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1871 1,' 88 Freitag den 15. Deccmbcr Anher erstatteter Anzeige zufolge ist am Abende des 3. December d. I. bei Gelegenheit einer im hiesigen Nathhaus- saale stattgehabten Tanzmusik von einem Fenster weg I., ein Jaquet vou schwarzem Stoff, au jedem Aermel vorn, sowie au jeder Vorderseite mit 3 kleine» schwarzseidnen Knöpfchen und außerdem au jeder vorderen Seite von den Knöpfchen aus mit drei schmaleu, schwarzseidueu Bändchen besetzt und 2., ein schwarz und grau gemustertes Kopftuch mit lilasr Kaute, hinten mit 3 eingewirkten schwarzen Blättern, woran etwas silberartig Glänzendes hing, spur- uud verdachtlos entwendet worden, was behufs Ermittelung des Thäters und Wiedererlangung des Gestohlenen hiermit öffentlich bekannt gemacht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, den 12. December 18/1. Leonhardi. Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 9. Dcccmber. Zur Begrüßung des Geburtstages Sr. Majestät unseres allvcr- ehrteu Königs fand am Dienstag früh in den Straßen unserer Stadt von Seiten des Stadtmusikchors'Neveille statt. — Wenn wir in voriger Nummer den Weggang eines talent vollen Beamten von hier meldeten und beklagten, so sind wir hellte schon wieder veranlaßt, den baldigen Verlust eines um's Vaterland sich verdient gemachten und von seiner Kirchgemeinde geliebten und hochgeehrten Geistlichen, unseres Herrn Diaconus Ficker, zu melden. Wie wir aus sicherer Quelle erfahren, ist derselbe von den Vertretern der Kirchgemeinde Burkhardlsw aide als Pfarrer gewühlt worden; sein Fortgang dürfte Anfang März erfolgen. — In Frauenstein ist der früher beim dortigen königlichen Gcrichtsamte angcstellte und seit zwei Jahren in den Ruhestand ge tretene, auch in Wilsdruff bekannte und jetzt in Dippoldiswalde wohnhafte Assessor Göhler, zum Bürgermeister ernannt worden. Eine sehr wichtige Reform wird, wie das „Leipz. Tgbl." aus sicherer Quelle vernimmt, der Entwurf des neuen Schulgesetzes auch in sofern anbahnen, als er die Einführung der obligatorischen Fortbildungsschule für das Alter vom vollendeten 14. bis zum 17. Lebensjahre in Vorschlag bringt. Nur Diejenigen sind von dem Besuche dieser Fortbildungsschule befreit, welche bereits in anderen Lehranstalten ihre weitere Ausbildung erhalten. Dresden, 12. December. Des Königs Geburtsfest zu Ehren gaben gestern die beiden Landtagspräsidcnten den Mitgliedern der Kammern ein großes Diner, dem auch die Prinzen und' die Staats minister beiwohnten. Heute fand zur Feier des Tages Mittags von Seiten der Stadt eine ausgedehnte Armenspeisung statt. Die Offi ziere halten Festdincr im Jägerhofe, für das diplomatische Corps, die Kammerpräsidenten re. hatte Staatsminister von Friesen ein Galadincr veranstaltet und Abends fand eine sehr zahlreich besuchte Soiree beim Kriegsminister von Fabrice statt. Zittau, 8. Dec. Nach den ärztlichen Listen ist zu constatiren, daß vom 25. Nov. bis 2. Dec. 105 Personen an Blattern in ärzt licher Behandlung sich befanden. Der Preuß. Landtag wird mit Ausnahme von einer 14tägigen Wcihnachtsunterbrechung dieses Mal bis Ostern versammelt sein. Dennoch wird die Riesenarbeit kaum in diesen 4 Monaten bewältigt werden können, und Forckcnbccks Aenßcrung, eigentlich wäre ein Jahr nöthig, um alle die gestellten Aufgaben zu erledigen, dürfte kaum viel übertrieben sein. Damit aber Lie Herren vom Landtag während dieser langen Zeit keinen Sinke machen, wird man ihrer Forderung auf erhöhte Diäten Wohl Nachkommen müssen. Man sagt sonst immer, in Geldsachen höre die Freundschaft auf, hier fängt sic aber im Gegentheil erst an, indem die Eonservaiiven mit den Liberalen Arm in Arm Leit Finanzminister in Lie Schranken fordern. So sind denn die Herren der französischen Nationalver sammlung aus den Ferien nach Versailles zurückgekehrt, um über die Staatsform des Landes zu entscheiden. Sic waren heimgeschickt worden, um den Willen des Volkes zu erforschen, sic sind aber weder klüger, noch einiger zurückgekehrt, wie aus der Botschaft erhellt, mit welcher sie Präsident Thiers empfangen hat. Diese Botschaft trägt eine wortreiche Verlegenheit an der Stirn und ist ein Mustcrstück dip lomatischen Eiertanzes. Der alte Herr mag Blut geschwitzt haben, als er vor der ganzen Welt erklären mußte: „Es seht an einer klar vorgczeichneten Zukunft Frankreichs, man muß sie der Zeit und dem lieben Goff anhcimstellen." Das heißt auf deutsch: Niemand kann sagen, ob Frankreich eine Republik oder eine Monarchie wird und ob Napoleon oder ein Orleans oder auch Gambetta oben auf kommt. — Die interessanteste Stelle der Botschaft geht uns Deutsche nahe an, wir erfahren aus ihr, daß ein dcutschcr'Soldat gewisser maßen auch ein Mensch ist. Herr Thiers kann nämlich nicht umhin, die feige Ermordung deutscher Soldaten und die Freisprechung der franz. Mörder durch Geschworene unter ausdrücklicher Aneiferung der Staatsanwälte und Präsidenten zu rügen. Er nennt diese Mordthaten und die Freisprechung der Mörder „unvorsichtige Handlungen", un vorsichtig, Weil noch zahlreiche deutsche Truppen in Frankreich stehen. „Diejenigen Franzosen, sagt der alte Herr, welche glauben, daß man dnrch Tödtung eines Fremden (Deutschen) keinen Mord begehe, müssen wissen, daß das ein Jrrthum ist und daß ein Fremder ein Mensch ist und für ihn die heiligen Gesetze eben so gelten, wie für unsere Landsleute." „Wir beschwören, fährt er fort, die Richler, nicht zu vergessen, daß unsere von den Feinden besetzten Städte die Folgen ihrer Jrrthümer zu tragen haben." Also die Angst vor den Folgen preßt dem Oberhaupt des franz. Staates diese Kalechisation über die 10 Gebote aus. Giebt es ein sprechenderes Bild von dem Zustande der Geister in Frankreich? Aus Paris vom 8. December wird ferner berichtet: In Folge des starken Schneefalls sind auch heute fast alle Posten ansgebliebe'n. Die gestern fällige Kölner Post lief erst beule morgen ein und der Kölner Courierzng, der heute morgen um 10^4 Uhr eintreffen sollte, kant erst gegen 6 Uhr Abends hier an. In den Pariser Straßen liegt einen halben Fuß hoher Schnee — cs ist bekanntlich eine Seltenheit, wenn der Schnee länger als einige Stunden liegen bleibt — und gestern Abend von 8 Uhr an fuhren keine Omnibusse mehr und nur wenige Wagen, da man hier auf Schneefall nicht eingerichtet ist. Heute ist die Zahl der Omnibusse auch noch gering und sie fahren fast alle im Schritt. Die Kälte selbst tritt äußerst streng auf. Heute Nacht hatten wir 12 bis 15 Centigrad, um 2 Uhr Nachmittags 7 Grad und heute Abend wieder 12 bis 15 Grad. Die Seine geht bereits seit gestern Abend stark mit Eis. Die ganze Schifffahrt ist unterbrochen.' Da starker Nebel ist, so glaubt man, daß sich die Seine bis morgen gestellt haben wird. Die Eisenbahnen nehmen in Folge des Schneefalls keine Waaren mehr an, was in sofern lächerlich ist, als, wenn sie irgend ein wenig Energie Hütten, sie die Bahnen sehr schnell vom Eis befreien könnten. Zur Abhülfe der Kohlemwth. Mit den Millionen wird nur so herumgeworfen, überall ent stehen Acticngesellschaften mit Capitalsanlagcn von einer, zwei, drei und mehren Millionen. Berlin spielt dabei eine Hauptrolle, aber nächst ihm dürfte das indnstricrciche Sachsen folgen/ Nachdem daselbst eine Anzahl von Actiengesellschaften für Papierfabrikation und Bicrcrzcugung in letzter Zeit gegründet worden, kommen die Capi alistcn sonderbarerweise erst jetzt darauf, auch Stcinkohlen- ban-Vereine zu gründen. Als ob der außerordentlich reiche Ge winn, den die bestehenden Gesellschaften der Art in dem Zwickauer und Luganer Stcinkohlenvereine seit Jahren haben, gar nicht an steckend gewirkt hätte! In dem Gcrsdvrfer Gebiete, welches wie Aufschlüsse in Oelsnitz und Lngau (wegen des Unglücks vor mehren Jahren traurigen Angedenkens) beweisen, zu den kohlenhaltigsten Deutschlands zählt, hat sich vor einiger Zeit ein Steinkohlenbau- Verein mit einem Capital von 1 Million gebildet, Lem jetzt ein anderer unter dem Namen: „Teutonia", Nieder - Erzge- MochcMaU für Wllsdmff, Tharmdt, Nossek, Siebcnlclm und die Umgcgcudc». Zc'mtsökatt für das Königliche GerichtsaZnLWilsdruff und den Stadtrath daselbst.