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abgemacht wurde, ticfschmerzlich berührt worden war; „wie" rief sic und stürzte bei diesen Worten auf den Stuhl, als wollte sie ihn mit Gewalt Vertheidigen, „dies letzte, dies einzige Stück, das können, das dürfen Sie uns nicht rauben! Es ist des Vaters Sorgenstuhl, hier athmet er so ruhig, vergißt alle Schmerzen, wie's auch auf der Erve trüb' und traurig aussieht, hier ist Friede. Sie nehmen uns das letzte Kleinod nicht!" „Ja," sagte der Vater, „es ist mir ein liebes, thcurcs Stück, das ich als werthes Andenken an einen Genossen meiner Familie, der bei uns starb, aus den Trümmern früheren Glanzes rettete. Der Vetter hielt den Stuhl besonders werth, machte darin sein Mittags schläfchen und ich bin seiner Neigung gefolgt — cs würde mich schmerzen, den Stuhl opfern zu müssen." „Na! Na!" sagte der Gerichtsbote. „Sitzen Sie nur bis Abend noch darin und behalten Sie ihn überhaupt ganz! Gegen 800 Thlr. kommt er nicht auf, er würde nicht einmal die Auctionskostcn tragen." Der Executor verabschiedete sich mit einem letzten, bcdeutungs- vollen Blicke auf den Vater und ging. Das arme Mädchen athmete freier auf, doch ihr Glück war nur kurz, der Abend nahte, ihr Vater mußte sein Wort lösen. Er suchte vergeblich nach Worten, um seinem geliebten Kinde die Trennung weniger schwer zu machen. „Nicht wahr," sagte er, „Du wirst stark sein, wirst eS beweisen, daß Dich die Schule oer Noth groß gezogen hat und wirst ertragen, wenn ich von Dir scheiden muß?" . . Das junge Mädchen war einer Ohnmacht nahe; ihr ganzes Herz zuckte krampfhaft zusammen, als wollte cs in einem einzigen großen Schmerz vergehen, aber die Liebe zu ihrem Vater gab ihr Krast. Sollte das liefe Wehe, das durch ihre Brust zitterte, mit seiner ganzen Schwere auch den Vater Niederdrücken? Nein, sic durfte ihm diese Stunde nicht noch verzweiflungsschwcrcr machen, als sie schon war und ihm mit neu entflammtem Seclcnmuthc in's Auge blickend, entgegnete sie fest: „Vater, Gott wird mir Krast geben, es zu ertragen. Er bürdet uns nichts auf, was über unsere Kräfte geht und wenn wir ihm nur recht vertrauen, dann kommt die Hilse gewiß." Der Vater umarmte sein Kind und küßte cs, dann aber eilte er hinaus, seiner Thrünen nicht mehr mächtig. Er saß im Gefängniß. . . . Als sich die Wellen des ersten, hef tigen Schmerzes gelegt hatten, begann die Tochter tagelang über die Mittel zur Befreiung ihres lheueren Gefangenen uachzusinnen. „Mit der Schuldhaft kann den Leuten nichts gedient sein," dachte sie, „ich Will ja von meinem Verdienste abzahleü, so viel ich kann. . . . Und nach acht Tagen kam sie, ohne ihrem Vater, den sie besuchen durfte, davon zu erzählen, zu einem Entschlusse. Sie ergriff die Feder und klagte in warmen, rührenden Worten dem klägerischen Handlungs hause, das den Vater hatte festsetzen lassen, ihre unglückliche Lage. „Ich weiß," sagte sie am Schlüsse dieses Briefes, daß mein redlicher, Wille nicht genügen kann und daß ich niemals im Stande bin, unsere Sämld ganz zn tilgen; aber vielleicht schlägt in Ihnen noch ein füh lendes Herz, daß Sie nicht kalt und grausam einen Vater von seinem Kinde trennen, wenn Ihnen diese Trennung niemals Vorthcil, nur neue Opfer kostet. Sie sind gewiß durch Erfahrung zu der Ueber- zeugung gekommen, daß dies harte Mittel das einzige Mittel ist/ um böse, noch zahlungsfähige Schuldner zahlbar zu machen und dann Wird auch meine Bitte unerhört an Ihrem Ohre verhallen; aber den wahrbaft Armen und Unglücklichen drängt diese Art zum Abgrund der Verzweiflung, dann ist er nicht gerecht, daun ist er grau sam und vergiftet das Herz, wie das höhnische Lächeln über den letzten Athcmzügen eines Sterbenden. O, mit meinem Herzblut möchte ich die Freiheit meines Vaters erkaufen, jedoch Blut und Thräncn haben keinen Werth. Ich biete Ihnen ja, was ich vermag und wenn dies Ihnen zu unbedeutend ist, daun bewege Sic der Ge danke, daß cs eine edle, barmherzige That ist, einem Vater sein Kind, einem Kinde seinen geliebten Vater wiedergegeben zu haben." Als Clara diesen Brief geschrieben und eiligst auf die Post getragen hatte, wurde ihr leichter; sie athmete von Neuem auf, die Hoffnung, diese* glückliche Traumschatz der Jugend, hob ähre Brust. Sie hatte jeden Tag, so oft es ihr die Arbeit erlaubte, ihren Vater besucht und ihn stets ruhig, mit Geduld sein Unglück tragend, gefunden, als sie ihm aber heule in die Arme eilte, da strahlte ihr Äuge so hoffuungswarm, daß sich dieser Zauber unwillkührlich auf das Gcmülh des Gefangenen ausdehnte. „Du bist so glücklich heute, mein Kind," sprach er, „ich freue mich, daß Du Dich vom Unglück nicht ganz darniedcrbcugcn lässcst." „Wir werden wieder glücklich werden, gieb Acht!" entgegnete das junge Mädchen. Aber sie brach, als ob sie schon zu viel ver- rathen geheimnißvoll ab und ging heule eher nach Hause als sonst. Wie bangte, wie hoffte das junge Mädchen einer Antwort ent gegen! Endlich ging eine solche ein. Hastig erbrach sie das Siegel eines Schreibens, das ihr der Postbote schon zufällig auf der Straße einhäudigte. Man schrieb, daß der Sohn des Hauses binnen Kurzem nach dorten kommen, die Sache in Augenschein nehmen und nach Be finden die nölhigen Schritte thun würde. „Also neuer Aufschub! Sie caleuliren und rechnen," jammerte sie für sich, „und darüber geht der greise Vater zn Grunde!" . . . ES war ihr unmöglich, heute den Vater zu besuchen. Sollte er auf ihrem Antlitz ihre scheiternde Hoffnung lesen? Ein solcher Besuch War ja des Gefangenen einziger Trost und erst am andern Morgen fand sie dazu die nöthige Ruhe und Fassung. Einige qualvolle Tage waren vergangen. Clara saß emsig nähend an einer Arbeit und sann darüher nach, welch' lange Zeit im kaufmännischen Verkehr „binnen Kurzem" sei, da klopfte es an die Thür und ihr Antlitz übergoß sich mit Glut. Es mußte der Fremde sein, denn das Klopfen jedes ihrer wenigen Bekannten hatte seine cigenthümlichen Merkmale, die dem feinen Ohr des jungen Mädchens nicht entgingen. Und in der That, ein Fremder trat ein. Clara hatte sich einen langen, kalt aussehenden Geschäftsmann gedacht und war nicht wenig überrascht, als ihr ein zwar beinahe unansehnlicher, aber doch feiner, scharfblickender Mann cutgegentrat, auf dessen etwas verwachsenen Schultern sich ein Antlitz wiegte, das ausgebildete In telligenz und doch wiederum eine gewiße vertrauenerweckende Zuthu- lichkcit verrieth. Sie fand daher bald ihre Fassung wieder und hieß ihn mit Artigkeit willkommen. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * Auf dem Ludwigsbahnhof in Mainz verlor ein reicher Ameri kaner an Creditbriefen und Banknoten nahe an 30,000 fl. Für den ehrlichen Finder wurden 300 fl. als Belohnung ausgesetzt. Es meldete sich Niemand. Da wurde Haussuchung gcthan und bei einem sonst gut situirtcn Locomotivcnführer fand man den ganzen Schwamm. Der Mann hatte ohne Zweifel auch den Spruch vergessen: Ehrliche Hand geht durchs ganze Land. * Moers (Nhcinprcußen) 20. Juli. Unsere Kreishauptstadt gab gestern ihren Kriegern ein Festessen, wobei es von Zänkereien wegen des eisernen Kreuzes zu Tätlichkeiten mit dem Messer überging. Der anwesende Inhaber des eisernen Kreuzes blieb todt, fünf andere Theilnchmer wurden verwundet. Die Feuersbrünste hören in Moskau fast gar nicht auf. Vom 13. Juni bis 5. Juli haben 38 Brände staltgcfunden. Der Verlust wird auf 700,000 Rubel angeschlagen. Aus Batavia wird ein fürchterlicher Unglückssall gemeldet. In Folge eines vulkanischen Ausbruchs, der von einem Seebeben begleitet war, verschwand eine ganze Negeransiedelung, mehr als 300 Menschen mit sich in's Meer reißend. — Auch der alte Vesuv bedroht wieder durch heftige und auhaltcnde Ausbrüche seine ge ängstete Nachbarschaft. SchlMMchl und reim NWtllkltit, im Ganzen und Einzelnen, wird billigst verkauft Schulgasse, Bäckerei von Herrmann Schötz. Nach den von mir in meiner eigenen Praxis sowohl, als auch von anderen Personen, welche den G. Ä. W. Mayer schen Brust-Syrnp gebraucht, gemachten Erfahrungen, ist derselbe ein vortreffliches Mittel bei acuten und veralteten catarrhaliswen Brustverschleimunqen, als auch bei anderen Stockungen in den Lungen und asthmatischen Beschwerden, sowie in Kurzathmigkeil und Brustkrämpfen. Ich kann daher den G. A. W. Mayer schen ans Brcslan allen an diesen Beschwerden leidenden Personen empfehlen. bei Gotha. v (I,. 8.) 1-^. ILir Medicinalrach und Phvsikus. Von dcm baltcn Lager in Flaschen zu 1 Thaler und 15 Neugr. die Herren Th. Ritthansen und Bernhard Hoyer in Wilsdruff und C. E. Schmor! in Meißen. Getreidepreise. Dresden am 28. Juli 1870. Weizen 6 Thaler — Ngr. bis 6 Thaler 25 Ngr. Korn 4 - — - - 4 - 20 - Gcrstc 3 - 5 - - 3 - 20 - Hafer 2 - 10 - - 2 - 25 - Kartoffeln 2 - 15 - - 3 - 15 - Heu st Ctr — - 22 - - 1 - 4 - Strichst Sch. 6 > 25 - - 7 - 5 - Die Kanne Butter 18 bis 20 Ngr. Wochcumarkt zu Wilsdruff, am 28. Juli 1871. Eine Kanne Butter 17 Ngr. — Pf. bis 18 Ngr. — Pf. Ferkel wurden eingebracht 200 Stück und verkauft st Paar 2 Thlr. — Ngr. bis 5 Thlr. — Ngr.