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Wochenblatt für für fiir die Königl. Amtshauptmamlschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Wievun-vierzigfter Kahrgang. Erscheint wöchentlich S Mal Dienstag und Freitag AbonnemenisprciS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montag- u. Donnerstags bi- Mittag 12 Ubr Erscheint wöchentlich S Mal Dienstag und Freitag. Ubsnnementsvreib vierteljährlich 1 Mark. Sine einzelne Nummer testet 10 Pj. Jnseratenannahme Montags «.Donnerstags bi« Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. 8. , Freitag, den 25. Januar 1884» Aufgebot. Von dem unterzeichneten Amtsgerichte ist behufs Ermittelung der unbekannten Erben des am 10. August 1807 zu Großenhain geborenen und am 8. November 1883 zu Herzogswalde verstorbenen Tagarbeiters Friedrich Gottlieb «Kretzschmar, hinterlassenen außerehelichen'zSohnes Johannen Augusten Glaser, Schulmeisterstochter aus Blochwitz, auf Antrag des bestellten Nachlaßvertreters, des Rechtsanwalts Sommer hier, der 9. April 1884 Vormittags 10 Uhr zum Anfgebotstermin bestimmt worden. Es werden daher etwaige Erbinteressenten hiermit aufgefordert, spätestens in dem Aufgebotstermin zu erscheinen, über ihre Personen sich auszuweisen und ihre Ansprüche und Rechte anzumelden, widrigenfalls der Kretzschmar'sche Nachlaß für erblos angesehen und den Gesetzen gemäß über denselben verfügt werden wird. Wilsdruff, den 21. Januar 1884. Das Königliche Amtsgericht. vr. Gangloff. Von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgericht soll den 3. April dieses Jahres das dem Sattler Friedrich Ernst «Kratzsch in Herzogswalde zugehörige Haus- und Garten-Grundstück No. 13b des Brand katasters, No. 45a des Flurbuchs und Fol. 85 des Grund- und Hypothekenbuchs sür Herzogswalde, vormals Oberreinsberger Antheils, welches Grundstück am 15. Januar 1884 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 44S5 Mark -- gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 18. Januar 1884. Königliches Amtsgericht. vr- Gangloff. Tstgesgeschichte. Der „Köln. Ztg." geht aus Berlin von anscheinend offiziöser Seite eine bemerkenswerthe Zuschrift über das deutsch-österreichische Bündniß zu. Hiernach sind die gegenseitigen Verpflichtungen doch weitergehende als bisher angenommen wurde. Die Bundespflicht der Waffengenossenschaft soll schon dann eintreten, wenn Deutschland oder Oesterreich angegriffen wird und die Gefahr nahe liegt, daß eine zweite Macht sich mit der angreifenden verbinden werde. Bei der angreifcn- den Macht sei für Deutschland zunächst nur an Frankreich, sür Oester reich an Rußland gedacht. Sei aber das Bündniß nur zur gegensei tigen Garantie des Besitzstandes geschlossen, so müsse Italien, gehöre es wirklich mit zur Allianz, sich ebenfalls Vie Gewährleistung seines Besitzstandes ausbedungen haben. Weiter wird in der Zuschrift aus geführt, daß die Behauptung, Italien habe sich nur dazu verpflichtet, Oesterreich nicht anzugreifens nicht zutreffen könne, es wäre bei einem großen Kriege für Italien höchst unvortheilhaft, neutral zu bleiben, denn es könne nur durch Theilnahme an einem siegreichen Kriege wieder in den Besitz von Nizza, Savoyen und Corsika gelangen. Schließlich wird versichert, daß eine Störung des europäischen Frie dens in nächster Zeit nicht zu erwarten sei und daß namentlich Ruß land fortdauernd die friedlichsten Gesinnungen an den Tag lege. Der Feldmarschall v. Manteuffel, Statthalter in Elsaß-Loth- ringen, war in Berlin und hat dem Kaiser Rechenschaft über die Grund sätze seiner Verwaltung abgelegt. Er hat viele mit seiner Art zu re gieren überrascht. Er suchte die „Notnbeln" zu ködern und gerade mit denjenigen sich zn befreunden, die als die erbittertsten Gegner der Einverleibung gelten, mit dem Adel, der katholischen Geistlichkeit und den reichen Handelsherren. War diese Methode von vornherein falsch? Schwerlich; denn der handelt meist richtig, der sich des schwersten Stückes seiner Arbeit zuerst entledigt. Ein siegreicher Feldherr, mit großer Machtfülle von seinem Monarchen ausgestattet, konnte er am leichtesten dem halsstarrigen Gegner einen Schritt entgegenkommen, ohne sich etwas zu vergeben. Diese Leute können nun nicht mehr wgen, man habe sie mit dem Säbel in der Faust regieren wollen. Ziele aber hat sein Regiment nicht geführt, das erkennt er jetzt eb n","' daher feine Klage über den rücksichtslosen Angriff Zorn von Bulachs und über den Beifall des Landesausschnsses über dessen Auftreten. Sein Unmuth läßt sich begreifen; er hatte diese Leute mit größter Ritterlichkeit behandelt und erwartete Versöhnung und Schicken in die Lage. Die Notabeln sind aber einmal durch und durch fran zösischen Geistes und Sinnes, träumen nur von Wiedervereinigung mit Frankreich und Sinnesänderung ist nicht zu erwarten. Diese wird nur bei der Masse des Volkes , die weniger französirt ist, mit der Zeit durchdringen. Das neue Wiener Rathhaus dürfte nach seiner Vollendung wohl der theuerste derartige Bau der Welt sein. Die Gesammtkosten stellen sich nach den letzten Nachforderungen des Oberbauraths Schmidt nunmehr auf 14,300,000 Gulden, die Üeberschreitnng gegenüber dem ersten Kostenanschläge beträgt 4,300,000 Gulden. Dabei ist zn be achten, daß der ungeheure, in der besten Gegend der Stadt belegene Bauplatz nicht erst erworben zu werden brauchte, sondern sich bereits im Besitze der Stadt befand. Die soziale Frage steigt am Horizonte der französischen Re publik wie eine dunkle Wolke empor. Dem ersten Arbeitermeeting in Paris von vorvoriger Woche sind bereits andere gefolgt und auf ollen wird eine drohende Sprache geführt gegen die Regierung, sogar die in,der französischen Hauptstadt sehr zahlreich vertretenen Lumpen sammler nehmen eine drohende Haltung an. Sie fühlen sich in ihrem Gewerbe beeinträchtigt durch eine Verfügung des Seinepräfekten, welche die Hausbesitzer anweist, den Kehricht, welcher bisher einfach auf die Straße geworfen wurde, in besonderen Kästen an die hierzu autori- sirten Abfuhrgesellschaften gelangen zu lassen, und es verlangen uun die Lumpensammler vom Seinepräfekten die Zurücknahme der betref- senden Verordnung. Die radikale Partei thut natürlich Alles, um die herrschende Unzufriedenheit zu vermehren und jedenfalls wird sie auch die theilweise Uebernahme des Budgets der Pariser Polizeiprä fektur auf das Ministerium des Innern, welche die Deputirtenkammer am Montag mit 284 gegen 213 Stimmen beschloß, für ihre Zwecke ausbeuten. Es wird aber versichert, daß das Ministerium Ferry einer eventuellen sozialistischen Erhebung mit Ruhe entgegensehe, da die Armee durchaus zuverlässig sei. Die Lumpensammler hielten unter freiem Himmel eine Versammlung, um gegen die Verordnung des Präfekten, wonach die Sammlung der Abfälle einer Gesellschaft über geben werden soll, zu Protestiren. Viele Weiber waren anwesend. Die Lumpensammler, meist friedfertige Leute, beklagten sich bitter. „Was sollen wir thun," fragte der Präsident, „können wir denn so leben? Und unsere Weiber und Kinder, was soll aus ihnen werden? Wir haben schon genug durch die Krise gelitten, das war wirklich nicht der Moment, uns so zu treffen; 30,000 Menschen stehen da ohne Brot." Die Versammlung acceptirte den beantragten Protest. Uebrigens steht die Bevölkerung auf ihrer Seite, der Befehl des Prä fekten wird nur wenig befolgt. Die Oppositions-Blätter eröffnen Subskriptionen für die armen Leute. Die englische Regierung hat sich endlich zu einer That auf gerafft, welche Zeugniß'davon giebt, daß sie für das Schicksal des Sudan denn doch größere Theilnahme besitze, als sie bisher zugeben wollte. Die Dinge in jener Gegend haben in der letzten Zeit eine sehr traurige Wendung genommen nicht blos vom politischen, sondern auch vom allgemein menschlichen Standpunkt. Der Vertreter Englands in Egypten hatte mit allem Nachdrucke der Regierung des Khedive empfohlen, den Sudan aufzugeben, und als Sheriff Pascha nur einen Augenblick zögerte, dieser Empfehlung sofort Rechnung zu tragen, wurde er sammt seinem Ministerium des Amtes entsetzt, weil das Kabinet von St. James an dem Gedanken festhielt, daß seine Em pfehlung und sein Rathschlag für jede egyptische Regierung der Cha rakter eines Befehls haben müsse, gegen den ein Widerspruch nicht erlaubt sei. Nun wurde ein den Engländern gefügiges Kabinet unter der Premierschaft Nubar Paschas eingesetzt und das Erste, was dieses Kabinet that, war die Weisung, daß der Sudan aufzugeben sei, und daß die von Baker Pascha begonnenen Vertheidigungsmaßregeln zu sistiren seien. Erst nachdem dieser Befehl proklamirt worden, erging an die Behörden in Chartum und anderen Orten des Sudan die Wei sung für die Räumung der betreffenden Plätze seitens der Garnisonen und der dort lebenden Egypter und Europäer das Nöthige vorzusorgen. Diese Befehle kamen einigermaßen spät, so daß die größte Sorge vor waltet, ob es denn auch möglich sein werde, bei den ungeheuren Ent fernungen, welche die Städte des Sudan von Egypten trennen, die egyptischen Truppen und die europäischen Kolonien aus jenen Gebieten ungefährdet und ohne Katastrophe in Sicherheit zu bringen. Die Stämme des Sudan haben sich fast alle für den Mahdi erklärt. Die Horden des letzteren sind schon im Anzuge gegen Chartum. In El Obeid haben sie ohne Erbarmen alle egyptischen Beamten vom ober sten bis zum untersten einfach massakrirt. Man befürchtet, daß, wenn der Mahdi Chartum erreicht, noch ehe die Garnison und die Euro päer die Stadt verlassen haben, dieses Beispiel in furchtbarer Weise wiederholt werden könnte.