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iebenlchn und die Umgegenden Nossen 1884 Rr. 13 Dienstag, den 12. Februar Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag AbonnemenisprciS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet-10 Ps. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags biS Mittag 12 Ul,r. Erscheint wscheutllch 2 Mul Dienstag uns Freitag. Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pj. Znseratenannahme Montags «.Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. für die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Bierundvierzigster Kahrgang. Wochenblatt Wilsdruffs Tharandt, Tagksgeschichte. Im preußischen Abgeordnetenhanse kam bei der Verhandlung über den Unterricht auch die Sprache auf unsere neue Orthographie. Sie kam schlecht weg und Niemand, selbst nicht am Regierungstisch, wagte sie zu Vertheidigen. Reichensperger war einer der Vorkämpfer. Er wies mit Recht darauf hin, daß diese Neuerung die Entwickelung unserer edlen deutschen Sprache beeinträchtige. Es sei zu wünschen, daß hier der Reichskanzler endlich ein „Donnerwort" dazwischenschleudere. Virchow wies auf den Mangel der Folgerichtigkeit hin, der dieser Rechtschreibung anhafte und führte als schlagendes Beispiel die Endung „ieren" an. Die neue Rechtschreibung stelle als Grundsatz die Be seitigung der vielen „überflüssigen" Buchstaben in der seitherigen Ortho graphie auf, es herrsche aber eine Art Fanatismus, das ,,ie" anzu bringen, nicht nur in Fremdwörtern, sondern auch in deutschen Aus drücken. Viele Zeitungen, die nicht jede Mode milmachen wollen, be halten deshalb die gute alte Rechtschreibung bei und glauben, daß die neue Manier dermaleinst wieder von der Bildfläche verschwinden werde. Für die deutsche Kriegsmarine sollen 18 Millionen Mark im Reichstage nachgefordert werden, nicht, wie ausgestreut worden war, 140 Millionen. Wie das in Straßburg erscheinende Elsässer Journal, der Moniteur der Autonomisten, an hervorragender Stelle meldet, soll man in den offiziellen Kreisen zu Straßburg, Berlin und Fried richsruhe sehr eingehend den von dem Reichskanzler im Jahre 1879, kurz vor der Regierungsübernahme durch Herrn von Manteuffel, nur ungern fallen gelassenen Plan wieder ausgenommen haben, dahin gehend, Lothringen von Elsaß zu trennen und mit Preußen zu vereinigen, während Elsaß einen Sonderstaat bilden würde, der bis zur endgültigen Entscheidung über fein Loos von einem Statt halter regiert werden soll. Es heißt, daß eine entsprechende Vorlage dem Reichstage wahrscheinlich schon bei seinem nächsten Zusammentritt zugehen werde. Natürlich wird in den Reichslanden dieser Plan um so vielseitiger besprochen, als man auf der einen Seite fürchtet und auf der anderen Seite hofft, es werde als Schlußergebniß der Ver handlungen im Reichstage der Wunsch auf Annexion des jetzigen Staatengebildes eine bestimmtere Gestattung annehmen. Als einen ferneren traurigen Beweis für die verheerende Wirkung des Branntweingenusses kann folgende tatsächliche Begebenheit dienen. In Rabelshausen ermordete ein Holzhauer im Trünke einen Genossen ohne jeden Anlaß, nachdem dieser letztere, um seine Körper kraft zu beweisen vierzehn Kameraden nacheinander im Ringkampfe geworfen hatte. Der Fünfzehnte, ein gewisser Simon, rannte, als die Reihe an ihn kam, dem unglücklichen Sieger, Namens Fröhlich, ein Küchenmesfer in den Oberschenkel, drehte es einige male in der Wunde herum und schlitzte ihm den Unterleib bis zu Mitte auf, so daß nach Verlauf von fünf Minuten der eben noch in seiner vollen Lebenskraft stehende Fröhlich eine Leiche war. Der Mörder wurde sofort hinter Schloß und Riegel gebracht. Die Unihat geschah in einem Häuschen, in welches sich, des Unwetters halber, die Arbeiter begeben hatten, um dort dem Brauutweintrunke zu fröhnen. Vor einigen Tagen wurde die vielbesprochene „spanische Re volution" schon wieder einmal für unvermeidlich und demnächst be vorstehend erlärt, ohne daß sich ermitteln ließe, ob diesen Ausstreuungen irgend etwas Thatsächliches zu Grunde liegt oder ob es sich bloß um die Wünsche der spanischen und französischen Revolutionäre handelt, welche wahrscheinlich der Meinung sind, damit im übrigen Europa Reklame zu machen. Darin täuschen sie sich aber gewaltig. Inner halb derjenigen Bevölkerungsklassen, welche die „öffentliche Meinung" zu machen gewohnt sind, schwärmt heute Niemand mehr für die Re volution. Seit diefelbe mit Revolvern, Dolch und Dynamit zu ar beiten begonnen, haben ihre Theorieen auch für diejenigen allen Reiz verloren/welche sich, „ihrer Vergangenheit wegen" öffentlich noch lmmer zur „Sache der Freiheit" bekennen zu müssen glauben. Die GeWchte neuesten „Erhebungen" ist in diesem Sinne sehr beleh- rend. Hat sich z V. bei dem letzten Aufstand in Serbien, von Ruß land abgesehen, auch nur ein Schatteu von Sympathie gezeigt? Noch weniger davon würden die spanischen Republikaner zu schmecken be kommen, wenn sie sich hym Reden zum Handeln aufzuschwingen wüßten, nur daß hier Frankreich die bekannte Ausnahme wachen würde, und auch dieses mehr scheinb^ als in Wirklichkeit, weil nichts gewisser ist, als daß die ungeheure Mehrzahl der Bevölkerung dort jede revo lutionäre Bewegung Mtt dem tiefsten Abfchen betrachtet, wie er nur aus eigener schwerer Erfahrung und aus einer furchtbaren Ueberliefe- rung herauswachsen kann. Die Nachricht von einem bevorstehenden Militär auf st and in Spanien wird übrigens, neuesten Nachrichten zufolge, in der Regierung nahe stehenden Kreisen für völlig unbegründet erklärt. In der gesammten Monarchie herrscht vollständige Ruhe und Ordnung. London. Der Sirike der 19,000 Weber in Lancashire ist in un erwarteter Weise beendet worden. Das Centralkomitee der Weber hat nämlich beschlossen, sich die Lohnherabsetzung von 5 Proz. gefallen zu lassen unter der Bedingung, daß die Lohnfrage im Mai wieder erörtert werde, damit die Löhne erhöht werden können, wenn die Lage des Geschäftes dies gestattet. Die Fabrikanten erklärten sich mit dieser Bedingung einverstanden, und wird die Arbeit in sämmt- lichen Spinnereien sofort wieder ausgenommen werden. Wenn es noch eines Beweises für die Behauptung des englischen Ministers Granville, daß die Wiedereroberung des Sudan „unthun- lich" sei, bedurft hätte, dann müßte er in der abermaligen schweren Niederlage der egyptischen Truppen zu finden sein. Diese Nieder lage ist um so bezeichnender, als sie nicht in der Wüste, fern von der Operationsbasis erfolgt ist. Am Montag Morgen erst hatte die Armee Bakers den Hafenort Trinkitat am Rothen Meere verlassen und am Nachmittage desselben Tages war bereits die größere Hälfte der Trup pen, 3000 Mann, vernichtet — blos deshalb, weil die Egypter zu feig sind, sich zu vertheidigen! Die Vermuthung, daß dieselben über haupt nicht gegen die Anhänger des Mahdi kämpfen wollen, dürfte in diesem Falle nicht zutreffend sein, da die Egypter im Voraus wuß ten, daß die Araber ihr Leben schonen würden. Die ausführliche und lebhafte Schilderung des Kampfes läßt darüber keinen Zweifel, daß die egyptischen Soldaten zu einer Unternehmung gegen die kriegerischen Araber völlig untauglich sind. Soll also der Küstenstrich gegen wei tere Angriffe der Aufständischen gesichert werden, so wird der englischen Regierung nicht Anderes übrig bleiben, als indische Truppen heran zuziehen. Der Handelsstand in Kairo drängt die Regierung, unter allen Umständen zu versuchen, Khartum zu halten. Wie die Handels herren von Kairo versichern, beträgt der Export und Import in den Sudanprovinzen zusammen nahe an 100 Mill. Franks; die egyptische Bevölkerung zähle daselbst 50,OM Personen, darunter 15,OM Christen, und im Sudan bestünden 3000 egyplische Handelsetablissements, welche von mehr els 1000 Europäern oder deren Schutzgenossen geleitet wer den; von diesen Etablissements sei unbewegliches Eigenthum erworben, welches, insofern europäische oder egyptische Häuser in Betracht kom men, einen Werth von mehr als fünf Millionen Pfund habe. Der Niederlage Hicks Paschas, welche die Sudanfrage für weitere Politische Kreife aufrollte, ist als Denkzettel für die schwankende und zögernde Politik Gladstone's rasch die Aufreibung der Truppen Baker Paschas gefolgt, so daß nun die Küste des Rothen Meeres uud Suakim selbst von den Schaaren des Mahdi bedroht sind. General Gordon, der viel zu spät mit der Leitung der Dinge betraut worden ist, findet feine Reise nach dem Sudan in Korosko unterbrochen — kurz, die ganze zu spät begonnene englische Aktion ist in's Stocken gerathen. Im englischen Ministerium scheint geradezu Rathlosigkeit zu herrschen, welche sich durch die Rechthaberei der Minister, die auch jetzt noch behaupten, Gordon werde mit seinen „weitgehenden Instruk tionen" die Sache in Ordnung bringen, der Sudan sei aufgegeben und nur das eigentliche Aegypten und die Häfen am Rothen Meere wür- den gehalten werden — nur sehr übel zu verhüllen sucht. In Wahr heit ist der Sudan nicht aufgegeben, weil Gladstone diesen verfehlten politischen Gedanken verkündet hat, sondern er ist durch die Saumse ligkeit und Kurzsichtigkeit der Engländer verloren gegangen, und die ägyptisch-englische Armee ist nicht gutwillig von dannen gezogen, sondern vom Mahdi hinausgeworfen oder niedergemacht, bezw. in den Festungen eingeschlossen und abgeschnitten worden. Hinter all' dem Gerede vom Äufgeben des Sudans, aber Jnnehalten des ursprüng lichen Programms der englischen Politik bezüglich Aegyptens steckt weiter nichts, als die Verlegenheit anzuerkennen, daß man sich seit einem Jahre schon in der Behandlung der Dinge am Nil die gröbsten und fahrlässigsten Mißgriffe hat zu Schulden kommen lassen. Für das Kabinet Gladstone ist jetzt wohl der letzte Augenblick gekommen, in welchem es vielleicht noch die Macht besitzt, durch eine gründliche Umkehr den geschehenen Schaden auszubessern. Wird dieser Moment nicht rasch und kühn ausgenutzt, so dürfte das Kabinet au seiner Unfähigkeit, die Lebensinteressen Englands zu wahren, sehr bald zu Grunde gehen. Vaterländisches. — Se. K. H. der Prinz Georg hat an den Premierminister, Excellenz v. Fabrice, nachstehendes Handschreiben gerichtet, welches der selbe zur allgemeinen Kenntniß bringt: „Dresden, den 8. Febr. 1884. Em. Excellenz! Es hat sich in den traurigen Tagen der Krankheit meiner unvergeßlichen Gemahlin und nach deren Ableben, nicht blos in Dresden, sondern auch im ganzen Lande eine so lebhafte, so innige Theilnahme gezeigt, daß es mir ein Herzenswunsch wäre, da ich doch nicht, wie ich möchte, jedem Einzelnen danken kann, meinem Dank dafür einen allgemeinen öffentlichen Ausdruck zu geben. Es läge mir daran, den vielen Theilnehmenden zu sagen, wie rührend und wie wohlthuend mir ihre Theilnahme war, und wie ich es ihnen nie vergessen werde, was sie in den trüben Tagen an mir gethan haben. Ew. Excellenz würden mich zu lebhaftem Danke verpflichten, wenn sie es vermitteln wollten, daß diesen meinen Gefühlen in geeigneter Weise in den öffent lichen Blättern Ausdruck verliehen würde. Georg, H. z. S." — I» so stiller feierlicher Trauerweise, wie die Ueberführung der sterblichen Hülle Ihrer k. Hoh. der seligen Prinzessin Georg vom Trauerhause nach dem Palais am Taschenberge geschah, so vollzog sich auch am Freitag Abend die Beisetzung. Im k. Schlosse herrschte den ganzen Tag über allerdings eine ernste Geschäftigkeit, da weit mehr Vertreter auswärtiger Fürstenhäuser eintrafen, als bei der Stille der Trauerfeier erwartet worden. Von halb 7 Uhr an versammelten sich die Fürstlichkeiten und Abgesandten in den Bilderzimmern des k. Schlosses, wo auch die Allerhöchsten und höchsten Herrschaften kurz vor 7 Uhr erschienen. Schlag 7 Uhr setzte sich der Trauerzug von der Ka« j Pelle des Palais am Taschenberg aus unter Vorantritt der Geistlichen