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102 floh über die Hintere Mauer des Gerichtshofes, er oersprang sich aber dabei das Bein und wurde im Hintergebäude eines Nachbarhauses sofort wiedererlangt. Das Instrument, dessen Knöfel sich bediente, ist ein Stückchen zu dem Zellenofen gehöriges Eisen. Knöfel hat solches aus dem Ofen gezogen und mit großer Mühe auf der Thür schwelle seiner Zelle zu einem Messer abgeschliffen. Die dem Bei- frohn beigebrachte Verletzung ist glücklicher Weise keine bedenkliche, hätte aber leicht eine gefährliche Stelle treffen können. Berlin. Wie überall in unserm norddeutschen Vaterlande die friedlicken Neigungen vorherrschen, dafür geben die Gedichte, Pro loge re., mit welchen der Geburtstag Sr. Mas. des Königs in der Presse und in den Theatern gefeiert wurde, einen neuen Beweis, ihr Inhalt gipfelt fast durchweg in der Zuversicht, daß die Zukunft nur Frie denspalmen bieten, werde, nicht blutigen Lorbeer. Auch vom Aus lande liegen keine Nachrichten vor, welche diese Zuversicht abschwächen konnten; im Gegcnthcil, der Bericht der Budjetevmmisfion im franzö sischen gesetzgebenden Körper betont ebenfalls mit Genugthuung die „durchweg friedlichen Aussichten"; — kurz, der Frühlingsanfang ist hoffnungsreich für Alle, die vom ruhigen, friedlichen Schaffen und Wirken "sich mehr versprechen, als von den Gewaltacten eines Krieges. Der sicherste Beweis, daß man in den höhern militärischen Krei sen zu Berlin au keine svbaldige Störung des Friedens glaubt, liegt mit in der vor wenigen Tagen erschienenen Verfügung des Kriegs ministers über die anfangs Juli stattfindenden großen Beurlaubungen bei der gesammten Infanterie des norddeutschen Bundesheeres. Alle im Juli'und August 1866 eingetretenen Mannschaften der Jnfantrie sollen in der ersten Hälfte des Juni, wo die am 2. Januar d. I. angekonnucnen Rekruten in Reih und Glied einzustellen sind, schon zur Reserve entlassen werden. Fährt man in Preußen so fort, wie in den letzten Jahren angefangen ist, die Rekruten der Infanterie statt am I. Octvber 3 Monate später, also am 1. Januar einzustellen und den dritten Jahrgang bereits im Juni, wo die Lrntcarbeiten be ginnen,'-zur Reserve zu beurlauben, so befinden sich die Jnfantristen nicht viel länger als 2V2 Jahr bei der Fahne. Das Zollparlament wird, sofern die Arbeiten des Reichs tages den gehofften Fortgang nehmen, schon Ende Mai zusammen treten. Die „Nord. Allg. Ztg." erklärt mit gesperrter Schrift, „daß, so lange die Wiener Politik ihre das öffentliche Vertrauen unter grabende Tendenz nicht aufgiebt, von neuen Annäherungsversuchen Preußens, sei es durch Vermittelung des Frhrn. v. Werther, sei es ohne denselben, nicht mehr die Rede sein wird." Dem „Alt. Mercur" telegraphirt man aus Berlin: Baiern und Württemberg wünschen mit dem Präsidium des norddeutschen Bundes über die Verwirklichung des Art. 2 der Nikolsburger Präli minarien zu verhandeln, d. h. über die Herstellung der nationalen Verbindung des Südens mit dem norddeutschen Bunde. Preußens Auffassung läßt sich dahin präzisiren, daß ein Ergebniß nur durch die vertragsmäßige Erweiterung der Befugnisse des Zollparlaments zu erzielen sei. Preußen hat nichts dagegen cinzuwcnden, daß aus den süddeutschen Mitgliedern des Zollparlaments ein süddeutsches Bundcsparlament gebildet werde, gleichwie die norddeutschen Mit glieder des Zollparlaments auch den norddeutschen Reichstag bilden. Doch müsse gleichzeitig die Competenz des Zollbundesraths und des Zollparlaments eine nationale Ausdehnung erfahren. Die Schutz- u. Trutzbündnisse vom 13., 17. und 22. Aug. 1867 sollen in allgemei nerer Form ans Gcsammt-Süddeutschland übertragen werden. Man erwartet die Hierherkunst des Fürsten Hohenlohe. Die Verhandlungen werden bis zue Berufung des Zollparlaments zum Abschlusse ge diehen sein. Bismarck hat in jüngster Zeit zweimal Schach dem König! geboten, einmal in Sachen Frankfurts, als er die dritte Million nicht bewilligte, und das andermal, als er die Abberufung Usedoms aus Florenz durchsetzte. Die treuherzigen Freunde Bismarcks am Main und Rhein, an der Donau und Isar, am Nesenbach und am Lech, an dem die Augsburger Allgemeine Zeitung liegt, sind darüber au ßer sich; denn man weiß ja, wer dem König zu nahe tritt, der hat es mit ihnen zu thun. Aus Pcsth wird der N. fr. Pr. telegraphirt: In Csurgo wurde als Candidat der äußersten Luken ein Alaun gewählt, der in der vorigen Session im Abgeordnetenhaus- als Galericdiener fungirt hatte. Nach seiner Wahl unternahm ein Bauer einen Mordversuch auf deu Gewählten, Es Entstand eine Rauferei, das Militär mußte cinschreitcn, eilt Mann blieb todt auf dein Platze. ' Kriegsministcr Niel hat seinem Kinde, dem von ihm ncugeschaffe- nm französischen Heere eine große Lobrede in der Kammer ge halten, es sei jetzt vollständig in der Lage, wenn morgen ein großer Krieg komme, ihn mit Zuversicht aufznnehmen. Er sprach dabei von unterdrückten Völkern und niedergeschlagenen Reichen, die nach Frank reich sähen. Aber die Oesterreicher verspüren keine Lust, sich von Frankreich rächen und retten zu lassen, und in Süddeutschiand schauen nur vaterlondslose Römlinge nach Frankreich hin wie zu den Bergen, von denen Hülfe kommt. Rochefort schreibt in seiner neuesten Laterne: Einem Bekannten, der vor Kurzem den Minister Rouher fragte, woher die ungewöhnliche Blässe auf seinem Gesicht komme, gab dieser Pir Antwort: „Mir ist nicht ganz wohl; ich habe seit 3 Tagen nicht gelogen. Unruhen und Ausstände in Spanien drängen zur Entscheidung über die Thronfrage. Es ist eilt öffentliches Geheimniß, daß der Thron . dem König Don Fernando in Portugal 'angeboten werden soll. Der Herzog von Montpensicr soll unmöglich sein, weil er nicht nur im Volke, sondern auch im Heere unpopulär ist. Weise. (Schlimme Veschäfligung.) Beim Schöppchen-Leeren Ueber Andre viel Neues hören, Viel von Ändern zu Andern sagen: Macht Rock und Ehre leicht abgetragen. Vermischtes. Die Berliner Diebe scheinen mit Erfolg bemüht, es an RaM ment den Londoner Jndustrierittern mindestens gleich zu thun. MI Montag Abend wurde bei einem Berliner Schlächtermeister W! nebst Kette entwendet, nachdem er von dem Diebe in gemüthliE Unterhaltung eine Opiumcigarre angenommen und geraucht lM Letzterer benutzte den Schlummer, worin jener verfiel, zur Ausfuhr»^ des Diebstahls. Bekanntlich ist dies eine englische Spitzbubenmanick wodurch in England schon die größten Diebstähle ausgeführt wor^ sind. Im schwarzen Bären in Wanvsbcck bei Hamburg feierte di Liedertafel ein Fest und war munter und guter Dinge. Ein Uh^ nen-Otfizier, der ohne Weiteres eintrat, wurde bedeutet, er sei will kommen, wenn er die Statuten unterschreibe und sofort Mitgb'' werde. Das wollte er nicht und entfernte sich nach kurzem Streik Die Sache war vergessen, als um Mitternacht viele Uhlanen KU Bären stürmten und mit blanker Waffe auf die Fröhlichen einhicb^ Es gab argen Tumult, die meisten Gäste mußten sich durch die Ms ster und Seitenthüren flüchten, die Uhlanen zertrümmerten alles E wurden nach 1 Vs Stunden von Patrouillen vertrieben." Der schwa^ Bär sah aus wie eine erstürmte Festung. Andern Morgens kam Kf Kommandeur persönlich an Ort und Stelle, sprach den erkrankt Wirth und stellte eine strenge Untersuchung an, mehrere Wandsbcck( aber reisten nach Berlin, um bei dem Ksuige selbst Beschwerdeif führen. Dieser will nicht, daß die furchtbar drückende Militärs durch solche Unbilden noch unerträglicher werde. Eisenbahn-Unglück. Wie der „Schlesischen Zeitung" aus bürg telegraphisch gemeldet wir», ist vorgestern der aus AltwE' nur 2^2 Uhr abgetassene Kohlenzug unweit Seitendorf bei dergestalt verunglückt, daß die Locomolive und cir. 10 Wagen vk" Damm stürtzten. Die übrigen Wagen fuhren zum Theil auf eimE der. Von den Schaffnern, sollen mehrere getödtet, die übrigen Mw oder weniger schwer verwundet sein. Die Communication ist für Augenblick unterbrochen. Bei einem Viehmarkte in Gießen hat man einen Gauner^ haftet, als er eine gekaufte. Kuh mit einer falschen NorddeuE Banknote zu 1000 Thlr, bezahlen wollte. Auf dem Papiere sE vollgiltig in keiner Zahlung und am Rande sind die Worte klein druckt: Wer dieses falsche Papiergeld nachmacht, kommt zettlet'^ nach Mecklenburg oder Lippe. Von diesen Banknoten fand man»^ 6 Stück bei dem Gauner. Beim letzten Examen der Einjährig-Freiwilligen in WieSbaK" erregte ein Schüler große Heiterkeit. Er wurde gefragt: Wonn reu die Schlachten von Jena und Auerstädt? und cwiwonete: ist schon lange her und unser Lehrer hat gesagt, daßffvir die SclM ten nicht zu wissen brauchten,' in denen dw M Hiebe K kommen. - Die Kartoffeln bekommen einen gewaltigen Concurrente» der chinesischen Jgname oder Chinatnolle. Diese Frucht ist k Kartoffel ähnlich, .aber wohlschmeckender und ihr Änbau lohnt lE licher. In der französischen Schweiz wird diese Knollenfrucht E kullivirt und die Genferinnen braien, rösten, kochen sie auf 1AM Gedanken aus Schopenhauers Werken. Was das jugendliche Alter trübt, ja unglücklich macht, ist ks Jagen nach Glück, in der festen Voraussetzung, es müsse im anzutreffen sein. ' .. In der Jußcnd denkt man, in der Welt sei Wunder was stz Glück und Genuß anzutreffen, nur schwer dazu zu gelangen, watü'^ man ihm Alter weiß, daß da nichts zu holen ist, also vollko»"^, darüber beruhigt eine erträgliche Gegenwart genießt und sogar Kleinigkeiten Freude hat. , Im höheren Alter wähnt der Mensch nicht mehr, daß irgend^ sei es im Pallast oder der Hütte, eine besondere Glückseligkeit eine größere, als im Wesentlichen auch er überall genießt, wen» von Schmerz frei ist. Vorzügliche und edle Menschen lernen in der Schule dcsbP sals bald einsehcn, daß in der Welt wohl Belehrung, aber Glück zu finden sei, und sind daher zufrieden, Hoffnungen gegen sichten zu vertauschen. Kein verkehrterer Weg zum Glücke, als das Leben in Saus P BrauS, denn es bezweckt unser elendes Dasein in einer SuccE von Freude, Genuß und Vergnügen zu verwandeln, wobei die b' täuschung nicht ausbleiben kann. .1 Notiz. Wir machen unsere verehrten Leser auf die in der heutigen^ mer angckündigte Politur-Composition von F. Müller in A' « aufmerksam. ' Es ist dies eine neue Erfindung, welche besonders für d arbeiter, Schreiner rc. von großer Wichtigkeit ist, da durch diest^ das langwierige und kostspielige Poliren der Möbel ungeheuer' . leichert wird, und es ist vorauszusehcn, daß diese praktische Neucü - auch hier bald eingeführt werden wird.