Volltext Seite (XML)
mung über die Versetzung der deutschen Truppen aus einem deutschen Landestheil in den andern gemein? Was nun diese Versetzung anbetrifft, so wissen wir, daß der Bundesfeldherr seit dem Jahre 1866 von dem ihm zustehenden Rechte gar keinen Gebrauch gemacht und nur auf dem Königstein eine kleine preußische Besatzung erhält, die in jeder würtember- gischen Festung zu erhalten ihm auch das Recht zusteht. Der Unterschied des ganzen Verhältnisses zwischen Würtemberg und Sachsen ist der, daß der Bundesfeldherr dort nur mit Zustimmung des Königs, hier nur im Einverftändniß mit demselben das Recht der Truppenverlegung' ausüben darf. Es will uns bedünken, daß für den gesunden Sinn des Volkes die ganze Sache auf eine reine Wortklauberei hinausläuft. Doch wollen wir dazu noch bemerken, daß überall der Stamm jedes Regimentes den ersten Anhalt für seinen Aufenthaltsort abgiebt und daß in den Ländern der allge meinen Wehrpflicht ein Spazrerenführen der Soldaten weder im Interesse der Oberleitung des Heeres, noch in dem des Staats säckels liegt. Eher noch möchte das Volk selbst den Wunsch hegen, in Baden sich einmal seine sächsischen und in Sachsen sich einmal seine badenschen Brüder im Waffenrock anzuschauen und im deut schen Sinne Gruß und Kuß mit ihnen auszutauschen. Es kommen nun aber die Bundesstaatlich-Constitutionellen bei Anführung der Einquartierung»- und gewisser den Steuer träger aberdings schwer belastender Gesetze endlich auch 3. auf das Würtemberg selbstständig vorbehaltene Post- und Telegraphenwesen zu sprechen und sie wünschen, daß Sachsen ebenfalls wieder selbstständig gestellt werde, und damit das von der Bevölkerung schmerzlich vermißte Fünfpfennigporto zurückgewinne. Damit sind' wir denn auch endlich auf den Punkt angelangt, wo wir schließlich mit wenigen Worten zeigen möchten, daß die Herren in der That die Dinge auf den Kopf stellen und daß unter dem weiten deutschen Mantel, mitdemsie als echtdeutsche Vater landsfreunde Parade zu machen suchen, denn doch allzusehr der partikularistische Pferdefuß sichtbar bleibt. Wir fragen: Welche Grundursache hat die ganze deutsche Einheits bewegung seit dem Jahre 1848 bis auf den heutigen Tag? Ohne Zweifel die des Wunsches nach der Beseitigung aller Hinternisse, welche das deutsche Volk verhinderten und verhindern, sich trotz aller Stammverschiedenheit als ein einiges Volk von Brüdern zu erkennen. Zu diesen Hinternissen aber wurden ge rechnet: 1. die deutsche Vielstaaterei, 2. die Leitung der deutschen Angelegenheiten durch die Habsburgische Hauspolitik, 3. die Eifersucht der beiden Großmächte Oesterreich und Preußen unter einander, 4. die die verschiedenen deutschen Saaten von einander trennenden Zollschranken, 5. die Verschiedenheit der deutschen Maaß-, Münz-, Gewichtsverhältnisse u. s. w., sowie sämmtlicher Verkehrsanstalten, Eisenbahn-, Post-, Telegraphen einrichtungen re., 6. der Uebelstand, daß in dem einen Staate absolut, in dem anderen verfassungsmäßig mit Ständen oder mit einer Volksvertretung regiert wurde, 7. die ungleiche Rechtssprechung, 8. die ungleichen Wehrverhältuisse u. s. w. u. s. w. Von diesen Hindernissen wurden die unter 4 erwähnten Zoll schranken durch den von Preußen schon in den dreißiger Jahren hervorgerufcnen Zollverein, dem nach 1848 auch Hannover rc. beitrat, soivie der unter 6 noch erwähnte Uebelstand der Ver schiedenheit der innerlichen staatlichen Verhältnisse, noch vor 1866, alle übrigen aber erst seitdem mehr oder weniger beseitigt. Ob diese Beseitigung immer in der wünschenswerthen Weise, ob sie vollständig erfolgt, bleibt fraglich, vollkommen gewiß bleibt aber, daß sie die Grundlage zu der erhebenden Besiegung der franzö sischen Uebermacht und des französischen Uebermuths durch Deutsch lands Söhne abgegeben. Nur in Folge der Beseitigung jener Hindernisse war auch die Wiedererrichtung des deutschen Kaiser thrones möglich geworden, des Symboles deutschen einheit lichen Wirkens und Strebens. Oder wissen es die Bundes staatlich-Constitutionellen etwa besser, wollen sie etwa behaupten, die deutsche uneingeschränkte Vielstaaterei und die deutsche Un einigkeit, der deutsche Widerspruch in Gesetz und Verwaltung habe nicht unser großes herrliches Vaterland in Siechthnm und Verderben gestürzt? Ist dies Großthun mit ihrer deutschen Ge sinnung nicht ein bloßes Wortgeflunker, so müssen sie zugestehen, daß keine Gewalt in Deutschland mächtig genug gewesen wäre, das dahin siechende deutsche Volksthum mit frischem Geisteshauche zu beleben, wenn ihr nicht das stille Sehnen des deutschen Volkes selbst nach der Abstreifung aller es drückenden partikularistischen Fesseln zu Hilfe gekommen wäre. Und dieses Sehnen nach der Ausgleichung aller Nebenstellen im staatlichen und gesellschaftlichen Volksleben der Deutschen, das nie aufhören wird, so lang ihm noch unnatürliche Schranken im Wege stehen werden, gedenken die Bundesstaatlich-Constitutionellen mit Floskeln über die Erhaltung der Selbstständigkeit der Einzel staaten zu ersticken und aus dem einheitlich gestalteten Staatsleben uns wieder in das alte vielgestaltete unvermerkt hinüberzuleiten? Heißt das nicht die Dinge auf den Kopf stellen? Wenn die Herren fürchten, daß ein künftiger deutscher Kaiser rücksichtslos die Rechte aller einzelnen deutschen Fürsten beseitigen könnte, so soll diese die Bundesverfassung und in ihr der Reichstag, d. h. das gesummte deutsche Volk, dagegen schützen, uns will indeß bedünken, daß die Bundesverfassung dem natürlichen Gange der Dinge nach mehr noch darum zu Stande gekommen, weil es galt, dem auf das Gesammtwohl des deutschen Volkes gerichteten Willen des Kaisers, gegen den etwaigen partikularistischen Widerstand einzelner Fürsten eine Stütze seiten des Volkes zu verleihen, eine Stütze, deren Mangel derjenige deutsche Kaiser gerade am schwersten empfinden würde, dem es jemals gelüsten sollte, sich ihrer irgendwie zu begeben. Und nun nochmals, Ihr Bundesstaatlich-Constitutionellen, stellt nicht die Dinge auf den Kopf! Wollt Ihr dem deutschen Volke im Allgemeinen und dem sächsischen im Besonderen zu seinem Nutzen und Frommen Rechte erobern, so ist Euch dazu innerhalb der Bundesverfassung Spielraum genug gewährt. Wollt Ihr in den Militärverhältnissen etwas gebessert wissen, so trachtet darnach auf dem Reichstage, und wollt Ihr unserm Volke das Fünf- pfennigporto wiederverschaffen, ei so versucht es doch, dasselbe dem ganzen deutschen Volke zuzuweuden, Ihr habt da sicher leichtere Arbeit und verdoppelten Segen dazu. Der Reichstag steht immer dar mit seiner Gewalt über dem Landtag, das Allgemeine über dem Besonderen, und wer ein echter deutscher Staasbürger sein will, der handle darnach, daß dieser Grundsatz im deutschen Staats leben im Sinne der Freiheit und Gleichberechtigung immer mehr zur Geltung gelange und bei der bevorstehenden Reichstagswahl wähle er deshalb keinen Bnndesstaatlich-Constitntionellen, sondern einen National-Liberalen, und zwar: Herm Rittergutsbesitzer Grahl auf Zscheckwitz, welcher Sonntag, den 26. d. M , Nachmittags 3 Uhr, im großen Saale des Gasthofs zur rothen Schenke in Döhlen sein politisches Programm darlegen wird. Die Wähler des Plaueuschen Grundes nnd seiner Umgebung sind zum Besuch dieser Versammlung eiugeladen. Druck von A. Fr. Lutze in Potschappel.