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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Lievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt siir die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wHkntlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet Pro Quartal 1 Mark.— Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittags 12 Uhr. Nr. AZ. Dienstag, den 21. November 1876. .- .7777__7 7 7"- ''. r, ' ! HiW Bekanntmachung, die Neichstagswahllisten betreffend. Mit Rücksick auf das von mehreren Gemeindevorständen des hiesigen Bezirks hier gestellte Ersuchen um Aushändigung von For mularen zu den vö ihnen bis Anfang nächsten Monates in doppelten Exemplaren aufzustellenden Reichstagswahllisten wird zur Nach achtung hierdurch beknnt gemacht, daß die Zufertigung solcher hier übrigens nicht zur Verfügung stehender Formulare von hier aus nicht zu erwarten steht, be Anlegung der gedachten Listen vielmehr das Seite 283 des Reichsgesetzblattes v. I. 1870 abgedruckte Schema zum Anhalten zu nehmen st. Meißen, c» 17. November 1876. Die Königliche AmLshauptmannschaft. Schmiedel. ^agesgeschichte. Wilsduff, den 15. November 1876. Am heutigen Taä hatte sich eine größere Anzahl Lehrer, Geist liche und andere Mitgieder der Schulvorstände im Gasthaus zum ! weißen Adler zu einerBezirksconferenz eingefunden. i Der für die Hebug unseres Schulwesens so unermüdlich thätige ! Herr Bezirksschulinspelor Wangemann hat feinen Jnspectionsbe- zirk nicht allein wegg der. zerstreuten geographischen Lage des selben in die 5 Bezirk Meißen-Stadt, Meißen-Land, Wilsdruff, Lommatzsch, Nossen gcheilt, sondern besonders auch, um mit den Lehrern und mit den Schulvorständen in nähere Beziehung zu treten, Anregungen u. s. w. u geben, damit seine Wirksamkeit überhaupt eine intensivere wird. Er begnügt sich deshalb auch nicht mit der - gesetzlich vorgeschriebei-n Herbstconferenz, sondern in jedem dieser Bezirke wird noch eiie Frühjahrsconferenz abgehalten. In der Frühjahrsconferenz koimen rein pädagogische Dinge zur Sprache ! und durch stattfindend! Musterlectionen soll die Praxis der Lehrer ! gefordert werden. An diese Bezirksc nferenz schließen sich während des Sommers i die Specialeonferenzen m. Jeder Kreis ist wieder in besondere Cou- ! ferenzbezirke eingetheilt, so der Wilsdruffer in Wilsdruff-Stadt, ! Wilsdruff-Land und Lannebcrg. In diesen Conferenzen soll sich die Praxis mit der Wisenschaft vereinigen. Wie früher zum Huie unsrer Kunstindustrie jeder Gehülfe, ehe er eine Werkstatt gründen durfte, die Welt gesehen und in guten Werkstätten gearbeitet Halen mußte, so sollen auch die Lehrer durch gegenseitigen Schulbesuch aor Einseitigkeit bewahrt bleiben, sie sollen bei diesen Schulbesuchen ehen, wie man's treiben oder auch nicht treiben muß, sollen durch Bearbeitung wissenschaftlich pädagogischer Themen u. s. w. angerect und in ihrem Berufe tüchtiger werden. Das Ergebniß solcher ALest wird dann in Protokollen niedergelegt und da diese Protokolle an alle Lehrer des Jnspectionsbezirkes ge- langen, so geht von dieser Fundgrube der Gedanken und der Schul praxis nichts verloren, der ganze Bezirk bleibt in gegenseitiger geistiger Anregung und kommt in simem Wirken unter eine Einheit, die den besten und edelsten pädagogischen Forderungen nachzukommen sucht. An diese Conferenzen schließt sich dann die gesetzliche Herbstconferenz > an, in welcher unerledigt! oder streitige Fragen zur Beantwortung vorgelegt und gemachte Erfahrungen mitgetheilt werden, in welcher aber besonders Allgemeines über Erziehung und Unterricht zur Sprache kommt, um das Elternhaus der Schule nahe zu bringen. Die diesjährige Herbstconferenz wurde mit Gesang und Gebet eröffnet, worauf sich der Herr Inspektor an die Mitglieder dkr Schul vorstände wandte, denselben für zahlreiches Erscheinen seinen Dank ausdrückte und hervorhob, daß gerade sie an erster Stelle berufen seien an der Hebung der Schule mit zu arbeiten, daß gerade sie wesentlichen Einfluß auf das Schulwesen haben, weshalb sie auch berechtigt fewn, Fragen». Wünsche anzubringen oder auf etwaige Irr- j Wege aufmerksam zu machen. Besonders sollen sie auch Einsicht in ' die Schularbeit, klares Verständniß über die Principien des Unter richts und der Erziehung erlangen, um dann den Eltern in der Ge meinde sagen zu können, daß die Lehrer in der Conferenz zu ernster Arbeit zufammenkommen und wenn auch ein Schultag verloren gehe, doch der Versammlung wohl reichliche Früchte für das Wohl der Schule entspringen werden. Hierauf beantwortete Cantor Krüger aus Blankenstein folgende Fragen über den deutschen Sprachunterricht in 2classigen Schulen. '1. Wie lange ist die sachliche Vorbereitung in der Elementar classe zu betreiben und wie soll man sich dabei helfen? 2. Welche Gesichtspunkte sind dabei hervorzuheben, damit die Kinder im Stande sind, ihre Gedanken nicht blos dem Gedächtnisse nach, sondern mit bewußter Gedankenfolge zur Darstellung zu bringen? 3. Wie viel Stoffe sind für eine Sprachform zn wählen und woran kann ich erkennen, daß das Kind für das betr. Sprachgesetz befördert worden. 4. Wie erzielen wir auf der unteren Stufe Nachbildungen? Die Beantwortung dieser Fragen wurde in vollständiger Ueber- einstimmmung mit den in des Herrn Vorsitzenden Buch: „Der ele mentare Sprachunterricht" enthaltenen Principien gegeben. Der Herr Inspektor fügte noch hinzu, daß die Grundaufgabe des schulmäßigen Unterrichtes in cher Muttersprache die lebensvolle Einpflanzung der neuhochdeutschen Schriftsprache in das Ohr und den Mund der Schüler fei, daß sie ihre Gedanken mündlich und schriftlich in logischer Reihenfolge und orthographisch darzustellen ver mögen, so wie die in der Schriftsprache niedergelegten Gedanken Anderer in sich aufzunehmen und in die eigenen umzufetzenim Stande seien. Besonders müsse das Sprachgefühl gebildet werden, welches uns zwinge, richtig zu sprechen. Daß wir „besuchen" mit dem Akku sativ und nicht mit dem Dativ verbinden — außerdem wir wären Berliner —, sage uns das Sprachgefühl, aber wir dächten nicht daran, daß dies in der Grammatik von Wurst oder Becker stehe. Was die Mutter unbewußt thue — Vorsprechen im Dialekte—, solle die Schule bewußt thun — Vorführen der Sprachformen und Sprachgesetze der Schriftsprache, wodurch die Sprache selbst Anschau ungsobjekt werde. Damit das Kind über sein geistiges Gut verfügen könne, müsse es gnt fragen lernen, wobei cs auch schon die Antwort habe. Wenn es frage: Wer ist in der Stube? müsse es antworten: Der Vater ist in der Stube. Wessen Hut liegt auf dem Tische? Der Hut des Vaters u. f. w. Dabei erfahre es auch die Sprachgesetze. Durch viele Beispiele noch wurden die obenerwähnten 4 Fragen auch für den Nichtfachmann erläutert und verständlich. WünfchensWerth fei es, daß nicht nur in allen Unterrichtsstunden, sondern besonders auch zu Hause auf gutes Sprechen gehalten werde. Während dieses Vortrags trat der Herr Amtshauptmann Schmiedel in den Saal und beehrte die Versammlung mit feiner Gegenwart. - Der 2. Gegenstand der Tagesordnung hatte es mit der „äußeren Schulordnung" zu thun. Der Referent, Cantor Leupold aus Weis- tropp, hatte verschiedene Thefen aufgestellt, von denen nur einige''be sprochen werden konnten.