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Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebentel)» und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gcrichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 54. Freitag den 14. Juli 1871. Von dem unterzeichneten Gerichtsamt soll den 6. September 1871 das dem Wirthschaftsbesitzer Johann Wilhelm Ernst Maul in Weistropp zugehörige Haus-, Garten- und Feldgrund stück No. 33 des Katasters und No. 28 des Grund- und Hypothekenbuches für Weistropp, welches Grundstück am 23. Mai 1871 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 3724 Thaler —- —- gewürdert worden ist, an hiesiger Amtsstelle nothwen diger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 1. Ium 1871. In Stellvertretung: Dürisch, Assessor. Tagesgeschichte. Dresden, 11. Juli, 2'/^ Uhr Nachmittags. Der heutige Truppencinzug, zu welchem sich die Residenz in wahrhaft glänzenden Schmuck geworfen, ist soeben nach dreistündigem unter dem Geläute aller Stadlglocken vollzogenen Verlaufe und begünstigt von dem herr lichsten, saft zu glühenden Juliwetter nach Maßgabe deS veröffent lichten Programms, beendet worden. Außerprogrammmäßig und un beschreiblich war der allgemeine Enthusiasmus beim Erscheinen des mit dem goldenen Feldmarschallsstabe geschmückten Kronprinzen Albert; Von der diesfallsigeu gewiß im ganzen Sachsenlande die freu- digste Theilnahme findenden kaiserlichen Ernennung, welcbe einzelne Zeitungen im Voraus verkündigt hatten, war bis zu den Heuligen ersten Vormittagsstunden in offiziellen Kreisen nicht das mindeste be kannt; sie muß demnach kurz vor dem Einmarsch durch Feldjäger oder Kurier, jedenfalls noch zn rechter Zeil und zu rechter Gelegen heit eingctroffen sein. In der glanzenden Suite des Kronprinzen be fand sich unter andern der der Maasarme bis zur Schlacht bei Se dan attachirt gewesene Schwager desselben, Prinz Theodor von Bay ern, sowie der von Compiegne hierher gekommene Generalstabschcf der Maasarmce, jetzige Gcneralstabschef der v. Mantcmsfel'schen Occu- pationstruppen in Frankreich, General v. Schlotheim, mit militäri schem Gefolge, in dem Stabe des commandirenden Generals Prinzen Georg eine von dem NegimcnlSobersten v. d. Dollen geführte De putation des 16. preußischen Ulanenregiments, dessen Chef Prinz Georg unlängst geworden. Prinz Georg hat folgenden Tagesbefehl erlassen: Im Augenblicke, wo ich nach überzehnmonatlicher Führung das Commando des Armeecorps wieder abgebe, drängt es mich, euch zn danken für alles Große, das ihr in diesem denkwürdigen Feldzüge mit Gottes Hülfe vollbracht habt. Es wird für immer mein größter Stolz sein, daß es mir vergönnt war, das Armeecorps bei Sedan und vor Paris zu befehligen, den hohen Ruhm aber, den das Armcccorps sich vor Freund und Feind erworben bat, dankt es lediglich sich selbst. ES war die geschickte und umsichtige Leitung der Führer verbunden mit der Tapferkeit der Truppe, das glückliche Jnciuandergreifcn aller Theile verbunden mit einer nie versiegenden Pflichttreue, welche dem alien sächsischen Ehrcukranze neue, frische Zweige beigesttgt hat. Möge Gott diesen herrlichsten Geist in unserm Armeecorps zum Wohle Deutschlauds und zum unvergänglichen Ruhme unsers theuern Sachsens immerdar erhalten. Dresden, 11. Juli 1871. Der commandirende General. Georg, H. z. S. An Trophäen eroberte das sächsische Armeecorps in offner Feldschlacht: bei Beaumont: 1 4pfünd. Kanone durch die l. Ar- tillericabthcilung. Bei Sedan: 2 4psünd. Kanonen durch die 6.. Eomp. des Schützeuregimeuts Nr. 1 4psnud. Kanone durch die 2. Artillerieabtheilung. 2 Mitrailleuseu durch die 1. Compagnie des "eibgreuadierregiments Nr. loo, 1 Mitrailleuse durch die 3. Comp. des 5. JnfanterieregiemeutS Nr. 104, 1 Mitrailleuse durch die 5. u. 6. Comp. des 8. Infanterieregiments Nr. 107. 1 Mitrailleuse durch die 5. und 8. Comp. des 6. Infanterieregiments Nr. 105, 1 Fahne durch die 4. Comp. des 5. Infanterieregiments Nr. 104, sowie mehrere von den Turcos geführte kleine 'Compagniefähnchen durch verschiedene Abthcilungen. Die Zahl der gemachten Gefangenen ist nicht genau zu ermitteln, belief sich aber in der Schlacht von Sedan allein auf 2000—3000 Manu; eiue eben so große Zahl mag vor Paris und durch die Ca- valleriedivision in die diesseitigen Hände gefallen sein. Die Verluste des Armeecorps im Feldzugv 1870—71 betragen: a. an Todten: 58 Offiziere, 27 Osfiziersdienstthuende Unteroffiziere (Fähnriche und Vicefeldwebel), 212 Unteroffiziere und 1766 Mann schaften. Zusammen 2093 Mann (incl. 700 Mann au ihren Wunden und Krankheiten in den Lazarethen verstorben). — Leider muß dieser Ziffer mit Wahrscheinlichkeit noch die Zahl der Vermißten, 299, bei- gesügt werden, über deren Verbleib bis jetzt nichts Bestimmtes zu erfahren war. d. an Verwundeten: 163 Offiziere, 39 Offiziers dienstthuende Unteroffiziere, 447 Unteroffiziere und 3733 Manu. Zusammen 4382 Man». Der Verlust des Armeecorps an Todtcn rind Verwundeten be läuft sich somit zusammen ans 6774 Mann oder ungefähr den fünften bis sechsten Theil seines ursprünglichen Bestandes. Meißen, 10. Juli. Der Weinstock sängt an bei der cingetre- tenen warmen Witterung allgemein zu blühen und wo der Frost keinen Schaden gelhan hat, stehen die Reben recht erfreulich und haben besonders große Trauben, deren man an einem Senkstocke in einem im Goldgründe gelegenen Weinberge über 40 zählt. Waldheim, 12. Juli. In der Angelegenheit unserer Arbeiter- strike hat kein weiterer Fortschritt staltgcfunden. Die Fabrikanten er klären wiederholt mit Entschiedenheit, daß sie dem Verlangen der Arbeiter nicht nachgeben können, ohne mit Sicherheit den Industrie zweig für Waldheim zn Grunde zu richten, und die Arbeiter beharren nicht minder entschieden auf ihrer Forderung; wiederholte Arbeiter- Versammlungen haben sich in diesem Sinne ausgesprochen. Wie man hört, haben'zahlreiche Cigarrenarbeiter, versehen mit Empfehlungen des SlrikecomitceS an auswärtige Plätze, Waldheim verlassen, um anderwärts Arbeit zu suchen. Die Bleibenden werden unterstützt, doch kennt man die Ausgiebigkeit und Ausdauer der UnterstützungS- guelle nicht. Insbesondere will das Strikecomitee durch Gründung einer Cigarren-Producliv-Genosseuschast die Möglichkeit erreichen, durch fortdauernde Arbeitseinstellung ihren Forderungen Nachdruck zu geben. — Das düstere Verhältuiß äußert seine Wirkung auch auf das in diesen Tagen statlfindende hiesige Schützenfest; man hat Gelegen heit, zu bemerken, daß dabei nicht das lebhafte und statte Treiben ftatlfindet, weiches man in früheren Jahren zu sehen gewohnt war. Aus Frankenberg vom II- Juli berichtet das „Fr. N": Wie in Waldheim, so haben auch die in den hiesigen Cigarrcnfab- riken beschäftigten mänulicben und weiblichen Arbeiter eine Lohner höhung von 15 Ngr. pr. Mille gefordert und bez. Arbeitseinstellung in Aussicht gestellt, wenn ihren Forderungen nicht nachgegeben wer den sollte. Wir vermögen heule nicht über den augenblicklichen Stand der Angelegenheiten zn berichten, geben aber der Hoffnm- Ausdruck, daß sich die zahlreichen in dieser Branche Beschäftig nicht als unbewußte Werkzeuge öfter hier ausgetretener social-'' - kratischer Agitatoren gebrauchen lassen und als solche i