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Königliche Herr Bezirksschnlinspektor Wangemann ans Meißen nahm hierauf noch zu einer Ansprache an die Versammlung das Wort; ai,- knüpfend an den gehörten Vortrag, gedachte derselbe der vielen Kämpfe und Stürme, welche das deutsche Volk von 1830 bis heute dnrchzn- machen gehabt, um zu seiner heutigen Größe zu gelangen; auch ihm wurde lebhaft gedankt. Gedachter Herr versprach auch, bei einer seiner nächsten Hierherkunft im Gewerbeverein einen längeren Vortrag zu halten, was freudig begrüßt wurde. — Wir verfehlen nicht, hiermit noch besonders auf die heute Freitag und morgen Sonnabend und Sonntag im goldnen Löwen allhier stattfindende Geflügelausstellung hinzuweisen und zum Besuche derselben aufzumuntern. Der Catalog weist 417 Nummern auf; es fvllen auch, wie uns versichert wird, wiederum sehr schöne Tauben und Hühner etc. vertreten sein, so daß der Besuch allen Freun den der Geflügelzucht von Interesse sein wird. — Wie aus einem Inserat in heutiger Nummer zu ersehen ist, beabsichtigt man, in unserer Stadt einen „landwirthschaftlichen Verein für hier und Umgegend" zu gründen. Nächsten Sonntag, wo wegen der Geflügelausstellung jedenfalls viel Landwirthe aus der Umgegend unsere Stadt besuchen, soll im Hotel Adler die erste vorberathende Versammlung stattfinden. — Wie wir hören, sind für den nächste Mittwoch im Hotel Adler stattfindenden Maskenball eine ziemliche Anzahl Karten ausgegeben, so daß das Unternehmen gesichert ist; erwähnen wollen wir nur noch, daß alle Diejenigen, welche noch theil zu nehmen gedenken, sich die Eintrittskarten vorher lösen, da dieselben später an der Kasse noch einmal so theuer zu bezahlen sind, als jetzt. Herr Hotelier Gietzelt trifft übrigens bereits durch Dekorirung deS Saales rc. alle Vorkeh rungen, um allen Theilnehmern einen schönen Abend zu bereiten. — Ihre Kgl. Hoheit Prinzeß Georg ist schwer am Typhus erkrankt. Die neuesten Bulletins berichten, daß die schweren Krank heitserscheinungen, besonders von Seiten des Gehirns, fortdauern. Auf Befehl Sr. Majestät des Königs sind aus Anlaß der schweren Erkrankung Ihrer König!. Hoheit der Frau Prinzessin Georg alle Hofestlichkeiten sowie Jagden bis auf Weiteres abgesagt worden. — Während am Montag Abend Hr. Abg. Bebel in einem Etablissement außerhalb Dresdens einen maßvollen Vortrag hielt, vertheilten in der Stadt mehrere Anhänger der Sozialdemokratie kleine geschriebene Zettel in einzelnen Gebäuden. Unterschrieben waren die Zettel „Das Exekutiv-Komitee der Sozialisten". Ihr In halt war theils drohend und aufreizend, theils kindiich. Die von einer und derselben ausgeschriebenen, aber verstellten Hand gefertigten Zettel wurden in größeren Mengen in das königliche Schloß und verschie dene Staatsgebäude, namentlich die Ministerien, in die Briefkasten von Privathäusern dagegen vereinzelt geworfen. — Wie der Centralvorstand des evangelischen Vereins der Gustav- Adolf-Stiftung kundgiebt, ist dem Vorsitzenden, Consistorialrath Prof. Dr. Fricke, Pfarrer der Peterskirche in Leipzig, anonym die Summe von 10,000 M. zugegangen mit dem einzigen Vermerk: Zur sofortigen Beihilfe der bedrängten evangelischen Glaubensbrüder in K., R. u. W., allermeist der lutherischen Glaubensgenossen." Es sind damit die evan gelischen Gemeinden zu Klobonk in Mähren, Nheine in Westfalen Weingarten in Württemberg gemeint, welche auf der Jubelversamm lung des G.-A.-V. zu Leipzig im Jahre 1883 um die Hauptliebes, gäbe konkurrirten und in dem letzten vom Verein ausgegebenen Flug blatte erneut zur kräftigsten Unterstützung empfohlen worden sind. Die Spende wird an die genannten drei Gemeinden vertheilt werde». — Aus Auerbach i. V. schreibt man: Der königliche Forstfiskus hat vor einigen Tagen in der Flur Eich größere Waldparzellen sür ca 60,000 M. und in der Flur Treuen den zwischen Weißeusand und Treuen gelegenen Wald für 240,000 M. angekauft. — Der Umfang des Windbruchs in den erzgebirgischenNadel holzwaldungen, welchen die orkanartigen Stürme voriger Woche an- richteten, ist viel bedeutender als man anfänglich glaubte. Im sogen. Bellmannswalde bei Frauenstein sind Hunderte von Stämmen im wirrsten Durcheinander entwurzelt und versperren die Wege, Die Waldarbeiter und Fuhrleute mußten zur bezeichneten Sturmperiode über Hals und Kopf aus den Wäldern fliehen, um nicht von stürzen den Bäumen getroffen zu werden. — Recht hart ist der Pachter der Staatsgüter in Hilbersdorf bei Freiberg von der unter seinem Rindviehbestande ausgebrochenen Lungenseuche betroffen. Nachdem derselbe bereits eine beträchtliche Zahl hieran erkrankter Thiere hat tödten lassen müssen, mußte dieser Tage von der kgl. Amtshauptmannschaft abermals die Tödtung von 28 Rindern angeordnet werden. — Der Leichnam eines 10jährigen Knaben, der bei einem Schuh machermeister in Meißen in Pflege gewesen, ist am 27. d. früh an dem Rechen vor der Brückenmühle im Mühlgraben gefunden worden. Derselbe ist mit einem Auftrage am 26. Abends fortgeschickt worden, hat das Lob eines folgsamen Sohnes gehabt und man ist unklar, wie er zu einem solchen Tode gekommen ist. Lin verhängnisvoller Laß. Novelle von E. Heinrichs. (Fortsetzung.) Mittlerweile hatte Eberhard bereits einige Bilder von Otto in die Kunst-Ausstellung gesandt, welche Beifall gefunden und vortheil- haft verkauft worden waren; ein Ereigniß, daß Nanni in ihrer Her zensfreude der Mutter nicht glaubte verheimlichen zu dürfen, obwohl dieselbe niemals nach dem verwaisten Knaben gefragt, oder sich nach seinen Fortschritten erkundigt hatte. Frau Eberhard zuckte verächtlich die Achseln und meinte weg werfend, dem Vater geschähe ganz recht, wenn der fremde Eindring ling, um dessentwillen Resi hatte sterben müssen, zu guterletzt noch seinen Verdienst und schwererworbenen Ruhm ihm rauben werde. In Thränen ausbrechend, bat Nanni die harte Mutter, nun wie der gut zu sein wie in früherer Zeit, und den armen Otto nicht ferner mehr zu hassen, da er doch ganz unschuldig an dem Tode der Schwester gewesen sei. „Rest selber würde darüber zürnen," setzte sie schluchzend hinzu, „auch sie hatte Otto so lieb, und mir ist's als flüsterte sie mir zu, den Armen nun doppelt lieb zu haben, um Deine Härte gegen ihn zu sühnen." Ueberrascht blickte die Mutter auf die kühne Sprecherin und einen Augenblick schien es, als ob die ungewohnte Sprache, die Resi's Schatten gegen sie selber in den Kamps führte, ihr Herz getroffen habe. Leider ging diese gute Regung rasch vorüber, sie schämte sich vielmehr ihrer Schwäche und rief im auflodernden Zorn: „Ach, so also stehen die Sachen. In sträflicher Liebe zieht Tein Herz Dich zu dem Urheber unsers häuslichen Unglücks, und Dein eigener Vater bietet die Hand zu diesem Bunde, auf dem diesseits und jenseits mein Fluch ruhen wird." „Mutter! Mutter!" unterbrach Nanni sie erschreckt, „ich liebe Otto —" „Schweig, Unselige — Du weißt und mußtest es jeher wissen, daß ich eine solche Liebe verdammen würde." — Sie wandte ihr den Rücke» u»d begab sich in ihr Zimmer, um im finsteren Grübeln, das ihre Jugendschönheit vernichtet, ihr Eheglück untergraben und ihre» ganzen Charakter verbittert hatte, neuen Groll und neue Qual in sich auszunehmen. Nanni aber blickte ihr bleich und im innersten Herzen erregt nach, — der unnatürliche Haß der Mutter hatte mit rauher Hand die heiligsten, unentweihten Blüthen ihrer Liege, deren Dasein sie selber kaum ahnte, an's Licht gezogen und versucht, dieselben mit dem eisigen Reif eines «»gerechten Fluchs zu vernichten. „Nein, nein," flüsterte das junge Mädchen, beide Hände auf'S Herz pressend, „Gott kann einen solchen Fluch nicht annehmen, eS kann keine Sünde sei», ihn zu lieben, der nichts gethan, wodurch er Haß verdient hätte." Sie seufzte tief, die Arme, der furchtbare Zwiespalt, welcher wie ein Verhängniß die Herzen der Eltern getrennt, umdüsterte auch ihr Leben und warf lange Schatten in ihre Zukunft hinein. Es war ein herrlicher Sommerabend, die Sonne sandte ihre letzten Strahlen auf das Getriebe der Menschen, auf Wald und Flur und Nanni's Seele sehnte sich hinaus, fort aus dem düstern Hause hin zu Resi, um ihr all ihr Leid zu klagen. Die Mutter ließ sich nicht wieder blicken, weshalb das junge Mäd chen es wohl wagen durfte, unbemerkt und nnvermißt von ihr daS Haus zu verlassen. Flüchtigen Fußes eilte sie hinaus nach dem Fried hof- Auf Resi's Grabe blühten in üppiger Fülle die Kinder des Lenzes, Veilchen, Primeln und Schneeglöckchen, umwunden von dem Immer grün der Hoffnung, das sich lind und tröstend um Nanni's Stirn legte, als diese, niederkniecnd, ihr Haupt unter heißen Thränen auf das Grab niederbeugte. „O Resi, theuerste Schwester, warum mußtest Du von mir gehen," klagte sie, „siehst Du in Deinem Himmelsfrieden nicht herab auf all' das Leid und Elend, welches Dein Tod über uns gebracht? — Kann kein Strahl des Lichts, der allbarmherzigen Liebe von dort herab in die Seele der Mutter fallen, um den düster» Bann von uns zu neh men, unter dem wir Alle seufzen." Ach, keine Antwort kam aus dem Grabe, das sein Opfer so lange schon umschlossen hielt, — nur das scheidende Licht des Tages küßte ihr Haupt, und die duftenden Veilchen und die Schneeglöckchen erzählten ihr flüsternd von dem Liebeslenze, der jubelnd die Erde umfange und in alle Menschenherzen, die in Jugendlust schlagen, beseligend einziehe. „Liebe und hoffe, du junges Herz," so tönte eS rings aus jedem Blüthenkelch, so schmetterte es in diesem Augenblick die kleine Nach tigall au? jubelnder Kehle dort drüben in dem dunklen Cypressenge- büsch. „Aus Gräbern blüht neues Leben, liebe und hoffe, du junges Herz." Wie lange Nanni diesen tröstende» Stimmen gelauscht, — sie wußte es nicht. Als sie endlich sich erhob, lag die Dämmerung be reits über dem stillen Friedhof und wob ihren geheimnißvollen Nebel schleier um die grauen Leichensteine. Sie wandte sich zum Gehen und bebte plötzlich mit einem leisen Schrei zurück, vor ihr stand eine schlanke Männergestalt, deren leisen Schritt sie trotz der Stille, die ringsum herrschte, nicht vernommen hatte. „Ich bin's, Nanni!" sprach Otto, — denn kein anderer war's, — „vergieb, daß ich Dich erschreckt habe." „Ich hörte Dein Kommen nicht, lieber Otto!" flüsterte das Mäd chen, „und habe mich bei Resi verspätet. Um Gott, es wird schon dunkel, und die Mutter weist es nicht, daß ich hierher gegangen." „Es ist nicht dunkel, liebe Nanni! — sieh, dort zieht der Mond schon herauf und wirft seine Strahlen auf uns, wie auf Resi's Grab. — Gott selber hat meine Schritte hierhergeleitet, um hier, behütet von dem Geiste unserer geliebten Todten, einige Minuten ungestört mit Dir zu sprechen, und Dir Alles, was mein Herz erfüllt, mitzu- theilen, bevor mein Geschick mich von Dir trennt." „Du sprichst von Trennung?" stammelte Nanni erschreckt. „Ja, Theure, — nur eine kurze Zeit noch und das bittere Wort muß ausgesprochen werden. Ich gehe schon im nächsten Monat nach Italien. Des Vaters unerschöpfliche Liebe und Güte gegen mich, den Verwaisten, sowie eigene Ersparnisse ermöglichen es mir, diesen schönsten Traum des Künstlerherzens erfüllen zu können." Nanni erwiderte nichts auf diese überraschende Mittheilung, ihr Herz krampfte sich zusammen im unaussprechlichen Weh und zum Sterben müde, empfand sie nur den einzige» Wunsch, tief unten bei Resi zu sein. „Du antwortest mir nicht, geliebte Nanni!" fuhr Otto nach einer Pause fort, indem er ihre Hand ergriff, „hast Du kein Wort des Trostes für den Unglücklichen, der allabendlich an diesem Grabe sein Schicksal beweint? — Sieh', Resi hat mir einst geantwortet auf meine verzweiflungsvoüen Fragen. Als ich ein welkes Jmmergrünpflänzchen auf meinem Wege fand, Pflanzte ich es hierher mit der kindlichen Bitte an Resi, den Zweig grünen zu lassen, damit der Glaube und die Hoffnung in mein Herz einziehen könnten. Und sieh, wie meine Bitte erfüllt worden ist, wie sich das Hoffnungsgrün über das Grab hinrankt, eine Himmelsbotschaft des Friedens und der Versöhnung." (Fortsetzung solgt.) Kircheunachrichten nns Wilsdruff. Am 4. Sonntag n. Epiphan. Vorm, predigt Herr p. llr. Vikskl. Nach dem 2. Einlauten Beichte und nach der Predigt h. Abendmahl. Nachmittags Predigtgottesdienst. ZLoI» - Donnerstag den 7. Februar d. I. von Vormittags 9 Uhr au, sollen im Soraer Pfarrholze an der Struth 26 Schlaghaufen, 1 Eicheristamm und 2 Birkenstämme, sowie ein Haufen eicheiies Korb holz meistbietend gegen sofortige baare Bezahlung versteigert werden. Versammlungsort: der sogenannte Kadaverschuppen unweit deS Chausseebauses. Sora, 30. Januar 1884. «ok, Pfarrer. In dem von Frau Kantor Keller u. Töchter in Meißen, Obere Elbgasse No U9, 2. Et. finden zu Ostern wieder junge Mädchen liebevolle Aufnahme. (Dr. 2201)