Volltext Seite (XML)
Pforte und der hellenischen Regierung wieder beträchtlich gespannt seien. Es werde frei die Ueberzeugung ansgedrückt, dass im Falle weiterer russischer Erfolge eine Erhebung in Thessalien und Theilen von Makedonien zuversichtlich erwartet werden wöge. König Georg weile noch immer iu dem Lager in Theben. Die Truppen begrüßen ihn mit Rufen nach Krieg. 30,000 Mann seien längs der Grenze staffelförmig ausgestellt. Der Zweck der Kriegspartei sei anscheinend nickt, eine wirkliche Kriegserklärung zu erlangen, sondern die Ver sicherung zu erhalten, daß die Regierung vorbereit ist, ihren hellenischen Landsleuten Beistand zu leisten und sie zu schützen, wenn der Aufruf zu den Waffen erfolgt. OertlicbeS und Sächsisches. Weistropp, 5. November. Der heutige Tag war für die hie sige Schulgemeinde, welche aus den Ortschaften Weistropp, Klein- Schönberg, Witdberg, Huhndorf und Niederwartha gebildet wird, ein höchst bedeutungsvoller Tag, da die Weihe des neuerbauten Schul hauses stattfand. / Das Läuten mit sämmtlichen Glocken verkündete Len Beginn der Feierlichkeit. Die Kinder der 1. Classe, sowie die erschienenen Glieder der Gemeinde versammelten sich Vorm. 10 Uhr im alten Schulhause. Nach dem Gesäuge der beiden Verse: „Sprick- Ja zu meinen Thaten )<." und „Mit Segen mich beschütte n." er griff Herr Leupold, Kirchschullehrer hier, das Wort. Gewandt wußte derselbe dieDlicke der Zuhörer in die Vergangenheit zurückzuführen und de» Abschied vom alten Schulhause den Anwesenden ans Herz zu legen; trefflich lenkte er mit Worten der Freude die Gedanken hin in die Zukunft. Nachdem der Vers: „Unsern Ausgang segne Gott rc" gesungen war, verließen Alle das alte Schulhaus, um'uie wieder über dessen Schwelle zu trete». Bereits waren die übrigen Kinder auf dein Schloßhof versammelt und in Reih und Glied aufgestellt, sodaß derFcstzug von der allen nach der neue» Schule sofort beginnen konnte, welcher folgendermaßen geordnet war: Voran schritt der Zug führer, welchem die beiden Lehrer folgten. Darnach trug von drei Mädchen das eine die Bibel, das zweite den Schlüssel und das dritte das Hauptbuch der Schule. Dann folgten die Schuljugend, die beiden Bauvorsteher, die beiden Baumeister Herr Schuster aus Taubenheim u. Herr Partzsch aus Wilsdruff, der Patron der Kirche, Herr Legalions- raih Domherr vr. Keil, Rittergutsbesitzer aus Weistropp, Herr Pastor 1)r. Schönberg und Here Bezirksschulinspector Wangemann aus Meißen, die einzelnen Glieder des Schulvorstandes und endlich die Glieder der Gemeinde. Als vor der neuen Schule der Vers: Sei Lob und Ehr' dem höchsten Gut rc." gesungen worden war, folgte eine Ansprache des Herrn Pastor Or. Schönberg. Sie enthielt als Hauptinhalt einen Rückblick, eine Klarlegung der Bedeutung des Tages und eine Bitte nm Gottes Segen beim Lehren und Lernen im neuen Schulhause. Darnach wurde der Vers: „So kommet vor sein Angesicht rc." ge sungen. Hieran schloß sich die Ueberrcichung des Schlüssels. Das Mädchen, welches selbige» getragen hatte, überreichte diesen dem Herrn Banmeister Schuster, dieser dem Herrn Vauvorsteher Wiedner und von diesem gelangte derselbe in die Hände des Herrn Kirchschul- lehrer Leupold, welches das neue SchulhauS im Namen der göttlichen Dreieinigkeit eröffnete, worauf sich sämmtliche Schulkinder und die Er wachsenen in dasselbe begaben. Nach einer kurzen Ansprache des Herrn Lehrer Leupold an die kleineren Kinder, welche die Wcihrede nicht mit anhören konnte», wurde» die beiden ersten Verse des Liedes: „Ach bleib mit deiner Gnade rc." gesungen. Hierauf hielt Herr Be zirksschulinspector Wangemann die Weihrede. Er wählte als Thema derselben die geschichtliche Entwickelung der Volksschule, die Bedeutung derselben und endlich der Segen derselben. Der Gesang des Verses: „Ach bleib mit deinem Segen rc.", ein Gebet des Herrn Pastor und i der Gesang des Verses: „Lob, Ehl' und Preis sei Gott rc." endete die Weihe. Auf diese Feierlichkeit folgte gegen ^2 Uhr ein gemein schaftliches Essen im Saale des hiesigen Gasthofes, wobei die Be- Iheiligung seitens der Gemeinde zur Freude Aller eine recht rege war. Die verschiedensten Toaste trugen zur Erheiterung bei. Ein gcmülh- liches Tänzchen endete die wirklich herrliche Feier. Dresden. Allerhöchstem Befehle zufolge wird am königl. Hofe wegen erfolgten Ablebens Ihrer Maj. der Königin Mutter Amalie von Sachsen die Trauer auf, 12 Wochen, vom 9. November ds. Js. bis mit 31. Januar k. Js. angelegt, und nach dem vom Obcrhof- marschallamte ausgegebeneu Reglement getragen. Wilsdruff. Die seit ca. 10 Jahren aus den bescheidensten Anfängen zum jetzigen Umsauge herausgewachsene Colonialwaaren- und Butter-Handlung des Kaufmanns Johannes Vorschau in Dresden, Freibergerplatz 25, legt dem heutigen Blatte sür hiesige und auswärtige Abonnenten ein Waaren-Verzeichniß bei. Die Ver breitung dieses Verzeichnisses erfolgt in 100,000 Exemplaren und wird durch Beilagen zu 25 Zeitungen hinaus befördert. Der Verkehr im genannten Detail-Geschäft ist in Folge der dort geführten guten und preiswürdigen Waaren immer äußerst lebhaft und wurde», wie die seit 5 Jahren eingcführlen Cassa-Coupons Nachweisen, monatlich 18—20,000 Kunden expedirt, jährlich mehr als ganz Dresden Einwohner hat. Meerane. Der von dem inhaftirten Schubert am 4. November durch Beilhiebe verletzte Weber Körner ist am 8. November im Stadt krankenhause gestorben. Aer rothe Zwerg. Nach mündlichen Mittheilungen von E. Heinrichs. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. „Mir machte die Geschichte eigentlich selber Spaß," fuhr der Kleine rasch fort, „nur der Spruch, den ich nach des Verwalters Vor schrift dabei hersagen mußte, gefiel mir gar nicht, ich fühlte selber Grauen und Äugst dabei und kam mir dann wie ein wirkliches Ge spenst vor. Nun, ich will's bekennen, daß mir in dem Augenblick, als Herr Thomsen in dem Hellen Mondenschein so munterdahertrabte, zum ersten Male der Gedanke kam, ich begehe ein wirkliches Unrecht; wie groß meine Sünde war, habe ich erst später eingesehen. Als der Reiter auf dem Kreuzwege angekommen, sprang ich plötzlich aus dem Schatten hervor, es mochte wohl aussehen, als wäre ich aus der Erde gewachsen. Ich streckte, wie der Verwalter es mir vorgeschrieben, die Hand drohend gegen ihn aus und rief ein dumpfes Halt! Das Pferd bäumte scheu zurück und wollte einen Seitensprnng thun, doch Thomsen hielt cs mit kräftiger Faust fest und schrie: „Wer da, was soll die Gaukelei?" Er schien mich noch nicht recht gesehen zn haben. Als mich nun mitten im Wege Ler Mond ganz hell beschien, mochte ich Wohl genau wie ein Zwerg und gespensterhaft genug aussehen. Thomsen stieß einen Schreckeusschrei aus und hielt vor mir so un beweglich zu Pferde, als wären Beide aus Stein gehauen. Das war mir nun wieder spaßhaft, ich schrie deshalb mit ganz heiserer Stimme meinen abscheulichen Spruch her: „Sich' mich au, ich bin der rothe Zwerg von Hirschbye; wer mich anschaut, wird wahnsinnig. Du willst die Tochter heimsühreu, das soll nicht sein, d'rum seid beide verflucht bis an Euer Ende! Wahnsinnig sollst Du werden, wehe, wehe, wehe!" „Entsetzlich!" murmelte Carlsen, heftig erbebend und ans Fenster tretend, welches er rasch aufsticß, uni frische Luft zn schöpfen. Sein Gesicht war todlenblaß, er schien in diesen wenigen Minuten um mehrere Jahre gealtert zu sein; der alte trotzige Mann mußte in diesem Augenblick einen recht bitteren Kelch leere». „Es ist genug" sagte er nach einer kleinen Pause, „das Uebrige will ich Dir erlasse», wir keimen die fürchterliche Fortsetzung. Geh', ich werde mein Wort gegen Dich halten." „Es ist noch nicht zu Ende," bemerkte ich mit fester Stimme, „noch Wichtiges ist zu enthüllen." „So erzähle weiter," sprach Carlsen, indem ein schwerer Seufzer seiner Brust sich entwand. „Herr Thomsen stieß ein schauerliches Gelächter aus, als ich mich in deu Schalten zurückzog," fuhr der Kleine in seiner Erzählung fort, „und galoppirte wie ein wirklich Wahnsinniger davon, daß mir angst und bange dabei wurde, und ich schon damals gleich die Geschichte bereute. Der Verwalter gab mir die zehn Thaler, mit dem Häuschen hielt er mich hin bis auf den heutige» Tag, wo es abgemacht ist, daß der Mathias es bekommen soll. »Ja, ja," nickte Carlsen düster, „er hat mir genug zugesetzt, Dir das Häuschen zu geben, was auch geschehen wäre, wenn ich's dem Matthias nicht längst schon versprochen hätte. So sollte cs das Vlutgeld Dcincr Verrätherei sein, Blutgeld sür so viel Unglück und Betrug." „Ich sah cs zu spät ein, lieber Herr, was der Verwalter eigentlich im Sinne führte," sprach der Kleine wchmüthig und reuevoll weiter; „als ich's aber recht merkte, woher der Wind wehte, und daß der schlaue Däne cs auf nichts Geringeres als auf das schöne Hirschbye abgesehen habe, sing ich an, all' seine Schrille genau zu erforschen und zu beobachlen. Den künftigen Schwiegersohn hatte er glücklich auf die Seite gebracht. Ich weiß auch, daß er selber ein Auge auf Fräulein Mathilde geworfen hatte; als auch sie unheilbar krank wurde, war es ihm ebenso recht. Dem Menschen mußte nuu auch Alles nach Wunsch gehen; ich habe seine heimliche Freude wohl gesehen, als Ler junge Herr auf und davon ging. Nun galt's ihn für immer bei dem Vater anzuschwärzen, daß an keine Versöhnung mehr zn dcnken sein konnte. Der Verwalter war damals und zuweilen auch jetzt noch ein recht liederlicher Patron; aber cr verstcht'S die Dinge heimlich zu be treiben, und vor der Welt und deu Rügen seines Herrn den Frommen zu spielen. So hielt er sich eine Geliebte, welche sich für die des jungen Herrn ausgeben mußte; sein eigenes Kind — „Mensch, du lügst!" unterbrach ihn Carlsen mit vor Aufregung heiserer Stimme; „das wäre zu teuflisch!" „So wahr Gott mich Hörl, ich rede die Wahrheit, Herr Carlsen!" versetzte der Kleine feierlich; „kein Titelcke» darunter, noch darüber. Alle Schulden, welche Sie für den jungen Herrn zu bezahlen glaubten, hatte der Verwalter gemacht; ich habe es ihm an diesem Abende in's Gesicht gesagt, weshalb er mich umbringcn wollte; — dieser Herr ver hinderte den Mord." „Golt fügte cs, daß ich zu Fuß hcimkchrcn mußte, um Zeuge jener Einhüllung zu sein, und ein Verbrechen, mit welchem die Büberei auf ewig begraben worden wäre, zn verhindern." „Und was führte Dich mit dem Verwalter wieder am späten Abend nach jenem Kreuzweg?" fragte Carlsen mit leiser Stimme. „Hm, das ist eigentlich wieder eine neue Geschichte für sich," er widerte der Kleine; „ich glaube, cs war diesmal aus den fremden Herrn, welcher gestern zum Besuch aus Hirschbye angekommen, ab gesehen; er kam nicht recht damit heraus. „Dieser Fremde ist ein Spion," sagte er, „er will uns in's Netz locken mit dem rothen Zwerg; wir müssen ihn bei Zeilen unschädlich machen. Ich wollte nichts da mit zu thun haben und pochte auf meinen Lohn von damals, hielt ihm auch sein Sündenregister vor, worauf er mich umbringen wollte. „Und er, — der Verwalter, — wo ist er geblieben?" „Den haben wir ganz vergessen." „O nicht doch," lächelte ich; „er hat nur Stubenarrest, entkom men kann er freilich nicht. Wir mußten ihn scstbinden, und haben ihn so nach Hause getragen," bemerkte ich, zu Carlsen gewandt, „von dem Knebel habe ich ihn'befreit, doch meißle ich ihm freilich die Bande noch lassen," „Er ist in seiner Wohnung? »Ja." „Gut, so begleitet mich Beide zu ihm," sagte Carlsen entschlossen, es muß heule noch Alles zwischen uns abgemacht sein." Wir folgten ihm schweigend, Peter Hansen hielt sich etwas scheu hinter meinem Rücken. Droben in der Stube des Verwalters war Licht, ich bemerkte es mit Ueberraschung und Schrecken; wußte ich doch zu bestimmt, daß ick ihn im Mondlicht zurückgclasscn hatte. Noch war die Stubenthür freilich von außen verschlossen. Carlsen schloß die Thür aus und trat hinein. Er prallte mit einem Aufschrei zurück. Ich drängle mich vor, und stand erstarrt, an der Wand hing der unselige Jensen. „Gericht Gottes!" murmelte Carlsen, sich wankend an einem Stuhl lehuend, o mciuc Kinder, meine Kinder!" Die Erschütterung dieses Abends war zu stark für den alten Mann, — er sank ohnmächtig iu meine Arme. Welch ein creignißvoller Tag! — (Forts, folgt.) Vermischtes. Köln, 24. October. Am 2l.d. M. sind 6 ehemalige Soldaten, davon 4 von hier und 2 aus der Umgebung, welche wegen Ver gehens gegen ihre Vorgesetzten im Kriege von 1870/71 zum Tode verurthcilt, jedoch zu lcbenslänglichcr Festungshaft begnadigt worden waren, in Freiheit gesetzt worden. Sie waren vom Kaiser auf ein Gnadengesuch hin, welches ihm bei dem neulichen Besuche derRhein- proviuz von Angehörigen und Kriegskameraden überreicht wurde, be gnadigt worden. Manche von ihnen fanden die Verhältnisse in ihren Familien sehr verändert. Einer aus Ensen sah Frau und Kind nicht ' wieder, da beide mittlerweile das Zeitliche gesegnet hatten.