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386 Er reichte seiner Braut die Hand. Sie sah ihn zärtlich an, sragend zugleich: „Gustav, gehörst Du mir ganz?" „Hedwig, welche Frage! Dein aus ewig! Zweifelst Du?" Sie schmiegte sich innig an ihn an; er küßte sie herzlich. Sie stiegen in den Wagen. Das Geräusch des Fahrens ge stattete keine weitere Unterhaltung. Beide hingen ihren eigenen Ge danken nach. Wellmanns Blut kam allemal wieder in Wallung, wenn er an das Verhalten Heinolds dachte, dessen unedele Absicht er klar durch schaute. Seine Heiterkeit war getrübt, das Gleichgewicht seines Ge müths gestört. Ein schwerer Druck ruhte auf seinem ganzen Wesen; eine Vorahnung künftigen Unglücks überfiel ihn. Und Hedwig, welche Bilder erfüllten ihre Seele? Sprecht nur ein einziges unbedachtes, ein einziges verdächtigendes Wort aus ge gen ein liebendes Weib über den Mann seiner Wahl; es zündet und glimmt langsam weiter in dem empfänglichen Frauengemüth. Die Zweifel mehren sich; das Vertrauen schwindet; die Eifersucht erw acht. Wellmann war Menschenkenner genug, um dies beurtheilen zu können. Mit Wehmuth blickte er, sobald eine Straßenlaterne ihren fahlen Schimmer in den Wagen warf, seine Braut an, die so ernst und gedankenvoll neben ihm faß. — Der Concertsaal war schon ziemlich gefüllt, als Wellmann und seine Braut ankamen. Die ganze vornehme Welt hatte sich ver sammelt. Welche Pracht, welcher Luxus wurde hier zur Schau ge tragen! Der reiche Damenflor strahlte, umflossen von einem durch Hunderte von Gasflammen hervorgebrachten Lichtmccr, theils durch Jugend, Schönheit, Grazie, theils durch Gold-, Silber- und Perlen- schmuck. Hedwig stand in nichts zurück; sie besaß alle diese Eigenschaften im hohen Grade. Ihr reicher Schmuck schien nur vorhanden zu sein, um von ihrer natürlichen Anmuth verdunkelt zu werden. Merkwürdig — trotz der ausgezeichneten Leistungen der Sänger und Musiker, waren doch viele der Anwesenden durchaus zerstreut und manche schöne Melodie ging für dieselben verloren. Es schien, als wären die geputzten Herren und Damen nur da, um zu sehen und zu bewundern und gesehen und bewundert zu werden. Viele Herren standen in einzelnen Gruppen beisammen und un terhielten sich über irgend ein Lieblingsthema, als über Handelsspe- culationen, Pferde, Jagd u. dergl. Auch die Damen verhandelten in ihrem Kreise liegende Fragen mit großem Eifer. Es soll dies bei ähnlichen Gelegenheiten auch anderwärts Vorkommen. Doctor Wellmann, seine Braut, sowie Heinold saßen mit in er ster Reihe. Neben dem Letzteren hatten mehrere Herren von dessen Bekanntschaft Platz genommen. „Wie Schade, daß die Sängerin Holm unwohl geworden. Jetzt kommt gerade das Lied an die Reihe, welches sie vortragen sollte. Ich bin doch neugierig wie ihre Stellvertreterin, die Choristin Marie Hagen, ihre Sache machen wird. Heinold tagte dies scheinbar wohl ganz absichtslos, aber so laut, daß es weithin zu hören war. Marie Hagen erschien. Wie lein Engel der Unschuld sah sie aus. Ein Herr im schwarzen Frack geleitete sie an ihren Platz. Heinold erhob sich, vier neben ihm sitzende Herren mit ihm. Sie nahmen ihre Operngläser zur Hand und richteten sie nach der Sängerin. Sie erreichten ihren Zweck; die meisten der Anwesenden warfen ihre Blicke nun auch dahin. Da zuckte es wie ein Blitz über Heinolds Gesicht. „Ach!" rief er halblaut aus, „welch brillantes Collier die junge Dame trägt! Mehr noch, auch ein prächtiges Armband! den Schmuck muß ich kennen. Ja, eben füllt mir ein, daß ich Augenzeuge da von war, wie ein mir bekannter Herr dieses Geschmeide kaufte. Fräulein Johnson, wendete er sich dann flüsternd an diese, hier neh men Sie mein Glas und betrachten Sie sich die junge Dame näher." Dabei warf er dem Doctor Wellmann einen boshaften Blick zu, den dieser sehr wohl verstand. Wellmann saß wie auf glühen den Kohlen. Heute noch mußte er den übermülhigen Gecken züchti gen. Die erste Gelegenheit wollte er dazu benutzen, sie ließ nicht lange auf sich warten. (Fortsetzung folgt.) Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Am 2. Adventssonntage Vormittags predigt Herr Pastor Schmidt. Nachmittags Herr Diaconus Ficker. Amtliche Bekanntmachungen nnd Anzeigen vermischten Inhalts. Anher erstatteter Anzeige zufolge sind am 25. oder 26. vor. Mon. aus einem offenen Stalle des Scharfeschen Gast hofs zu Kesselsdorf 2 Holzkisten, eine alte uud eine ganz neue, je v» Elle lang und mit Vorlegeschloß versehen, in welchen sich die nachstehends sud 0 erwähnten Gegenstände befunden haben, spurlos entwendet worden. Behuss Ermittelung des Thaters uns Wiedererlangung des Gestohlenen wird dieser Diebstahl zur öffentlichen Kennt- niß gebracht. König!. Gcrichtsamt Wilsdruff, am s. D«nnb-r iseo. Leonhardi. O I., Band von verschiedenen Farben, 2., 5 Paar Gurthoscnträger, 3., 3Vs Dutzd. Schmierbürsten, 4., 3 Stück Kleiderbürsten, 5. 2'/, Dutzd. Scheuerbürsten, 6., 3 Kardätschen, 7., 4 Männerhemden, 8., eine wollene Unterjacke, 9., ein Paar defecte Unterhosen, IO., ein gro ßer grauer und ein blau streifiger Zwilligsack, 11., ein Kopfkissen mit Ueberzug, gegen Vs Elle im Quadrat, 12., eins dergl., mit blau und weißstreiftgen Intel und Ueberzug, 13., ein Paar grauwollene Socken, 14., ein Paar Ledcrpantoffeln, 15., ein Paar schwarze Babuschen, av den Spitzen und Seiten mit Leder besetzt, 16., ein weißleinenes Handtuch, ungezeichnet, 17., ein leinenes blaues Tuch mit weißen Streifen, 18., ein Paar graue Gurthosen, 19., eine Partie Schnürsenkel, 20., eine Partie Zwirn, 21., 9 Paketchcn Tabak, von welchen eins von blauem Papier mit der Aufschrift „Gesundheitsknaster", 22., eine Partie Draht, 23., eine Scheere, 24., 2 Dtzd. kleine Holzfußsvldaten mit blauen - Hofen, schwarzen Röcken und Zschako's, 25., 2 Paketchen Cigorie, 26., ein Bastsack mit Borsten, 27., ein Cigarrenkasten mit dergl., 28., ein Kaffeesack mit zwei schwarzen Seilen a 12 Ellen lang, 29., eine Holzkiste gegen V» Ellen lang und hoch. Unetiöm Nächsten 13. December 1869 und folgende Tage von Vormittags 9 Uhr an sollen im Saale des Gasthofs zum Weißen Adler allhier verschiedene Schnittwaaren an Turntuch, Hosenzeugen, Lüstre, Blaudruck, Mohair, Thibet, Lama, Barchent, Kattun, Bettzeuge, leinene Waaren, Shawltücher, Hals- und Kopftücher, Bänder und Schnuren, ferner Mobilien, Kleidungsstücken, Betten und Wäsche, sowie ein ziemlich guter Handwagen gegen sofortige baare Bezahlung versteigert werden, was hierdurch bekannt gemacht wird. König!. Gerichtsamt Wilsdruff, am 29. November 1869. Leonhardi. Bekanntumchnng. Von dem unterzeichneten Gerichts-Amt soll den 11. Januar 1870 das zum Nachlaß des Tischlermeister Carl Gottlob Ranft gehörige Grundstück Nr. 199 des Katasters und Nr. 251 des Grund- und Hypothekenbuches für Wilsdruff, welches Grundstück am 28. October 1869 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 665 Thlr. —- —- gewürdet worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Königl. Gerichtsamt Wilsdruff, am 29. October 1869. Leonhardi. Der Mneisenkalender für 1870, Preis 3 Ngr., mit seinen beliebten Anekdoten, Couplets, Schnurren und historischen Erzählung: „Zwischen Nacht und Morgen, oder der Kaiser und der Spielmann", bringt sich seiner alten Kundschaft hiermit in Erinnerung. Der Ameisen-Kalender, 13 Bogen stark, mit 34 Bildern, 60,000 Auflage, ist zu haben in Wilsdruff bei den Herren Buchbindern Peschel und Siegel.