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„Sie liebten die Gattin zu sehr," sprach der Geistliche tröstend; „darin wurzelte Ihre Schwäche. — Quälen Sie sich nicht mehr mit diesen unabänderlichen Dingen, und seien Sie dankbar für den Segen, der Ihnen so überreich in der aufopfernden Liebe Ihrer Tochter zu theil geworden." „Ich habe diese Liebe nicht verdient," murmelte der Baron; „sie brennt wie eine glühende Kohle in meinem Herzen. Doch verzeihen Sie, hochwürdiger Freund!" setzte er, seine Aufregung niederkämpfend, gefaßter hinzu, „ich wollte Ihnen anderes erzählen, nicht längst bekannte Dinge aufs neue beklagen, nur stehen dieselben in einem zu schmerz lichen Zusammenhang, um nicht die täglich neublutende Wunde auf unerträgliche Weise zu berühren. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon früher mitgetheilt, daß meine erste Gemahlin dem Geschlecht der Wald stein entsprossen und ein bedeutendes Vermögen, das mir zur unum schränkten Disposition übergeben wurde, als Mitgift erhielt. Nach Reginas Geburt wollte ich dieses Vermögen von dem meinigen trennen und dasselbe dem Kinde sicher stellen als unantastbares Erbe. Daran wurde ich jedoch von meiner Gemahlin ganz energisch gehindert, da sie einen solchen Akt als ein persönliches Mißtrauen gegen mich selber und ferner als een Unrecht gegen später geborene Kinder ansah. Es unterblieb. Als die Theure wenige Jahre später starb, wurde ich von dem derzeitigen Majoratsherrn Dürrenstein, welcher sich ebenfalls um ihre Hand beworben hatte, in einer wenig edelmännischen Weise wie der daran erinnert. Es war am Begräbnißtage der theuren Todten; die Ahncngruft meines Stammschlosses Einsiedel sollte ihre irdische Hülle aufnehmen — ich ahnte nicht, daß diese Gruft sich dem letzten seines Stammes einst verschließen sollte, daß mit meiner Leonie —" Die Stimme des Barons brach bei diesem Wort und ging in ein unverständliches Flüstern über. Er hielt inne und blickte gramvoll vor sich hin, während der Pfarrer sich schweigend verhielt, und dem tieferregten Manne Zeit gönnte, sich zu fassen. „Graf Albrecht Dürrenstein entblödete sich nicht," fuhr der Baron nach einer Pause mit fester Summe fort, „nach der Trauerfeierlichkeit, als die leidtragenden Gäste sich entfernt hatten und ich allein in der düster» Gruft am Sarge der Dahingeschiedenen weilte, um den letzten Abschied von ihr zu nehmen, an mich heranzutreten und, seine Liebe gegen die Verblichene betonend, die Sicherstellung ihrer Mitgift in Reginas Interesse zu fordern. Ich bezwang meinen Unwillen und verließ schweigend die Gruft, um angesichts der Todten keine Szene herbeizusühren. Oben aber, im Licht der Sonne, wo nur der Lebende gilt und Recht behält, machte ich von meinem Hausrecht in durchaus würdiger Form Gebrauch. Der Graf schied als mein erklärter Feind von mir. Ich hielt es jetzt für eine persönliche Beschimpfung, jener brüsken Forderung uachzukommen; was ich ohne dieselbe freiwillig gethan haben würde, erschien mir nach dem Vorgefaüenen ganz un möglich. Die Jahre vergingen; Graf Dürrenstein, welcher zehn Jahre mehr zählte als ich, blieb unvermählt, doch adoptirte er die Zwillings söhne seines verstorbenen Bruders nnd nahm die Mutter derselben, also seine Schwägerin sammt den beiden Knaben in sein Schloß, wo die Dame Repräsentantin des Hauses wurde. Ich muß hier noch aus drücklich betonen, daß kein Vorwurf dieses etwas seltsame Verhältniß treffen konnte, obwohl man anfangs voraussetzen mochte, daß der Schloßherr auf Reisen gehen, wie er solches vielfach ausgesprochen, und sich einer Afrika-Expedition anschlicßen werde. Der Graf war ein geschworener Feind jeglicher Geselligkeit und nach der Abweisung, welche ihm von meiner Leonie zu theil geworden, eine Art Weiberfeind geworden. Ließ sich die Gastfreundschaft auf Schloß Dürrenstein gar nicht umgehen, dann mußte die Schwägerin allein repräsentiren, da der Gebieter regelmäßig abwesend war. Daß von dem tollen Son derling die wunderlichsten Märchen erzählt wurden, ist erklärlich, da er Stoff genug zu solchen Geschichten lieferte, doch mochte auch vieles erdichtet sein. Ich für meine Person kümmerte mich wenig um ihn, obwohl ich mein Ohr den Gerüchten nicht verschließen konnte, und so erfuhr ich zufällig, daß er den Erben des Majorats, den um zwei Stunden älteren Zwillings-Grafen Albrecht zu seinem Liebling und beständigen Begleiter sich erkoren, während der jüngere Zwillings-Bru der Franz von der Mutter verzogen und verhätschelt wurde. Ich sah die beiden jungen Grafen nur einmal im Knabenalter und erschrak fast über die wunderbare Aehnlichkeit derselben, da es mir in der That nicht möglich gewesen wäre, den einen von dem andern zu unterschei den. Die Gräfin, ihre Mutter, versicherte mir, daß sie selber kaum im Stande dazu sei und nur der verschiedenartige Ausdruck der Augen den Unterschied ihr ermögliche." „Seltsam," bemerkte der Pfarrer, „einer Mutter mußte das Er kennen doch leicht sein, dünkt mich, oder die Aehnlichkeit in einer voll ständigen Gleichheit der körperlichen sowohl als der geistigen Eigen schaften wurzeln," setzte er hinzu. „Ich versichere, bester Freund, daß diese Gleichheit vorhanden war, ja, geradezu verblüffend wirkte, das allerseltsamste aber die That- sache sein mußte, daß der Majoratsherr seine beiden Neffen genau unterscheiden und sich in dieser Hinsicht niemals irren sollte, wie die Gräfin ebenfalls versicherte." ,,AH, so waren doch jedenfalls die Charaktere der Zwillinge ver schieden," rief der Pfarrer, den dieses sehr zu interessiren schien, leb haft aus. „Der alte Graf Dürrenstein wird den künftigen Majorats herrn sicherlich nach seiner eigenen Methode erzogen, und denselben deshalb schon an der Ausdrucksweise, den Bewegungen, mit einem Wort, an seinem ganzen Gebühren erkannt haben." Der Baron sah ihn verwundert an. „Sie mögen Necht haben, lieber Pfarrer," versetzte er nachdenklich, „so wird's gewesen sein, da die Brüder stets gleich gekleidet waren, und mutz ich aufrichtig bekennen, daß der junge Graf Albrecht in der That mir besser gefiel als sein Bruder." „Da haben wir's," lächelte der Pfarrer, „der Unterschied war also selbst Ihnen erkennbar, lieber Baron!" „Das heißt, nur wenn beide neben einander standen — war der Unterschied vorhanden, wenn auch in undefinirbarer Form. Als ein zelnes Individuum würde es auch Ihnen, dem gewiegten Menschen kenner, fast unmöglich gewesen sein, dasselbe beim rechten Namen zu nennen. Doch lassen Sie mich fortfahren, Pfarrer! — Ich lebte nach dem Tode meiner Gemahlin einige Jahre einsam mit meinem Kinde, bis die Nothwendigkeit mich zwang, dasselbe einem Institut zur Erzieh ung zu übergeben. Dann litt es mich nicht länger auf der Heimath uchen Scholle — ich ging auf Reffen, durchstreifte Europa bis zum hohen Norden, ging nach dem Orient, nach Afrika und dann nach Amerika, wo mein künftiges Schicksal unerbittlich besiegelt wurde. Man kann die Welt ja so rasch jetzt durchschweifen. Als ich den Fuß der Heimach wieder zuwandte, mar die Todte vergessen, das Kind meiner "vine völlig verwaist worden." , „Berühren Sie die schmerzende Wunde nicht muthwillig auf's Neue, 'nein theurer Freund!" bat der Pfarrer mit sanfter Stimme, „berichten Sie weiter vom Grafen Dürrcnstein, der jedenfalls eine wichtige Rolle in Ihrer Erzählung spielen dürfte." „So ist's, hochwürdiger Herr!" nickte der Baron, „lassen Sie mich also kurz über jene Tage hinweggehen. Ich sah Regina wieder, und ließ sie beruhigt zurück, da meine Frau kein Verlangen nach der Tochter empfand. Dann dehnten wir unsere Flitterwochen über zwei Jahre hinaus, bis es mich endlich mit zwingender Gewalt nach Hause trieb, um das Haus meiner Väter wieder zu betreten und mein Kind zu begrüßen. Ich nahm Regina auf einige Wochen mit uns, doch mußte ich mit stiller Betrübniß die Wahrnehmung machen, daß sie der Stiefmutter stets scheu auswich und daß auch diese kein Verlangen danach trug, das Vertrauen des zehnjährigen Mädchens zu gewinnen vielmehr eine geflissentliche Abneigung, welche an Widerwillen streifte, gegen Regina zur Schau trug. Ich kürzte deshalb den Urlaub meiner Tochter ab. Am letzten Tage vor der Abreise meiner Tochter, wan delte diese allein im Park, welcher unser Schloß an der Rückseite be grenzt. Die zehnjährige Kleine mochte schon ihre eigenen trüben Re flexionen machen über das Vaterhaus und von einem unbekannten Glück träumen, das tief unten in der Ahnengruft schlummerte. Ohne auf den Weg zu achten, hatte sie den Park in seiner ganzen Länge durchschritten und den daran stoßenden Wald betreten, welcher ebenfalls zu meiner Besitzung gehörte. Zweck- und ziellos wanderte Regina in dem grünen Revier umher, welches während ihres Hierseins ihr liebster Aufenthalt gewesen; sie pflückte Blumen, wand Kränze und vergaß alles Leid ihrer Kindheit. Rechts an meinen Wald stößt der Forst des benachbarten Grafen Stromberg, eines passionirten Jägers. Meine kleine Regina sitzt unweit der Grenze unter den Zweigen einer Traueresche, die Blumen im Schoß, sich eifrig einen Kranz windend. Da prasselte es plötzlich in den Büschen und ein mächtiger Hirsch fliegt wie der Blitz an der tödtlich Erschreckten vorüber; im nächsten Augen blick fällt ein Schuß, Regina wird fast von der Kugel gestreift und während der Hirsch getroffen zusammenbricht, ist das Kind bleich und zitternd zurückgesunken. Da, im selben Moment taucht die Gestalt des Jägers auf, der heüjubelnd zu dem getroffenen Hirsch eilen will und nun plötzlich erstaunt stehen bleibt. Es ist Graf Albrecht v. Dürrenstein, der künftige Majoratsherr, welcher sich lachend zu einem ihm dicht auf dem Fuße folgenden alten Herrn wendet und von einem Dppelschusse: ,der Hirsch und dieses kleine R,hh prahlt." (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * Fünffache Mordthat. In Dietharz bei Tambach im Gothai chen, dem von Sommerfrischlern gern aufgesuchien lieblichen Dorfe am „Schmalwassergrund", wurde Donnerstag früh der Besitzer der vor mals Raab'schen Schneidemühle, Köllner, mit Frau und drei Kindern von dem am Morgen ins Schlafzimmer tretenden Dienstmädchen er mordet gefunden. Bei näherer Besichtigung ergab sich, daß Köllner, welcher tödtliche Schnittwunden am Halse, auch Verletzungen im Rücken trug, noch am Leben sei, eben so lebte das eine Kind noch. Letzteres — ein Knabe — wird, trotz verschiedener ihm am Halse heigebrachter Wunden, vielleicht am Leben bleiben. Köllner selbst dagegen liegt ohne Besinnung hoffnungslos darnieder. Seiner Fran und dem einen Kinde, einem Mädchen, war die Hirnschale eingeschlagen. Stadtgemeinderllthssitzvng vom 22. Ilmuar 1885. 1. Setzte man bis auf Weiteres auf sein Gesuch den von dem ehemaligen Fleischer Herrn Hermann Müller für sein Logis im alten Schulhause gezahlt werdenden Miethzins von jährlich 45 M. auf 36 M. herab; 2. beschloß man, die auf den 24. d. M. in Sachen des Bezirks- Armen- und Arbeitshauses Hilbersdorf anberaumt gewesene Ausschuß sitzung nicht zu besuchen; 3. wurden in die Deputation zur Ermittelung der hiesigen Ernte erträgnisse im Jahre 1884 außer dem unterzeichneten Bürgermeister die Herren Stadtgutsbesitzer Herrmann, Uibrig, Karl Barth, Gustav Barth und Stubenrauch hierselbst gewählt; 4. lehnte man das Gesuch des Herrn Rathsmühlenbesitzer Müller hierselbst um Befreiung vom städtischen Feuerwehrdienste ab; 5. war man mit dem Modus der erfolgten Einschätzung zu den diesjährigen hiesigen städtischen Anlagen einverstanden; 6. nahm man Kenntniß von der Genehmigung des HaushaltplaneS für die städtischen Kassen auf das Jahr 1885; 7. wurden die 1884er Jahresrechnungen des Herrn Amtszimmer« meister Partzsch, sowie die Rechnung des Herrn Röhrmeister Teller auf das 4. Quartal 1884 Passirlich gemacht. Wilsdruff, am 26. Januar 1885. Der Stadtgemeinderat h. Ficker, Brgmstr. (VuS Sachfen.) Auf meine briefl. Anerkennung hin, die ich den R. Braudt'schen Schweizerpillen zollte, bat mich Herr Apotheker R. Brandt in Zürich, dasselbe in einem Bericht zu wiederholen. Da es selbst mein lebhafter Wunsch ist, die Pillen der leidenden Mensch heit warm zu empfehlen, komme ich der Aufforderung mit Freuden entgegen und wiederhole nochmals mit kurzen Worten (da ich mich als Schwerkranke nicht zu Ausführlichkeiten herbeilassen kann), daß die Schweizerpillen des Herrn Apotheker Brandt (erhältlich ä M. 1 in den Apotheken) meiner Erfahrung nach die Vollkommenheit aller Ab führmittel sind und den Preis über dieselben verdienen; wenigstens muß ich ihnen denselben nach mehr als einjähriger Erprobung zuge stehen und sind sie mir demnach auch zur Unentbehrlichkeit geworden. Mit Nachdruck hebe ich noch hervor, daß die Pillen das einzige Mittel waren, das meinen schwachen Körper nicht angriff, auch die Natur sich nicht daran gewöhnte, sondern die Wirkung bis heute die gleiche geblieben ist. Schmerzlos und regelmäßig, was gewiß von großem Werth ist. Dies bescheinigt aus eigener Erfahrung Susanna Lehmann, Pfarrhaus Knautnaundorf, bei Knauthain (Königr. Sachsen). Man achte genau darauf, daß jede Schachtel als Etiquett ein weißes Kreuz in rothem Grund und den Namenszug R. Brandt's trägt. Ein großer schwarzer Hund mit weißer Brust ist von Burkhards« Walde bis Blankenstein zugelaufen; abzuholen Lackos Manltviwtoin. Ein schwarzbrauner Dachshund ohne Steuernummer ist zuge laufen und kann gegen Erstattung der Futterkasten und Jnsertionsge« bühren abgeholt werden in RöhrSdorf No. 32. Am Dienstag den 20. ist eine Cylinderuhr auf der Straße von Rothschönberg bis Dresden verloren gegangen, der ehrliche Finder wird gebeten, selbige gegen hohe Belohnung abzugeben in der Expe dition dieses Blattes.