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Wochenblatt für für »ilsdrnff, Timm», Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abonneinentspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montag? u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). AbonncmentspreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnscratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. für die Kimigl. Amtshauptmannschaft zn Meißen, des König!. Gcrichtsamt und den Stndkeih zn Wilsdruff. Achtund-reißigster Bahrgang. Nr. 35. Ireitag, den 12. Juli 1878. Bekanntmachung. Nächsten Montag, den IS. -S. Mts., Vormittags 9 Uhr, sollen am hiesigen Armenhause verschiedene Nachlaßsachen als: Kleiderschränke, Stühle, Bettstellen, Federbetten, Uhren, Kommoden, Kleidungsstücke u. a. m. gegen gleich baare Bezahlung meistbietend ver- auetionirt werden. Wilsdruff, am 11. Juli 1878. Der Stadtgemeiuderath. Ficker, Brgmstr. Welche häusliche Erziehung wird unserem Volke wieder nufhelsen? Es gibt viele unklare Geister, die wollen der ganzen Menschheit auf einmal helfen, nochIdazu nur mit Paragraphen oder Barrikaden, alfo äußerlich. MUnd doch gibt's kein Gesetz, das nicht seine Hinterthürchen hätte, keine Unthat, die nicht heimlich noch möglich wäre, keinen Volksbe- glückertraum, der nicht seinen starken Zusatz von Rausch und Nebel hätte. Unser Volk ist schwer krank, äußere Kuren können ihm nicht helfen. Es muß von innen geholfen werden. Nur der Geist macht lebendig — und gesund. Vor Allem aber: kehre Jeder vor seiner Thür! Es liegt auch vor jeder Thür ein besondrer Schmutz, jedes Volk, jede Gemeinde, jedes Haus hat seine besonderen Sünden und dazu seine besonderen Versuchungen, aber auch dagegen seine besonderen Gaben und Kräfte. Drum wollen wir uns nicht gleich auf die Rcdnerbühne des Reichs tags stellen, sondern uns erst in unseren Häusern umsehen. Und wären auch manche der Glieder eines Deutschen Reichstages blind für die Schäden ihres eignen Hauses und Tagewerkes, so sollte das für uns doch nur ein Antrieb sein, um so weiter die Augen aufzuthun, in unserem eigenen Hause. Die Wurzeln unseres häuslichen Glückes liegen in unseren Kindern. Wer's mit seinen Kindern leicht nimmt, der versündigt sich an ihnen und damit zugleich an der Zukunft feines Volkes. Das erste Stück heilsamer Erziehung aber ist der beständige Ge danke an den Werth der Kinderseele. Welch reiche Liebespfänder gibt uns Gott in unseren Kindern! Darum sei nicht sorglos darüber, welche Straße deine Kinder ziehen. Beuge sie frühe unter deinen älterlich-ernsten Willen, entlasse sie nicht zu frühe deiner Zucht, daß sie uicht alsbald den Versuchungen des Lebens erliegen. Doch darf deine Zucht nicht Willkür und kalte Härte sein, mit der du das Kindes herz von deinem Herzen wegstößest. Nur auf der andern Seite nicht weichlich! Dein Kind muß frühe lernen, daß cs eine Ordnung des Lebens gibt, unter der Arm und Reich, Alt und Jung, König und Knecht steht, daß das Entweichen aus dieser Ordnung einen Todes fluch bringt. Mag ihm die Ruthe dazu verhelfen, wenn Blick und Wort nicht ausreicht. Und das werden seltene Kinder sein, die der Ruthe nicht bedürfen. Gibst du sie deinem Kinde nicht frühe schon auf den Rücken, so kommt sic ihm später in die Hände — gegen dich! Hab' ich doch schon manches Vater- und Mutterherz, das sich in falscher Liebe vor der Ruthe entsetzte, später über sein Kind jammern und brechen sehen! Schon der alte griechische Weise Plato sagt: Ohne Ruthe läßt es sich nicht erziehen. Uud das Loblied der heiligen Schrift auf die Ruthe ist ja bekannt. Wie lieb haben dagegen früh in strenger Zucht der Liebe gehaltene Kinder später ihre Aeltern! Unser Zeitalter ist ein ruthenloses d. h. die Zucht von Oben nach Unten fehlt! drum werden Unten so viele Ruthen gefchnitten für Oben! Solche verkehrte Welt ist eigentlich auch in der Ordnung, ja sie ist selbst eine göttliche Zuchtordnung für die Völker. Unsere Jugend muß wieder Respect lernen. Dadurch aber, daß deine Kinder etwa früher schon Etwas ver dienen, wirst du deiner Pflicht nicht quitt, sie in Zucht zu halten. Wer sich noch nicht selbst erziehen kann, muß erzogen werden. Nun aber zeige deinen Kindern durch dein ganzes Thun, daß du mit Freuden und weil du des höchsten Gewinnes gewiß bist, dich täglich unter Gottes Führung und Ordnung stellst. Bete vor ihnen, mit ihnen und für sie, aber herzlich und mit Wahrheit, dann wird dein Gebet nicht falsch feierlich und nicht geschäftlich weihelos sein, sondern eine Macht über deine Kinder, über dein ganzes Haus. Waffne deine Kinder gegen den Spott über das Gebet, als sei es nicht erhörbar; denn Gott giebt auch, wenn er viel Erbetenes versagt, Jedem das Beste, sein ewiges Heil. Laß dich in deinem „Haussegen" durch keinen Fremdling stören, du würdest ja sonst vor deinen Kindern und deinem Gesinde die Menschen über Gott stellen. Waffne die Deinen gegen den Spott über Gotteswort, als sei es durch die Wissen- ; schäft überwunden und voll von schlüpfrigen Stellen; denn es will nicht Wissenschaft lehren, sondern das Heil offenbaren, was keine Wissenschaft kann, und zu den Erzählungen von schlimmen Sünden fügt das Gotteswort allemal den Stachel des Gerichts über die Sünde, , auch haben die Herzen schon viel Unreines gehört und gesehen, ehe sie an die Bibel kommen. Dein ganzes Thun muß eine lebendige Predigt vor deinen Kindern werden, fröhlich in Erkenntniß der gött lichen Beschirmung und doch ernst in Erwartung des göttlichen Rech nungstages. Und mit einem Haufe, in welchem sich Alles in freudigem Ernste regt, muß es wohl stehen. Alle Tugenden mußt du deinen Kindern Vorleben; sie dürfen sie nicht blos aus den schönen Lesestücken ihres Schulbuches kennen. Vor Allem muß du ihnen Wahrhaftigkeit anerziehen, sonst kommst du ihnen nie au's Herz. Laß nie die Nothlüge gelten bei deinen Aussagen, dann werden auch deine Kinder dich nie „aus Noth" ohne Noth anlügen. Laß dich nie verleugnen, wenn du doch zu Hause bist. Du wirst's auch nicht uöthig haben, wenn du guten Grund hast, einen Menschen abzuweisen und wenn du dein Haus so einrichtest, daß Niemand dich unfertig überraschen kann. Die Noth lüge aber ist ein Schooßkind der „Gebildeten" und „Ungebildeten", und der Name muß außerdem für jede Lüge herhalten. Hast du aber deine Kinder zur Wahrhaftigkeit erzogen in wahrhaftiger Liebe, so kannst du ihnen auch bei Verschuldungen, die sie dir offen gestehen, wieder aufhelfen, während unwahre Kinder im Schlimmen sich heim lich fortentwickeln, und der Harm deines Alters und der Fluch der menschlichen Gesellschaft werden, wie heute am Tage ist. In der Wahrhaftigkeit wurzeln alle Tugenden, die schon in der Kinderstube gepflanzt werden müssen. Das Viel-Branchen in unserer Zeit ist ein Selbstbetrug- Und wäre in der Welt mehr Sparsamkeit, so wäre weniger Elend. Darum laß deine Kinder nicht Unnützes und Ueberflüssiges kaufen, Brauchbares wegwerfen, halbbeschriebene Bücher bei Seite legen, zu tausend Geburtstagen flitterige Geschenke austheilen. Laß sie von dir lernen, nicht über den Durst trinken, nicht über den Hunger essen. Denn diese heut allgemein gewordene Unmäßigkeit ist eigentlich unter dem Thiere, ein Hauptfactor des nationalen Elendes. Mache deinen Kindern die Sparkasse lieb. Die Sparsamkeit mit dem wichtigen Capitale, das wir Zeit nennen, ist der Fleiß. Dulde den Müßiggang nicht in deinem Hause! Es braucht darum nicht immer Klipp Klapp oder trepp auf trepp ab zu gehen und deine Kinder sollen nicht im zarten Alter und zu anhaltend an die ergreifende Arbeitsstätte geheftet sein. Nein, es soll nur auch die der Ruhe bestimmte und nöthige Zeit inne gehalten und mit VerstanIBfür die Kräfte des Leibes ausgenützt uud Sonntags und an schönen Sommerabenden (z. B. auch auf Spaziergängen, die dann kein Luxus sind) unter vollen Zügen erquickender Luft zugleich ein fördersamer Gedankenaustausch gepflegt werden. Verpfusche die Gedanken deiner Kinder nicht mit dem Sprachmißbrauch, der mit dem Namen „Arbeiter" getrieben wird, laß sie ihre Ehre darin setzen, täglich fleißige „Arbeiter" zu sein. (Schluß folgt.) Taqesgeschichte. Wir sind immer noch nicht ganz einig im Deutschen Reich und sind es morgen vielleicht auch noch nicht. Herr Gustav Godefroy in Hamburg, einer der größten deutschen Rheder und Kaufleute, hat ein Flugblatt ausgehen lassen, in welchem er mit dem Liberalismus schlimm umspringt und gesteht, er würde viele liberale Gesetze und Reden in den Kauf geben für eine strengere Justiz, Verwaltung und Polizei; ihm scheine es oft, daß die Gesetze weniger für die ehrlichen Leute als zu Gunsten der Gesetzübcrtreter gemacht würden und daß man, wenn nur der Rechtsboden gewahrt sei, den Staat darüber zu Grunde gehen lasse u. s w. Eine Autorität dagegen ist Godefroy in Handels- und Zallsachen, und bezüglich dieser sagt er: „Bon der richtigen Lösung der wirthschaftlichen Frage hängt die innere Ruhe des Reiches zum großen Theile ab; denn der leere Magen erzeugt und vermehrt die Socialdemokraten. Es stehen sich die Systeme des Freihandels und gemäßigter die Ungleichheit und die Lasten unserer Industrie ausgleichender Zölle gegenüber. Ich war früher Freihändler, bin aber jetzt überzeugt, daß nur mit dem System der gemäßigten ausgleichenden Zölle Deutschland wieder auf einen grünen Zweig kommen wird. Es bricht sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn, daß es ungerecht ist, unsere Staatsangehörigen in ihren Gewerben Steuern zu unterwerfen, denen der Fremde sich entzieht, daß unsere Arbeiter nicht von Tagelöhnen leben können, welche wir an fremde Länder zahlen, — daß Deutschlands Industrie wenigstens auf die gleiche Behandlung von seinen Nachbarn Anspruch machen kann, wie solche Deutschland denselben angedeihen —daß ein Land nur