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durchzuckte ihre Brust. Gewaltsam schüttelte sie dasselbe von sich ab und begab sich ins Wohnzimmer, wo Nanni im stillen Hinbrüten stand. „Du bist mein gutes Kind," sprach die Matter, ihren Arm um die Unglückliche legend, mit ungewöhnlicher Milde, „Gott wird Dich segnen für das Opfer, welches Du Deinen Eltern bringen willst, und mit seiner Hilfe wird auch der Friede und das Glück unter dieses Dach zurückkehren." „O Mutter — könnte ich bei Resi schlafen," flüsterte Nanni in ausbrechender Verzweiflung, „woher soll ich die Kraft zu diesem Opfer nehmen?" - „Aus Deiner kindlichen Pflicht," erwiderte die Mutter mit Nach druck, „glaube mir, was jetzt so schrecklich Dir erscheint, wird später eine Quelle des reichsten Glücks Dir werden. Oder willst Du Deine Eltern als Bettler aus diesen Räumen vertrieben, ja, vielleicht für immer getrennt sehen?" „Nein, nein, Mutter! — das darf nimmer geschehen, — nur einige Tage Ruhe, um mit der Vergangenheit auf ewig abznschließen, dann sollst Du mit mir zufrieden sein." Die Frau schien doch nicht ungerührt zu bleiben bei dem tiefen Jammer ihres Kindes, stumm schloß sie die Arme an ihre Brust und eine Thräne fiel heiß aus ihren Augen auf Nanni's bleiche Stirn. V.' Einige Tage waren bereits von der Frist, welche Nanni dem Freier gesetzt, verstrichen, und noch immer hatte sie nicht den Muth finden können, dem Vater davon zu sagen. Mit Grauen begrüßte das unglückliche Mädchen den anbrechenden Tag, mit Thränen umfing sie der Schlaf; denn jede Stunde verkürzte die Frist, welche sie sich selber vor ihrem Todesurtheil bestimmt. Der Apotheker Wagner rieb sich vor Vergnügen die Hände, der ersehnte Brief aus Wien war angekommen, nicht durch die Post, son dern durch einen fremden Maler, welcher ihm die bestimmtesten Nach richten über den verschollenen Otto mitzutheilen vermochte, da er die Bekanntschaft desselben in München und Wien gemacht hatte. Aus Antrieb des Apothekers stattete der Maler seinem Kollegen Eberhard einen Besuch ab, angeblich um Grüße von Otto zu überbringen. „Keinen Brief?" fragte Eberhard befremdet. „Er ist zu sehr beschäftigt," entschuldigte der Fremde. „In der That, — das muß wohl sein," lachte Jener ironisch, „da er seit Jahr und Tag, ja eigentlich noch nie etwas von sich hat hören lassen. Ich wollte schon einige Male direkt nach Rom schreiben, da ich meinen Pflegesohn für krank oder gar für todt halten mußte, unterließ es jedoch aus guten Gründen. — So hat er sich also end lich doch noch unser erinnert? Und woher datirt dieser Gruß des jungen Herrn?" „Aus Wien —" „Hm, so ist er dort beschäftigt? — Ich wähnte ihn in Rom oder Florenz." „Ach, Sie wissen also nichts von seinen ferneren Schicksalen?" rief der Fremde lebhaft, „halten ihn am Ende gar noch für eine» Maler?" Eberhard blickte ihn erstaunt an, und auch Nanni, welche emsig nähte, schaute überrascht und bleich vor innerer Aufregung von ihrer Arbeit auf. „Ich verstehe keine Silbe davon," rief der Vater unruhig, „wa rum sollte ich meinen Pflegesohn für etwas Anderes halten, als für das, was er ist?" „Weil er bereits seit Jahr und Tag seine Knnst an den Nagel gehängt und sich der Bühne zugewandt hat. Er gastirt augenblicklich unter fremden Namen am Wiener Hofburgtheater mit ungeheurem Erfolg und erntet Lorbeeren und Gold." „Also doch," sagte Eberhard, welcher todtenbleich geworden war, nach einer Pause, „nun, was kümmert's mich, und im Grunde," setzte er mit einem unterdrückten Seufzer hinzu, „kann er wohl nichts dafür, es liegt ihm im Blut." Er warf einen schmerzlichen Blick aus Nanni, welche heftig zitterte und das Antlitz tiefer auf ihre Arbeit herabgebeugt hatte. „Seine Triumphe überraschen mich indessen durchaus nicht," fuhr Eberhard rasch fort. „Otto ist einer jener bevorzugten Menschen, die in Allem, was sie ergreifen, groß werden können, wenn sie nur ernstlich wollen." „So ist er wohl schon verheirathet?" fragte die Mutter, welche bislang geschwiegen, in sichtlicher Freude. „Noch nicht, doch sprach man in Wien von seiner bevorstehenden Vermählung mit einer reichen, italienischen Fürstin." Nanni zuckte, schmerzlich getrosten, zusammen. (Forts, folgt.) Vermischtes. * Künstliche Eier — kein Spaß! — werden i» Amerika fa brikmäßig hergestellt. Eine Fabrik hat es soweit gebracht, deren 1000 in der Stunde anfertigen zu können. Das Dotter der Eier wird aus einem aus Maismehl, Stärke und anderen Substanzen bestehenden Teige, das Eiweiß aus Albumin hergestellt; die chemische Zusammen setzung beider stimmt mit derjenigen des Natureies überein. Die in nere Haut der Schale ist aus Gelatine gebildet, während die Schale selbst von Pariser Gyps angefertigt wird. Das Verfahren der Her stellung soll verhältnißmäßig einfach sein. Nachdem das Dotter in Kugelform gerollt ist, bringt man dasselbe zum Gefrieren, woraus die Masse mit dem Albumin umgeben wird, nachdem man es einer raschen rotirenden Bewegung unterzogen hat, durch welche die Eisorm hervor gebracht wird. Nachdem dies geschehen, wird das so weit fertige Ei in Gelatine und sodann in Ghps getaucht, der rasch trocknet und die Gestalt des Eies festhält. * Im Brautkleide verbrannt. Vorige Woche feierte die rei zende 18jährige Rosa Hajabacs in St. Peter (Komorner Komitat) ihre Hochzeit mit einem Bauersloh» namens Molnar. Nach dem Hochzeits- schmause besuchte das Paar das Elternhaus der Braut. Da es bereits Abend war, brannte schon die Petroleumlampe. Diese wurde umge stürzt, das Petroleum explodirte, die Flammen ergriffen die Kleider der im Hochzeitsschmuck stehenden Braut in so vehementer Weise, daß das arme Mädchen, mit Brandwunden bedeckt, sofort den Geist auf gab. Auch der Vater der Braut, der Richter des Dorfes, wurde bei seinem Rettungsversuche gefährlich verletzt. * Ein vornehmer Drehorgelspieler. In den „St. Ped. Wed." wird berichtet: „Im letzten Sommer zog durch die Straßen Warschaus ein junger Italiener mit einer Drehorgel. Unlängst wurde bekannt, daß dieser Leierkastenmann ein Graf de Severare war. Der selbe entstammt einer vornehmen aber verarmten Familie, und da er keinerlei Erziehung genossen hatte, entschloß er sich, gleich vielen seiner armen Landsleute, sein Brot in der Ferne zu erwerben. Plötzlich wird er in Warschau gesucht, um den reichen Nachlaß eines kürzlich verstorbenen Oheims anzutreten. Gleichzeitig wurde ihm eine ansehn liche Summe zur Verfügung gestellt, um in die Heimath zurückkehren zu können. Vergnügt machte er sich auf den Weg, nachdem er seinen Leierkasten einem armen Landsmanne geschenkt hatte. * Ein billiges Weihnachtsgeschenk. Einem gut situirten Beamten kam es sehr auffallend vor, daß ihm kürzlich ein kleiner Theil seiner Cigarren verschwand. Er hatte sofort Verdacht auf das Dienstmädchen, das mit einem Liebhaber „behaftet" ist, und hielt dem nach Nachschau in der Küche, und siehe da, es fanden sich in einer Kiste wohlverpackt einige hundert Glimmstengel. In dem Augenblicke kam die Gattin. „Was treibst Du denn hier, Männchen?" — „Unser Dienstmädchen ist eine Diebin, da schau mal her; ich muß sofort aus die Polizei und die Anzeige erstatten." — „Ach, laß das, das arme Kind ist völlig unschuldig," sprach die Gattin tief erröthend. — „Ja wer hätte den sonst die Zigarren genommen?" — Keine Antwort und bodenlose Verlegenheit. — „Du hast doch nicht selbst die Cigarren . ?" — „Ach ja, vergieb, ich habe sie selbst genommen, um Dir damit, wie alle Jahre, zu Weihnachten eine Freude zu bereiten." * Ueber den Apfel. Nach dem Mittagsessen bildet ein saftiger Apfel eine willkommene Erfrischung, aber der Apfel ist kein bloßer Gaumenkitzler, sondern er ist in hohem Grade gesund und nahrhaft. Er gewährt mehr Nahrungsstoff als die Kartoffel, welche doch als Hauptnahrungsartikel gilt. Welch ein Wehruf geht durch das Land, wenn die Kartoffelernte zu mißrathen droht und wie wenig spricht man darüber, wenn die Aepfel keine gute Ernte in Aussicht stellen, was eben bezeugt, wie wenig man diese Frucht zu schätzen weiß. Der Apfel ist nicht nur nahrhafter als die Kartoffel, sondern enthält auch milde und angenehme Säuren, welche auf den Körper wohlthätig wirken. Der Apfel besitzt auch stärkende Eigenschaften und enthält mehr Phosphor als irgend eine andere Pflanze. Deshalb ist er für Leute, welche in geistig aufgeregtem Zustande leben, besonders geeignet. Er regt das Gehirn und die Leber an. Daher wird man auch eine Gewohnheit Schillers weniger befremdlich finden. Derselbe hatte be kanntlich stets Aepfel in einer Schublade seines Schreibtisches. Der Apfel ist eine Hausfrucht, reichhaltig, schön und kräftigend und heimelt uns mit seinen rothen Wangen wie keine andere Frucht an. Mit Ausnahme der Erdbeeren in ihrer Zeit könnten wir eher alle anderen Früchte entbehren. Und doch geht die Erdbeerzeit vorüber, während der Apfel bei richtiger Aufbewahrung das ganze Jahr ausdauert, um uns durch seine eigenthümlichen säfteverbessernden und anregenden Eigenschaften zu erfreuen. Die Rolle, welche der Apfel spielt, kann durch keine andere Frucht ausgefüllt werden. * Zwei interessante Nadeln. Die internationale Ausstellung von Nadelarbeiten, welche im Juli 1884 im Krystallpalast in Syden- ham eröffnet werden soll, wird nach der „Presse" unter anderen Ku riositäten zwei interessante Gegenstände umfassen. Einer derselben ist die berühmte Nähnadel, welche dem deutschen Kaiser im vorigen Jahre unter Umständen verehrt wurde, die Erwähnung verdienen. Der greise Monarch besuchte die große Nadelfabrik in Kreuznach, um sich zu über zeugen, was Maschinen und Menschenhand erzeugen können. Es wurde ihm eine Anzahl superfeiner Nadeln gezeigt, von denen Tausende zu sammen keine halbe Unze wogen, und er wunderte sich, wie solch nied liche Gegenstände mit einem Oehr durchbohrt werden konnten. Aber er sollte sehen, daß in dieser Hinsicht noch Feineres und Vollkommneres geschaffen werden konnte. Der Bohrer, das heißt der Arbeiter, dessen Beschäftigung es ist, das Oehr in diese Nadeln zu bohren, erbat sich ein Haar von dem Silberhaupte des Kaisers. Nachdem er das Ge wünschte empfangen, bohrte er mit der größten Sorgfalt in das Haar ein Oehr, zog einen Faden durch dasselbe und überreichte die eigen- thümiiche Nadel dem erstannlen Monarchen. Die zweite kuriose Nadel ist Eigenthum der Königin Viktoria. Diese Nudel wurde in der Na delfabrick in Redditch verfertigt und stellt die Trajanssäule sn minia.- turo dar. Auf dieser kleinen Nadel sind Szenen aus dem Leben der Königin in erhabener Arbeit dargestellt, welche aber so fein gestochen und so klein sind, daß es zu ihrer Besichtigung eines Vergrößerungs glases bedarf. Die Viktorianadel kann überdies geöffnet werden. Sie enthält eine Anzahl kleinerer Nadeln, die ebenfalls mit Szenen in er habener Arbeit geschmückt sind. * Berliner Witz. Vater: „Junge, zieh mir mal die Stiebel aus; mir brennen die Beene fürchterlich." Junge: (Nachdem er die Stiebel ausgezogen und betrachtet hatte) „Na, Vater, des is ooch keen Wunder, wenn Dir die Beene brennen, Du loofst ja fchon uf die Brandsohlen." * Ein Kind unserer Zeit. Die kleine Elsa ist von der Mama bestraft worden. Voll bitteren Zornes zieht sie ihren Mantel an und will fortgehen. — „Wo willst Du hin, Elsa?" — „Nach — Amerika, Mama!" Hauptverhandlungen vor dem König!. Schöffengericht Wilsdruff den 15. Febr. d. I. Borm. 9 Uhr gegen den Arbeiter Friedrich Ernst Schumann aus Roßwein wegen Diebstahls. V4IO Uhr gegen den Gastwirth Adolph Scharfe in Keffelsdorf wegen Uebertretung. ^10 gegen die Dienst magd Anna Marie Schulze aus Tharandt wegen Diebstahls. Ein Knabe rechtlicher Eltern, welcher Lust hat L Sattler zu werden, kann zu Ostern in die Lehre treten bei Lornkarck KIsmm. Lehrlings Gesuch. Ein mit guter Schulbildung versehener junger Mensch, welcher die Buchdruckerkunst erlerne» will, findet Unterkommen in der Buchdruckerei zu Wilsdrusf. Ein Soh» achtbarer Eltern, welcher Lust hat, die Bäckerei zu erlernen, findet ein gutes Unterkommen. Näheres bei August Fischer, Bäckermeister. Wochenmarkt zu Wilsdruff, am 8. Februar Eine Kanne Butter kostete 1 Mark 90 Pf. bis 2 Mark — Pf. Ferkel wurden eingebracht 180 Stück und verkauft ü Paar 21 Mark — Pf. bis 33 Mark - Pf. Dresdner Getreide-Börse, vom 8. Februar. An der Börse: pro 1000 Kilogramm: Weizen weiß 190—195 M„ Weizen braun 185—190 M., Korn 155—160 M., Gerste 150 bis 160 M., Hafer 140-148 M. — Auf dem Markte: Haferpro Hektoliter: 7 M. — Pf. bis 8 M. Kartoffeln 4 M.— Pf. bis 5 M. —Pf. Butter: 1 Kilogramm 2 M. 20 Pf. bis 2 M. 60 Pf. Heu pro Centner 4 M. — Pf. dis 4 M. 80 Pf. Stroh pro Schock 32 M. bis 34 M.