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„Nun bitte ich noch um eine kleine Bescheinigung, daß ich habe gekauft die Bücher von Ihnen für diesen Preis."' „Zu was?" „Es könnte später Jemandem einfallen, zu sagen, ich hätte die Bücher gestohlen —" „O, da seid unbesorgt. - Doch zu Euerer Beruhigung will ich die Bescheinigung schreiben." Er setzte sich an den Schreibtisch. Während Franz schrieb, packte Aron seine Bücher sorgfältig in Papier ein und verschnürte das Packet. „Hier ist der Verkaufsschein, Aron!" sprach Franz, dem Juden das Blatt überreichend. Dieser las es durch, nickte beifällig mit dem Kopfe, und nachdem er den Schein zu sich gesteckt hatte, empfahl er sich, wobei ihm Franz nachrief: „Wenn Ihr wieder Bücher braucht, Aron, so laßt es mich wissen; ich bin in Zukunft auch bereit, sie Euch billiger abzulassen." „Wollen sehen!" antwortete der Jude, indem er das Zimmer verließ. „Köstlich!" lachte Franz, sich vergnügt die Hände reibend; da habe ich auf einmal eine neue Goldgrube entdeckt! — Hätte dem alten Narren gar nicht zugetraut, daß er für die bestaubten Bücher schwärmen könnte." Er löschte das Licht aus und entfernte sich. Aron lief gleich einem Verfolgten dem Forsthause zu; sein Herz klopfte fast hörbar und er athmete hoch auf, als er endlich das schmucke Haus vor sich liegen sah. Vorsichtig schlich er zum Fenster und schaute durch die Scheiben in das erleuchtete Zimmer. Der Oberförster saß in seinem Lehnstuhl und blies Rauchwolken aus seiner Pfeife; ihm gegenüber saßen die Obersörsterin und Frieda, mit weiblichen Arbeiten beschäftigt. Leise klopfte er an das Fenster. So schwach der Schall auch war, der Oberförster hatte ihn doch vernommen. Er stand auf, trat er an das Fenster und dasselbe öffnend, fragte er: „Wer da?" „Der Aron, Herr Oberförster, ists," entgegnete der Jude. „Bitte, öffnen Sie, ich habe Ihnen Wichtiges zu sagen." „Ah, unser wackerer Aron!" rief der Oberförster und eilte heraus, die verschlossene Thür zu öffnen. Kaum eingetreten, warf sich Aron erschöpft auf einen Stuhl, ohne jedoch sein Packet abzulegen. „Verzeihen Sie, daß ich mich gleich setzte. — Gott, du Gerechter, bin ich doch gelaufen!" sprach er, indem er sich den Schweiß von der Stirn trocknete. „Mutter", sprach der Oberförster, „hole dem wackeren Aron einen Trunk Wein." Die Oberförsterin ging und kehrte bald darauf mit einer Flasche und einem reichen Abendbrode zurück, den Juden nöthigend, wacker zuzulangen. Auch Frieda begrüßte den Alten herzlich. „Nun, Aron, jetzt sagt, was führt Euch so spät zu mir?" „Herr Oberförster, der Gott meiner Väter hat mich gesegnet, daß ich schon heute erfüllen konnte mein Versprechen und Ihnen bringen das Erlau'sche Familien--Archiv. „Wie, wäre es möglich!" riefen der Oberförster und Frieda fast zugleich, während die Oberförsterin erstaunt die Hände zusammenschlug. Aron öffnete sein Packet, aber er die Umhüllung wegnahm, sprach er, vorsichtig nach dem Fenster schauend: „Herr Oberförster, wollen Sie zuziehen die Rouleaux oder gehen nach einem Zimmer, wo man ist sicher vor Zuschauern?" „Wenn es Euch lieber ist, Aron, so kommt," entgegnete der An geredete. „Die Frauen können uns doch begleiten, Aron?" fuhr er fort, indem er voranschritt, ein anstoßendes Zimmer zu öffnen. „Warum sollten Sie nicht! — Geht doch, was ich bringe, das dem gnädigen Fräulein am meisten an, und die Frau Oberförsterin nimmt ja den innigsten Antheil an dem Schicksale der Erlau'sche» Kinder!" „Ja gewiß, das thue ich!" entgegnete bewegt die Frau. Alle traten jetzt in des Oberförsters Arbeitszimmer ein. — Es war ein trautes, lauschiges Stübchen, das, mit Jagdtrophäen aller Art ausgeschmückt, einen äußerst interessanten Anblick bot. Nachdem der Oberförster die Rouleaux Herabgelaffen hatte, be gann er: „Nun, Aron, jetzt sind wir vor Neugierigen sicher, jetzt sagt, seid Ihr wirklich in den Besitz des Buches gelangt?" „Ja, — hier ists!" entgegnete er und legte das reich vergoldete Buch vor die Erstaunten hin. „O, mein Gott!" rief Frieda bewegt; „wie oft habe ich dies Heiligthum unserer Familie in den Händen meines theuren Vaters gesehen!" Sie brach in Weinen aus, und nachdem die Oberförsterin sie einigermaßen beruhigt, öffnete Aron den Deckel und sprach: „Hier, Fräulein, nehmen Sie zurück Ihr Eigenthum. Es ist eine der glücklichsten Stunden meines Lebens, in der es mir vergönnt ist, einen kleinen Theil meiner Schuld gegen Sie und Ihren braven Vater abzutragen." „Wie, Aron," fragte mit bewegter Stimme Frieda, „Sie sprechen von einer Dankesschuld gegen mich, während ich Ihnen doch so viel Dank schuldig bin! — Wie gütig waren Sie gegen mich, als ich noch in der Residenz weilte, oder glauben Sie, ich hätte es nicht errathen, daß die vielen Aufmerksamkeiten und Geschenke von Zöllen kamen?" „Lassen Sie das, gnädiges Fräulein," fuhr Aron fort, „wenn ich versuchte, einen Theil meiner Schuld wett zu machen, so ist es mir gelungen bis auf den heutigen Tag. — Sehen Sie, es sind jetzt 34 Jahre her, da zog ich arm und krank zum ersten Male durch Söllnitz. — Sie werden sich noch erinnern, Herr Oberförster, es war damals eine gar böse, ernste Zeit. Ueberall zuckten die Blitze der wilden, zü gellosen Revolution empor, während Noth und Theuerung schon auf den Leuten lasteten. Ich hatte mich mühsam bis vor das Thor ge schleppt, aber dort sank ich vor Hunger und Krankheit erschöpft zu sammen. — Als ich erwachte, umstanden mich eine Anzahl Menschen, die mich mit Schimpfworten überhäuften. „Schlagt den Juden todt!" riefen Einige; „er bringt die Cholera ins Dorf — er hat uns die Brunnen vergiftet!" schrieen Andere — und ach, ich hatte nicht die Kraft, mich zu vertheidigen. Mit einem Gebet auf den Lippen machte ich mich auf mein Ende gefaßt und dul dete ruhig, daß man mich mit Koth bewarf. „Da trat ein junger, schöner Mann unter die Menge — es war j Ihr Vater, gnädiges Fräulein — und bei seinem Anblick traten alle ehrfurchtsvoll zurück. „Was giebts hier?" fragte er mit wohltönender Stimme, und als einer der Bauern rief: „Der Jude bringt uns die Cholera ins Dorf!" da sprach er ernst: „Schämt Euch, Leute! Der Mann ist krank, helft ihm!" „Aber er ist ein Jude!" tönte es wieder aus der Menge. „Herr von Erlau warf dem Sprecher einen ernsten Blick zu und entgegnete: „Er ist ein Mensch wie Ihr und das Ebenbild Gottes, zu dem auch Ihr betet. Vergeßt nicht, daß Christus, der Liebe und Barmherzigkeit predigte, auch ein Jude war!" Darauf ließ er einen Wagen holen und mich sanft darauf betten. „Fahrt den armen Mann nach dem Schlosse," befahl er; „ich selbst will den Armen aufnehmen, da die Lehre Christi noch so wenig Eingang zu Eueren Herzen gefunden hat." „Ja, es war ein ediert ein vortrefflicher Mann," unterbrach er seine Erzählung und wischte sich eine herabrinnende Thräne aus den Augen. Nach einer Pause fuhr Arvu fort: „Er ließ mich in ein schönes Zimmer bringe» »ad eine» Arzt herbeihvlc», unter dessen Pflege ich bald genas. Nachdem ich mich vollständig erholt, enließ mich Ihr edler Vater mit de» beste» Wünsche» und gab mir ein Goldstück." Er knöpfte die Weste auf und zog eine an einer Schnur nm den Hals hängende Goldmünze hervor. „Hier ist's!" fuhr er fort, „ich halt's wie ein Heiligthum und es ist nie von meinem Halse gekommen — aber es hat dennoch reiche Zinsen getragen!" — Es war, als sei es ein Talisman, mit welchem sich das Glück bei mir Einzug verschaffte. Und wenn ich dann später iiachSöllnitz kam, fand ich immer freundliche Aufnahme; wie oft haben Sie, gnädiges Fräulein, dem alten Juden Aepfel und Kuchen gereicht." „Ach!" unterbrach ihn Frieda, „wußten Sie uns doch jedes Mal durch schöne Geschenke zu erfreuen, und wir freuten uns immer auf ! Ihre Ankunft." „War ich Ihnen doch so viel schuldig! — Sehen Sie, ich bin inzwischen ein reicher Mann geworden, und wenn ich in einsamen Stunden an meinen Lebensretter dachte, dann zog ich oft das Gold stück hervor und drückte meine Lippen darauf. — Ach, wie gerne gab ich hin all' mein Vermögen, könnt ich zurückkaufen damit das Leben des edlen Erlau!" Frieda reichte dem Alten sehr bewegt die Hand und sprach: „Aron, Sie sind ein edler, vortrefflicher Marni und beschämen mit ihrem Herzen manchen Christen." „Nun, warum sollen die Christen besser sein als die Jude»! Hat uns doch gesetzt ein Gott auf seine schöne Welt!" Auch die Oberförsterin reichte dem Juden die Hand. „Aron," sprach sie, gewiß blickt heute der Geist des seligen Erlau aus den lichten Höhen des Jenseits segnend auf Euch und seine Kinder nieder; — Möge er uns den rechten Weg zeigen, der die Seinen zu Glück und Ruhe zurückführt und bald in die Herzen de» Frieden aufs Neue einkehren lassen." „Und möge er mit seiner gerechten Hand schlagen den Schurken der heraufgeschworen all das Unheil! Möge er wahr machen das Wort: Aug um Äuge, Zahn um Zahn!" fügte Aron hinzu, und Frieda schloß: „Möge er vor Allem bald die Unschuld Arthurs an das Licht kommen lassen und ihn de» guten Eltern zurückgeben!" „Das walte Gott, Amen!" fügte der Oberförster die Hände fal tend hinzu. „Da beten nun," sagte er nach einer Pause, „ein Jude, eine Katholikin und eine Protestantin vereint zu dem Ällvater droben. — Mir ists als müsse dieses Gebet Erhörung finden bei dem, der das Lallen seiner Kinder hört!" Es trat eine lange Pause ein. Endlich nahm Frieda das Wort: „Nun sagen Sie, Aron, wie ist es Ihnen möglich geworden, in I den Besitz des Buches zu gelangen?" Aron erzählte mit kurzen Worten, was wir bereits wissen, und nachdem ihm von allen Seiten reiches Lob wegen seiner Umsicht und Schlauheit gespendet worden war, machte man sich an die Untersuchung des Kästchens. (Fortsetzung folgt.) Mittheilungen über Obst- und Gartenbau. Zur Hebung der Unfruchtbarkeit unserer Obstbäume. Bon allen Obstsorten neigen vornehmlich die Kernobstarte» zur Unfruchtbarkeit hin und können dieselben aus verschiedenen Gründen unfruchtbar sein. Sehr häufig bildet ein zu starker Holztrieb die Ursache der Unfruchtbarkeit und um diese zu bän digen, wird auch ein Durchstossen einer Anzahl Wurzeln empfohlen. Da jedoch die Ausführung mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden, so wird sie leider nur zu ost unterlassen. Ein tüchtiger Obstzüchter giebt nun folgendes leicht auszuführende Behandlungs verfahren für zu starkwüchsige Zwergobstbäume an, welche diese zur Fruchtbarkeit veranlassen soll: Die Leitäste resp. Leittriebe läßt er unberührt, d. h. unbeschnitten, dagegen bricht er die zu üppig wachsenden Seitentriebe je nach der Länge einmal auch zweimal über die Messerklinge. Durch diese Manipulation wird der Baum ge schwächt und es bilden sich noch im Laufe des Jahres an den belassenen Theilen dieser jährigen Seitenzweige eine große Zahl von Holzaugen zu Fruchtaugen und Fruchttrieben um, welche dann in den nun folgenden Jahren reichlich und dauernd Früchte liefern. Sehr gut ist es, wenn man dieses Brechen der Triebe auf zwei Jahre, bei sehr großen Bäumen auf drei Jahre vertheilt, damit eine zu große Saft- stockung vermieden wird. Stehen zwei Holztriebe in unmittelbarer Berührung, so wird der untere auf Holz, d. h. auf 2—3 Augen geschnitten, der obere dagegen auf Frucht gebrochen. Sobald die Brechwunden vernarbt, werden die abgebrochenen, nur noch lose haftenden Theile der Triebe, welche zu dieser Zeit abgetrocknet sind, weg geschnitten. Zu bemerken ist dabei noch, daß beim Brechen dem stehen bleibenden Theil des Triebes mindestens eine Länge von 15—18 Ctm. belassen werden muß, denn andernfalls würde diese Operation gerade das Gegentheil von dem, was wir bezwecken, Hervorrufen. Neues Mittel gegen die Blutlaus. Bei dem immer weiteren Umsichgreifen der Blutlaus halten wir es für geboten, alle Mittel, welche mit Erfolg gegen dieselbe angewendet worden, mit der Bemerkung zur Veröffentlichung zu bringen, daß doch unsere Obstbaumbesitzer energisch möchten gegen diesen Schädling zu Felde ziehen, da wir sonst in die schlimme Lage kommen dürften, einen großen Theil unserer Apfelbäume nach dem Vorgang in anderen Län dern zu verlieren und möchten wir besonders darauf aufmerksam machen, daß ein einmaliges Ueberwaschen der befallenen Bäume in den seltensten Fällen genügt, da übersehene Eier oder Larven in kurzer Zeit wieder jungen Thieren das Leben geben. Die befallenen Bäume müssen vielmehr in kurzen Zwischenräumen stets wieder nach gesehen und jede Spur des Schädlings sorgfältig vertilgt werden. Die Herbst- und Winterbehandlung der Bäume aber muß auf die schon früher beschriebene Weise vor genommen werden. Im ,,Solistin ä'ärborioulturs" giebt Professor Eduard Phnart ein neues Mittel gegen die Blutlaus an. Es genügt nach ihm, die Weißen Stellen des Baumes (es sind dies Ausschwitzungsstoffejder Blutlaus, worunter sie verborgen fitzt) mit einem in AmYI-Alkohol eingetauchten Pinsel zu berühren und rings herum an den Fuß des Stammes einige Tropfen dieses Alkohol zu streichen. Bei Anwen dung dieses einfachen und praktischen Mittels ist man sicher, alle Läuse zu tödten, ohne das Wachsthum und die Fruchtbarkeit des Baumes zu beeinträchtigen.