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trefflich zu verwerthcn gewußt Huben. «Oer ausgezeichnete Stand der sächsischen Finanzen wird hierdurch aufs Neue documentirt. In Dresden hat sich zum Zweck der Beschaffung kleinerer Wohnungen ein Verein gegründet, der sich Dresdner Bauvercin nennt und dessen Gründer beabsichtigen, aus einem durch monatliche Bei träge seiner Mitglieder zu sammelnden Fond Häuser mit billigen Wohnungen zu bauen. Die „Dresdner Nachrichten" schreiben: „Es wird uns mitge- theilt, daß die von unsern Militärbehörden im Laufe der letzten Tage verauctionirten Cavallerie- und Artilleriepferde meistens auf französische Rechnung zu sehr guten Preisen angekaust werden. Ein in Metz wohnhafter Pferdehändler hat von der französischen Re gierung Auftrag zur Lieferung von 50000 Pferden erhalten und läßt jetzt durch Zwischenhändler au allen Orden, wo Mililärpserde verstei gert werden, dergleichen auskaufen, soviel er bekommen kann. Leipzig, 5. August. Gestern Abend rückten von hier 500 Mann des 107. Infanterie-Regiments nach Frankreich ab. Eine zahlreiche Menschenmenge begleitete die Truppen auf dem Marsche von Schloß Pleißenburg nach dein Bahnhose, woselbst ein Extrazug mit mehreren hundert Mann des 106. Regiments aus Chemnitz eingetroffeu war; auch diese Mannschaften wurden vom Publikum lebhaft begrüßt. Nach 8 Uhr fuhren beide Abtheiluugen nach Sedan ab, um ältere Kameraden abzulösen. Chemnitz, den 4. August. Heute Mittag wurden von den gegenwärtig hier in Garnison sich befindenden Mannschaften des In fanterie - Regiments Nr. 106, 400 Mann nebst 8 Unteroffizieren in Begleitung von 1 Hauptmann und 2 Sccondeleuluauts per Bahn zu ihrem noch in Frankreich stehenden Negimente befördert, um die bei demselben noch in Dienst sich befindlichen älteren Mannschaften abzulösen. Den „Chemnitzer Nachrichten" schreibt man aus Lausigk vom 31. Juli: Großes Mißfallen hat es erregt, daß der Kirchenvor stand den vom Militärvercin gestellten Antrag, eine Gedächtniß- tafel mit den Namen der auf dem Felde der Ehre gebliebenen Sol daten hiesiger Parochic in der Kirche aufzuhängen, ablehnend beant wortet. Welche Gründe einen derartigen Beschluß ausreichend moti- viren können, ist uns unerfindlich. Daß eine verblümte Demonstra tion st In Bebel-Liebknecht nicht dahintersteckeu kann, dafür bürgt der gutconservative Standpunkt des Kirchenvorstandes, dem ja auch der hiesige Amtmann angehört; und daß man eine Gedächtnißtafel für unsere im heiligen Kriege Gefallenen, welche für unsere höchsten Interessen gekämpft, als eine Profanatiou der „geweihten Stätte" betrachten sollte, ist auch kaum glaublich; obgleich es uns wohl be kannt ist, daß in manchem Schlupfwinkel, wohin niemals Licht dringen wird, Preußen noch als Götzenbild verabscheut und die „preußische Politik" als eine die „Religion" gefährdende gehaßt wird. Der hie sige Kircheiworstand, wir bemerken dies ausdrücklich, hat keinen Theil hieran. Wenn wir nicht irren, besteht eine Verordnung, der zusolge die Namen der im Kriege Gefallenen in der Kirche verewigt werden müssen. Sollte eine Nectisication des kirchenvorstandlichen Beschlusses zu erreichen sein, so würde man damit vollständig im Sinne der Majorität unserer Gemcindeglieder handeln. Aus dem oberen Erzgebirge. Die Temparatur- und Witterungsvcrhältnisse in unserem Erzgebirge haben sich im Verlaufe deS vergangenen Monats weniger abnorm gestaltet und zeigten sich im Ganzen als äußerst fruchtbar für Feld- uud Gartenfrüchte. Seit einer Reihe von Jahren hören wir zum ersten Male das Klagelied des Landmannes über Futtermangel verstummen, ohne leider! gleich zeitig eine Minderung der Milch- und Bulterpreise wahrnehmcn zu können. Die Heuernte ist für diejenigen, welche besseres Wetter er warten konnten, vorzüglich ausgefallen und im Allgemeinen auch gut hereingebracht worden. Da der Roggen, sowie die andern Gctreide- arten infolge der mißlichen Witterung des Mai uud Juni sehr spät zur Blüthe kamen, so haben wir bis jetzt recht heiße Sommertage zum Reisen dieser Früchte nicht vermißt, obwohl es nunmehr als wünschenswerth erscheint, daß der August mit solchen Tagen nicht geizt. In Unterscheide bei Scheibenberg sind am 29. Juli vier Bauerngüter und zwei Wohnhäuser abgebrannt, ohne daß zur Zeit die Entstehungsursache zu ermitteln gewesen. Der Neuen Freien Presse berichtet man aus Berlin vom 2. August: „Die Negierung ist gewillt, bei fortgesetzten Eingriffen der katholischen Bischöfe gegen die Lehrer als Staatsbeamte die katho lischen Gymnasien zu schließen." Die „B. B. Ztg." berichtet aus München vom 29.Juli: Das muß für die ultramvntane jesuitische Sippschaft im Lande doch einer der empfindlichsten Schlüge sein, daß Döllinger, „der Apostat", nun auch noch Rector Magnifieus geworden ist. Sicher ist es nicht sowohl die moralische Niederlage, die ihnen Schmerzen macht, denn hier gegen ist die rohe Gemüthsart solcher Frömmler nickt eben empfind lich, aber der Machtzuwachs, die AutorNütostellung, die der verhaßte Mairn nun einnimmt, das ist die Hauptsache. Er, der Excommuni- eirtc, hat nun über alle Facultüteu zu gebieten, der ganze Verkehr, in welchem die Universität mit den geistlichen und weltlichen Behörden steht, wird von ihm, „dem Häretiker", geleitet. Und was müssen Jene sagen, die München so gern als die „katholische Stadt" und seine Hochschule als den Vorort alles Jesuitismus Preisen möchten, wenn nun nicht bloß München der Mittelpunkt aller Bewegung, sondern auch noch jene Universität in Deutschland geworden ist, die zu ihrem Vertreter das geistige Oberhaupt der Opposition gemacht hat. Ja, Gott sei Dank, wir sind so weit, den verrätherischen Römern diesen Schmerz bereiten zu können; vielleicht erkennen sie in demselben wenigstens das Eine, daß es mit ihrer Herrschaft hier für immer ein Ende hat." In Folge der Wahl des Stiftsprobstes vr. von Döllinger zum Rector der hiesigen Universität wird dieser von klerikalen Blättern der päpstliche Bannfluch in nächste Aussicht gestellt. Aus Landau vom 1. August wird berichtet: Wieder haben wir einen Fall von priesterlicher Intoleranz zu registriren. Heute Vormittag sand die Beerdigung des am vorigen Samstag gestorbenen Gerichtsvollziehers Fischer statt. Die katholische Geistlichkeit verwei gerte das kirchliche Begrübniß, weil der Verstorbene in Glaubens sachen liberalen Anschauungen huldigte. Auf Wunsch der Angehörigen hielt der protestantische Decan, Herr Gelbert, am Grabe eine kurze Rede, die ebenso tröstlich sür die Hinterbliebenen, als herzerfreuend für die überaus zahlreiche Leichenbeglcilung war. Die Rede des Herrn Decans gipfelte in dem schönen christlichen Satze: „Wir sind Alle Gottes Kinder!" Die katholischen Bischöfe in Ungarn machens grade wie die deutschen. Anfangs haben sie sich mit Händen und Füßen gegen die Unfehlbarkeitslehre gewehrt, und jetzt haben sie dieselbe aner kannt. Man sagt, sie hätten gemerkt, daß es der Negierung mit ihrer Oposition nicht rechter Ernst sei und daß man diese Lehre sür rein innerliche kirchliche Angelegenheiten betrachte, in welche sich der Staat nicht zu mischen habe. Dazu komme, daß auch der Papst eiulenke und erklärt habe, daß seine Gewalt sich nicht auf die Ab setzung weltlicher Regenten ausdehne. Wie die Franzosen von einer heiligen Stadt Paris sprechen, so sprechen sie auch jetzt von einem „heiligen Haß," den sie gegen die Deutschen in sich trügen. Es sei zwar zu der Zeit, als die Com mune sich die Herrschaft angcmaßt habe, dieser Haß in den Hinter grund getreten, weil man geglaubt habe, daß man die Hilfe der Feinde gegen die Commune in Anspruch nehmen müsse. Jetzt aber, da die Gefahr vorüber sei, erwache der heilige Haß in seiner ganzen Stärke und er werde nicht eher zur Ruhe kommen, als bis die er- eroberten Provinzen wieder gewonnen und die Nheinprovinz nebst der Pfalz erobert sei. Das wird sreilich so schnell nicht gehen. Während in Kehl säst alle Häuser wieder aufgebaut sind, welche im Krieg demolirt wurden, hat man's im benachbarten Straßburg langsam gehen lassen. Erst jetzt fängt man an, Hand anzulegen uud den Bauplan in Ausführung zu bringen, der für die Neubauten auSgcarbeilet ist. Dann erst, wenn die neuen schönen Häuser stehen, wird man singen können: „O Straßburg, du wunder- schöile Stadt." In Metz wurde ein bayerischer Soldat, der auf der Straße promenirte, durch einen Schug schwer verwundet. Den herbeigeeilten Kameraden gelang eS, den Meuchelmörder zu erwischen, auf den daun die bayerischen Fäuste so hageldicht niederfielen, daß er am andern Tage im Arrest starb. Die in Moskau ansässigen Deutschen haben ein prächtiges Dreigespann von Silberschimmeln für 4000 Rubel gekauft, um dem Fürsten BiSmark damit ein Geschenk zu machen. Der „Mvsk. Ztg." zufolge fängt die Cholera an in Wilna be deutend um sich zu greisen, und nähert sich der preußischen Grenze; am 17. Juli erkrankten in Wilna 100, starben 40 Personen, am 18. erkrankten 62, wovon 30 starben. Am 19. Juli waren 281 Cholera- kranke in Behandlung. — Wie die „Riga'sche Ztg." mittheilt, sind in Riga bereits Choleraspitäler und ärztlicher Nachtdienst eingerichtet; iu Riga erkrankten vom 22. bis 24. Juli 25 und starben 14 Perso nen an der Cholera; in Behandluvg verblieben 124 Personen. — In Königsberg i. P. war am 28. der Polizeibehörde der erste Cholerafall gemeldet worden. Der Erkrankte war ein polnischer Jnde. Bis zum 30. Mittags war die Zahl der angcmeldeten Fülle nach der „Oftpr. Ztg." auf drei gestiegen. Zwei der Erkrankten sind bereits mit dem Tode abgegangen. Königsberg, 2. August. Vom 26. Juli bis zum 2. August incl. Mittags sind als an der Cholera erkrankt 18 Personen ange meldet; von diesen sind I I gestorben. In Moskau nehmen tue Feuersbrünste in erschreckender Weise überhand und vorzugsweise werden Waaren-Niederlagen, Fabrik- Etablissements und große Handelsgeschäfte davon betroffen. Man vermuthet, daß die in Moskau stark vertretene socialistische Partei ihre frevelhafte Hand dabei im Spiele hat. Die Regierung hat Zur Ermittelung der Brandstifter eine besondere Commission eingesetzt, deren eifrigen Nachforschungen es bereits gelungen ist, vier Knaben im Alter von 12—14 Jahren zu ermitteln, welche der absichtlichen Brandstiftung theilS dnrch Zeugen, theils durch ihr eigenes Geständ- niß überwiesen sind. Die 4 jugendlichen Verbrecher, die den untersten Volksschichten augehören und mehrere Fabrik-Etablissements in Brand gesteckt haben, behaupten einstimmig, daß sie von ihnen unbekannten Personen zn den Frevelthaten beredet worden seien und auch zur Belohnung ein kleines Geldgeschenk erhalten hätten. Der cinc nannte als seinen Verführer einen Handwerker, ein anderer einen Soldaten, die beide zur Haft gebracht sind. Rußland. Petersburger Blätter bringen einen besorgnißerre- genden Cholerabericht nach dem andern. Bei weitem die schlimmsten Nachrichten kommen aus Rybinsk an der Wolga. Dort hat eS Tage gegeben, au welchen über 100 Personen auf einmal erkrankten, und ans 6, die genesen, rechnet man 15, welche sterben. Lange blieb es ein Räthsel, warum gerade in Rybinsk die Cholera so arg wülhete.