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für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Gerichtsamt und den Ltadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). AbonncmentspreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags tu Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sievenlehn und die Umgegenden VechtuttLdreißigster Jahrgang. Nr. 75. IreiLag, den 20. September 1878. Friedrich. Königl. Gerichtsnmt daselbst. Dr. Gangsoff. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte soll Donnerstag, den 21. November d» I., das dem Restaurateur Gustav Bachmann zugehörige Restaurationsgrundstück, sog. „Lindenschlößchen", Nr. 294 des Katasters und Nr. 357 des Grund« und Hypvthekenbuches für Wilsdruff, welches Grundstück am 6. September 1878 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 14,892 Mark —- gewurdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den au hiesiger Gerichtsstelle aushängenden An schlag hierdurch bekannt gemacht wird. " a Wilsdruff, am 10. September 1878. Taqesgeschichte. Berlin, 16. Sept. In der heutigen Neichstagssitzung erfolgte die Berathung des Socialistengesetzes. Vicekanzler Graf Stolberg sprach Folgendes: Nach den Vor gängen der letzten Monate wird das Haus über Lie Absichten der Regierung im Klaren fein, Einzelaussührungen hierüber sind bei Lem ausreichenden Material des Gesetzes und der Motive unnöthig. Die Gefahren der Socialdemokratie werden nur Wenige im Hause leugnen. Die Regierung ist weit davon entfernt, die vorge schlagenen Maßregeln für ausreichend zu halten, denn auch auf anderen Gebieten ist Arbeit nöthig; neben dem Staate müssen freie Vereinigungen, Corporation«! und jeder Einzelne dafür sorgen, daß die Gottesfurcht, die Vaterlandsliebe, die Spar samkeit, die Treue im Handel und Wandel wiederkehren, daß die Sociaidemokrane nicht sesten Boden gewinnt, sondern daß die Trugbilder verschwinden, woraus sie basirt. Die Aufgabe der Vorlage ist es, daß die socialdemokcatgche Agitation jeden Schein der Gesetzlichkeit entbehre. Geben Sie uns scharfe, wirksame Waffen, mit halben Maßregeln wird nur geschadet. — Abg. Reichensperger (Olpe) gedenkt der ersten Socialislenvorlage, welche wegen ihrer unbestimmten Fassung abgelehnt worden sei, er gedenkt weiter des zweiten Attentates, das die Rothwendrgkert von Abwehr- ma'ßregeln nahegelegt habe. Er und seine Partei glauben indeß nicht, daß durch eine Vorlage wie Lie heutige Garantien für eine wirksame Unterdrückung der so- cialistischen Agitation gewährt würden, ja nicht einmal sür rie Verhinderung neuer Attentate. Redner bezeichnet H 1 wegen seiner Dehnbarkeit als unannehmbar, und wendet sich dann gegen einzelne Bestimmungen, namentlich die Vorschriften über die Beschlagnahme von Vereinskassen u. A. Er meint, das Gesetz müsse Lemorallsirend wirken, indem dadurch den Socialistenführern das Recht gegeven werde, ihren An hängern zu sagen, sie würden nicht mehr als Staatsbürger behandelt. Wolle man die Socialdemokratie wirksam bekämpseih so müsse man zunächst auf die inneren Ur sachen ihres Anwachsens zurückkeyren. Die Hauptschuld trage die stystematische Zer störung des-religiösen Volksbewußtseins, vor Allem thue mithin die Wwoeroerevung des Christenthums Noth. Er und seine Partei wollten sich indeß nicht rein negaiw verhalten, und wollten einer Verweisung an eine Commission nicht opponieen. ton der Commission könnte man ja untersuchen, welche Verbesserungen des Slratgesep- Hinblick auf den angestrebten Zweck sich empföhlen. — Abg. HcUvvrj (deutschkonservativ) spricht sich (ür Las Gesetz aus und sucht den Einwurf der Un wirksamkeit des Gesetzes zu widerlegen. Bevor man moralische Mittet mit Erfolg anwenden könne, müsse man die äußere Agitation unterdrücken; die Besorgniß vor einem 'Mißbrauch des Gesetzes halte er für unbegründet. Die Gefahren, die aus einer etwaigen geheimen Agitation drohten, stelle man sich wohl zu groß vor. Eine Zeit dauer der Giltigkeit festzustellen, wäre gleichbedeutend mit der Förderung der Agirarion. Redner erachtet auch die Correktnr des Wahlrechts für geboten und plawirt für eine längere Legislaturperiode. — Socialist Bebel erwähnt zunächst die Beschränkungen der socialistischen Wahlagitation und weist sodann die Unterstellungen zurück, welche die Attentate mit der socialdemokratischsn Agitation in Zusammenhang gebracht hätten. Er fragt, ob denn die Untersuchungen gegen die beiden Attentäter Anhalte sür jene Unterstellungen ergeben hätten? Er fordere die Regierung auf, Lie Pro tokolle über die Untersuchungen zu veröffentlichen. Redner gedenkt einer Depesche, in der gesagt war, Nobiling habe sich zur socialdcmokrattschen Partei bekannt; diese Depesche, welche auf einen osficiellen Ursprung zurückzuführen sei, sei falsch. Aehn- liche tendenziöse Fälschungen und Irreleitungen seien von ossicieller Seite zahlreich vorgekommen. Redner gedenkt der Majestätsbeleidigungsprvc.sse und wird hierbei wegen einer Aeußerung über die gerichtlichen Entscheidungen vom Präsidenten rek- tifizirt. Redner unternimmt es hierauf, die herrschenden Ansichten über die Be strebungen der Socialdemokratie zu corrigiren und verweist auf die angeblichen An näherungsversuche der Regierung an die Socialdemokraten von 1863 bis in die Gegenwart. Heute seien also alle Bestrebungen gemeingefährlich, die man früher Protegirt habe. Das Gesetz greife tief m das Privateigenthum ein. Mit diesem Ge setz machen Sie jede wissenschaftliche Forschung unmöglich, denn eine jede kann ge meingefährlich genannt werden. Was ist denn die Socialdemokratie, wie und wo wollen Sie die Grenze ziehen? Redner erörtert die Eons.quenzen der Unterdrückung von Zeitungen, Druckereien, Genossenschasten rc. Der M nister des Innern, Graf Eulenburg, entgegnet: Ueber die Zulassung des Materials des Processes Nobilings haben die Justizbehörden zu entscheiden. Ich weiß, daß Noblling aussagte, er habe socialdemokranschen Versammlungen beigcwvhnt und daran Gefallen gefunden und theile die Grundsätze der sociawemokrattschen Partei. Ich bin überzeugt, daß das Treiben der Socialdemokratie geeignet ist, in den verwilderten Gemüthern Ver wirrung und Neigung zu staatsgefährttchen Tendenzen zu erregen. Darin stimmt die üästss. Brests aller Parteien, abgesehen von der socialdemokratischcn, überein, Die sociallsüsche Preise hat die Attentäter exkulpirt, sie hat dis Gesellschaft dafür ver antwortlich gemacht, sie hat den Attentaten in Rußland zugest mmt, die ausländische Presse der Partei hat den Unthaten Hödel's zugejauchsi Die Svcialisten ihre Lehren, ihre Tendenzen sind dafür verantwortlich, daß solch- Unthaten vorkommen. (Beifall rechts.) Es ist falsch, daß die Socialdemokratie friedliche Ziele verfolgt. Marx sagt: .Unsere Zwecke können nur durch gewaltsamen Umsturz erreicht werden", ähnliche Aussprüche finden sich in Bebels Schristen. Der Staat befindet sich im Stande der Nothwehr, er greift zu den Mitteln, zu Leuen er greifen muß, um den bedrohten Staat und die gefährdete Gesellschaft zu schützen. Ueber frühere Verbindungen der Regierung mit der Socialdemokratie weiß ich nichts, aber ich betone, daß die Re gierung die Pflicht hatte, die Wurzeln der Bewegung und ihre Verbreitung kennen zu lernen daß in neuester Zeit aber die Verbindungen erneut angeknüpft worden seien ist eine Behauptung, die unerwiesen ist und die ich auf das Bestimmteste be streite. (Beifall.) — Abg. Bamberger beantragt die Ueberwcisung der Vorlage an eine Commission von 21 Mitgliedern. Bebet's Rede habe den unwiderleglichsten Beweis geführt daß kein Nüttel unversucht bleiben dürfe, den Gefahren zu entgehen, welche die Socialdemokratie ,m Gefolge hat. Redner betont die Nothwendi leit, schon jetzt Schutzmaßregeln vorzukehren und mclst erst den Hereinbruch der Kato- firophe abzuwarten, Len die Mäßigung etnzelner Agitatoren und wrssenschastttche Be- handlungsweise nickt aushalten würde; srcilich habe mgn die Sache nicht rechtzeitig angcfangen, man hätte den Charakter des Ausnahmegesetzes nicht zu persönlich gegen die Socialdemokraten fassen dürfen, man hätte sie mehr sachlich halten sollen. Es sei jetzt die Aufgabe, diesen Fehler gut zu machen Redner erörtert die Definition im tz 1, untersucht den Charakter und den Ursprung des Socialismus und wieder holt, man müsse die Bewegung eindämmen, aber man müsse genau definiren, was istan bekämpfen und beseitigen wolle und was nicht: Das Anfhetzen der Klassen gögen einander müsse aufhören. Redner will eine Beschränkung der Zeit und eine Revisionsinstanz, die größere Garantien biete. Darauf erfolgte um 3^ Uhr Nach- mütags die Vertagung auf morgen früh 11 Uhr. Berlin. Nachdem am letzten Sonnabend Abend das Counts für die Wil Helmspende von dem geschäftsführenden Ausschüsse Bericht über die Sammlungen entgegengenommen, erfolgte Sonntag Mittag die Uedergabe der Spende an den Kronprinzen. Das Co- mitv war sehr zahlreich vertreten, an seiner Spitze erschien Graf Moltke, ferner Graf Eulenburg-Prossen, Freiherr von Forckenbeck, Bürgermeister Duncker, der Präsident der Seehandlung, Excellenz Bitter. Die Uebergabe erfolgte in einem Depositenschein über 1,800,000 Mark, welche in der Scehandlung deponirt sind. Die Zahl der Geber beziffert sich aus 11,500,000, die der mit Beiträgen vertretenen Gemeinden auf 75,000. Die Audienz währte nahezu eine halbe Stunde. In einer am Sonnabend Abend abgchaktencn Versammlung des soeialdemokratischen Vereins zur „Wahrung der In teressen der werkthatigcn Bevölkerung Berlins" sprach der Neichs- tagsabg. Wiemer über den Sociaiistcngcsetzcntwurf. Diejenigen, welche m dem ziemlich großen Lokal keinen Einlaß mehr finden konnten, dielten sich in dem anliegenden Garten auf. Herr Wiemer, früher Schlossergeselle, kritisirte den Gesetzentwurf, ohne jedoch irgend welche neue Momente heroorzubrinaen. Als der Redner bemerkte, das Aus- nadmegesetz dürfte bewirken, daß die Gelder von Kranken- und Unter- stütznngskassen confiszirt und zu entgegengesetzten Zwecken verwendet würden, rief aus der Mitte der Versammlung jemand das Wort: „Lächerlich" durch den Saal. Darauf schloß der beaufsichtigende Beamte die Versammlung. Nach dem üblichen Hoch auf die Social- demvkratie von Seiten der Versammelten leerte sich ruhig der Saal. Rom, 13. Sept. Der Papst soll von gewissen Spitzen des deutschen Ultramontanismus Schriften und Meldungen mit dem An sinnen erhalten haben, dem deutschen Reichskanzler keinerlei Zugeständ nisse zu machen, bevor derselbe alle gegen die Kirche und namentlich gegen die Jesuiten erlassenen Gesetze außer Kraft gesetzt habe. Außer dem weiß der Papst, daß in ultramontanen Kreisen Deutschlands sehr eifrig im obigen Sinne agitirt wird. Dertliches und Sächsisches. Nossen. Am 14. Sept, ist die Expropriation für die Nossen- Lommatzscher Bahn zu Ende geführt worden. Die Bauvorbereitungen haben bereits begonnen und wird der Bau selbst voraussichtlich in allernächster Zeit seinen Anfang nehmen. Eine Auszahlung von Postvorschüssen gleich bei der Ein lieferung der Sendungen findet allgemein nicht mehr statt. Die Be nennung „Postvorschuß" kommt in Wegfall, dafür wird überall die Bezeichnung „Postnachnahme" einaeführt. Bei jeder Nachnahme muß Nachnahmesumme in Zahlen, beziehentlich des Markbctrages in Zahlen und Buchstaben, auch Name und Wohnort des Absenders deutlich und vollständig auf der Adresse, und bei Paketen auf der Paketadresse sowohl als auch auf der Aufschrift des Pakets angegeben sein. In grüßen. Orten ist vom Absender auch desseen Wohnung nach Straße und Nummer hinzuznsügen. Der Absender erhält bei Einlieferung jder Nachnahmesendung eine Bescheinigung über den Betrag. Bei unfrankirten Nachnahmesendungen wird wie bei andern unfrankirten Sendungen das Porto vortaxirt, und zwar einschließlich der Nach nahmegebühr. Die Bestellung findet in gleicher Weise statt wie seit her bei den Vorschubsendungen. Die als unbestellbar zurückkommen den Nachnahmesendungen sind dem Absender wieder znznstellen, und zwar gegen Rückgabe der demselben bei der Einlieferung crthcilten Bescheinigung. Dresden, 16. Sept. Das „Dresdn. Journal" veröffentlicht ein Gesetz vom 7. Sept., wodurch das Finanzministerium ermächtigt wird, die sächsische öprocentige Staatsschuld vom Jahre 1866, sowie die öprocentige Prioritätsanleihe der vorm. Leipzig-Dresdner Eisen bahn in eine 4procentige Staatsschuld umzuwandeln, resp. zur Tilgung der ersteren eine Zprocentige Rentenanleihe aufzunchmen.