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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebentel)» und die Umgegenden. Amtsblatt iir die Kömgl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal 1 Mark. Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag 12 Nh?» 85. " FreÜW, den 26. Ottober 1877. Bekanntmachung. Dienstag den 30. dieses Monats bleiben die hiesigen anüshauptmannschaftUchen Cauzleilocalitäten wegen deren Reinigung ge schlossen. Königliche Amtshnuptmannschaft Meißen, am 20. Oe^er 1877. von Bosse. Von dem unterzeichneten Gerichtsamte soll- n den 29. Deeember 1877 die dem Mühlenbesitzcr Eduard Herman« Bretschneider in Alttanneberg zugehörigen Grundstücke No. 39 des Catasters und Folium No. 32 des Grund- und Hypothekenbuches für Alttanneberg, sowie No. 33 des Brand-Catasters und Folium No. 18 des Grund- und Hypothekenbuches und No. 39 des Brand-Catasters, ingleichen Folium No. 24 des Grund - und HypothekenbuckM für Groitzsch, Groitzscher Antheils, welche Grundstücke am 19. Oktober 1877 ohne Berücksichtigung der Oblasten und zwar das an erster Stelle erwähnte Grundstück auf 46,971 Mark —das an zweiter Stelle gedachte auf 3,720 'Mark —- und das zuletzt erwähnte auf 37,128 Mark —- gewürdcrt worden sind, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hier durch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 20. Oktober 1877. Königliches Gerichts-Amt. — 1)' Gangloff. BekMltmä Der am 1. November d. I. fällige 2. Termin der Einkommensteuer ist bis spätestens MN 14. November 1877 bei Vermeidung executivischer Beitreibung an die hiesige Stadtkämmerei zu entrichten. Wilsdruff, am 24. October 4877. Der Stadtgemeinderath. Ficker. Tagesgeschichte. Berlin, 22. Octobcr. Am 23. October sind 20 Jahre ver flossen seit dem Tage, an welchem der schwer erkrankte König Fried rich Wilhelm IV. seinen Bruder, den Prinzen von Preußen, zum Stellvertreter ernannte. Der allerhöchste Erlaß, ans Sanssouci dalirt ordnete Lie Stellvertretung allerdings nur auf 3 Monate an; sie wurde aber dnrch dreimalige Erneuerung auf ein volles Jahr erstreckt, „nd erst am 26. Oct. 1858 leistete der Prinz als Regent den Eid auf die Verfassung, erst am 1. Januar 1861 fiel ihm durch den Tod seines Bruders der königliche Titel zu. Dennoch vollenden sich mit dem morgigen Tage thatsächlich zwei Dcccnnien, während deren die-höchste Macht in Preußen in den Händen unseres jetzigen Kaisers gelegen hat, und je weniger der Sechzigjährige, als er sein schweres Amt übernahm, nach menschlichen Denken erwarten konnte, daß ihm ein so langes Wirken noch beschicken sein werde, um so dankbarer darf das deutsche Volk mit ihm auf die lange Frist zurückschauen, die feil- dem verstrichen ist, und wenn der Tag gleich nicht dazu geeignet ist, - dem Herrscher ofsiciclle Beglückwünschungen darzubringen, so wird die Erinnerung an das denkwürdige Datum doch in Aller Herzen die wärmsten Segenswünsche für das fernere Wohlergehen unseres Kaisers wachruscn und den innigen Dank erneuern, den unser Volk ihm für die glänzenden Thaten seiner ruhmvollen Regierung schuldet. Ucbcr die französischen Wahlen sagt die Liberta: „Die Clerikalen haben das Menschenmögliche gclhan, um sich zu Herren der französischen Nation zu machen, aber umsonst. Sie haben bei den letzten Wahlen mit Händen und Füßen gearbeitet; alle Bischöfe waren in Bewegung, alle Pfarrer in politische Wahlagcntcn umge wandelt. Sie gingen so weit, denjenigen das Paradies zu ver heißen, die nach ihrem Willen stimmen, und trotzdem war der Erfolg Null. Das angeblich klerikale, rcaclionäre, von den Jesuiten ge gängelte Frankreich hat gezeigt, daß cs sich nicht um die Hirtenbriefe der Bischöfe schert und sich in keiner Weise um die verheißenen Ab lässe kümmert.... Die klerikale Rcaction ist in Frankreich geschlagen, wo sie angeblich am »nächtigsten war. Dies ist ein Sieg der Freiheit für ganz Europa." Mau weiß nun aus dem eigenen Munde des Kaisers Alexander, daß der Krieg fortgesetzt wird. Der Kaiser versammelte am 17. Oct. seine Slabsosficire nm fich «"d erklärte, er und alle Prinzen seines Hauses würden bei der Armee bleiben, mit den Soldaten alle Stra pazen des Krieges ertragen und Zeugen ihrer Thate» sein. Ich werde, sagte der Czaar, für die Armee und ihre Bedürfnisse sorgen und aufgnein Geheißwird, wenn nöthig, ganz Rußland, wie einst unter die Waffen treten. — Alle anderen Nachrichten vom Kriegsschauplatz stimmen damit überein; bei den verschiedenen Armeen sind lebhafte Bewegungen zu beobachten. Ein Sturm der Rumänier auf die Re doute Grivitza wurde abgeschlagen. — Die Russen rechnen mit großer Sicherheit aus einen Umschwung des Kriegsglücks. Petersburger Briefe geben über den Grund näheren Ausschluß. Diese lauten da hin: Die Türken verthcidigcn sich mit großer Hartnäckigkeit, ihre Mittel werden aber immer schwächer. Das größte Elend soll aber in den asiatischen Provinzen herrschen aus denen alle kräftigen Männer zum Heere berufen sind, während die daheim bleibenden Frauen, Kinder und Greise die Feld- und Fabrikarbeiten nicht ausführen können. Der Jammer in der Türkei ist groß, Elend und Hungers- nvth stehen bevor, inan fürchtet in einigen Gegenden, sogar in Con- stantinopel, Aufstände. Ungeheuer soll auch die Geldnoth sein. In Kiew wurde die geheime Druckerei eines Revolutions- Ansschusscs entdeckt und in ihr ein Manifest an das russische Volk, das regierende Kaiserhaus Nonianon zu stürzen und eine provisorische Negierung cinzusctzcn. Viele Leute, Russe» und Polen, wurde» ver haftet. unter ihnen Aksokow in Moskau, das Haupt der allrussischen und panslavistischen Partei. Im russischen Hauptquartier soll man schon lange eine Nevvlnlion befürchtet haben. Nach einem offiziellen Telegramm aus Karajal in Armenien rückt der HaupUheil der siegreichen russischen Kaukasusarmee in süd westlicher Richtung auf der Straße längs des Sarikamisch aus Mcd- jingerd vor, nm de» Soghanlidagh südlich zu umgehen. Angeblich Hal sich Mukhtar Pascha aus den Soghanlidagh zurückgezogen. Sehr kritisch ist Lie Lage Ismail Pascha's, der nach ciucii! mißlungenen Angriffe auf General Tergukassoff sich von diesem verfolgt zurückziehl. Er läuft Gefahr, daß ihm der Weg auf Erzerum abgcschnilte» wird. Der mißlungene Angriff der Rumänen auf die Bukowa- Nedoute bei Plewna war für dieselben von empfindlichen Verlusten begleitet, die zur Genüge konstatircn, daß die Armee Osman Paschas doch keineswegs bereits so rcduzirt ist, wie in letzter Zeit die Berichte aus dem russischen Lager annahme». Die Haltung der Türke» läßt vielmehr voraussehen, daß auch, nachdem der Angriff durch An- näherungsarbeitcu und bessere Ausnutzung der Artillerie bedeutend er leichtert ist, ei» allgemeiner größerer Sturm noch sehr kräftigen Widerstand finden wird. Ein Cvnstantinopeler Brief, der der „W. Pr." vorliegt und der das Datum Les 7. Oclober trägt, meldet, daß die Pforte eine neue Ordre erlassen hat, durch welche die letzten Reserven zu den Waffen gerufen werden. Dies Aufgebot wird nach der Schätzung türkischer Blätter neuerdings 160,000 Mann der Armee zuführen. Allerdings steht nun die ganze niuselmännische waffenfähige Be völkerung im Kriege und ganze Lündcrstrichc gehen zu Grunde, ganze Gegenden gcralhc» in Noth und Armulh, weil es an Händen fehlt, die Felder zu bestellen. Derselbe Brief erzählt auch, daß Ghazi Muhktar Pascha auserschcn gewesen, die zahlreichen Irregulären auf bulgarischem Boden zu einem gegliederte» Corps zu organisire». Diese Absicht dürfte nunmehr wohl aufgegeben sein, nachdem die Niederlage in Asien Mukhlar Pascha ein weites Feld für seine or ganisatorische Thätigkeit eröffnet. Der türkensreundlichen „Köln. Ztg." berichtet man aus Constan- tinopel: Furchtbar ist das Loos der Bulgaren, denen die Türken Ausrottung zugeschworen zu haben scheinen. Vor zwei Tage» wurden ihrer 50 wieder, mit Ketten belastet, nach der Festung Akka abgesührt. In den Provinzen finden noch immer massenhafte Hin- , richtungen statt. Eine grauenvolle Geschichte wnrde mir neulich über s ein Ereigniß in Adrianvpcl wohl verbürgt mitgctheilt, das noch wenig ' bekannt geworden. Ein hiesiger griecbiscbcr Herr, der bei Eski-Sagra, Kasanlik, Selimno Besitzungen hat, gab sich Rendezvous in Akrie.nopel ! mit acht bulgarischen Verwalter», die dort an einem bestimmten Tage 1 cintrasen und in einem ihnen bekannten Gasthofe abstiegcn. Denselben