gemacht worden, das sind 863 Einlagen mit 65,656 M. mehr als im gleichen Quartal des vorigen Jahres. Der Zuspruch, dessen sich die Alters rentenbank erfreut, ist also sehr stark im Steigen begriffen. Nament lich sind es die kleinen Einlagen, welche ihr jetzt in viel größerer Menge als früher zugehen. Der Stückzahl nach sind 455 der Einlagen des vorigen Vierteljahres mit Kapitalverzicht und 914 mit Kapitalvorbehalt bewirkt worden; jene hatten einen Durchschnitt von 502 M., diese einen solchen von nur 108 M. Sehr viele Einlagen betrugen nicht mehr als das gesetzliche Minimum von 1 M., 4 überstiegen den Betrag von 10,000 M., die größte betrug 26,281 M. Die kleinen Einlagen stam men meist von Personen der jüngeren und mittleren Altersklassen — sie Pflegen mit Kapitalvorbehalt Ungezählt und häufig wiederholt zu werden — die großen Posten in der Regel von ältere» Personen, die sich damit unter Kapitalverzicht eine sofort beginnende Rente auf Lebens zeit erwerben wollen. Bei dem hohen Koursstand der Staatspapiere ist dies jetzt sehr zu empfehlen; die Altersrentenbank nimmt solche zum Tageskourse in Zahlung und berechnet keinerlei Provision und Spesen. — Freiberg. Amtshauptmann Dr. Fischer hier erläßt eine Be kanntmachung, daß seinerseits jede ihm anonym zugehende Beschwerde über Beamte, welche der Disciplinargewalt der k. Amtshauptmann schaft unterstehen, künftig unberücksichtigt bleiben werde. Dagegen sollen deartige Anbringen von Personen, die mit ihrem Namen für die Richtigkeit der zur Kenntniß gebrachten Thatsachen eintrcten, nach wie vor eingehende Erörterung finden, nach Lage des Falles unter Verschweigung der Namen der Beschwerdeführer. — Ein Opfer seines Muthwillens wurde der Gastwirth F. in Muschwitz. Mit seiner Kraft prahlend, hob er in der Schmiede ei nen 3 Ztr. schweren Amboß, verlor aber das Gleichgewicht und stürzte rückwärts zu Boden, so daß der Amboß auf ihn fiel und ihm den einen Schenkel zerschmetterte. Es mußte die Amputation des betreffen den Beines erfolgen. — I» Zöblitz schlug am 7. April Nachmittags der Blitz in die massive Scheune des Oekonomen Richter und zündete, so daß das Ge bäude bis auf die Umfassungsmauer niederbrannte. Kaum zehn Schritte von der Scheune ackerte ein Mann mit einem Pferde und einem Ochsen. Der Mann konnte unbeschädigtZmit seinen^Thieren nach Hause fahre». — Siebe ii lehn. Am ersten Osterfeiertag feierte der hiesige Schuhmachernieister Karl Gottlob Clauß bei noch befriedigenden Ge- sundheitsverhällnisftn seinen 90. Geburtstag. Bei dieser Gelegenheit wurde diesem zur Zeit ältesten Bürger Siebenlehns eine besondere Auszeichnung zutheil, indem ihm unter Ueberreichung eines Ehrenge schenks und Glückwunschschreibens die Glückwünsche der Stadtgemeinde durch eine Deputation des Stadtgemeinderaths unter Führung des Bürgermeisters Wolf überbracht wurden. Dieser so hoch betagte Greis ist noch einer von den wenigen noch am Leben befindlichen Veteranen aus den deutschen Befreiungskriegen und hat namentlich an dem Feldzug im Jahre 1814 in den Niederlanden als Korporal rühm lichst theilgenommen. — Dresden. Landtagsabgeordneter Rechtsanwalt Dr. Robert Schmidt ist seit mehreren Tagen verschwunden. Als Ursache werden finanzielle Verlegenheiten angenommen. — Am Abend des 8. d. gerieth die zum Rittergute Knauthain gehörige Schäferei auf noch unermittelte Weise in Brand. Es sind außer den Futtervorräthen gegen 50 Schafe, darunter viele Lämmer, verbrannt. Man vermuthet Brandstiftung. Nur der Thätigkeit der Löschmannschaft ist es zu danken, daß die angrenzenden Scheunen ge rettet wurden. — Eine höchst traurige Feiertagsreifc war am vergangenen Oster feste der in Geithain dienenden Tochter einer Familie in Mittweida beschieden. Dieselbe erhielt am Sonnabend Abend eine Depesche mit der Aufschrift: „Vater todt". Eilends machte sie sich, mit Trauerklei dern versehen, zur Reise fertig und fuhr von Geithain über Chemnitz ins elterliche Trauerhaus nach Mittweida. Bei ihrer Familie ange kommen, stürzte sie sich, vom Schmerze überwältigt, auf einen Stuhl, als eben der Vater wohl und munter in die Stube hereintrat. Die sem um den Hals fallen, sich auf die Knie niederlassen und ein Dank gebet zum Himmel senden, war das Werk eines Augenblicks, während alle Anwesenden höchst erstaunt und von dieser Scene theilnehmend be rührt sich die Aufregung des Mädchens nicht erklären konnten, bis die unglückliche Depesche etwas Licht in die Sache brachte. Es war eine nahe Verwandte der Familie gestorben und durch Versehen des Auf gebers der Depesche war dem betreffenden Mädchen der Schmerz be reitet worden. Die Grafen von Dürrenstein. Original-Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Ei, lieber Freund!" rief der Baron, ihm beide Hände reichend, „heute Abend scheint mich alles überraschen zu wollen. Graf Dürren stein hat mich buchstäblich überfallen und nun erscheinen Sie ebenfalls wie Nikodemus in der Nacht." „Ich hörte, daß Graf Dürrenstein bei Ihnen sich befinde, Herr Baron, und erlaubte mir deshalb vorzutreten, da ich einen Gruß an ihn zu bestellen habe." „Sie sind sehr gütig, Herr Pfarrer!" rief der Graf, ihn forschend anblickend, „ist dieser Gruß ein Geheimniß?" „O, nein, Herr Gras! er kommt von einem Verwandten, dem Baron Egbert Dürrenstein." „Von Egbert?" fragte der Alte überrascht, während Baron Ein siedel unruhig näher trat. „Kennen Sie ihn, Herr Pfarrer?" „Nein, Herr Graf! Ich erhielt vorhin, als ich bei der Post vor beiging, einen Brief aus Palästina von einem Missionär, worin der Gruß für Sie und Ihren Neffen Albrecht mir aufgetragen ist." „An Albrecht, so haben die beiden sich dort getroffen?" fragte Dürrenstein hastig. „Ich habe das Schreiben nur oberflächlich durchflogen — wenn Sie mir erlauben wollen, meine Herren, und Sie Interesse daran finden, werde ich Ihnen den Brief vorlefen." „O, wir bitten darum, Herr Pfarrer!" rief der Baron, seine Gäste mit einer Handbewegung zum Sitzen einladend. Der Pfarrer rückte seine Brille zurecht, entfaltete den Brief und las: „Nazareth, am 10. Dezember 18—. Mein theurer Bruder! Eine Gewissenssache, welche mein Herz schw.r bedrückt, drängt mich, diese Zeilen an Sie zu richten und Ihren Beistand in Anspruch zu nehmen. Sie waren unserm seligen Vater Eustachius theuer und werth, weshalb ich nach schwerem Kampf zu dem Entschluß gekommen, in Ihre Brust meine Zweifel und Ahnungen nicderzulegen." „Soll dies vielleicht nur für Sie bestimmt sein, Herr Pfarrer?" fragte Dürrenstein verwundert. „Es wird ganz sicherlich auch für Sic Interesse haben, Herr Graf!" versetzte der Pfarrer ernst, „ebenso für den Herrn Baron, welchem die Vergangenheit des künftigen Schwiegersohnes nicht gleichgültig sein kann." „So ist von meinem Neffen Albrecht darin die Rede?" „Ja, Herr Gras!" „Dann bitte ich, fortzufahren," ries der Baron, sich gespannt in seinem Sessel aufrichtend. Der Pfarrer fuhr in seiner Brieflektüre fort: „Sie werden sich des jungen Grafen Albrecht Dürrenstein sicher lich noch erinnern, welcher vor zehn Jahren die Heimath verließ, um draußen zu büßen, waS er an seinem Oheim gefrevelt. Ich weiß nicht, in welcher Weise er gesündigt, aber soviel weiß ich, daß der selige Eustachius ihn trotz seiner Wildheit sehr geliebt und er deshalb kein Verlorener gewesen, da jener an seine Besserung und Wiederkehr ge glaubt. Zehn Jahre der Buße hatte er dem wilden Albrecht auferlegt,