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Wochenblatt für Erscheint wöchentlich L Mal (Dienstag unv Freitag. AbonnementSprei» vierteljährlich I Mark. Sine einzelne Nummer kostet 10 Pf JnseratenannaZ«« Montags u. Donnerstag» bi» Mittag 1S Uhr. für die Königl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Einun-vierzigster Jahrgang. Erscheint wöchentlich S Mal Dienstag und Freitag) UbonnementSpreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. d Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nk. 79. Dienstag, den 4. October 1881. Für den abwesenden Pauk Otto Schlicke aus Limbach ist Herr Gemcindevorstand und Gutsbesitzer Ernst Bretschneider daselbst als Abwesenheitsvormund in Pflicht genommen worden. König!. Amtsgericht Wilsdruff, am 30. September 1881. vr. Gangloff. Busch. Aeka n ntmachung. Wegen Reinigung der Localitäten bleibt das hiesige Königl. Amtsgericht Sonnabend, den 8. Oktober d. I., geschlossen. Königliches Amtsgericht Wilsdruff, am 3. October 1881. vr. Gangloff. Der laut Bekanntmachung vom 24. Juni dss. Js. auf den 8. Oktober !881 anberaumte Awangs»ersteig«rnngSt-rmi« der dem Gastwirth Christian Gottlieb Ficker in Rothschöuberg gehörigen Grundstücke Fol. 4 und 30 dcS Grund- und HypothckeubuchS daselbst wird hierdurch aufgehoben. Königliches Amtsgericht Wilsdruff, am s. Octob-r i88l Dr. Gongloff. Jugcndsparlassen. Der Hamburger Lehrervercin hat sich, wie die Leser unseres Blattes aus der Nr. vom 23. September ersahen, mit der Schulsparkassenfrage eingehend beschäftigt. Er hatte dieselben für verwerflich erklärt und dafür nicht weniger als 12 Gründe zusainmengetragen. Die letzteren erscheinen dem unbefangenen Auge inehr oder weniger gesucht und drängen fast zu der Ansicht, daß dieser Lehrerverein wohl den Haupt grund für seine ablehnende Haltung anznführen, unterlassen hat, nämlich als Nr. 13: Wir haben keine Lust, uns mit dieser Sache zu belassen. Die Sache laßt sich aber jedenfalls auch von anderen Gesichtspunkten aus betrachten, welche zu einer entge gengesetzten Anschauung führen. Es schreibt Lie in Dresden erscheinende „Sozial- Korresvondenz", Organ des Centralvereins für das Wohl arbeitender Klassen, in ihrer Nr. 20 vom Jahrgang 1881 Folgendes: Gründet Jugendsparkassen! Es bedarf wiederholter öffentlicher Anregung, um nützlichen sozialen Einrichtungen Eingang zu verschaffen. Eine solche Anregung ist am 15. Mai d. I. in Dresden auf der Generalversammlung des sächsischen Landesverbandes der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung in Betreff der Jugendsparkassen erfolgt. Aus der Tagesordnung stand das Thema „Verbesserungen im Sparkassenwesen". Der Referent hatte in einem stoffreichen Vortrage die modernen Anforderungen an die Sparkassen behandelt und dabei besonders die Nothwendigkeit einer größeren Ausdehnung und Zugänglichkeit derselben betont, sowie auch die Gründe für und Wider Schul - und Postsparkassen beleuchtet. Im Gegensatz zu dem Vorschläge, in Betreff der Schul- fparkassen erst noch weitere Erfahrungen abzuwartcn, wurde die sofortige allgemeine Einführung dieser Institute sowohl von pädagogischer, als auch von voikswirthschnft- licher und statistischer Seite lebhaft besürwortet, zugleich aber zur Vermeidung von Mißverständnissen der Name „Jugendsparkassen" vorgeschlagen. Ein Dresdner Schuldirektor berichtete über zweijährige praktische Erfahrungen mit einer von ihm eingerichteten Jugendsparkasse, wobei sich alle so häufig dagegen erhobenen Be denken als hinfällig gezeigt haben. Sparsamkeit ist eine Tugend, an welche man sich, wie zu allem Guten, schon in der Jugend gewöhnen muß. Man gelangt dazu weit eher und sicherer durch Hebung und Beispiel, als durch theoretische Belehrungen und Ermahnungen. Das Zurücklegen von Sparpfennigen von Seiten eines Kindes ist ein Erziehungsmittel zur Ordnung, Einfachheit, Selbstbeherrschung und Schonung des Eigcnthums. Man verdankt der durch Hebung gewonnenen Sitte des Sparens gesteigerte Ordnungsliebe, größere Mäßigkeit, entschiedene Kräftigung des Willens und insbesondere das Verschwinden der so gefährlichen Naschhaftigkeit. Es ist ein ^rrthum, daß das Sparen erst mit dem Zeitpunkte des eigenen Erwerbes beginnen soll. „Sparen" heißt nicht „Güter erwerben", sondern „Güter zu Rathe halten für die Zukunft". Wenn der Schüler ein Geldgeschenk erhält mit dem Recht, damit nach Belieben zu schalten, so kann er das Geld entweder für Näschereien und unnützen Tand ausgeben, oder kann es, indem er seine Gelüste siegreich bekämpft, dem Lehrer für die Jugendsparkasse überbringen. In dem letzteren Falle hat das Kind wirklich gespart und damit etwas Verdienstliches gethan. Der Einwand, daß die Anleitung der Jugend zum Geldsparcn Sache der Familie sei und die Schule nichts angehe, wird schon durch den Hinweis auf die Pflicht der allgemeinen Menschen- und Nächsten- liebe und durch die Auffassung der Schule als eines Mittels zur Erziehung des ganzen Volkes widerlegt. Wird die Uebung der Sparsamkeit der Familie überlassen, so werden nur die Kinder wirthschaitlicher Eltern in dieser für die ganze menschliche Gesellschaft nothwendigen Tugend geübt. Wenn dagegen die Schule die Uebung über nimmt, so können sich daran alle Kinder betheiligen und in einem für alles Gute noch warm empfänglichen Alter volle? Verständniß für die Bedeutung des Sparens erlangen. Hierzu kommt, daß sich nur von der Schule eine pädagogisch richtige An leitung zum Sparen erwarten läßt. Es darf nämlich bei Erziehung zur Sparsamkeit keineswegs die materielle, sondern die sittliche Seite des Sparens in Betracht kommen. Nicht um des Geldbesitzes willen, sondern zur Erreichung höherer ethischer Zwecke soll gespart werden. Das Kind soll einem augenblicklichen Genüsse entsagen lernen, um mit dem ersparten Gelbe sich Bücher, Kleider und andere nützliche oder nothwen dige Dinge anschaffen zu können, um seine Ausbildung und ökonomische Zukunft oder auch diejenige der Eltern sichen, zu Helsen So' aufgefatzt ist in jedem Quantum sauer verdienten oder ersparten Geldes eine Summe von „Charakter und Willen" verkörpert und jedem Lehrer wird durch Einführung einer Jugendfparkassc ein tieferer Einblick in die Willensrichtnng und ein Einfluß auf die Charaklerbilrung seiner Schüler gesichert. Nur der Lehrer ist zu einer indivitucllen Behandlung sparender Kinder geeignet und wird zuweilen auch lieber das Ausgeben als das Ansammeln von Geld empfehlen dürfen. Zahlreiche Lehrer, welche auf dem Gebiete wirthschastlicher Erziehung der ihnen anvertrauten Seelen praktische Erfahrungen gesammelt haben, sprechen die höchste Befriedigung darüber aus und bestätigen namentlich, daß von allen schädlichen Einflüssen, welche man hier und da von Jugendsparkaffen befürchtet, wie Neid, Geldgier, Mißgunst, Heuchelei, in der Praxis auch rein gar nichts und vielmehr häufig gerade der ent gegengesetzte Einfluß hervorgetreten sei. Außer den vorstehenden pädagogischen Gründen, welche die Zeitschrift der „Ar beiterfreund", Organ des Centralvereins für das Wohl der arbeitenden Classen, in dem neuesten Heft ausführlicher entwickelt, sprechen für eine rasche Einführung von Jugendsparkassen in Deutschland noch zahlreiche andere volkswirthschaftliche und sta tistische Momente. Wenn die gährenden sozialen Fragen befriedigend gelöst werden sollen, so muß schon in der Volksschule der Grund zu einer tüchtigen Charakterbil dung auch nach der wirthschaftlichen Seite hin gelegt werden. Die Jugend muß ernstlicher, praktischer, als bisher, zur Sparsamkeit, zur wirthschaftlichen Tüchtigkeit und zu allen damit zusammenhängenden Tugenden angeleitet werden. Sie bedarf nicht blos der Lehre, sondern auch der thatsächlichcn Uebung. Andere Nationen haben in diesem Punkte der Erziehung einen großen Vor sprung vor Deutschland. Die Jugendsparkassen sind in umfassendster Weise feit 1866 in Belgien eingciührt. Professor Laurent hatte dieselben in den Jahren 1866 bis 1867 in 4 Schulen in Gent eingeführt, und schon nach 7 Jahren waren dort von 15000 Schülern mehr als 13000 zu Sparbüchern gelangt. Die Stadtbchörden von Antwerpen, Löwen, Charleroi und anderen belgischen Städten sind rasch mit der Einführung von Jugendsparkassen gefolgt und der Erfolg hat alle Erwartungen übertroffen und namentlich Eltern und Erwachsene weit mehr zum Sparen ermuntert. — Frankreich, wo die Agitation für Jugendsparkassen 1874 begann, zählte im Jahre 1879 bereits 10,440 solcher Sparkassen mit 224,280 sparenden Schülern, und Mini ster Waddington bemerkte, daß die Erfolge dieser Einrichtung mehr Werth seien al» eine P.ovinz. — In England waren die Jugendsparkassen im August 1877 in 1008 Schulen eingesührt. In der Schweiz, Holland, Italien und Dänemark hat sich ditst Einrichtung cbewalls erfolgreich Bahn gebrochen. In Deutschland ist die Bewegung für Jugendsparkassen erst im Entstehen und cs haben sich bisher namentlich Schlesien und Sachsen daran betheiligt. Es besteht bereits ein „deutscher Verein sür Jugendsparkassen", der seinen Sitz in Glogau und Hohenwalde hat und dessen Geschäftsführer Pastor Scnckel in Hohcnwalde bei Müllü- rose p Frankfurt a. O. ist, welcher das Bestehen von etwa 300 deutschen Jugend sparkassen nochweist. Mitglied des Vereins kann jeder werden, der mindestens eine Mark Jahresbeitrag zahlt. Im Königreich Sachsen bestehen in dem erzgebirgischen Schulbezirk Annaberg von etwas mehr als 80,000 Einwohnern in 30 Ortschaften schon 30 Jugendsparkassen. Die Zahl der einlegenden Kinder ist dort vom 1. Oktober 1880 bis 31. März 1881 auf 5552 (unter 8143 Schulkindern) gestiegen, während sich die Summe der Spar einlagen in einemihalben Jahre von 6568 M. auf 22,628 M. 8S P. gehoben hat. Nur in 8 Ortschaften dieses ganzen Schulbezirks besteht zur Zeit noch keine Jugendsparkaffe, Sonach läßt sich auch in Deutschland bereits ein Erfolg auf diesem Gebiet« nach, Weisen nnd man darf gewiß mit Recht an alle Lehrer, Geistliche und gemeinnützig, Männer in deutschen Gauen die Aufforderung richten: „Gründet Jugendsparkassen!"- TagkSgeschichte. Berlin, 1. Oktober. Von einer Zusammenkunft de» Kaiser- von Rußland und des Kaisers von Oesterreich verlautet, wie die „Kreuz-Zeitung" verschiedenen Behauptungen gegenüber abermals be stimmt versichert, in hiesigen politischen Kreisen nicht das Mindeste. „Ob die Zusammenkunft etwa geheim gehalten werden soll, wie e- bekauntlich mit Danzig der Fall war, aber nicht gelang, wissen wir natürlich nicht; doch wird die ganze Nachricht andauernd bezweifelt," schreibt das Blatt. — Im Palais de» Reichskanzlers sind Vor bereitungen getroffen für die im Laufe dieser Woche erwartete Ankunft des Fürsten Bismarck von Varzin. Nur Ereignisse von ganz beson derer Tragweite, sagt man, könnten den Reichskanzler veranlassen, seine Abreise nach Berlin noch für längere Zeit hinauSzufchieben. In diplo matischen Kreisen ist man der Ueberzeugung, daß die Hierherkunft deS Fürsten mit den schwebenden Fragen der großen auswärtigen Politik nicht in Verbindung gebracht werden dürfe; daß vielmehr lediglich Angelegenheiten der innern Politik das bevorstehende Deplacement des Reichskanzlers veranlaßten. Mehrfache Beobachtungen und Erfahrungen kundiger Praktiker deuten, wie die Böhmert'sche „Sozial-Korr." hervorhebt, darauf hin, daß die industrielle Krisis, welche seit einer allzulangen Reihe von Jahren auf Deutschland lastet, doch auch manch Gutes im Gefolge gehabt hat. „In den Zeiten der Krisis und Geschäftsstockung ist schlecht spekulireu, darum richten sich Intelligenz und Kraft auf die Vervoll kommnung des Betriebes. Und fo heben denn u. A. auch mehrere deutsche Fabrikiuspektoren als ersreuliches Ergebuiß unerfreulicher Zeiten hervor, wie mau sich da und dort von veralteten, schädlichen Tradi tionen frei zu machen fucht, wie überall die Erfindungskraft angespannt wird, um erkannte Uebelstände zu beseitigen, wie die Kosten sür Ver besserung von Maschinen, für Austausch älterer gegen neuere, lristungs- fähigere nicht gescheut werden, um die Produktion billiger und besser zu machen, wie man auf Beschaffung der besten und preiswürdigsten Rohmaterialien, Verfeinerung und Vervollkommnung des Fabrikats» vortheilhaftere Ausnutzung und Schonung der menschlichen Arbeitskräfte Bedacht nimmt, wie endlich das Verständniß für internationale Wett bewerbung allgemeiner sich Bahn bricht. Während aber die großen-