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wahrlich auch anzusehen und wie hatte seine Mutter und die Else sich verändert! IX. Die alte Fran hatte sich so kräftig gefühlt, um ihre Kammer zu verlassen, in die Eckstube zu gehen. Sie stand am Giebelfcnster und blickte kopfschüttelnd auf daS Gemäuer, das schon ziemlich hoch cm- porgebaut war. „Aber Christian, es nimmt ja hier die Mittagssonne fort", wandle sie sich an den Eintretenden. „Um meinethalben gehts, werd' nicht mehr viel Sonne brauchen. Aber Du selbst auf Deine alten Tage —" Er konnte den Vorwurf nicht auf sich haften lassen, daß er sich der lieben und erwünschten Mittagssonne beraube, „'s is ja nicht unsre, 's Lannerts Scheune! Besinnt Ihr Euch nicht mehr auf das, Mutter, was vor Eurer Krankheit vorging? Von wegen dem, daß ich von unserm Boden an die Nachbarn zum Ban abgeben sollt? Aber ich habe ihn drum verklagt — er muß das Alles wieder her- uuterreißcn lassen." Mehr als einmal mußte er ihr das wiederholen. Dann nickte sie: „So? Hmhm! Ja, mit dem Runterreißen ist das so eine Sache. Abbrcnnen gehl viel leichter!" Abwechselnd mit dem Kopfe nickend oder schüttelnd, und unverständliche Worte vor sich hinmurmelud, saß sie dann lange. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. In Zaukeroda bei Polschappet ist am 19. Februar auf dem königl. Schachte Oppel ein Bergarbeiter durch eine losgelöste Kohlen wand erdrückt worden. Während des Aufziehens aus dem Schachte starb der Unglückliche. Bei Großenhain sind Störche auf ihrem Durchzug nach dem Norden beobachtet worden; sie geben, nach der herkömmlichen Ansicht, Hoffnung auf baldiges gutes Welter. Die Niederträchiigkeit tritt in allen Gestalten auf. Ein junger Mann diente in einem Bankhaus in Berlin seit sechs Jahren und hatte sich der Zufriedenheit seines Chefs und des Wohlwollens seiner Kollegen zu erfreuen. Eines Tages zeigte ihm sein Chef ein finsteres Gesicht und seine Kollegen zogen sich von ihm zürück; wenige Tage nachher wurde er entlassen. Warum? fragte er den Bankier. — Der zuckte die Achseln und sagte: Ich kann Sie nicht behalten.— Todtnnglücklich kommt der junge Mann zu seiner Braut und findet sie in Thränen. „Unsere Verlobung muß aufgehoben werden, meine Eltern bestehen darauf." — Warum? — Das ist ein Geheimniß! — Der junge Mann hatte auch die Braut verloren. — Endlich löste ihm ein früherer Kollege das Geheimniß. Ein Kollege hatte dem Ches ein altes Zcitnngsblatt übergeben, welches die Vcrnrtheilung eines Namensvetters und Staudesgenosscn des Entlassenen wegen Unter schlagung entstielt, und hatte hinzugesetzt, daß der bctr. junge Mann der Vcrnrtheilte sei. — Sofort eilte der Verläumdcte zu dem Bankier und bat, mit ihm zum Gericht zu gehen, wo sich seine Schuldlosigkeit herausstellen werde. Sie gingen und die Verläumdung wurde aus den Akten erwiesen. Er erhielt seine Stelle und auch seine Brant wieder, der Verläumder wurde entlassen und vor Gericht verklagt. Die gräßliche That eines Wahnsinnigen erregt^ am Morgen des letzten Sonnabend vor einem Hause zu der W. - Staße in Berlin ein schreckenvolles Aufsehen. Um die erwähnte Zeit gingen dort 3 Männer aus der arbeitenden Classe ruhig istres Weges, als sie plötz lich aus dem Fenster einer zweiten Etage ein Kind stürzen sahen, das unfehlbar verloren gewesen wäre, wenn nicht der eine von ihnen, rasch entschlossen,, es mit beiden Armen aufgesangen hätte, wobei er selbst zu Boden gezogen wurde und in die Knie sank. Oben am Fenster der wild und verstört aussehende Kopf eines tobenden Mannes sichtbar und bald darauf mit Schreckensgeberden eine jammernde Frau, welche dem Retter des Kindes bedeutete, daß sie sogleich hinunter kommen werde, um ihr Kleinod zu holen. Die drei Männer traten jedoch mit dem Kinde, einem ungefähr 2 Jahr alten Mädchen, welches m Fallen das Bewußtsein verloren hatte, ins Haus und mußten hier den über den Fall bereits aufgeregten, die Treppenaufgänge be lagernden Bewohnern Rede und Antwort geben. Sie selbst erfuhren dabei, daß es der eigene Vater, ein sonst gutsiluirter und gutgcarteter Mann, war, welcher in einem Wahnsinnsanfall das Kind zum Fenster hinauSgeworsen hat. Die übrigen Details des traurigen Famileu- crcignisses entziehen sich der Oeffentlichkeit. Der Unglückliche, der in seinem Toben nur mit Mühe gebändigt werden konnte, wurde noch im Laufe des Tages nach einer Heilanstalt gebracht. Zu dem stillen Elend und Jammer gehören folgende Bilder aus den jüngsten Tagen. I» Frankfurt entwendete ein gut gekleideter Mann auf der Straße von einem Brodwagen zwei Brode und lief davon, legte sie aber unterwegs auf einen Bierwagen. Auf den Ruf Haltet den Dieb! stürzte ein Arbeiter mit einer Eisenstange auf ihn los und schlug ihn nieder. Der Schwerverletzte gestand, daß er, um den Hunger seiner Familie zu stillen, den Diebstahl habe begehen wollen, aber sofort wieder bereut habe. — Man schaffte ihn ins Spital. — In Berlin kam neulich ein Mann in ein Polizeiwacht- local und bat erbärmlich, ihn eiuznstecken, damit er zu essen bekomme und das Elend seiner Familie nicht sehe. Atan wies ihn ab, weil man nur Jemand verhaften könne, der etwas Unrechtes gethan habe. Dann werde ich so etwas thun und zwar gleich, sagte er. Da hatte man Mitleid und brachte ihn unter. ! Im Backofen verbrannt. Ans Meseritz wird unter dem 7. Februar berichtet: Ein Knabe von hier, um den sich seine Eltern wenig kümmerten und der sich seit längerer Zeit in der Gegend um hertrieb, statte vorgestern Abend im benachbarten Dorfe Piesky in einem Backofen unbemerkt sein Nachtquartier ausgeschlagen. Gestern in der sechsten Morgenstunde wollte die betreffende Wirthin den Back ofen zum Backen Heizen, zündete daS seit einigen Tagen darin befindlich gewesene Holz ahnungslos an, und als sie nach fast einer Stunde wieder nach dem Feuer sah, entdeckte sie darin zn ihrem nicht geringen Schrecken den bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Körper jenes Knaben. In Karlsruhe halte sich ein Gymnasiallehrer während des Un- tcrrichs wiederholt sehr taktloser Aenßernngen bedient, indem er den Schülern zuzurufen pflegte: „Ihr seid so dumm wie das Vaterunser!" oder „Ihr sitzt ja wieder da wie die Pfaffen." Durch die Presse waren diese und ähnliche Aeußerungcn zur Kenutniß der zuständigen Behörde gelaugt, welche nun gegen den betreffenden Lehrer eine Dis- ziplinaruulersuchung einleitete. Letzterer entzog sich aber derselben, in dem er eiligst seinen Dienst quitlirte. Im Obere lsaß haben in einigen Gegenden Wasserverheerungen stattgesunden. Der Gesammtschaden der Verheerungen in Toeßthal (Schweiz) übersteigt 300,000 Francs. Die Brücke bei Wyla brach unter der Lokomotive zusammen. Bergsturz. Wie man aus Lima meldet, ist der Ort Samma- rono in Nordperu am 8. Januar durch einen Bergsturz theilwcisc zer stört worden. Der Verlust au Menschenleben und Eigenihum soll.ein sehr bedeutender sein. Pockenepidemie. Einer der schrecklichsten Pockenausbrüche, welche die Geschichte vielleicht anfzuweisen hat, hat die Stadt Gembic, eine Mennonilenniedcrlassung von ungefähr 7000 Seelen an der Ost seite des Winnipegsees in Nordamerika, hcimgesucht. Die Todesfälle erreichen die Höhe von durchschnittlich 180 im Tage. Ein Arzt be findet sich nicht am Orte, doch ist das Gouvernement von Manitoba bemüht, solche dorthin zu senden. Dasselbe Elend wüthct an der Westseite des Sees. Die Indianer in Fort Thunder sind dezimirt durch die Krankheit und Hunderte sind gestorben in den Niederlassungen am Qu'Appellcstrome. Die Indianer fliehen südwärts der Grenze zu. Die Anfertigung von Diebeswerkzeugen zum Einbrechen, Oeffnen von Schlössern rc. wird nach dem „New-Jork commercial Advertiser" in den Vereinigte» Staaten in nicht geringem Umfange und von ansehnlichen Finnen getrieben, welche den Dieben ein allen Anforderungen moderner Wissenschaft und Technik entsprechendes Hand werkszeug liefern. Die größten derartigen Fabriken sollen in New- Jork, Philadelphia und im Westen der Vereinigten Staaten bestehen. Die Peijonlichkeiten, welche diesen Geschäftszweig betreiben, gestörcn häufig einer sozialen Klasse an, die nicht daran denkt, sich direkt an den hier in Frage stehenden Verbrechen zn bethciligen. Die Werkzeuge sollen stets an dem einen Orte nur hergestellt werden, während mau sie an einem anderen Orte vollendet; aus diese Weise will inan der Entdeckung Vorbeugen. Ein vollständiger Satz von Diebesgerälhen kostet 200—400 Dollars. Eilt in der That ächt amerikanischer In dustriezweig! (Was sind socialdemokratische Grundsätze?) Wenn Keiner dem Andern aus dem Wege geht, Wenn Keiner den Hut vom Kopfe zieht, Wenn Keiner dem Andern vom Platze rückt, . Und Keiner erst fraget, was sich schickt, Wenn Jeder in Deinem Keller sich schanzt, Wenn Jeder auf Dein Sopha sich pflanzt Und Jeder mit Deiner Geliebten tanzt. Wenn Jeder Dir auf das Zimmer rückt, Wenn Jeder mit Deinem Rocke sich schmückt Und Jeder sich Deine Rosen pflückt. Wenn Jeder schneidet und Keiner sä't, Wenn Jeder zerreißt und Keiner näht, Wenn Keiner was ist und Jeder sich bläht, Wenn Jeder jaget und Keiner hegt, Wenn Keiner forstet und Jeder schlägt, Wenn Jeder sudelt und Keiner fegt, Wenn Jeder trinkt und Keiner braut, Wenn Jeder zerstört und Keiner baut. Wenn Alle fchreien und Keiner hört, Wenn Keiner was weiß und Jeder lehrt, Wenn Keiner was hat und Jeder verzehrt. (Voigtl. A.) Der bereits angekündigte „Wegweiser durch die König!.. Sachs. Einkommensteuer - Gesetzgebung", bearbeitet vom Stadtrath Advocat Siegel, ist nun im Verlage von C. C. Meinhold u. Söhne in Dresden erschienen und zwar hat die wohlwollende Unterstützung des Herrn Finanzministers es ermöglicht, daß der Herr Verfasser schon jetzt die demnächst erst erscheinende „Instruction" für die Einschätzungs commissionen mit benutzen konnte. Das Schriftchen giebt über 500 Nachweisung und wird Manchem viel Zeit und Nachsuchen ersparen. Der Preis beträgt nur 30 Pfennige.