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mit einer großartigen Bergparade verbunden sein, an welcher ca. 8000 Bergleute theilnchmcn. In Nossen sand, wie der „Fr. Anz." berichtet, am 7. Mai eine Vorstellung der Passionsspiele einer Gesellschaft unter Direction eines gewissen Ällesch statt. Aus dem Zettel war die Zahl der dar stellenden Mitglieder ans 30 angegeben, in Wahrheit sollen es 4 bis 6 gewesen sein. Zur ersten Vorstellung waren Nossener Kräfte znr Mitwirkung herangezogen worden, deren Qualifikation zur Darstellung heiliger Personen" sehr lebhaft angezweifelt wird. Auf den der Vorstellung beiwohnenden Brügermeister machte das Ganze einen so ungünstigen, der Würde und Heiligkeit der darstellenden biblischen Scenen so wenig entsprechenden Eindruck, daß er noch an demselben Abend den Director der Stadtschule ersuchte, den Schulkindern den Besuch der nächsten Vorstellungen zu untersagen. Dieses Verbot er regte große Aufregung unter der Bürgerschaft als „Eingriff in die persönliche Freiheit" einerseits und Mißachtung religiösen Sinnes und Lebens andererseits. Man erklärte, die Kinder trotz des Ver bots in die Vorstellungen führen zu wollen. Die Polizeiorgane er hielten Weisung, Diejenigen zu verhaften, die den Eintritt ihrer Kinder erzwingen wollten. Gesteigerte Aufregung. Inzwischen hatte Mesch ein Schriftstück in die Häuser tragen und an die Kinder beim Austritt aus dem Schulhaus verlheilen lassen, in welchem sich mehr als ein ungebührlicher Passus findet. — Das Nachspiel hiervon, nach dem Mesch bereits nach Roßwein übergesiedelt war, war eine am 15. Mai statlfiudende Bürgerversammlung, welche das Vorgehen der OrtSbehörde bei Gelegenheit der Passionsspielc auf das Programm gesetzt hatte. Ein Antrag, gegen den Bürgermeister Beschwerde zu führen, wurde abgelehnt, ein anderer jedoch, in einer Adresse an den Bürgermeister das Mißfallen der versammelten Bürger auszudrücken und die Verwunderung derselben über die Härte auszusprechcn, mit welcher das Verbot der Thcilnahme der Kinder an den Passtons- spielen an denjenigen Eltern durchgeführt worden sei, die ihre Kinder trotz des Verbotes in die Schaustellung haben führen wollen, ein- stimmig angenommen. Das Haus des Unfriedens. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Fritz Jordan hatte schon bei feiner ersten Vernehmung diesen Umstand erwähnt und mit der Vorschnelligkeit der Jugend daraus den Schluß gezogen, daß Ferdinand durch die Erzählung des Tribu- ualsrathcs aus den Gedanken gebracht worden, dem Beispiel jenes alten Bedienten nachzuahmen. Der junge Mann hatte deshalb mit größter Sicherheit Ferdinand als den Mörder seiner Mutter bezeichnet und gerade diesen Verdachtsgrund ganz besonders hcrvorgehoben. Er sprach sich überhaupt ziemlich ungünstig über den Bedienten seiner Mutter aus, nannte ihn einen elenden Schmarotzer und Heuchler, dem er niemals getraut, und er habe die Verblendung seiner Mama nicht begreifen können, die ein solches Subject um sich geduldet. War denn aber die Annahme nicht zu gewagt, daß der Keim zu diesem Verbrechen gerade durch die Erzählung des Tribunalsrathes gelegt worden? — Wer kennt die Jrrgänge, in die sich eine Mcnschen- seelc verliert? — Und eine vorangegängene dunkle That Hal oft eine dämonische Anziehungskraft; es folgen Andere, die, von unwidersteh licher Gewalt getrieben, denselben düstern, blutigen Weg gehen. Dennoch blieb es immer eigenthümlich, daß Grohmann mit gewohnter Offenheit auch diesen Gegenstand berührte, der nur zu geeignet er schien, den Verdacht gegen ihn zu verstärken. „Waren Sie gerade im Zimmer anwesend, als der fremde Herr von dem alten Criminalfall erzählte?" „Ich hatte ja die Oberaufsicht über die Dienerschaft und mußte darauf sehen, daß überall im Ssale die größte Ordnung herrschte." „Welchen Eindruck hat die Geschichte auf Sie gemacht?" fragte der Gerichtsrath weiter, und jetzt ruhten seine Augen wieder einmal mit durchdringender Schärfe auf dem Angeklagten. „Es war mir dabei ganz unheimlich zu Muthe," antwortete Ferdinand und hielt den Blick des Untersuchungsrichters sehr ruhig aus. „Was mich am meisten an dem alten Bedienten geärgert, war seine Niederträchtigkeit, daß er seinen guten Herrn so lange'getäuscht und vlötzlich heimtückisch ums Leben gebracht hat, und damals ahnte ich nicht, daß man mich bald darauf eines ähnlichen Verbrechen be schuldigen würde." Der Angeklagte hatte mit tiefer Ergriffenheit gesprochen; zuletzt konnte er sich der Thränen nicht erwehren, die ihm unaufhaltsam in's Auge traten. „Sie behaupten also noch immer Ihre völlige Unschuld?" sagte der Nath im strengsten, beinah verweisenden Tone, obwohl er in seinem Innern kaum eine mildere Regung nnterdrückcu konnte, und er den Gedanken nicht los wurde: „Der arme Mensch könne doch wohl unschuldig sein." „Ich muß es, Herr Rath, und werde es bis zum letzten Athem- zug," entgegnete Grohmann fest, nachdem er rasch seine Thränen ge trocknet hatte. „Sie müssen aber selbst zugcstehen, daß sich eine Menge der schwerwiegendsten Verdachtsgründe gegen Sie gehäuft," bemerkte der Gerichtsrath, „und wenn Sie wirklich die That begangen haben, dann wäre für Sie ein offenes Geständniß weit besser; denn es würde wenigstens einen Milderuugsgrund abgeben." „Nein, nein, ich kann nichts gestehen," erwiderte Ferdinand mit ungewöhnlicher, fast lcidenscheftlicher Heftigkeit. „Wenn man mich einmal verurtheilt, dann mag man mich bald auf's Schaffst führen, meine völlige Unschuld wird doch früh oder spät au den Tag kommen, und dann wird Jeder erfahren, daß ich für das Verbrechen eines Audern den Tod erlitten habe." „Beruhigen Sie sich nur! Man wird Sie ohne die schwer wiegendsten Gründe nicht verurtheilen," bemerkte der Gerichtsrath, der sich eines Gefühls des Mitleids kaum zu erwehren mochte. Er be griff es selbst nicht, warum er an die Schuld des Angeklagten nicht völlig glauben konnte. Sprach doch so viel gegen ihn. Sein wun derliches Benehmen an jenem Morgen, — das aufgesundene Messer, sein nächtlicher Ausgang, den er Anfangs ableugnet; und all' seine heutigen Aussagen mußten nur dazu beitragen, den Verdacht zu er höhen. Er war also der Schwager des ältesten Jordan, und wie nahe lag cs, daß sich die Beiden über das Verbrechen verständigt und es gemeinsam ausgeführt hatten. Jedenfalls mußte eine Ver nehmung des Stiefsohns der Frau Jordan noch mehr Licht in die Sache schaffen. Irgend welche Widersprüche in den beiderseitigen Aussagen stellten sich gewiß heraus, und darauf hin ließ sich weiter forschen und vielleicht doch aus Einem oder dem Andern die volle Wahrheit herausbringen. Der Gerichtsrath ließ sich am Schluß der Verhandlung von dem Angeklagten die Wohnung seiner Frau bezeichnen, und dann wurde Grohmann in das Gefängnis; zurttckgeführt. Als der Schlossermeister Jdrdan in der UntcrsucbungSsache vor Gericht erscheinen mußte, zeigte er sein trotzigstes Gesicht. Wir war der junge Mann in den wenigen Jahren heruntergekommen! — Aus dem fleißigen, intelligenten Arbeiter, der sich auf seine Tüchtigkeit und seinen soliden Charakter etwas zu gute gethan, war ein lüverlichcr, dem Trünke ergebener Mensch geworden, der sein Geschäft immer mehr vernachlässigte. Nur der Stolz, das Selbstbewußtscin, zu dem er früher berechtigt gewesen, war geblieben und erschien jetzt als Unverschämtheit. Daß in ihm etwas Besseres gesteckt hatte, ließ sich auch jetzt noch nicht verkennen. Im nüchternen Zustande zeigten sich noch immer die bessern Eigenschaften seines Wesen. Dann war er still und verträglich und schuf in wenigen Stunden so viel wie ein Anderer in Tagen; dann konnte er selbst gegen seine Frau sanft und schonend sein und in bitterer Reue üller sein unseeliges Treiben in Thränen ausbrechen. Leider waren es beinah' nur flüchtige Augenblicke, in denen sein besseres Selbst zurückkehrte; er Warnur so lange ruhig und vernünftig, als er keinen Schnaps getrunken hatte; aber sobald einmal das erste Glas über seine Lippen gekommen, dann ging eine völlige Umwandlung mit ihm vor, dann wurde er unverträglich und zanksüchtig. Das Geringste konnte ihn in den heftigsten Zorn versetzen, und nun trank er aus Aergcr noch ein Glas, und zuletzt warf er Feile und Schurzfell bei Seile und stürmte ins Wirthshaus, um erst, völlig berauscht, in später Nachtstunde nach Hause zu kommen. Seine Frau hielt mit wahrhaft himmlischer Geduld an der Seite ihres Mannes aus. Ihr Fleiß, ihre Sparsamkeit wußten wenigstens den völligen Zusammenbruch zu verhindern. Dabei klagte die zarte, blasse Frau gegen Niemand und erduldete schweigend die härtesten Entbehrungen und die schlechte Behandlung ihres Mannes. Ihre jüngere, an Grohmann verheirathete Schwester gewahrte dennoch, wie es mit der Aermsten stand, und sie redete ihr zuweilen zu, doch den brutalen Menschen ganz zu verlassen. Frau Jordan wies dann nur auf ihre beiden lieblichen Kinder, und die Schwester mußte verstummen. Trotz ihrer jugendlichen Ungeduld mochte sie wohl seiberfühlen, daß ein solches Band nicht zu zerreißen war. August Jordan war in der letzten Zeit mißmüthiger als je gewesen. Der in zwei Instanzen ver lorenen Proceß trieb ihm vollends die Galle in's Blut. An seiner armen Frau ließ er am meisten seinen Aerger ans, und nur ihre Duldsamkeit hielt ihn davon zurück, daß er nicht noch zu Thätlichkeiten überging. Aber er war jetzt zu Hause die Unverträglichkeit selbst, und bei der geringsten Veranlassung artete sein Zorn in völlige Tobsucht aus. Dann zerschlug er Alles, was ihm gerade in die Hände gerieth, und Frau und Kinder mußten ihm scheu aus dem Wege gehen. Noch öfter als sonst suchte der Schlossermeister die Wirthshäuser auf. In seiner Trunkenheit stieß er dann die fürchterlichsten Drohungen gegen seine Stiefmutter aus, die nicht Werth sei, daß sie das Leben habe. Sie sei die schändlichste Person auf der Welt und die größte Betrügerin; „aber er werde ihr schon den Thee auskochcn; es sei noch nicht aller Tage Abend, und sie solle schon noch für ihre Nieder trächtigkeit ihre Strafe erhalten." Eines Tages kam August Jordan zeitiger als sonst nach Hause; er war auch nicht so stark betrunken wie gewöhnlich, und schon beim Eintritt in das Zimmer rief er seiner Frau mit etwas schwerer, aber dennoch fester Stimme zu: „Nun hat sie der Henker geholt. Gott sei Dank. Als seine Frau ihn nur verwundert anblickte; denn sie wagte nicht eine Frage zu stellen, fuhr er, roh auflackend, fort: „Wer anders als meine liebe Stiefmutter hat dies Jammerthal verlassen, wie der fromme Klempner sagen würde. Ich hätte mich eigentlich vor Freude sternblind betrinken müssen; aber ich bekam keinen Tropfen mehr hinunter; ich mußte nach Hause, um Dir die glückliche Nachricht zu bringen. Elise, nun werd' ich wieder ein anderer Mensch! Nun hat alle Noth ein Ende!" Er wollte auf seine Frau zueilen und sie umarmen; als sie aber erschrocken ausrief: „Deine Stiefmutter ist todt?" änderte sich seine gute Stimmung; er blieb mitten im Zimmer stehen, und, lebhaft mit den Armen fechtend, fuhr er heftig fort: „Was bist Du für ein Weib! Freust Dich nicht einmal, daß diese nichtswürdige Person aus der Welt geschafft worden. Ja, sie haben heut Morgen die glückliche Braut ermordet im Bett gefunden. Es sollen zwei gewesen sein, sagen die Leute, und cs hieß sogar —" „Deine Stiefmutter ist ermordet worden?" „Freilich, hab' ich Dir's nicht schon gesagt? Na jammere nur recht um das alte Weib, das plötzlich verrückt geworden. Wollte noch einmal heirathen! — Warf die Tausende nur so zum Fenster hinaus, — der Ferdinand hat es uns ja erzählt. Ja richtig — der Ferdinand —" Trotz seiner Roheit wagte er jetzt doch nicht, seiner Frau mit zu l h eilen, was er bereits gehört hatte.(Fortsetzung folgt.) Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Trinitatisfest: Vormittags Mbfchie-SPre-igt des Herrn k. Schmidt. Nachmittags kein öffentlicl er Gottesdienst. R.obert Seitert, kost - gsorotair, LnIäL 8eikeri, gob. Oödckor»- I-siprriA unä ckon 24. Klar 1877. Ein Kinderwagen steht zum Verkauf. Wo? sagt die Expedition dieses Blattes. Ein großer schwarzer Hund ist entlaufen und gegen Belohnung abzuliefern im Gasthofe zu Herzogswalde. Für die Beweise freundlicher Theilnahme bei dem Tode und der Beerdigung unsers kleinen lieben Paul sagt hiermit den herz lichsten Dank RsrruiLUL Lsivtrs nebst Frau. Wilsdruff, den 24. Mai 1877.