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der nur die Wahl haben, den Krieg an den Sultan zu erklären oder abzudankcn. 2) Petersburg, 9. Sept. Bei Alexandropol nördlich von Crivan an der türkischen Grenze, Kars gegenüber, sind zwei russische Truppen - Divisionen zusammengezogen worden. 3) Con- slantinopel, 9. Sept. Die türkischen Friedensbedingungen verlangen Absetzung des Fürsten Milan und Beseitigung mehrer Zugeständnisse, die Serbien im Pariser Vertrag von 1856 gemacht worden sind. Constantinopel, 10. Sept. Auf den hiesigen griechischen Viceconsul Polimeros wurde heute geschossen. Derselbe wurde gefährlich in Brust und Schulder verwundet. Der Attentäter entkam. Die Aufregung der hiesigen Griechen ist ungeheuer. Der Gesandte Griechen lands' verlangte eclatante Genugthuung. Dem „Havas-Bureaux" zufolge fordert die Pforte in den auf gestellten Friedensbedingungcn unter Anderem: Schleifung der Bcfestigungswerke von Belgrad und Semendria, sowie Beschränkung der serbischen Armee auf 20,000 Mann. Constantinopel, 13. September. Sicherem Vernehmen nach ist die Modifikation der Friedensbedingungcn abermals vertagt, an geblich auf des Sultans Befehl, was in diplomatischen Kreisen günstig für die Nachgiebigkeit deutet. London, 13. September. Die öffentlichen Kundgebungen im antitürkischen Sinne dauern fort. Lord Granville hat sich in einer veröffentlichten Zuschrift für eine Fortsetzung der Agitation ausge sprochen, die unwiderstehlich werden müsse, damit die Negierung eine energischere Politik einschlage; er hoffe, das Ministerium werde vor allen Dingen die Wiederherstellung des europäischen Einverständnisses sich angelegen sein lassen, da, falls dies nicht gelingen sollte, die Schwierigkeiten der orientalischen Frage nur vermehrt werden würden. Dämonisch. Novelle von Ludwig Habicht. Verfasser der Romane: „Schein und Sein." „Am Genfer See." (Fortsetzung.) Die Stunden verflogen wie Minuten und die beiden Frauen em pfanden es fast wie eine Störung, als jetzt Hugo und Bernhard zu rückkehrten. Seltsam genug, das Antlitz des Varons verfinsterte sich, als er bei seinem Eintritt Dr. Hartung im traulichsten Gespräch mit den beiden Frauen fand. Leberecht sprang sogleich vom Stuhl auf und eilte dem Freunde entgegen, um ihn zu umarmen, der seine herz liche Begrüßung merkwürdig kühl erwiderte. Dr. Hartung ließ sich davon nicht abschrecken; er schien die Kälte seines Freundes gar nicht zu empfinden und zeigte ihm heute jene Wärme, die sonst Hugo gegen ihn bewiesen. Ja, er wußte geschickt einen solchen Ton anzuschlagen, als ob zwischen ihnen noch das herzlichste Verhältniß bestehe, trotzdem der Baron unverkennbar eine große Zurückhaltung an den Tag legte. War es Ermüdung, vor übergehende Laune, oder hatte sich zwischen den beiden Freunden eine kleine Verstimmung eingeschlichen? — Adolphine, der augenblicklich das Benehmen ihres Mannes ausfiel, war ganz erstaunt darüber, während es Armgard völlig entging, die ihre ganze Aufmerksamkeit dem interessanten Menschen schenkte und für die alle Andern nicht mehr vorhanden waren. Wie auch Dr. Hartung sich in der Gewalt hatte, die Külte Hu gots schien doch lähmend auf ihn zu wirken und da jetzt bereits der Abend herangerückt, machte er Miene sich zu empfehlen. Armgard hätte es so gern gesehen, wenn ihr Schwager seinen Freund zum Dableiben genölhigt, aber der Unhöflicke verlor kein Wort, er sagte vielmehr: „Ich weiß schon, daß Du gern vor Einbruch der Nacht zu Hause bist." Die Augen Leberechts blitzten mit einem seltsamen Ausdrucke zu seinem Freunde hinüber, der den Blick ruhig aushielt, dann aber nahm das Gesicht des Doctors schon wieder seinen ruhigen Ausdruck an und mit großer Herzlichkeit erwiderte er: „Das ist die echte Freundschaft, die gern und willig die berechtigten Eigenthümlichkeiten der Freunde zu ehren weiß," und er ergriff Hugo's Hand und schüt telte sie tüchtig, „denn ich weiß," fuhr er lebhaft fort, „daß Du es mir nicht übel nimmst, wenn mich meine Praxis bald wieder abruft, wie ich Dir gern gestatte, daß Du Deinen Pflichten nachkommst und auf meine Besuche nicht die mindeste Rücksicht nimmst. Ich werde mich trotzdem getreulich einfindcn," bei den Worten flog ein Lächeln zu Armgard hinüber, die ihn wohl verstand. Er wollte ihr sagen, daß er bereits einen anderen Magnet gefunden, der eine noch höhere Anziehungskraft ausübe, als vorher der Freund. „Da die Landarbeiten zu Ende gehe», wirst Du mich weit öfter zu Hause finden," bemerkte Hugo und es klang weniger wie eine Dersteckte Drohung. Leberecht wußte vollkommen, was sein Freund damit sagen wollte, dennoch entgegnete er mit der bisherigen, unerschütterlichen Herzlichkeit: „Jedenfalls bitte ich Dich, mir kein Opfer zu bringen." Dann wandte er sich rasch den Damen zu, um sich ihnen zu empfehlen. ,,Wir sehen uns wieder," sagte er beim Scheiden zu Armgard und seine Augen leuchteten. Als Leberecht jetzt mit einer zärtlichen Umarmung von Hugo Abschied nehmen wollte, sagte dieser im höflichsten Tone: „Erlaube mir, daß ich Dich an den Wagen geleite." „Wozu diese Umstände, Du bist ermüdet," lehnte Dr. Hartung ab. Der Baron ließ sich jedoch nicht zurückweisen, und mit einer gewissen Förmlichkeit folgte er ihm, nachdem sich Leberecht noch ein- anal bei den Damen und bei Berthold empfohlen. Als Hugo nach einer Weile zurückkehrte, waren die Frauen von dem eben geschiedenen Gast des Lobes voll. Armgard besonders machte aus dem bedeutende« Eindruck kein Hehl, den Dr. Hartung auf sie ausgeübt, sie sprach mit wahrer Begeisterung von ihm ohne auf Berthold zu achten, der zum ersten Mal heut seiner Empfindung nicht Herr war und auf dessen Antlitz deutlich zu lesen stand, was in ihm vorging. Es war keine Eifersucht, die er fühlte, denn er hatte sich beständig selber gesagt, das dies stolze Mädchen ihn nie mals lieben würde, aber Schmerz und Trauer wühlten doch in seiner Brust über eine Gewißheit, die er schon immer gefürchtet. So lauge hatte er sich wenigstens in Hoffnungen wiegen können, mochten sie auch noch so thöricht sein — jetzt war es damit vorbei, er wußte, daß Armgard Dr. Hartung lieben würde, vielleicht schon jetzt lieble mit der ganzen Gluth ihres leidenschaftlichen Herzens. „Wie glücklich bist Du, lieber Schwager," wendete sich Armgard sogleich an den wieder eintretenden Varon, „einen solchen Freund zu besitzen. Nun begreife ich, warum Du so für ihn schwärmst, daß Adolphine förmlich eifersüchtig auf ihn geworden. Er ist in der That ein außerordentlicher Mensch!" „Ja, er besitzt eben so viel Geist als Charakter," stimmte seine Gattin bei. Hugo vermochte kaum die peinlichen Empfindungen zu verbergen, die das ungestüme Lob des Freundes in ihm hervorbrachten. „Du hast Deine Meinung über ihn sehr rasch geändert," sagte er etwas gepreßt. „Noch vor Kurzem gefiel Dir Hartung durchaus nicht, Du meintest, er erinnere an einen Tiger, Du fühltest Dich seelisch von ihm abgestoßen und vielleicht —" „Nein, nein; ich habe mich geirrt — und dieses falsche Urtheil mag wohl aus meinem damaligen Zustande herstammcn. Atan ist dann so nervös und wunderlich." „Aber zuweilen hcllsehender, als zu allen anderen Zeiten," ent gegnete der Varon mit Betonung. Adolphine machte ein ganz verwundertes Gesicht. „Ich dachte, Du würdest sehr glücklich sein, daß ich den glänzenden Eigenschaften Deines Freundes endlich Gerechtigkeit widerfahren lasse, statt dessen zeigst Du über meine bessere Einsicht nicht die mindeste Freude. Du bist recht undankbar," und sie reichte lächelnd dein Gatten die Hand. „Ich bin nur erstaunt über Deine schnelle Sinnesänderung," sagte Hugo ausweichend. „Die ich ganz erklärlich finde," bemerkte Armgard lebhaft. „Einem solchen Manne gegenüber halten auch die stärksten Vorurtheile nicht Stich." Der Baron suchte jetzt das Gespräch auf andere Gegenstände zu lenken, seinen Vetter mit in die Unterhaltung zu ziehen, aber die Frauen kamen immer wieder auf Dr. Hartung zu sprechen und sangen sein Lob. Hugo gcricth in die unbehaglichste Stimmung um so mehr, als er nicht völlig verrathen mochte, wie tief und gewaltig der Bruch War, der seit jener Nacht zwischen ihm und Leberecht bestand. Mit ihrem gewohnten Scharfblick hatten Adolfine so wohl wie Armgard recht gut bemerkt, daß zwischen den Freunden eine kleine Spannung vorherrschte und die junge Frau beschloß ihren Gatten aufs Gewisse zu treiben. Sie war sehr neugierig, was wohl die beiden Unzer- trennlichen etwas entfremdet habe. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. Sechs Kinder vom Blitz getroffen. Aus Liebau in Schlesien vom 7. September wird Folgendes berichtet: Als am Mittwoch Nach mittag 6 Mädchen aus der Oberclasse der katholischen Schule, die in den nahe gelegenen Wald gegangen waren, um Tannenzapfen zu holen, bereits den Heimweg angctreten, wurden sie von dem nm 5 Uhr hier aufgezogenen Gewitter überrascht. Mitten auf freiem Felde fuhr ein mächtiger Blitz hernieder und streckte die 6 Mädchen zu Boden; 3 blieben todt, 3 waren nur betäubt und erholten sich in kurzer Zeit. Von den Getödteten würde die eine gestern, die andere morgen das 13. Jahr vollendet haben. Ein gemeinsames Grab wird die so plötzlich Dahingeschiedenen umschließen. Adele Spitzeder hat am 4. September in München die ihr zuerkannte Strafe verbüßt und ist aus der Hast entlassen worden. Brand. Aus Petersburg wird gemeldet, daß in der Stadt Borißoglebsk 400 Häuser abgebrannt sind. Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Sonntag dm 14. p. Irin.: Vormittags predigt Herr U. Schmidt. Montag früh 9 Uhr Kirchweihpredigt: Herr Diac. Canitz. Frrtigc und miMngM Stickcrcicn empfiehlt anch dieses Jahr zu soliden Preisen Mlarie ZLüIIer, wohnhaft beim Hrn. Bäckermstr. Emmrich im Hinterhaus. ÄöMÜLAl Heute Freitag ausgezeichnet fettes Bockfleifch empfiehlt zur Kirmeß als etwas Pikantes die gut renommirte Fleischhandlung von OsorA LnK6l, Noscngaffe. Das Logis, welches der Förster Zehl inne gehabt hat, steht von Michaeli an leer und ist im Ganzen oder auch getheilt zu ver- miethen. Darauf Reflectirende wollen sich melden im Gasthofe zu Limbach. C. Scharfe.