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1871. 59. Dienstag den 1. August Bekanntmachung, die Jnterimsverwaltung der Amtshauptmannschast Dresden betreffend. Wochenblatt Wttsdrnff, TImrmdt, Rossr«, Siebeiilelnt und die Umgegenden. Amlsölalt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Nachdem das Königliche Ministerium des Innern beschlossen hat, die Jnterimsverwaltung der Amtshauptmannschast Dresden während der Beurlaubung des Herrn Amtshauptmanns von Vieth dem Herrn Negierungs-Referendar von Metzsch vom 24. dieses Monats an zu übertragen und demgemäß das Nöthige verfügt worden ist, so wird Solches für Alle, welche mit der genannten Amtshauptmannschast in geschäftlicher Beziehung stehen, hierdurch bekannt gemacht. Dresden, am 25. Juli 1871. Königliche Kreis-Di rection. Hübler. Tugcsgeschichte. Wilsdruff, den 31. Juli 1871. Die Ergänzung-Mahlen zu unserer Zweiten Kammer (dieselbe wird auch nach dein neuen Wahlgesetz nur zu allzwcijährlich er neut) stehen wahrscheinlich nahe bevor. Mau erwartete sie eigentlich schon im Juli. Sie sind diesmal von besonderer Wichtigkeit, thcils weil ihr Ausfall, weuu er den liberalen Fraktionen günstig ist, idiesen eine starke und feste Mehrheit in der Kammer verschaffen kann, da sie beim letzten Landtage immer und erst eine zweifelhafte und oft schwankende hatten, thcils weil gerade dieser Landtag an wichtigen Gesetzesvorlagen fruchtbar zu werden verspricht. Das vom vorigen Landtage erlassene allgemeine Schulgesetz wird zur Berathung ge langen, und was man darüber hört, läßt die besten Hoffnungen Betreffs seines Inhaltes schöpfen. So soll den kirchlichen Organen als solchen nur über den Religionsunterricht in der Schule die Auf sicht vorbehatcn, im klebrigen die Eontrole der Schulen thcils sach- knndigcn, thcils solchen Elementen anvcrtrant werden, welche die bürgerliche Gemeinde und die Familie rcpräsentircn. In ähnlichem zeitgemäßen Sinne soll die neue Gemeinde- und Bczirksvcrfassnng organisier werden, unter wesentlicher Berücksichtigung der für erstere von Streit und Genossen, für letztere von Biedermann und Genossen beim vorigen Landtage gestellten Anträge. Wie die „Dr. N." hören, hat das Gcsammtministcrium der von Hunderten von Staatsdiencrn unterschriebenen Petition um Wieder herstellung des Staatsdiener - Pensionsgesetzcs, wie solches das bürgerfreundlichc Ministerium von Lindenau erlassen hatte, zngestimmt. In dem Entwurf des.Staatsbudget-?, das dem nächsten Landtage vorgclcgt werden wird, sollen auch die hierdurch uothwcndig werden den finanziellen Umänderungen bereits berücksichtigt worden sein. Die Magdeburger Feuerversicherungs-Gesellschaft hat, der ,,L.Z.'" zufolge, nachdem sie in allen drei Instanzen übereinstimmend zur Zah lung der 120,000 Thlr. der Versicherungssumme des abgebrannten Dresdner Hoftheaters vcrurtheilt worden, am letzten Tage der ihr statutenmäßig zustchenden einmonatlichen Zahlungsfrist am 21. Ang. in Dresden die Zahlung geleistet. Kötzschc nbroda. Bereits wieder einmal weht der Wind über die stoppeln; da gegen Ende voriger Woche an mehreren Stellen mit dem Kornschnitt begonnen wurde; das Einbringen der Garben hat in Folge der letzien heftigen Gewitterregen freilich mannig fache Verzögerungen erlitten, doch ist die-Z im Allgemeinen wohl keinenfalls von Nacbtheil. Neber den Kornertrag verlautet, daß das heurige Ergebnis; eine gnte Miltelernte verspricht. Was die neuen Kartoffeln anlangt, so wird deren Güte, sowie reiche Bestockung all gemein gelobt, auch bereits damit ein recht lebhafter Handel, be sonders hinauf in die Freiberger und Ehcmuitzcr Gegend getrieben. Der Scheffel genannter Knollenfrucht galt in den letzten Tagen 3 Thlr. Leipzig, 28. Juli. In einer von der social-demokratischen Partei für gestern Abend in die Westcndhalle cinbcrufenen, äußerst I zahlreich besuchten Volksversammlung, in welcher Bebel den Vorsitz s führte, sprach Liebknecht ziemlich 3 Stnndcn lang ununterbrochen über die Pariser Commune, die er natürlich außerordentlich heraus strich; alle ihr zur Last gelegten Scheußlichkeiten, Brandstiftung, Plün derung, Erpressung rc. wurden thcils als Lügen hingestellt, thcils durch Phrasen zu beschönigen versucht; Paris sollte sich nach Angabe dcs Redners nie einer größeren Ruhe und Freiheit erfreut haben, als unter der Commune! Liebknecht hätte wohl noch länger zum Ruhme derselben gesprochen, allein die Polizei hatte angeordnet, daß die Versammlung um 11 Uhr geschlossen werden müsse, eine Anordnung, die Herr Bebel durchaus nicht gerechtfertigt fand und wegen der er Beschwerde führen will. Da Herr Liebknecht übrigens noch viel auf dem Herzen hat, was zu sagen ihm durch diese polizeiliche Maßregel unmöglich gemacht wurde, so sollen die weiteren Aufklärungen über die Vortresflichkeit der Commune in einer zweiten, nächste Woche ab zuhallenden Volksversammlung gegeben werden. Lößnitz, 28. Juli. Heute früh zog man den Leichnam des 10'/, Jahre alten Schulknaben Th„ Sohn eines hiesigen Hausbesitzers, aus dem Teiche des Gutsbesitzers H. Es ist fast mit Gewißheit an- znnehmen, daß den Unglücklichen eine Drohung mit Prügel zu diesem verzwciflungsvollem Schritte getrieben hat) denn er hatte der Gans eines fremden Besitzers, die in dem Gehöfte seines Herrn, des Guts besitzers H. hier, umhcrlief, den Garaus gemacht. Möchten doch Alle ans diesem traurigen Falle die Mahnung nehmen, Drohungen in Anwesenheit der zu bestrafenden Kinder zu vermeiden. Der Strike der Maurer in Berlin gewinnt immer mehr an Wichtigkeit und Bedeutung und sein Ausgang dürfte für die Wendung der Arbeiterfrage in Deutschland entscheidend werden. Die Berliner Maurer- und Zimmermeister haben, wie schon erwähnt, in einer Versammlung gemeinsamen und ausdauernden Widerstand gegen den Strike beschlossen und sich in einem Aufruf an alle Bauherrn und Baugesellschafien um Unterstützung gewendet. Sie erklären, den Normalarbcitstag von zehn Stunden und den Minimallohnsatz von einem Thaler vom I. Januar 1872 au bewillige» zu wolle», keines wegs aber sogleich, was die Arbeiter durch de» Strike zu erzwingen beabsichtigen. Nur acht Meister konnten sich in Folge verschiedener Zwangslagen, zu denen auch der ParlamcntSbau gehört, der Coali- lion der Meister nicht anschließe». Die Meister sind überzeugt, daß es für sie eine Eristenzfragc ist, diese» Strike zu überwinden, weil dann sonst ein Strike dem Andern folgen würde. Dies geben sie auch dem Bau-Publikum zu bedenken und bitten dasselbe tu dessen eigenem Interesse nicht auf der stricte» Geltendmachung der Bau- Contracte zu bestehen, denn die Niederlage der Meister in diesem Strike müßte sich bald auch in den Kosten der Häuserbauten und in den Preisen für die Miethe» fühlbar machen. Dagegen wird anch unter den Arbeitern von den Social-Demokrate» Alles daran gesetzt, um den Strike durchzuftthre». Sonntags fand eine socialdemokratische Versammlung, unter dem Vorsitze des neuen Präsidenten des Arbeiter vereins, Hasenclever, statt, in welcher mit großer Entschiedenheit er klärt wurde, daß man durch diesen Strike die Regelung der Arbeiter- srage erzwingen müsse. Ein Redner, der nur rin wciug anderer Meinung zu sein wagte und u. A. den Normal-Arbeitstag als eine