Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rosse», Siebenlehu nnd die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. AmtssMpimallnschlist zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal 1 Mark. Jnseratenannahme bis Montag rcsp. Donnerstag Mittag 18 Nhk. -^81. Freitag, den 12. October 1877. Verordnung, Schntzmaßregeln aus Anlaß des Ausbruchs der Niuderpest in Böhmen betreffend. Da der neuerlich erfolgte Ausbruch der Rinderpest in der unfern der Landesgrenze gelegenen böhmischen Stadt Königsberg bei Eger amtlich constatirt ist, so wird nach Maßgabe der revidirten Instruction vom 9. Juni 1873 zu dem Reichsgesetze vom 7. April 1869 hierdurch Folgendes verordnet: § 1. Verboten ist bis auf Weiteres entlang der ganzen sächsisch-österreichischen Landesgrenze die Ein-und Durchfuhr nachstehender Gegenstände aus Böhmen nach Sachsen, als: a) alle Arten von Vieh; d) alle von Wiederkäuern stammenden thierischen Theile in frischem oder trockenem Zustande; o) Dunger, Rauchfutter, Stroh und andere Streumaterialen, gebrauchte Stallgeräthe, Geschirre und Lederzeuge; 6) Wolle, Haare und Borsten, gebrauchte Kleidungsstücke für den Handel und Lumpen, soweit nicht die unter § 2 gedachten Ausnahmen Platz greifen. 8 2. Nicht beschränkt bleibt bis auf Weiteres die Einfuhr von a) Pferden, Maulthieren, Eseln, ll) Butter, Milch, Käse, e) Häuten und Därmen in vollkommen trockenem Zustande, ä) Wolle, Haare und Borsten in gewaschenem bez. bearbeitetem Zustande, o) Talg, geschmolzen in Fässern und Wannen, k) Knochen, Hörner und Klauen, vollkommen lufttrocken und befreit von thierischen Weichtheilen, g) Lumpen in Säcken verpackt, und zwar dafern die Einfuhr der vorstehend unter o, ck, e, k und g bezeichneten Gegenstände in geschlossenen Eisenbahn wagen erfolgt und die Abstammung aus völlig scucheufreien Gegenden durch amtliche Begleitscheine nachgewiesen ist, ll) Heu und Stroh, sofern es lediglich als Verpackungsmittel verwendet wird; jedoch ist dasselbe am Bestimmungsorte zu vernichten. 8 3. Personen, deren Beschäftigung eine Berührung mit Vieh mit sich bringt, z B. Fleischer, Viehhändler und deren Personal, dürfen die diesseitige Landesgrcnze von Posseck bei Oelsnitz bis Steindöbra bei Klingenthal nur an den von den Amtshauptmannschaften Auerbach und Oelsnitz in ihren Amtsblättern bekannt zn machenden Orten überschreiten und haben sich daselbst einer Desinficirung zu unter werfen, zu letzterem Bchufe aber bei den dort ausgestellten Gendarmen zu melden. 8 4. Die Ueberwachung dieser Verkehrssperre entlang der oben gedachten Grenzstrecke geschieht unter militärischer Mitwirkung durch die betreffenden Polizei- und Grenzzollbeamten. Der Eisenbahn- und Postverkehr bleibt auf dieser Grenzstrecke bis auf Weiteres noch unberührt. 8 5. Durchbrechung der Sperre mit den derselben unterworfenen Thieren oder mit giftfangendcn Sachen der in 8 2 bezeichneten Art hat bei jenen sofortige Tödtung und Verscharrung, bei diesen Vernichtung oder Desinficirnug zur Folge. Sonstige Gegenstände, so wie Menschen müssen ini Falle eines Durchbruches bei Uuthunlichkeit der Desinfection auf kürzestem Wege wieder über die Grenze zurück gebracht werden, wo möglich ohne Ortschaften zu berühren. 8 6. Im Bezirke der Amtshauptmannschaften Auerbach, Oelsnitz und Plauen ist bis ans Weiteres das Abhalten von Viehmärkten verboten. 8 7. Im Bezirke der Amtshauptmannschafteu Auerbach und Delsnitz ist für jeden innerhalb 15 Kilometer von der böhmischen Grenze entfernt liegenden sächsischen Ort u) ein Viehrevisvr zu bestellen, der ein genaues Register über den vorhandenen Rindviehbestand auf zunehmen und täglich den Ab-«.Zugang, sowie jede Veränderung in dein Viehbestände speciell verzeichnen muß, k) das Viehregister mindestens einmal wöchentlich von der Amtshauptmannfchaft oder einem Beauftragten derselben zu rcvidiren, v) bei vvrkvmmenden Krankheits- oder Todesfällen im Rindviehbestande sofort bei der Orrspolizeibehörde Anzeige zu machen, und fodann von dieser in Gemäßheit des 8 13 flg. der obigen revidirten Instruction vom 9. Juni 1873 das weitere Nöthige zu besorgen. 8 8. Der sogenannte kleine Grenzverkehr, d. h. der Verkehr mit Gespannen von Rindvieh böhmischer Landrace zwischen böhmischen und sächsischen Genzorten, sowie der Weidetrieb von Wiederkäuern auf den Fluren dieser Grenzorte bleibt, mit Ausnahme des oben in 8 3 bezeichneten Grenz-Tractes, zur Zeit noch gestattet. 8 9. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Bestimmungen werden nach 8 328 des Reichs-Strafgesetzbuchs mit Gesängniß bis zu einem beziehentlich bis zu zwei Jahren bestraft. Dresden, den 7. October 1877. Ministerium des Innern. , von Noftitz Wallwitz. Kr. dlnhcr erstatteter Anzeige zufolge sind am 29. vor. Mon. in den Abendstunden aus einem Haufe in Wilsdruff ein blau und braun carrirter Stoffrock, ein Paar weiße Taschentücher mit den Buchstaben 3. gezeichnet, ein Cigarrenetuis von braunem Leder mit gelbem Messingbügel und auf der einen Seite mit Perlenstickerei, ein Paar grau und weiß carrirtc Stofshvscn, unter deren Bund ein länglicher dunkelgrüner Fleck eingesetzt gewesen und worin sich außer drei Schlüsseln ein Ring befunden, sowie ein Paar bunt gestickte Hosenträger spurlos entwendet worden, was behufs Ermittelung des Diebes und Wiedererlangung des Gestohlenen hiermit veröffentlicht wird. König!. Gcnchtsamr Wilsdruff, am 9. October 1877. vr. Ganglost. bringen. Beschließt man aber, vor dem Eintritt deS eigentlichen Winters Bulgarien zu räumen, so ist sehr die Frage, ob mau wieder hiueiukommt. Die Jngeiiicurkuust mag das Aeußerste leisten, eine haltbare Brücke über die Douan herzustcllen — eine vollkommene Sicherheit gegen die Frühjahrswellcn der Donau, gegen türkische Tor pedos u. s. w. wird sich nicht erreichen lassen. Im besten Falle aber werden die Russen im nächsten Feldzüge nicht erst am Balkan auf den türkischen Widerstand stoßen, dessen Zähigkeit sie kennen gelernt haben. Gesetzt aber, es geschähe, daß die Russen sich während des Winters in Bulgarien behaupteten und sogar den Schipka-Paß fest hielten, wären sie dann bei Beginn des nächsten Feldzuges nicht ge rade da, wo sic jetzt siud, auf beiden Seiten flankirt von türkischen Armeen? Und wenn eS im nächsten Feldzüge gelänge, die Türken gegen Westen und gegen Osten gleichzeitig im Schach zu halten oder selbst die Weststellung endlich zn brechen, wird man die genügenden Streitkräfte aufbringe», nm dann erfolgreich gegen Adriauopel vor- zudringcn oder gar das Herz der türkischen Macht in Constantinopel zn treffen? Wie sollte eine solche Kraflcntsaltung nach den bisherigen Erfahrungen wahrscheinlich geworden sein? Die Römer lernten in lange erneuerten Feldzügen endlich den Hannibal besiegen, die fran zösischen Revolutionsheere lernten in gleicher Schule die geübten Sol daten ihrer Gegner überwinden, aber daß die Russen durch die Länge deS Krieges die Türken besiegen lernen, ist nicht wahrscheinlich. Die Ruffen sind cs, welche das geübte Material an Offizieren und Mann schaften verlieren, an natürlicher kricgerisckcr Begabung aber steht der Türke dem Russen mindestens gleich. Das zuströmeude Menschen- malcrral ist auf türkischer Seite williger, fanatischer und für eine rohe Kriegführung vielleicht begabter. Man sagt wohl, Sieger bleibe, wer den letzten Mann und den letzten Thaler auf daS Schlachtfeld bringt, aber man darf den Weg nicht vergessen, den der letzte Mann zum Das russische Winterräthsel. Unter dieser Aufschrift veröffentlicht die Berliner „Post" einen Aussatz über die äußerst bedrohliche Lage Rußlands, der nm somehr Aufmerksamkeit verdient, als die „Post" (das sogenannte Botschafter- Organ) seither vollständig auf russischer Seite gestanden hat und noch steht. Der drohende Finanz-Ruin Rußlands ist nur angcdeulet und vielleicht der wundeste Punkt, da Anleihen im Ausland nickt mehr gelingen und im Innern die Banknoten-Presse arbeitet. Der Ar tikel lautet: Gerüchte, die in Gestalt von Telegrammen aus dem russischen Hauptquartier verbreitet werden, wissen zu melden, der Großfürst- Thronfolger habe im Kricgsralh den Rückzug über die Donau be fürwortet. Andere Meldungen sprechen davon, daß wenigstens der Schipka-Paß nebst Tirnowa aufgegebcn werden müsse, daß aber die russische Hauplarmce in bcfcstiglcn Lagern nach Ost nnd West den Winter auf bulgarischen Boden zubriugen solle. Wie deutlich immer diese Nachrichten den Stempel der Erfindung tragen, die Lage wird in der That von der Frage beherrscht, ob die Russen gcnölhigt sind, die Früchte des Sommerfeldzugcs, welche bei der anfänglichen Passivität der Türken so leicht gepflückt wurden, vor dem Eintritt des Winters gänzlich wieder aus der Hand zu geben. Dabei kommt weniger auf die Entscheidung des russischen Hauptquartiers, als auf die Ent scheidung des Schicksals an. Man kann den heroischen Entschluß fassen, während des Winters in Bulgarien auszuharren, aber man kann die russische Armee nicht vor dem Verderben sichern, wenn un günstige Witterungseinflüsse besonders erschwerender Art mit glücklichen türkischen Wagnissen Zusammentreffen sollten. Auch ohne besondere türkische Erfolge können Krankheit, Verpflegungsschwierigkeit, völlige Unwegsamkeit des Bodens über das russische Heer eine Katastrophe